Spontan entschließen wir uns, am Vennlauf teilzunehmen, in Mützenich bei Monschau. Ein eigentlicher Halbmarathon, nur mit ca. 300 Metern mehr.
Und rund 250 Höhenmetern.
Die Strecke bietet ausschließlich Landschaft. Wald und Moor wechseln sich ab. Das Höhenprofil ist wannenartig, erst 2 km bergauf, dann bis km 11 km abwärts, bis ca km 19 alles wieder hinauf und dann 2 km Schuss
Unterwegs wird sogar an mehr Punkten Wasser angeboten, als im Plan vermerkt. Und wer später hier laufen will, findet sich anhand der Beschilderung auch allein zurecht.
Gut über 100 Starter*innen sind da, finishen werden 125.
Ich bin sicher, diesmal erfriere ich, denn wir stehen am Start in einer richtigen Windschneise, die 14° noch kälter macht.
Zudem zeigt meine Uhr schwachen Akku an. Blöd, dass ich das Laden vergessen hatte 😕
Aber andererseits, es geht um nichts, außer einen netten Lauf im Kreise Gleichgesinnter zu haben.
Wobei ich das anhand der vielen Vereins-Shirts aus der Region um mich herum relativieren muss: Die sind profilierte Strecken gewohnt und werden nachher entsprechend Dampf machen. Es gibt keine Chips, die Zeit wird manuell genommen. Und auch den Startschuss spart man sich, alle zählen von "10" herunter und bei "0" gehts los. Hinaus aus dem Ort und sofort beginnen die ersten 2 km Steigung.
Der erste Läufer muss schon kurz an die Seite - weil sein ihn begleitender munterer Hund mal großes Geschäft erledigen will. Doch schon bald überholt mich das sechsbeinige Duo.
Ich hänge mich hinten ans Feld an, habe aber dennoch das Gefühl, hier im Trainingstempo ziemlich falsch aufgehoben zu sein. Da alle so davonstürmen, habe ich leichte Anwandlungen von Torschlusspanik.
Hatte ich irgendwie Sorge vor Erfrieren? Nach einem halben km bin ich gut warm!
Es geht über asphaltierte Wege, an Weiden vorbei bis zum höchsten Punkt, dem Steling, der eine tolle Aussicht über die Eifel bietet:
Schon bald eine erste Wasserstation. Man hatte uns zuvor gebeten, die Becher AUF die Strecke zu werfen, damit sie später leichter als aus den Gräben aufgelesen werden können.
Und dann gilt es, einen ziemlich holprigen Trailpfad abwärts zu absolvieren. Das Bild zeigt den Anfang, danach war kein Fotografieren mehr drin, weil die unzähligen Wurzeln, kleine und große Steine, Kuhlen und Kurven volle Aufmerksamkeit erfordern.
Mir schwant anhand der Beschilderung, hier müssen wir am Ende wieder hinauf... 😲
Doch lange dauert dieser Abschnitt nicht, bald geht es auf breiteren Wegen abwärts.
Ein gemütlicher Lauf war mein Plan, aber wie das so ist mit Plänen und Vorsätzen. Ich lasse es rollen. Dieser fast unmerkliche, aber permanent abschüssige Teil ist zu verlockend...
So werden auch einige Bilder leicht verwackelt. So wie dieses hier, ein Startpunkt zu einer Moorwanderung auf Holzstegen.
Wollte ich immer schonmal machen und muss ich auch unbedingt irgendwann. Besonders der Herbst soll hier sehr sehenswert sein.
Hat man sich gerade an den luxuriösen Laufuntergrund gewöhnt, folgt dieses Fußbad, durch das wir alle müssen. Beherzt springt eben jede und jeder in die Wassermasse und holt sich nasse Beine.
Entlohnt wird man durch schöne Ausblicke über die naturbelassene Landschaft.
Doch schon bald ist km 11 erreicht, und ab nun heißt es "aufwärts". Ich habe mich innerlich gewappnet, verkürze den Schritt, versuche die Schrittfrequenz zu erhöhen, und diesele so hinauf. Diese Anstiege sind dann doch besser machbar als zuvor gedacht.
Meine Uhr warnt mich immer wieder vor der zur Neige gehenden Akkuladung. Doch brav wird sie mich bis zum Ziel mit ihren Werten versorgen.
Schon seit vielen Kilometern hat sich mit einer Läuferin mit weißer Kappe und Sommeroutfit eine Art stillschweigende Laufgemeinschaft gebildet. Mal ist sie vorne, mal ich. Langsam dämmert mir: Geht es aufwärts, lässt sie mich stehen, geht es abwärts, ist es umgekehrt.
So enteilt sie mir natürlich wieder, als es den Wurzeltrail nun aufwärts geht, kurz nach km 18. Ich reiße mich am läuferischen Riemen, weiß ja, es ist nicht mehr weit. Vor mir schnauft sich ein Mann hoch, lässt mich passieren, und wechselt dann auf Gang.
Schon sehe ich das Ende dieses Abschnitts und jubiliere innerlich. Doch zu früh gefreut. Es geht nicht auf der Anfangsstrecke zurück, sondern man hat uns eine Schleife eingebaut, über NOCH MEHR WURZELN UND STEINE im Wald. Ich muss mich arg konzentrieren, um hier noch einen Fehltritt zu vermeiden und entschließe mich, dieses Stück sicher nicht zu lieben, will ich doch eigentlich den Schwung abwärts für Tempo nutzen!
Vor mir eine junge Frau, die vor Begeisterung ein lautes "Hey!" erschallen lässt. Tja, so unterschiedlich sind die Läuferherzen.
Noch im Wald kann ich die Ruferin überholen und hinter mir lassen. Auch das Sommeroutfit mit Kappe kommt wieder in Sicht, noch ist eine Dame in blau zwischen uns. Inzwischen sind wir wieder auf Asphalt unterwegs, und es zieht uns abwärts, wir werden schneller. Blau und ich überholen locker weiße Kappe.
Blau läuft optisch-stilistisch langsam, will sagen, ihre Bewegungen drücken alles andere als Tempo aus. Ich hänge an ihren Hacken und will natürlich überholen. Die ersten Häuser von Mützenich kommen in den Blick. Ich fühle mich richtig gut und lasse die Beine ausholen, laufe mich noch mehr in Schwung.
Doch was ist das? Ich renne hier wie irre, und Blau setzt sich ab, und zwar nach vorne. Mit dieser langsamen Bewegung... Ich bin ein wenig konsterniert. Versuche alles, aber Blau vergrößert sogar den Abstand.
Meine Uhr zeigt mir eine Pace von 4:09 Min/km, aber das reicht dann doch nicht.
Ich freue mich, von weitem meinen Mann an der letzten Kurve stehen zu sehen, er ist schon mit einer 1:51 im Ziel angekommen.
Endlich mal ein Bild, das meine Dynamik ausdrückt... |
Ich habe eine nie erwartete 2:05 (auf eben ca. 21,4 km), hatte keine Probleme unterwegs, es hat richtig Spaß gemacht, die Höhenmeter waren auch ok. Wir gönnen uns auf dem Dorfplatz eine zünftige Bratwurst mit großem Salatteller. Eine liebevoll gestaltete Urkunde können wir uns später daheim herunterladen. Eine schöne Veranstaltung, gut organisiert, mit netter Stimmung.
Ironie der Geschichte: Habe ich sonst immer mal mit Magen zu kämpfen, hatte diesmal mein Mann ein wenig darunter zu leiden, weswegen er nicht so ganz zufrieden ist. Doch das war ja nicht unser letzter Lauf...