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Samstag, 29. September 2018

7 Meilen von Zons (Zonser Nachtlauf 2018)

Auf die 7 Meilen (11,3 km) von Zons hatte ich mich schon länger gefreut, und sie dann doch fast vergessen. Doch gerade rechtzeitig entdeckte ich den Kalendereintrag und wurde sogar durch einen persönlichen Parkplatz relativ nahe am Start/Ziel verwöhnt. (Danke an die netten Leute im Frau-Holle-Weg!) Entspannt kann ich also entlang einer endlosen Autoschlange auf der schmalen Zufahrt zum Sportplatz zur Startnummernausgabe wandeln. Die anderen müssen 2,5 km weiter fahren, zu einem Feldparkplatz.
In der Sporthalle ist es warm. Wegen des Autostaus, verkündet ein Sprecher, könnte eventuell der Start um ein paar Minuten verschoben werden. Kurz bevor ich aus der Wärme hinaus ins Kalte starten will, erneute Ansage: Der Stau ist weg, aber es sind noch 5-km-Läufer auf der Strecke, und die müsse man noch abwarten. Verschiebung eventuell um 4 oder 7 Minuten. Ich laufe mich warm und suche mir dann meinen Startplatz bei den anderen 1011 Läufern.


Der Sprecher bittet darum, sich gemäß des eigenen Laufvermögens einzureihen, es gäbe Nettozeitmessung, also für niemand ein Nachteil. Welch ein Prediger in der Wüste! Jeder will vorn sein. Denn man weiß, jede mögliche Bestzeitambition wird hier im Keim erstickt, da alle in einer einzigen Welle auf dafür viel zu schmale Wege gehen.


Kaum ist man über die Zeitmatte, geht nur noch langsames Trippeln. Überholen ist schwierig, da beidseitig Ackerfläche zu viele Stolperfallen bilden. Also heist es "Häschen hoppel" von Lücke zu Lücke. Nach ca. 2 km bin ich endlich in einer halbwegs freien Zone. Gerade rechtzeitig, um die Ankunft in Stürzelberg zu erleben, wo wir durch eine Art Fackelallee laufen. Wunderbares Ambiente! Die Polizei beteiligt sich auch an der Illumination, indem sie Blaulicht laufen lässt. Da wir dort nah passieren, hat man die Wahl zwischen kurzzeitiger Blindheit (so ein Blaulicht im Dunkeln ist ziemlich blendend), oder kurzzeitigem Augen schließen oder schnell dran vorbei. Ich bin gerade im Flow und entscheide mich für letzteres. Die Bein sind flink, und bald erreichen wir wieder den Rand von Zons, wo uns ein paar junge Burschen mit Wickingerhörner tutend begrüßen. Im Neubaugebiet wieder tolle Stimmung, La Ola und viele Lichter, die leider schwer zu fotografieren sind. Naja, ein wenig Kunst wird es dann wenigstens.







Ich habe das Gefühl, ich laufe km um km, dann es wird etwas schwerer, schön wäre, wenn es nun nicht mehr weit wäre. Doch leider, erstens weiß ich, es ist noch weit, und spätestens das km-Schild 5 holt mich auf den Boden der läuferischen Tatsachen zurück.
Entlang der Stadtmauer bezahle ich mein wohl doch zu schnelles Angehen mit einem kleinen Tief.


Es folgt auf der Schlossstraße eine Begegnungsstelle. Die aus der Altstadt Herausstürmenden sind schon einen km weiter.


In der Altstadt selber leider wieder keine Stimmung. Und dabei könnte man hier so malerisch Lichter inszenieren. Nix da, stimmungstechnische Entwicklungszone ist das hier.


Am hinteren Tor gehts wieder hinaus und auf dem dunklen Wall dort ich bin froh um meine Stirnlampe. Andere vor und hinter mir auch. Wie schon letztes Mal hat man immer stille Begleiter, die ohne solches Accessoire des Nachts hier antreten, und nun ein wenig vom Licht anderer profitieren. Mein kleines Tief ist überwunden und es läuft sich wieder ganz gut auf km 9 und 10 entlang der Landstraße. Bisher habe ich überwiegend überholt, nun schieben sich langsam von hinten erste Sprinter vorbei. Ich will lieber mit den Kräften haushalten.


Es geht auf einen steinigen Feldweg. Der letzte km vor dem Ziel wird in einer stillen Waldesecke von einer Sambatrommlergruppe eingeläutet, oder besser: -getrommelt. Mist, ausgerechnet jetzt werden meine Beine wieder schwer. Ich beiße die Zähne zusammen, weiß, noch 1x rechts, und am Ende des Waldstücks links des Weges biegen wir ab und haben schlagartig den Sportplatz vor uns. Beim Abbiegen sehe ich 3 Schatten auf dem Boden vor mir größer werden. Ihre Verursacher traben flott an mir vorbei. Dann naht ein heftiges Keuchen. Ich will zwar nicht wirklich, lasse den Herrn dann aber doch erstmal vorbei.
Erstmal. Wir laufen außen entlang des oberen Ovalendes der Laufbahn. Gleich, an der Geraden kommt das Ziel. Diesen Keucher schnappe ich mir! Ich hole alles raus, überhole. Er kann nicht gegenhalten.
Yeah, da ist die Gerade neben der Laufbahn. Da müsste gleich die Zeitmatte kommen!
Müsste sie.
Meine ich jedenfalls.
Mir dämmert...
... wir müssen nochmals unten herum und biegen dann in Gegenrichtgung erst auf die Laufbahn ein, und DORT liegt die Matte! Das hatte ich nicht mehr so in Erinnerung.


Uiui, meine Beine waren auf nur kurzen Endspurt eingestellt, und nun sollen sie weiter.
Von hinten wird das Keuchen lauter.
Um die Kurve herum.
Vor mir sehe ich den Schatten des Keuchers auf der Bahn, der sich von hinten näher schiebt.
Nein, nicht mit mir hier und heute!
Ich kann irgendwie noch ein Mausezähnchen zulegen und gehe vor ihm über die Ziellinie.
Geschafft! Knapp über einer Stunde, damit eine Minute langsamer als 2016, aber im Klassement im vorderen Mittelfeld und mit besserer Platzierung als 2016.
Ein schöner Läuferabend war das! Garniert mit einer Rose, die jede Dame im Ziel überreicht bekam.

14 Kommentare:

  1. Liebe Elke,
    von dir kann man mit Fug und Recht sagen, dass du Tag und Nacht rennst!
    Das liest sich und sieht auch nach einem schönen Lauf aus. Herzlichen Glückwunsch zum Abhängen des Keuchers trotz vorzeitig und irrtümlich verschossenem Endspurtpulver.

    Bekamen die Männer auch eine Blume überreicht oder etwa irgendwas für „echte Männer“ - eine Schraube o. Ä. ? ;)

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    1. Liebe Lizzy,
      danke! Ja, es macht Spaß dort den Lauf im Dunklen und die gute Stimmung zu genießen.
      Nein, Blumen nur für die Damen. *Lach*, etwas für die Kerls wäre echt der Hit. Vielleicht ein Pröbchen Motoröl?
      Liebe Grüße
      Elke

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  2. Liebe Elke,
    nicht nur des Nachts, sondern auch recht flott 2 Wochen nach dem Marathon! :-) Glückwunsch!
    Solche Illuminationen sind richtig schön und nachts kann man sie auch genießen ... wenn man nicht zuuu schnell an ihnen vorbeipest! ;-)
    So ein Keuchen nervt, toll dass du das hinter dir gelassen hast!
    Genieße deine Rose ... aber Motorenöl wollte ich nicht. Dann lieber gar nix! LOL
    LG Manfred

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    1. Lieber Manfred,
      zum Genießen war ich nicht zu schnell, wäre auch schade drum gewesen!
      Mh, kein Motorenöl? Ich Zeiten von Gender müssen die sich da wirklich etwas einfallen lassen für die Herren!
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,

    Du kommst dieses Jahr ja aus dem Wettkampfmodus gar nicht heraus. Aber nach dem ruhigen Marathontempo tat Dir der flotte Ritt durch die Nacht offensichtlich richtig gut :-)

    Glückwunsch zum Finish in dieser guten Zeit!

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Moin Volker,
      dieses Jahr wird wohl mein Wettkampintensivstes. Genau, nach so einem "ruhigen" Marathon ist noch Energie über ;-) Und es hat echt Spaß gemacht :-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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  4. Liebe Elke,
    gratuliere zu deiner Spitzenzeit! Und zum Durchhalten, obwohl sich das Ziel weiter hinten versteckt hielt!!! :D Ist mir auch mal passiert, dass ich dachte nach 10km sei Schluss und dann waren es noch einige hundert Meter mehr!!! Das geht gar nicht! ;)
    Der Lauf muss wirklich eine ganz besondere Stimmung haben - muss mich mal umhören, ob es hier in der Gegend auch einen Nachtlauf gibt! :)

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    1. Liebe Doris,
      danke Dir. Ja, das ist echt blöde, wenn das Ziel nicht da ist, wo man es vermutete... So ein Nachtlauf hat wirklich eine besondere Atmosphäre, vielleicht gibt es ähnliches bei Euch auch? Und 10 km bzw. knapp drüber schafft man ja immer.
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. Nach einem Lauf auf illuminierter Strecker vor einem Keucher im Ziel mit Rosen empfangen zu werden - wie romantisch Laufen sein kann!

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    1. Nun ja, man kann auch sagen, so weit ist es dann schon, dass frau 7 Meilen für eine Rose rennen muss... ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  6. Liebe Elke,
    welch kunstvolle Licht-Bilder. Ich finde das besonders gut, wo die Fragezeichen in der Luft hängen :-)))
    Wessen Gedanken das wohl waren ....?
    Politisch korrekt ist es natürlich nicht, wenn die Frauen eine Rose bekommen und die Männer nicht.
    Aber schön ist es.
    Es lebe der Unterschied :-)
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Lieber Helge,
      das Fragezeichen war mir noch gar nicht aufgefallen! Hihi, vielleicht sind das die ungestellten Fragen zur richtigen Renntaktik...?
      Och, für die Rose lassen wir Frauen doch den Herren meist den Vortritt, was Renntempo angeht, also alles ok ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  7. Schöner Bericht, vielen Dank! Ich starte heute Abend in Zons. Bin zufällig hier gelandet, weil ich gegoogelt habe, ob wohl eine Stirnlampe sinnvoll wäre heute. Du hast diese Frage ja gleich mit beantwortet.

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    1. Hallo Henning,
      herzlich willkommen im Blog und danke für dein Lob. Ja Zons ist besser laufbar mit Stirnlampe. Bin gespannt, wie es dir gefällt, vielleicht gibst du mir dazu eine kleine Rückmeldung? Ich würde auch gern mal wieder dort laufen, aber dieses Jahr klappt es wieder nicht, Sonntag ist Berlin-Marathon.
      Falls dir so ein Lauf im Dunkeln gefällt, wäre evtl der Steckenborner Lichterlauf etwas für dich, 12. Oktober.
      Liebe Grüße
      Elke

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