Laufend lesen

Samstag, 24. September 2016

7 Meilen von Zons 2016

Der Zonser Nachtlauf, immer schon hat er mich interessiert, dieses Jahr klappt es. An einem lauen Frühherbstabend machen wir uns auf Richtung Feste Zons, mit ihrem wunderschönen historischen Stadtkern. Parken soll etwas schwierig sein, doch ein perfektes Parkleitsystem aus vielen freundlichen Helfern weist uns ein. Wir kommen dem Start-/Zielgelände sehr nah und freuen uns ... zu früh. Denn dann werden wir weggeleitet vom schon sehr zugeparkten außerhalb des Orts gelegenen Sportplatzareal und finden bei Strecken-km 2 auf einem Spargelhof unseren Abstellplatz, beim Containercamp der Saisonaushilfskräfte des großen Hofs, die laut Autobeschilderung aus Bulgarien, Rumänien und Polen stammen. Man muss das positiv sehen, so sind wir auf dem Weg zum Start schon ein wenig warmgegangen.

Gerade zum Start der 3,1-Meilen-Distanz (man könnte auch 5 km sagen) kommen wir an und erhalten rasch unsere Startnummern.
Ich habe nochmals meine guten alten heißgeliebten Asics Nimbus an den Füßen, eine Vorgängerversion, die mein Ein und Alles ist, da der Nachfolger mir nicht mehr behagt. Ach und wie herrlich fühlen sich darin die Füße beim Einlaufen an!
Zudem habe ich vorsichtshalber meine Stirnlampe dabei. Es wäre zwar auch ohne gegangen, aber nur mit erhöhter Stolpergefahr.


Sehr schnell sammeln sich die rd. 1100 Teilnehmer der 7 Meilen, sprich 11.263 m, am Start. Die wissen warum, wir merken es sehr bald. Mit einer kleinen Startrakete werden um 20 Uhr alle losgelassen, auf einen schmalen Wirtschaftweg. Heissa, da bekommt "Tuchfühlung" eine haptische Komponente! Es ist ein ziemliches Generve, da sich leider sehr viele Langsame ganz vorne platziert haben. Man ist nur beschäftigt mit Ausweichen, Durchschlüpfen, Vermeiden von Sturzgefahren. Viele nehmen es mit Humor:
"Mädschen, wenn mir im Ziel sinn, darfste misch mal rischtisch drücken, isch bin der, der wie dä Brätt Pitt riescht!" höre ich hinter mir (wobei ich aber nicht die Adressatin bin).
"Peter, wo bleibste?"  "Isch sischer nach hinten ab!"
Nach einem halben km streifen wir die Ausläufer des Orts und schon erwarten uns viele anfeuernden Anwohner. Die ersten Fackeln und Laternen entlang der Häuser und Gärten.
Schön!

Dann geht es zunächst über dunkle Feldwege weiter. Immer noch im dichten Pulk. Als wir bei km 2 unser Auto passieren, hat es sich etwas gelockert. Und mein Laufgefühl ist irre! Ich komme mir vor wie eine Gazelle, die in der afrikanischen Dämmerung durch die Wildnis springt. Ich überhole und überhole. Der Anteil der weniger leistungsorientierten Läufer scheint mir recht hoch.
Leider ist inzwischen die Dunkelheit extrem fotountauglich. Ich zeige hier dennoch meine auf diese Art entstandenen expressionistischen Werke.
Wir streifen Stürzelberg und laufen eine schöne fackelbeschienene Passage. Überall angefeuert von kleinen Grüppchen.

Nach 4,5 km erreichen wir wieder Zons. In einem Wohngebiet herrscht tolle Stimmung, alles steht an der Strecke. Und alles, was irgendwie leuchtet, wurde an den Straßenrand geräumt: Kerzen, Windlichter, Fackeln, Laternen, Weihnachtsbeleuchtungen! Einmal rennen wir durch eine richtiggehend formierte "Einlaufschneise".
Perfekter Antrieb für Läuferbeine!
Ich schaue immer wieder auf meine Uhr - zu schnell, zu schnell. Der Kopf will bremsen, die Gazellenbeine wollen laufen.
Bald passieren wir die Fähranlegestelle und über Pflaster geht es Richtung historischer Stadtkern.

Kurz vor  Zollturm und Tor biegen wir ab und rennen erst einmal unterhalb entlang der Stadtmauer. Während diese rechts aufragt, stehen links hohe Pechfackeln. Ein wunderschöner, malerischer Anblick! Einmal wird in einen Baum etwas projeziert, das aussieht wie 1000 Glüwürmchen.
Meine Stirnlampe formt einen merkwürdigen Kegel, so als wenn ich im Dunst liefe. Aber es ist etwas anderes: Staub vom knochentrockenen Weg, den die endlose Schar von Läuferfüßen aufwirbelt. Da weiß man, warum Cowboys immer diese Tücher vor Mund und Nase hatten!
Ist Staublunge eigentlich als Läuferkrankheit anerkannt...?
Ich muss mich von sowas ablenken und überhole weiter.

Nachdem 2 der 4 Mauerseiten passiert sind, geht es zunächst noch kurz auf einem Wall weg von der Altstadt, dann in einer scharfen Kehre zurück Richtung Stadtkern. Auf diesem Vorplatz herrscht Trubel, denn hier treffen gleich 3 Läuferschlangen aufeinander: Die, die gerade von der Mauer kommen, die, die die scharfe Kehre Richtung Altstadt genommen haben, und die, die die Gassen schon absolviert haben und das letzte Stück angehen.
Ich bin auf die Altstadt gespannt. Doch leider ist dort ziemlich tote Hose. Schade, gerade hier wäre eine einzigartige Kulisse. Und mir dämmert noch eine Erkenntnis: Wir sind schon 6 km gerannt, und weit und breit kein Wasser in Sicht! Es wird auch keines mehr kommen. Statt dessen wird der Staubgeschmack im Mund stärker. Ich wähne mich gar einem läuferischen Delirium nahe, als ich das 7-km-Schild erblicke, garniert mit dem Zusatz "Nur noch 3". Aber von 7 bis 11kommanochwas sind es doch 4...? Oder ist hier eine andere mathematische Orientierung vorherrschend?

Durch das Rheintor verlassen wir die malerischen alten Gassen und schließen die Stadtmauerumrundung entlang der beiden weiteren Mauern ab.
So langsam wechselt bei mir der Antrieb. Nun muss der Kopf die Beine bei Laune halten.
Nochmal den rummeligen Vorplatz passiert, Anfeuerung aufgesogen und ab geht es durch dunklere Passagen wieder über Land. Auch hier: Immer wieder kleine Anfeuerungsnester. Die Zonser wissen wirklich zu begeistern!



Ein Schlenker führt uns nochmals über die Felder und ziemlich staubige Wege. Hier merke ich, wie zuvor schon gelegentlich, dass manch anderer Mitläufer sich den Weg von meiner Lampe mit erhellen lässt.
Als ich gerade mal schaue, was denn so links des Weges ist, ereilt mich ein Ruf "Jetzt guckt die auch noch weg, da ist doch nichts! Und auf dem Weg sehe ich jetzt nichts mehr!!"
Bei km 10 sehe ich eine 53'er Zeit auf meiner Uhr. Wow, wäre das Anfangsgetümmel nicht gewesen, wäre das eine tolle Zeit geworden.
Aber auch so bin ich für heute sehr zufrieden. Muss nun ein wenig beißen, merke aber auch, die Substanz ist da. Es zieht sich länger, als ich dachte. Doch interessanterweise ist dies sogar der schnellste Kilometer meines Laufs. Recht unvermittelt taucht nach einer Linkskurve das Stadion auf. Wir laufen durch ein Hintertürchen auf einem extrem staubigen abgetrennten kleinen Streifen ein. Vor mir ein Läufer und eine Läuferin im Platzgerangel.
Dann öffnet sich der Weg und in meinen Beinen zündet so etwas wie Turbo. Plötzlich laufen die wie von selber und locker fliege ich an den beiden vorbei. Meine Uhr zeigt mir hier später einen 4:05'er Schnitt. So schnell bin ich, dass mein im Ziel wartender eidgenössischer Ehemann mich verpasst, obwohl er fotografierbereit dort lauert (oder ob er etwa die Cheerleader im Blick hatte?)...

Es gibt keine Medaillen, doch für die Damen eine Rose.
Obwohl k.o., freue ich mich wie verrückt über einen schönen Lauf. Hat richtig Spaß gemacht und nächstes Mal nehme ich dann eben mein eigenes Wässerchen mit.
Die Stirnlampe leistet uns gute Dienste auf den dunklen Wegen zurück zum Auto.
Toll, das Cool-down ist so auch gleich inklusive!

Schöner, stimmungsvoller Lauf in Zons, gerne wieder!

11,263 km, 59:56 (netto), (5:16 Min/km), HF 159
8. von 25 in der AK, 68. von 395 Damen
Link zum Nacherleben

14 Kommentare:

  1. Liebe Elke,
    gratuliere du Turbofrau! :D
    Da hast du jawohl auch selbst ganz schön Staub aufgewirbelt! Da hätte doch eine Trinkpause nur den Schnitt zerstört. ;)
    Danke übrigens für deine "Übersetzung" der Streckenlänge. Ich kann es mir einfach nicht merken, wie Meilen in Kilometer umgerechnet werden.
    Ein wirklich sehr stimmungsvoller Lauf - und die Blume statt der Medaille hätte mir auch gefallen. :D

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    1. Liebe Doris,
      stimmt, Trinkpause hätte mich doch glatt über eine Stunde (netto) gebracht...! Ach, wenn doch immer die Läufe so klasse liefen...ich könnte schon wieder hin!
      Danke Dir und liebe Grüße
      Elke

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  2. Liebe Elke,

    kaum passe ich mal drei Wochen nicht auf Dich auf, da fängst Du das Rennen an :-)

    Hola die Waldfee, da hast Du aber wirklich ein Tempo vorgelegt und es klingt trotzdem doch locker und fröhlich.

    Klasse! Glückwunsch!

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Lieber Volker,
      danke! Das war doch alles die augestaute Energie, die das Knie ausgebremst hatte :-) Es WAR locker und fröhlich :-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,

    ja Mensch, das klingt toll. So hab ich mir den Zons-Lauf immer vorgestellt. Da ich den Ort ja von einigen besuchen kenne, war ich Dank Deiner Beschreibung live mit dabei. Wer weiß, vielleicht auch irgendwann mal für mich.

    Gruß
    Anja

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    1. Liebe Anja,
      wenn man den Charme der Altstadt kennt, kann man den Lauf sicher gut nachvollziehen, auch wenn leider gerade dort die Illumination mager war. Dennoch, die Stimmung in den anderen Straßen war einfach nur klasse! Du MUSST da auch mal laufen, ich bin dabei, sag Bescheid! Das wird sicher mal für Dich!
      Liebe Grüße
      Elke

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  4. Liebe Elke,

    sehr flott unterwegs! Fast kann man sich die Stimmung vorstellen mit den verwackelten Fotos und der Beschreibung. Die Kölschen Kommentar sind auch wunderbar eingefangen.
    Klingt nach einem tollen Lauf - warum aber wohl 7 Meilen?
    Herzliche Grüße!

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    1. Liebe Roni,
      zu schade, dass man laufend und ohne Stativ die wirklich schöne Stimmung nicht einfangen kann. War wirklich sehr stimmungsvoll. 7 Meilen...? Vielleicht wegen des Mittelalterflairs des alten Stadtkerns? Oder um sich von den vielen 10'ern abzuheben? Keine Ahnung.
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. Da hauste halt einfach einen raus! :) Spitze!
    Ich liebe solche Abend- / Nachtläufe auch, gerade zur warmen Zeit

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    1. Lieber Markus,
      immer dann, wenn man eigentlich nur mal locker laufen will, passierts. Müsste auch mal auf Wunsch so laufen ;-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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  6. Liebe Elke,
    na da haben die Gezellenbeine aber ganz schön was hergemacht :-)
    Glückwunsch zu dem tollen Ergebnis.
    Und jetzt versuche man sich mal vorzustellen, was gewesen wäre wenn die ersten Km nicht so gedrängt gewesen wären.
    Das man bei einem Lauf über mehr als 10 km kein Wasser zwischendurch bekommt, ist schon seltsam. Aber wenn man das weiß, dann kann man ja vorsorgen.
    Ich habe einmal einen Nachtlauf mitgemacht und fand die Atmosphäre einfach toll. Das hat was mit den Lichtern und der Dunkelheit :-)
    Auf dem Bild mit der Rose sieht man, wie zufrieden und glücklich du bist :-)
    Das ist echt sehr schön.
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Liebe Helge,
      danke! Ja, hätte ich selber gar nicht so flott erwartet. Wenn das mal am Sonntag auch so gut liefe...! Mit Wasser unterwegs hatte ich fest gerechnet und gar nicht genauer geschaut, aber man lernt halt nie aus, nächstes Mal hab ich ein Fläschchen dabei.
      Genau, die Atmosphäre war wirklich sehr schön und machte den besonderen Reiz aus. Klar, wer danach nicht strahlt... :-)
      Liebe Grüße, bis in Kürze!
      Elke

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  7. Das Elliptigo ist ja eine Wundermaschine, wenn dir das Training darauf diesen Turbo beschert hat! Toll, meine Gratulation zur duchstandenen, nein durchlaufenen staubigen Nacht!

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    1. Manchmal ist die Zeit einfach reif, mal richtig was rauszulassen ;-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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