Endlich wieder einmal gelaufene Heimatkunde erster Güte. Es wurde erneut ein Flusslauf verlegt. Der Hintergrund in Kurzform: Die hier dem Rhein zufließende Erft unterlag in den letzten Jahrhunderten verschiedenen Einflüssen (Rodungen, die zur vermehrten Einspülung von Bodenmaterial, Aufstauung von Mühlenteichen, Einleitung abgepumpten Grundwassers de nahen Tagebaue), die zu verheerenden Hochwässern führten. Also baute man vor über 100 Jahren einen Kanal, den Erftflutkanal, durch den das Wasser schneller abfließen konnte. Formschön und übersichtlich floss es seither durch unsere Region:
Eine erste "Neuverlegung" geschah bereits vor einigen Jahren in der Nachbarstadt und ist hier zu sehen: Link.
Und nun war Erftstadt an der Reihe. Zur besseren Übersicht eine Karte. Der bisherige Verlauf des Kanals ist die gelbe Linie von unten links nach schräg rechts oben. Der neue Verlauf ist die blaue Schlangenlinie. Aus den bisherigen 2,5 km werden so 5,5 km.
Schon seit über einem Jahr wurde das neue Flussbett ausgebaggert und vorbereitet. 280.000 m³ Erde wollen bewegt sein. Wobei es nur ein Angebot an den Fluss ist, denn man wird abwarten und sehen, ob sich das Wasser nicht eigene Bahnen und Kurven gräbt. Das darf es.
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| Quelle: Erftverband |
Vor zwei Wochen war der Durchstich. Ich hatte in Erwägung gezogen, zuzuschauen. Doch war an dem Tag schaurigstes Wetter mit Regen und Sturm und es gab auch die Information, dass es 1-3 Stunden dauern könnte, bis das erste Wasser durchfließen würde. Das untergrub meine Moral zur Gänze.😏
Dann doch lieber bei schönerem Wetter in Ruhe das Werk betrachten, laufend.
Ich dachte, dann könnten wir den leeren Kanal begutachten. Wir nähern uns vom Ende des neuen Flussbetts. Aha, da ist die Stelle des Übergangs von neu zu alt.
Und hinter der Stelle ... immer noch Wasser. Mal mehr, mal weniger. Mal kleine Teiche, mal Pfützen, mal begehbarer Grund.
Interessant, das hätte ich so nicht erwartet. Ist aber auch nachvollziehbar, denn das Bett des Kanals war einfach unterschiedlich tief. Nur im Durchschnitt ergibt sich das Gefälle hin zum Rhein. Das erleichtert dann aber die Notwendigkeit der Umsiedlung der Fische, die sich ja zwangsweise in den Restwasserstellen sammeln. So sehen wir auch einige Menschen mit Anglerhosen und Keschern beim Fischfang.
Auf eine andere Stelle war ich besonders gespannt. Es gab ein Freibad am bzw. im Erftflutkanal, 1929 eingerichtet:
Heute nur noch erkennbar durch eine alte Treppe. Nun liegen Reste alter Böschungsbefestigungen frei, die erahnen lassen, dass man wohl das Flussbett seinerzeit ein wenig vertieft hatte, um Schwimmen halbwegs zu ermöglichen. Mich würde ja sehr reizen, hier ein wenig im Schlamm zu buddeln, wer weiß, was sich finden ließe...
Weiter südlich, also an dem Ende, an dem die Erft umgeleitet wird, hat man schon begonnen, das alte Flussbett zu verfüllen.
| Neue Abzweigung, links entlang |
Erste Enten haben schon das neue Areal erobert. Für Menschen bleibt es noch gesperrt, bis die weiteren Arbeiten abgeschlossen sind. Ich bin sehr neugierig, wie sich die "neue künstliche alte" Landschaft dann darstellt!
Zum Abschluss noch ein Abstecher zum Schloss Türnich (Link, Link). Eine historisch wertvolle Anlage, leider jedoch durch bergbaubedingte Schäden heute unbewohnbar. Die an die Erft grenzenden zugehörigen Ländereien werden durch die Besitzer ökologisch bewirtschaftet. Im Schlosshof finden diverse Veranstaltungen statt, insbesondere in Kürze die Hofweihnacht. Da wird es am ersten Tag hingehen. Glühwein schlabbern in der festlich geschmückten alten Scheune, das hat was. 😁

Ach, wie schön, dass man der Natur wieder mehr Platz gibt!
AntwortenLöschenEigentlich typisch Mensch: erst alles begradigen, zubauen, kontrollieren - und Jahrzehnte später merken wir, dass der alte Zustand doch klüger war. Dann wird ein Riesenumstand betrieben, um die alte Natürlichkeit wieder herzustellen. Wenigstens darf der Fluss jetzt wieder mäandern.
Spannend auch das alte Freibad! Das glaube ich dir, dass du da gerne graben würdest!
Und wir wollen dann Fotos von der Glühwein-trinkenden Elke im Schlosshof sehen!
Liebe Grüsse aus dem windigen Cape Town!