Angesichts des Wetters drücke ich mich ein wenig ums Loslaufen herum. Sturmböen bis 50 km/h sind angekündigt. Und da ein langer Trainingslauf?
Was solls, bevor die Bedenken Überhand nehmen, renne ich einfach mal los.
Möchte nochmals an eine Stelle des Tagebaurands, die sich leider ziemlich verändert hat.
Doch zunächst ein Stück Waldlauf. Gibt wunderbar Windschatten. Dennoch pustet es mir das Röhren der Motoren und den Streckensprecher des
Erftlandrings ans Ohr, Kartrennen sind angesagt. Da können die Vögel mit ihrem fröhlichen Zwitschern kaum mithalten.
Und dachte ich noch, ich kenne mich hier aus, habe ich mich dennoch verfranzt und stehe plötzlich vor einer großen umzäunten Fläche. Die ehemalige A4, die hier bepflanzt wurde. Dann gibt das wohl Hoffnung, dass wenigstens ein Stück dieses Waldes erhalten wird.
Doch bald stehe ich dort, wohin ich wollte. Das hier war noch vor einem Jahr ein lauschiger Waldweg. Jetzt eine Wüstenei.
Ich bin recht nahe am Rand des Tagebaus und nutze die Gelegenheit zum Fotografieren. Nun ja, ein Stück weiter zurück lag so etwas im Matsch am Wegesrand, das könnte ein Verbotsschild gewesen sein, lag auf dem "Gesicht". Ich fühle mich aber nicht für Aufräumung zuständig. Daher gefällt mir der Anblick nicht ganz, der mir beim Rückweg ins Auge springt: Von ganz hinten, wohin ich nun wieder zurück will, kommt ein Sheriff-Auto auf mich zugefahren. Das ist aber ein unpassender Moment. Gerade noch kann ich die vermeintliche Schildstelle erreichen und gleich dahinter in einen Feldweg einbiegen, der auf öffentlichem Gelände liegt. Uff! Das Auto folgt mir eine Weile, ich höre die auf den Kieseln knirschenden Reifen hinter mir. Als ich dem Tagebau den Rücken zuwende, dreht er ab, ich sehe ihn aber noch eine Weile immer schön parallel zu mir auf einem anderen Feldweg rollen. Doch für heute habe ich nun ein anderes Ziel: Manheim, das sterbende Dorf. Seit ich im
Oktober zuletzt dort war, hat sich sicher etwas geändert. Und das hat es in der Tat ...
Wie kaum anders zu erwarten, noch mehr leere Häuser.
Und immer wieder abgemeldete Autos vor den Häusern. Den Sinn verstehe ich immer noch nicht.
Ich komme an den Dorfrand und trostlose ausgeräumte Vorgärten fallen ins Auge. Doch das sind nur die Vorboten.
An der nächsten Straße hat der Abriss begonnen!
Nun wird es also ernst hier und man kann den Tod des Ortes ab jetzt greifbar miterleben.
Wie mag das Trümmerfeld wohl auf die früheren Bewohner wirken?
Ein Vergleichsfoto zu diesem Anblick habe ich noch vom März 2016 gefunden:
Orientierungspunkt ist das Haus mit der Dachgaube.
Mir reicht es mit dem traurigen Anblick und ich trabe durch das Dorfzentrum weiter durch einen so gut wie menschenleeren Ort.
An einer Kreuzung kommt just in dem Moment, als ich die Straße überqueren will, ein Auto angefahren. Welch ein Zufall! Der Fahrer gibt mir Zeichen, lässt mich passieren, damit ich bei dem "Verkehrsgewimmel" zügig weiterkomme ;-)
Vom Wegekreuz beim Dorfausgang ist nur noch der Sockel übrig. Hoffentlich fand es einen schönen Platz am neuen Ort.
Auch der Friedhof hat sich weiter geleert. Ja, auch diese Angehörigen ziehen mit um.
Inzwischen habe ich rd. 14 km absolviert. Ein kleiner Tiefpunkt stellt sich ein. Mein Plan war, möglichst weit dem Wind entgegen zu laufen, damit er mich dann gnädig für die restliche Strecke unterstützen möge.
Weiter westwärts bedeutet nun, den Radweg neben und oberhalb der neuen Autobahn zu nehmen, ziemlich exponiert und genau dem Wind entgegen. Ich trippele vor mich hin und genehmige mir die eine oder andere Gehpause, ohne die käme ich ohnehin nicht auf den Plan-Schnitt von 7:54 Min/km. Auf diesem Weg bin ich ziemlich für mich, bei dem Wetter bleiben die Radler daheim. Wenigstens kommt nicht Nasses von oben, ja hier und da blitzt sogar ein knappes Himmelsblau zwischen den Wolken hervor.
Ich kann über den Halbzeittiefpunkt hinweglaufen, aber die letzten 5 km werden zäh. Wenigstens komme ich so dann aber einmal auf die (Trippel-)Schrittfrequenz, die erstrebenswert sein soll. In meinem Wohnort angekommen, drehe ich noch eine Runde im Windschatten der Häuser.
Und überlege schonmal, was ich als erstes dem Gaumen zukommen lasse. Bäcker ist leider nicht, der hat seine Öffnungszeiten geändert und ich bin zu spät dran. Aber erst ein feines Radler und dann ein Bananenshake mit Limette munden mindestens genauso gut!
12°, 29 km, 3:32:19, (7:19 Min/km), HF 137