Laufend lesen

Freitag, 30. Mai 2014

Von Mäh-Arbeiten und UFOs

 
Am Sonntag will mein Süßer mit mir ... nein, nicht segeln gehen, sondern kurz entschlossen einen 10-km-Volkslauf bestreiten. So ein romantisches Erlebnis wie einen in trauter Zweisamkeit -wenn auch nicht nebeneinander - absolvierten kleinen Wettkampf will ich mir doch nicht entgehen lassen :-)
Da sollte ich allerdings zuvor zumindest nochmal ein wenig auf Tempo laufen, auch wenn für mich der 10er eher ein Training in der Großgruppe sein wird, als ein ambitioniert angegangener Wettkampf. 10 km auf Tempo rennen ist einfach nicht mein Ding, dazu bin ich schlichtweg nicht gemacht. Ich komme mir dabei ohnehin vor, wie der berühmte Hase und der Igel, mit der persönlichen Variante, dass der Hase im Ziel immer von gaaaanz vielen Igeln empfangen wird. Nein, für mich wird es eher ab 10 Meilen oder 21 km interessant. Doch mal zur Abwechslung und als forciertes Tempo sind 10 km ganz ok.

Heute, wie auch schon vorvorgestern ist mir das Wetter hold und ich lasse die Beine laufen, wie sie wollen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie gut sich das Tempo halten lässt, wenn ich einmal im flotten Trott bin. Hingegen, laufe ich gemütlich vor mich hin, fällt es mir immer wieder schwer, dann doch einmal zu einem zügigeren Lauf überzugehen.




Im Westen nichts Neues heute.
Ich beobachte einen kleinen Trupp bei Mäh-Arbeiten.





Am Himmel allerdings lassen sich seltsame Phänomene ausmachen.
Zuerst fällt mir nur das große Kreuz auf.

Doch dann sehe ich weitere bemerkenswerte Linien.
Macht Lufthansa einen Betriebsausflug?
Spannt die NSA ihr Netz...?
Oder werden wir von UFOs umzingelt...?

Herr von Däniken, bitte übernehmen Sie!





Mittwoch: 
18 Grad, 5,1 km, 29:10, (5:40 Min/km), Puls 139

Heute:
19 Grad, windig, 10,5 km, 1:03:56, (6:03 Min/km), Puls 140

Sonntag, 25. Mai 2014

Sinnvolle Autobahnromantik

Ich habe gewählt! Ja, auch die Sache mit den Kreuzchen.

Aber vor allem mein Laufrevier für das Wochenende!
Nachdem mir der Zugang zu meiner geliebten Autobahnbaustelle A4n kürzlich nicht mehr gelang, habe ich den kürzeren flotten Dauerlauf am Samstag zur Rekognoszierung des Terrains genutzt und -heureka!- einen neuen Weg gefunden. Einen roten Teppich quasi, denn die neue Autobahnzufahrt bei meinem Wohnort ist fertig und so konnte ich sie für mich als "Zulauf" statt "Zufahrt" einweihen.

Inzwischen ist das Asphaltband fast kaum noch auf freier Strecke zugängig. Überall stehen entweder Schallschutzwände oder riesig hohe Zäune. Ich sehe es positiv, so wird Wild daran gehindert, später zwischen die Autos zu geraten.

Es mag manchen erstaunen, aber auf einer solch leeren Autobahn zu laufen ist durchaus ein sehr sinnliches Erlebnis!
Zunächst offenbart sich die akustische Kulisse, bzw. die Abwesenheit der sonst typischen selbigen Kulisse: Kein Motorenlärm, kein sonst in Ortschaften typischer Geräuschhintergrund, nichts dergleichen.
Stattdessen Gesang von Feldlerchen, gelegentliches Krähenkrächzen, das Säuseln des Windes.
Alle Viertelstunde ein leises Sirren, wenn nebenan auf dem Gleis ein Zug vorbeifährt. Ansonsten nur das Tapp-Tapp-Tapp-Tapp meiner Schuhe auf dem Asphalt und das Plitsch-Platsch des Wassers in meiner Trinkflasche.
Und Bienengesumm.


Denn auf der Mitte, zwischen den beiden Fahrbahnen, hat sich inzwischen die Natur entfaltet. Ein bunter, prächtiger Blütenteppich von weiß über rot, gelb und blau hat sich gebildet und diese Bienenweide lockt Liebhaber an.


Besonders am Pollen blauer Blüten laben sich zahlreiche Hummeln. 












Nahe an diesen wildbewachsenen Abschnitten duftet es nach Kamille - herrlich. Nur einmal nimmt meine Nase einen anderen Duft verbunden mit einem störenden Geräusch in dieser Idylle wahr, als ein Moped vorbeiknattert. Ansonsten bleibe ich heute völlig für mich.


Auch dem Auge wird Zerstreuung geboten. So ergeben manche Schallschutzwände grafische Muster, wie an dieser Wildbrücke.








Oder es gibt andere normalerweise autobahnuntypische Gegenstände zu entdecken:
Ob das Grillfest schon vorbei ist oder erst noch ansteht...?













Der Geschmackssinn wird angesprochen beim Läuferpicknick zur Halbzeit :-)
Ich gönne mir ein Wasser und einen Energiezucker - mh, lecker....


Und während ich mal kurz auf denm Strich gehe (wird später mal eine Fahrbahnmarkierung), kann ich auch den Tastsinn wahrnehmen, in dem Fall den meiner Füße. Lief ich gestern noch mit meinem neuen Mizuno Wave Rider 17, ist es heute Nimbus.
So im direkten Vergleich muss ich sagen, dass ich den Mizuno trotz der Eigenwerbung, die ein wolkenwatteweiches Gefühl verspricht, deutlich härter wahrnehme als den Nimbus. Zwar ist auch die Ferse im Mizuno sehr schön gedämpft, doch wenn der Fuß sich dann ans Abrollen macht, gibt ihm der Nimbus weiter ein gut gedämpftes Gefühl, während der Mizuno mir dann doch direkter im Bodenkontakt vorkommt. Dennoch, für Strecken bis ca. 10 km  gefällt mir auch der Mizuno. Der Nimbus bleibt mein absoluter Favorit für die Langstrecken.



Es ist wieder sehr warm heute und teilweise hadere ich ein wenig, dass ich mir das antue. Doch der Puls bleibt für diese Bedingungen vergleichsweise niedrig und ich möchte mich auch bewusst an das Laufen bei wärmeren Temperaturen gewöhnen. Jedenfalls bin ich sehr zufrieden. Es scheint, meine Eisenspeicher füllen sich langsam. Aber vor allem das nicht mehr vorhandene Magendrücken ist eine Wohltat.
So laufe ich zufrieden auf meinem neuen Autobahn"auslauf" Richtung daheim.





Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass alles in allem ein weiterer Sinn kräftig angesprochen wurde:
Der Frohsinn :-)!







Samstag:
20 Grad, 10,2 km, 1:02:17, (6:04 Min/km), Puls 135

Heute:
24 Grad, 16,4 km, 1:50:49, (6:44 Min/km), Puls 132

Mittwoch, 21. Mai 2014

Alles fließt


Heute fließt es, aber wie: Mein Lauf gestaltet sich richtig flüssig, und wenn ich einmal stehenbleibe, fließt es auch: Tropfen, ja fast Bächlein rinnen am Körper herab.
Kein Wunder, 25 Grad zeigt das Thermometer, leichte Schwüle herrscht. Doch im Gegensatz zum Sonntag sticht keine Sonne vom bedeckten Himmel und es weht ein schöner kräftiger Wind. Das empfinde ich heute als geradezu belebende Bedingungen! Fast maximal leicht bekleidet laufe ich übers Feld, wo es am meisten weht und genieße die kühlende Brise. Nach dem Bürotag in der stickigen Luft der Kölner City, wo ein kleiner Spaziergang in der Mittagspause schon zu Schweißausbrüchen führte, ist das hier draußen einfach nur TOLLLLLL, KLASSE, SUPER!

Fast hätte ich diesen Post auch nennen können:
"Ben Kingsely, Anthony Hopkins und ich"
DAS wär mal was gewesen....  Ich hatte ohnehin wieder einmal "meine" Autobahn (Post) ablaufen wollen, erst am Wochenende hatte ich den Gedanken, zog dann aber den kühlen Wald vor. Pech gehabt, denn wie ich heute in der hiesigen Lokalpresse (Link) erfahre, haben genau dort Dreharbeiten mit besagten Stars für einen Hollywoodstreifen stattgefunden! "Haben", nun ja, wenigstens kann ich sagen, ich war auch schon am Set... sogar vorher. So beschließe ich, zumindest heute nochmals hinzulaufen und zu schauen, wie weit die Baustelle ist.



Höchste Eisenbahn, denn die kleine Brücke, an deren Ende ich sonst über die Böschung zur neuen A4n gelangte, ist bereits gesperrt. Die Brücke selber steht zwar noch, aber gleich dahinter gähnt ein Loch, das mich ca. 40m vom "Einstieg" trennt.
Also Sackgasse. Da aber auch munter die Baufahrzeuge unten in der Baustelle hin- und herfahren, war die Idee wohl ohnehin nicht die beste.



Ich kehre also auf der Brücke um und laufe über den tosenden Verkehr, der wohl nicht mehr viele Tage unter mir auf der alten Trasse rauschen wird, zurück.




Durch den Perspektivwechsel bemerke ich, dass zwar die Ampel vor der Brücke deaktiviert ist, da mangels Befahrbarkeit kein Verkehr mehr geregelt werden muss, doch das Blinklicht davor blinkt einsam und allein vor sich hin, Nr.5 lebt...

Bis zum "Durchstich" der neuen zur alten Autobahn scheint nicht mehr lange hin zu sein.
Das bedeutet, dass die alte Trasse dann autofrei sein wird.
Und das würde bedeuten, mit ein wenig Glück vielleicht den Zeitpunkt erwischen und den alten Asphalt auch einmal abzulaufen zu können... :-)

Wenn das nicht lockende Aussichten sind!

Ich laufe noch ein gutes Stück durch das Feld und genieße weiterhin den Wind.
So leicht und locker lief es lange nicht!










25 Grad, 9,7 km, 1:03:44, (6:34 Min/km), Puls 129

Sonntag, 18. Mai 2014

Durch den Wald ans Ende


Tag 2 ohne Magentablettencocktail und es geht mir guuut! Endlich keine Nebenwirkungen mehr, die "Leibesmitte" fühlt sich wieder an wie sonst und nicht wie ein Wackerstein. Herrlich.

Das Wetter ist auch herrlich, schon gestern Abend konnten wir draußen speisen, während sie in Berlin im strömenden Regen um den Pokal kicken mussten.

So beschließe ich, erneut den kürzlich entdeckten schönen Wald anzusteuern und diesmal zu schauen, was dahinter kommt...

Die knapp 23 Grad, die das Thermometer anzeigt, mögen für Spaziergänger angenehm sein, doch laufend unterwegs wird es mir trotz schulterfreiem Top bald sehr warm. So wirkt der kühle schattige Wald mit den immer noch munter zwitschernden Vögeln wieder wie eine erfrischende Quelle.
Diesmal laufe ich einen mir noch unbekannten Waldweg. Erst quert er eine Lichtung, wird dahinter zunehmend verwilderter. Zwar ist der Verlauf noch erkennbar, doch Brennnesseln und andere Pflanzen erobern zunehmend die Fläche. Ein wahres Biotop, zahlreiche Insekten freuen sich über "Essen auf Beinen", es schwirrt und summt und ich bin froh, als ich plötzlich auf einer Landstraße bei der Steinheide aus dem Grün trete.


Die Stelle erkenne ich wieder, kreuze die Straße, biege gegenüber in eine Allee ein und genieße weiterhin Schatten. Der Weg führt zu einem Gutshof. Wenn ich mich nicht sehr täusche, wird auch dieses Idyll dem Tagebau zum Opfer fallen.
Am Ende der Allee biege ich in "Neuland" ein. Und stehe prompt vor einem schon verfallenden Bauernhof.




Ein trauriger Anblick. Das macht mich neugierig und ich stakse vorsichtig durch hohes Unkraut näher.




Durch die offenen Fenster kann ich erkennen, dass das Haus wohl schon seit Jahren dem Verfall preisgegeben ist, drinnen wächst Unkraut.






Ob das Bild des Jammers im Zusammenhang mit der Umsiedlung steht? Keine Ahnung.

Ich folge der schmalen Straße weiter und stoße auf einige einsam gelegene schmucke Einfamilienhäuser, das glatte Gegenteil des verfallenden Hofs.
Dass diese auch werden weichen müssen kann ich kaum glauben, aber nach den Plänen, die sich im Netz finden, ist es wohl so.

Ich "navigiere" nach Himmelsrichtung und vermute, dass bald wieder ein "regionaltypisches" Erlebnis folgt...





Das macht doch erst recht neugierig...



Schaun mer mal!











Wie nicht anders zu erwarten, ist Ende im Gelände. Verbotsschilder beenden hier meine kleine Expedition ins Unbekannte.

Erst auf dem Rückweg fällt mir eines auf: Hier gibts keine Lächler, wie angenehm...;-)
Am Freitag hat mich sogar einer persönlich aufgesucht und bot sich zum Dialog an. Er machte durchaus einen sympathischen Eindruck und ich finde es ja grundsätzlich gut, wenn sich Volksvertreter alle 4 Jahre aktiv um ihre Wähler kümmern. Doch habe ich die Vermutung, nach dem nächsten Wochenende, wenn die Wahl vorüber ist, hat sichs ausgelächelt. Da finde ich das System, in dem mein eidgenössischer Ehemann seine Staatsbürgerpflichten ausübt, deutlich vorteilhafter:
Er konnte dieses Wochenende (online übrigens!) voten, aber nicht zu irgendwelchen Wahlen, sondern das Volk stimmt ab über:
  • den Kauf neuer Kampfjets für die Armee (abgelehnt),
  • einen Mindestlohn (abgelehnt),
  • raschere Abschaltung eines AKW im Kanton Bern (abgelehnt),
  • Beschäftigungseinschränkung für Pädophile im Umfeld von Kindern (angenommen),

und noch weitere Themen.
DAS finde ich gut, da weiß doch die Politik, was ihre Schäfchen wünschen und muss dem Volk folgen, ob es ihr gefällt oder nicht.
Auch über eine Deckelung der Handänderungssteuer durfte das Volk entscheiden. Hab ich doch wieder ein neues Wort und eine unbekannte Steuerart kennengelernt :-)! 
Hat übrigens nichts damit zu tun, dass ein Linkshänder zum Rechtshänder wird...

23 Grad, 16,2 km, 1:47:36, (6:38 Min/km), Puls 134

Donnerstag, 15. Mai 2014

Back to Business

Mein erster Lauf nach dem GP Bern heute fiel dank erfrischender 13 Grad sofort lockerer aus als der Wettbewerb am Samstag. Niedriger Puls, braver Magen (allerdings auch kürzere Strecke), ja so darf's sein, das hat Läuferin gern :-)
Nur ein komischer hartnäckiger Muskelkater in den Oberschenkeln erinnert mich an Bern und sein Höhenprofil...

Ansonsten konkretisieren sich weitere Projekte: Der Ahrathon in 4 Wochen als gut eingespielte Damenstaffel. Da werden wir das Feld wieder rocken und anstatt wie andere an den Verpflegungsständen zu Wein zu greifen (jawoll, dort werden die Verpflegungen von Winzern organisiert; Nehmen wir heute mal Grauburgunder oder doch lieber ein Gläschen Roten...?) werden wir alles daran setzen, mindestens vorletzte zu werden, wenn nicht sogar vor-vorletzte ;-)

Und im Büro kam spontan der Gedanke im Kollegenkreis auf, doch in Köln als Marathonstaffel zu laufen. Auf einen Aufruf per Mail (Wie hat man solche Abfragen eigentlich vor 10,15 Jahren gemacht? Trabte man etwa von Büro zu Büro...?) meldeten sich spontan

  • 2 fest Entschlossene, 
  • mehrere weitere ziemlich konkret Gewillte 
  • und 2 eventuell Interessierte. 

Schon kamen erste Zieldefinitionen ins Gespräch: Wir streben doch eine 2:30 an? (Ich vermute, nicht ganz ernst gemeint).
Oder doch etwa nicht?

Ich sehe dem Fortgang der weitere Projektentwicklung mit Spannung entgegen:
Wie wollen wir uns denn nennen? Etwa dröge mit Firmennamen?
Gewanden wir uns in ein Corporate-Identity-Outfit und falls ja, wie soll es denn gestaltet sein und wer verantwortet den Beschaffungsprozess? Haben wir eine Buchungsstelle? Wer wird die Ehre des Zieleinlaufs haben?
Zu einer ersten kleinen Lagebesprechung nächste Woche können auch schon nicht alle kommen, so dass es eines zusätzlichen Kommunikationsmanagements der Projektmitglieder untereinander bedürfen wird.
Wahrscheinlich treten noch weitere Individualprämissen zu Tage: Etwa die Notwendigkeit des Vorhandenseins persönlicher Wohlfühltemperaturen am Lauftag, die Abwesenheit von Regen, der individuelle Biorhythmus...
Wohlan, wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

13 Grad, 5,6 km, 35:46, (6:22 Min/km), Puls 136

Montag, 12. Mai 2014

GP Bern

Der Grand Prix von Bern, unter Insidern schlicht "der GP" genannt, ist herangerückt.

Wir holen unsere Startunterlagen am Vortag ab, denn am Samstag ist dank 32.000 Startern in allen Läufen (17.500 beim Hauptlauf) mit großem Gedränge zu rechnen. Das markante Riesenrad der Messe BEA markiert deutlich das Start- und Zielgelände. Ich könnte schwören, dass die Kabinen auch sonst als Seilbahnkabinen nutzbar sind...

Unser Lauf startet Samstag am späten Nachmittag. Doch ich beginne schon am Morgen, meine Sachen durchzugehen. Auf der Rückseite der Startnummer ist nochmals erläutert, wie man den Chip am Schuh befestigen soll. Brauche ich nicht, denn ich habe ja einen eigenen Chip mit Fußband, meinen Chip, den ich sonst immer ausführe, sonst - ABER NICHT DIESMAL! Denn wie ich erschreckt merke, liegt der gut daheim im Schrank, 650 km nördlich! Schock am Morgen, auf ins Auto und erneut nach Bern. Erfreulicherweise wird mir sofort mit einem Leihchip geholfen, der sogar weder Leihgebühr noch Pfand kostet! So können wir in unserer FeWo nochmals einige ruhige Stunden mit Bergblick verbringen, bevor wir uns dann per Bahn auf ins Epizentrum des GP machen.
Man merkt hier die langjährige Organisationserfahrung. Es stehen 3 riesige Oktoberfesttaugliche Zelte mit Bänken für die Sportler/innen als Umkleide bereit. Seine Sachen kann man hier einfach stehenlassen, nur wenige Meter neben dem Start. Es gäbe auch ein Wertpapiersachendepot, wenn man Zeit und Lust hat, lange anzustehen. Beim Umziehen darf ich einer herzhaften Schimpftirade einer Teilnehmerin zuhören, die wohl gerade als Walkerin den Altstadtlauf mitmachte und sich von den Stöcken einer Deutschen behindert fühlte, typisch deutsch sei das gewesen, echauffiert sie sich. Ja, wir sind nicht durchgängig gut angesehen hier...
Wenig später stehe ich an einer WC-Anlage Schlange (ca. 30-40 Minuten). Plötzlich schießt eine Schweizerin von hinten nach vorn, begleitet vom Ruf, sie müsse dringend aufs WC. Ja super, das wollen hier alle! Kurz überlege ich, wie wohl die Reaktion ausgefallen wäre, hätte dies eine Deutsche gewagt...
Egal, ansonsten werden später aber auch von der Speakerin freundlich beim Startprozedere auch Gäste aus dem nördlichen Nachbarland namentlich begrüßt.
Das riesige Starterfeld sammelt sich unter dem kühlenden Schatten einer schönen alten Baumallee.

Und Kühlung ist notwendig. Noch als wir ankamen, war der Himmel voll bedeckt und wir bekamen sogar einige erste Regentropfen ab. Ich war froh, dass ich ein normales Laufshirt angezogen hatte und nicht das zur Wahl stehende ziemlich schulterfreie Hochsommertop. Doch diese Einschätzung sollte sich ändern. Denn während ich im Startblock warte, reißt der Himmel auf und gibt der Sonne freies Strahlen auf die schweizerische Hauptstadt frei. Wenigstens trage ich Shorts und nicht wie viele um mich, 3/4-Tights.









Das Prozedere läuft ab mit der Präzision eines schweizer Uhrwerks. Die Starter sind in 30 Blocks hinter den Topläufern aufgeteilt. Die Frauen-Elite startet 15:53:27 (!), die der Männer 16:00 Uhr. Mein Block hat als Startzeit 16:44, Check-in ab 16:24 Uhr.


Wie in Wien haben auch hier American Footballer die ehrenhafte Aufgabe eines lebenden Startbands zu erfüllen. Das bedeutet in der Bern-Variante, 30x Kette bilden und lossprinten...

 
Noch 38 Sekunden bis zum Start meines Blocks. Ja was wird mir dieser Lauf bringen? Einserseits habe ich inzwischen meine Eisendepots wieder ein wenig, wenn auch lange nicht ausreichend füllen können. Andererseits muss ich noch meine Magenmedikamente einnehmen, die sich mit Nebenwirkungen bemerkbar machen. Also nehme ich mir vor, wie in Wien mit Blick auf den Puls und reduziert zu laufen, um gut durchzukommen.
Dieser Vorsatz hält nur wenige Minuten. Beim Startschuss stürmt natürlich alles los, es macht ja auch Spaß, endlich in Bewegung zu kommen. Und dann lauert bereits der Aargauerstalden, eine zuerst abwärts zu nehmende Rampe, die nochmals automatisch das Tempo forciert, denn man kann die Beine fliegen lassen. Ruckzuck ist mein Puls über 160!


Oder hängt das mit dem Anblick der Spitze zusammen, die hier heraufgestürmt kommt? Die Elite hat dort bereits km 15 erreicht und ist quasi im Zielendspurt, während sich mein Block just bei km 1 bewegt. Letztes Jahr durfte ich an gleicher Stelle Haile Gebrselassie bewundern.
In Bern hofft man 2014 auf einen Sieg des Lokalmatadoren Viktor Röthlin, der seinen letzten GP bestreiten will. Doch wie ich aus den Lautsprechern höre, liegt er leider nicht vorn und wird nachher Siebter.


Am unteren Ende des Stalden biegt das Feld beim Bärengraben ab Richtung Altstadt. Es bieten sich, so wie ich finde, nun einige der schönsten Perspektiven des Laufs!


















Alles arbeitet sich die Gerechtigkeits- und dann die Kramgasse hinauf, wo uns bereits zahlreiche schnellere Läufer entgegenkommen und der Spitze folgen. Ein Fahnenmeer, Livemusik, die bunten Sonnenschirme, der blaue Himmel, viel Publikum - das ist der GP!
Ein unvergleichliches Gefühl!

Kurz darauf biegen wir rechts ab und es geht hinunter Richtung Aare. Doch vorher haben wir genug Gelegenheit, die Wärme, die sich zwischen den Mauern schon gestaut hat, zu spüren. Für uns Läufer ergibt dies durchaus ein "hitziges" Gefühl. Ich merke, dass dieser GP kein leichter wird.
Plötzlich hinter mir ein hässliches Geräusch: Ein älterer Teilnehmer ist sehr heftig gestürzt, sofort eilen Passanten hinzu und helfen ihm.
Das letzte Stück führt weiter auf Kopfsteinpflaster recht steil abwärts ins Mattenquartier und an die Aare.


Darauf, dass dieses kleine Viertel seinen eigenen Dialekt hat, spielt dieses km-Schild an: "Kannst Du Matten-Englisch?" lautet die Frage. Nein, kann ich nicht. Laufe aber dennoch weiter. Auch hier gibts Live-Musik der rockigeren Art. Passend zum Kneipenpublikum. Aber auch vom Band (oder wie sagt man heutzutage dazu?) wird intoniert: "Hot Legs" röhrt Rod Stewart. Ja, nicht nur die Beine sind heiß...
Bei diesem Lauf ist Streckenkenntnis von Vorteil. So weiß ich, dass die erste Verpflegungsstelle nicht mehr allzu weit ist.



In diesem Jahr werden die bereitgestellten Wassercontainer für die Schwämme begehrlich angenommen und der Dusche aus dem Feuerwehrschlauch will sich niemand entziehen.
Auch ich nehme mir dankbar ein Wasser.

Es folgt ein etwas ruhigeres Teilstück mit weniger Zuschauern. Bei km 5 stoßen wir ans Marzili, das wunderschöne alte Freibad der Berner, direkt an der Aare gelegen. Ach, dort hinein müsste man nun gehen können und sich erfrischen. Der Lauf vermittelt langsam das Gefühl einer Hitzeschlacht, während das Publikum wahrscheinlich nur angenehme Frühlingstemperaturen empfindet. Es ist ein ziemliches Geschnaufe um mich herum, ich leiste auch meinen Beitrag. Vom Straßenrand erklingt "The Final Countdown". Nun, falls damit das Ziel gemeint ist, das dauert noch. Vorher geht es nochmals am gegenüber liegenden Aareufer entlang. Wir gelangen zum Tierpark und zum "Dählhölzli". Dort folgt nochmals eine Wasserstation. Ich nehme einige Schluck Wasser und einen 2. Becher kippe ich mir über Kopf und Nacken, wie gut das tut! Denn nun kommt die erste richtige Herausforderung. Was sich so putzig anhört ist ein großes Waldgelände in der Stadt, das allerdings mit einer längeren Steigung aufwartet. Dass genau dort eine Ambulanz mit Blaulicht steht, steigert nicht gerade die Motivation. Aber die kühle Erfrischung am Wasserstand und nun der schattige Wald tun gut und der Puls sinkt kurz spürbar.


Ich erlaube mir an den steilsten Passagen einige Gehschritte, denn ich merke, der Magen zetert und meutert. Wenigstens trägt das klatschnasse Shirt gut zu einer fortgesetzten Kühlung bei. Auch viele andere haben ihren Kampf auszufechten.

An einer Stelle stehen ein Akkordeonspieler und ein Gitarrist, aber sie machen gerade Pause.






Dafür darf ich ein schönes Konzert eines Drehorgelspielers wenigstens kurzzeitig hören.
Er hat viel Spaß und winkt mir munter zu.















Ja, in Bern wird man nicht nur durch km-Zahlen, sondern auch verbal orientiert. Hier darüber, dass ja schon mehr als die Hälfte vorbei sei.
Das tut gut. Aber dafür liegt nun der schattige Wald hinter mir und es geht vom Thunplatz aus durch ein Wohngebiet. Zunächst schön abwärts und mit Gegenwind, aber dafür wieder in der prallen Sonne.



Hier, wie auch an vielen weiteren Punkten gibt es Privatwasserinitiativen, mitfühlende Bewohner, die ihre Gartenschläuche ausrollen und Kühlung spenden.
DANKE!

Bei der nächsten Wasserstation  schreit die Kehle nach Flüssigkeit, doch der Magen macht dicht, völlig dicht. Ich versuche ein Iso, aber das hätte mir vorher klar sein müssen, dass dieses süße Getränk da auch nichts nützt. Ab hier laufe ich nicht mehr mit, sondern eher gegen meinen Magen.



Es geht zum 3. Mal über die Aare, in ein anderes Wohnviertel. Ich versuche, mich vom langsam quälenden Magendrücken abzulenken. Doch irgendwie ist es elend schwer. Am Straßenrand sehe ich, wie ein junger Mann wie ein nasser Sack in den Armen eines Sanitäters hängt, dann geben seine Beine nach und man kann ihn nur noch geordnet zu Boden gleiten lassen. Überhaupt haben die Sanitäter Stress. Wiederholt beobachte ich, wie sie auffällige Läufer ansprechen, fragen, ob es ihnen gut ginge oder sie Hilfe benötigen.








Ja, Humor haben sie hier...
"Bist Du müde?"
Ja und wieeeee,
aber kneifen ist nicht.
Kneifen tut nur mein Magen, bzw. krampfen. Es zieht sich bis in die Schulter hinein. Ich weiß zwar nicht, wie das biologisch geht, ist aber so. Jedenfalls läuft es sich so alles andere als entspannt.
Zumal ich weiß, dass gleich der zähe Anstieg hinauf zum Bundeshaus kommen wird...






Ja, nach Amerika gehts hier sogar wirklich rechts, jedenfalls zur amerikanischen Botschaft.

Kurz danach überhole ich einen gestylten Läufer. Der telefoniert gerade.
"Jo, am Bundeshuus bin ig. Am BUN-DES-HUUUUUS!"

Zu den lauten Glockenklängen des Berner Münsters ...




.... nähere ich mich der blauen Matte. Das ist noch lange nicht das Ziel, nur ein kleines Streckenhighlight, rechts das Bundeshaus, geradeaus die Nationalbank.










Tja, leichter geschrieben als getan. Noch vor 4 Wochen beim Marathon in Wien fühlte ich mich 3 km vor dem Ziel prima, freudig und legte noch ein wenig zu. Und das mit 39 km in den Beinen.
Hier hingegen, nach läppischen 13 km fühle ich mich übel, elend, schlapp.
Aber die 3 km packe ich noch. "Gring abe u seckle", wie es beim GP so schön heißt (Kopf runter und rennen).



Auch die anderen haben zu kämpfen. Die Schritte werden müde und schwer. War man gerade in leichtem Abwärtslauf, so schwenkt die Strecke nochmals scharf links und erneut gehts kurz aufwärts.








Dann die 2. Passage über Kram- und Gerechtigkeitsgasse, diesmal abwärts.
Links und rechts sitzen an den Tischen der Lokale die Zuschauer und genießen Speisen und Getränke.
Aber man darf sich nicht täuschen lassen, gleich kommts.
Das Grauen hat einen Namen: "Aargauerstalden", den nun wir, wie ja vorhin erst die Spitze, hinaufhetzen müssen...






Die Post zeigt ebenfalls ihren Sinn für Humor...
zäh gehts,
hart ist es.









Immer noch harren die Zuschauer aus, um die müde Schar anzufeuern.

Oben heißt es im Schwenk rechts. Eine schöne Guggenmusik gibt am Rosengarten auch alles und schmettert was das Zeug hält. Ich kann deren Namen erkennen "Ton-Schiisser" nennen sie sich. Gespielt wird "Über den Wolken". Ja, dieses Feeling kann ich gerade so gar nicht nachvollziehen. Statt schwebend leicht und locker fühle ich mich unterirdisch wie ein Bergmann im Stollen. Und selbst die Aussicht, nun auf dem letzten km zu sein, kann mich zu nichts mehr motivieren. Ich knarze als rostiger Roboter dem Ziel entgegen, dabei habe ich doch nicht zuviel, sondern zu wenig Eisen...
Endlich kommt das Ziel in den Blick. Die Zuschauer schreien sich hier immer noch die Kehlen heiser, obwohl die Elite seit fast einer Stunde durch ist.


Endlich habe ich es geschafft. Ich bin fix und fertig, mir geht es nicht gut und muss erstmal Kräfte sammeln um zum Zielausgang zu gelangen. Bananen gibts auch keine mehr.


Die Schlacht ist geschlagen, aber so schimmernd wie die Montur des Plakathelden ist die meinige nicht, diesmal nicht. Was in Wien so locker und leicht lief, war hier ein ziemlicher Kampf.
Wäre dies mein allererster Lauf gewesen, ich weiß nicht, ob ich jemals wieder die Schuhe geschnürt hätte. Nun gut, ein Teil hängt mit meinen derzeitigen Unpässlichkeiten zusammen, ein Teil ist der Hitze geschuldet (auch mein Mann ist eher unzufrieden heute), ist also erklärbar. Aber schöner macht es das nicht.
Wenigstens gibts für die Finisher noch eine verbale Aufmunterung (und einen kleinen Berndeutschsprachkurs):


Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass nach dem Lauf der Himmel wieder zuzieht und wir am Bahnhof Wankdorf wieder nur eine trübe Wolkendecke über uns haben...

Einen schönen Bericht vom GP mit vielen touristischen und historischen Hinweisen hat Marianne in ihrem Blog.

Und hier gibt es einen Video-Rückblick:  GP-Video 2014

16,093 km, 1:42:25,6 (Jawoll, Zehntelsekunden werden gemessen!), (6:14 Min/km), Puls 157.
AK: 274. von 391
Frauen: 3448. von 4537