Freitag, 31. März 2017

Sommerlauf im März

Nur mal so für die Wetteranalen soll hier festgehalten werden, dass es am 31. März 2017 sagenhafte 24 Grad warm war. Ein Datum, zu dem man sonst gern noch den Kamin anfeuert, wenn es draußen kalt ist, regnerisch, einfach noch nicht mal Frühling.





Jedenfalls komme ich mir etwas seltsam vor, in kurzer Tight und schulterfreiem Shirt vor der Haustür zu stehen.
Aber trotz des Windes bin ich nachher froh über die Wahl.








Vorbei geht es an einem schon blühenden Rapsfeld. Herrlich süßer Duft dringt in die Nase.








Und wo nichts blüht, wurde zumindest der Boden frisch bearbeitet.























Da es da so schön einsam ist, geht es wieder an die Kante des Tagebaus.











Von der anderen Seite des Walls grüßen Osterglocken (Oder sind es Narzissen?). Schon aus rein sentimentalen Gründen würde ich die Zwiebeln ja am liebsten ausbuddeln und mitnehmen, denn demnächst ist hier ja alles weg. Doch es ist kein hinüberkommen. :-(





Ich laufe eine Weile entlang der Kante, mal sehen, wo ich herauskomme.
Plötzlich macht der Weg einen Schwenk.
Kommt mir doch bekannt vor...
Genau, hier war früher mal Asphalt einer Landstraße.












Drehung um 180°:
Und da hinten war eine Brücke.
Wenn man es nicht noch von früher kennen würde, nichts erinnert mehr daran.









Etwa an gleicher Stelle, seitlich. Während auf der Koppel noch die Pferde eines Reitstalls grasen, kommt von links schon die Vorhut des Tagebaus. In einer Art Minigrube wird schnell noch Sand gewonnen, bevor das ganze dann auch bald im großen Loch verschwinden wird.



A propos: Verschwunden ist jede Qual. Es läuft richtig schön fluffig. Der Magen friedlich, die Beine munter, Puls niedrig, es läuft.
Das Bonbönchen ist der Rückenwind. der mich auf den späteren Kilometern immer wieder zum geplanten Marathontempo treibt, obwohl ich das doch heute weder soll noch will.
Und während ich so locker das letzte Stück von hinten gepusht gen Zuhause trabe, begegnet mir ein älteres Ehepaar schwer auf den Rädern dem Wind entgegentretend.
"Enä, waröm wottsde dann bloß durch et Feld?!" eröffnet die Frau eine wohl folgende kleine Debatte.
Ja, woher so der Wind weht.

24°, 16 km, 1:46:12, (6:35 Min/km), HF 135

Sonntag, 26. März 2017

Zu den Energien

Man muss sich Ziele setzen - vor allem bei den langen Trainingsläufen. Wohin also für 32 km?
Schon länger habe ich ein Motiv im Kopf, das eine solche Tour hergibt.
Die Wolkenfabriken des Rheinischen Braunkohlereviers...








Dazu laufe ich zunächst Richtung Nachbarstadt und quere dann den ehemaligen Tagebau Bergheim. Freundlicherweise gibt es Schautafeln mit Erklärungen.
Hier gab es also auch einmal Orte, die wurden abgerissen, das ganze Areal tief ausgehoben, die Kohle entnommen, alles wieder zugeschüttet und neu angelegt.
Doch bevor ich meinem Ziel weiter entgegenlaufen kann, fällt mir etwas ins Auge.
Auch ein Gassigänger interessiert sich. Er meint, das sei gestern noch nicht dort gewesen.








Wir sind beide fassungslos. Eine LKW-Ladung Müll. Der Hundehalter meint, Deutschland ginge vor die Hunde. Ohne den Vierbeinern damit zu nahe treten zu wollen (und woher kommt sowieso so ein blöder Vergleich?), aber wenn man so etwas Trauriges sieht, kann einem schon der Gedanke kommen.

Da laufe ich lieber mit stetem Blick auf mein Ziel, über ein still gelegtes ehemaliges Bundesstraßenstück und durch idyllische Winkel...



Eine weitere Tafel klärt auf, dass das hier kein simpler Radweg ist, sondern ein Teil der Erlebnisroute Nordwest: "Zu neuen Energien". Na wenn das mal kein Läuferomen ist!!
Energie kann ich immer gut gebrauchen.
Und ich bin auch schon ganz nah dran, wo die Energie der hiesigen Gegend gemacht wird...























Und jetzt, hier ist es endlich, das Bildmotiv, um das es mir ging:















Ist es nicht ... sehr speziell?
Nun ja, ich sehe immer nur die Türme und die Wolken von weit weit weg. In Wahrheit wohnen gleich daneben Menschen.
Aber good news: Wird nicht abgebaggert (wie andere Orte), darf bleiben.

Ausge- und überfüllt von diesem imposanten Anblick mache ich kehrt und trabe noch ein wenig im ehemaligen Tagebaugelände umher. Das ist dann doch etwas netter dort und wird zudem von emsigem Vogelzwitschern angereichert. Es gibt Trailpfade zu entdecken, die jedoch auch von einigen Downhill-Rasern auf ihren MTBs genutzt werden. Einer nietet mich fast um, ist aber leider so schnell weg, dass ich mit der Wahl und Artikulierung eines saftiges Fluches nicht schnell genug reagieren kann.































Die Aussicht ist gut. Ganz weit hinten am Horizont lassen sich sogar die Ausläufer der Eifel erahnen. Und weiter westlich die Sophienhöhe, der künstliche "Berg" aus Tagebauabraum.






























Noch ein letzter Blick auf die dampfenden Kolosse. Von rechts nach links: Niederaußem, Neurath, Frimmersorf. Sie qualmen alle im Dienste des gedeihlichen Fortschritts in unserem Land.

Der Rest ist schnell erzählt. Es läuft recht gut, wobei ich mir aber dank des wieder mal Schneckenschnittplansolls von 7:54 Min/km hier und da kleine Gehpäuschen gönne. Ich spüre zudem noch die 30 km mit der grünen Elli vom Freitag deutlichst in den Beinen. Das wahre Lauftempo liegt so um die 6:30 - 6:40 Min/km. Munter plätschert im Rucksack die Wegzehrung, Wasser und ein Maltodextrin-Gemisch (anstelle von Gel), beides bekommt gut bei diesem prächtigen Frühlingstag.
Und wie so oft: Je näher ich dem Zuhause komme, umso mehr manifestiert sich im Kopf der Appetit auf etwas ganz bestimmtes: Heute wieder ein kühles erfrischendes Radler, von dem ich dann auch eine erkleckliche Menge zu mir nehme.

14°, 31,1 km, 3:38:42, (7:02 Min/km), HF 153 (scheint mir falsch gemessen)

Freitag, 24. März 2017

Gedankenlauf

Herrlichstes Wetter macht es leicht, auf die abendliche Runde zu gehen. Anders als beim Tempodauerlauf 2 Tage zuvor, da hatte ich echt harte Dialoge mit meinem inneren Schweinehund. Den ich knapp niederringen und mit flottem Schnitt von 5:48 Min/km ihm dann die lange Nase zeigen konnte.
Heute nun stehen 15 km im Marathontempo auf dem Plan.

Dazu habe ich mir eine besondere Motivation zurecht gelegt, denn im Netz stieß ich auf das Veranstaltervideo des letztjährigen Prag Marathons, den ich ja selber mitlief und den wir im Mai erneut angehen werden. Und wenn man mit diesem eigenen Hintergrund im Kopf die Bilder sieht, kommen die Emotionen gleich nochmals hoch:


So laufe ich also mit den Kilometern gefühlt in Gedanken in Prag. Bei km 2,5 nochmals über die weltbekannte Karlsbrücke über die Moldau, kurz durch die Altstadt, bevor es auf die später nochmals zu durchlaufende Nord-Ost-Schleife in einen eher unspektakulären Stadtteil geht. Mein Trainingslauf reicht sogar für den ersten Zieldurchlauf bei km 12,5. Ja, in Prag läuft man wahrhaftig zweimal über die Matte, das erste Mal zum Schnuppern, und erst beim zweiten Mal in echt.
Mit solchen Gedanken im Kopf läuft es sich recht flott. Gegen Ende sogar schneller, allerdings muss ich ja nicht die ganzen 42 km absolvieren.

Ich nehme mir unterwegs die Zeit, nahe des Tagebaurandes auf dem Gelände eines zum Teil schon verschwundenen Gutshofes die dort prächtig blühenden Frühlingsblumen zu fotografieren. Eine Idylle, deren Tage gezählt sind.











15°, 15 km, 1:32:04, (6:08 Min/h), HF 137

Sonntag, 19. März 2017

Baggereien

Angesichts des Wetters drücke ich mich ein wenig ums Loslaufen herum. Sturmböen bis 50 km/h sind angekündigt. Und da ein langer Trainingslauf?
Was solls, bevor die Bedenken Überhand nehmen, renne ich einfach mal los.

Möchte nochmals an eine Stelle des Tagebaurands, die sich leider ziemlich verändert hat.




Doch zunächst ein Stück Waldlauf. Gibt wunderbar Windschatten. Dennoch pustet es mir das Röhren der Motoren und den Streckensprecher des Erftlandrings ans Ohr, Kartrennen sind angesagt. Da können die Vögel mit ihrem fröhlichen Zwitschern kaum mithalten.







Und dachte ich noch, ich kenne mich hier aus, habe ich mich dennoch verfranzt und stehe plötzlich vor einer großen umzäunten Fläche. Die ehemalige A4, die hier bepflanzt wurde. Dann gibt das wohl Hoffnung, dass wenigstens ein Stück dieses Waldes erhalten wird.








Doch bald stehe ich dort, wohin ich wollte. Das hier war noch vor einem Jahr ein lauschiger Waldweg. Jetzt eine Wüstenei.













Ich bin recht nahe am Rand des Tagebaus und nutze die Gelegenheit zum Fotografieren. Nun ja, ein  Stück weiter zurück lag so etwas im Matsch am Wegesrand, das könnte ein Verbotsschild gewesen sein, lag auf dem "Gesicht". Ich fühle mich aber nicht für Aufräumung zuständig. Daher gefällt mir der Anblick nicht ganz, der mir beim Rückweg ins Auge springt: Von ganz hinten, wohin ich nun wieder zurück will, kommt ein Sheriff-Auto auf mich zugefahren. Das ist aber ein unpassender Moment. Gerade noch kann ich die vermeintliche Schildstelle erreichen und gleich dahinter in einen Feldweg einbiegen, der auf öffentlichem Gelände liegt. Uff! Das Auto folgt mir eine Weile, ich höre die auf den Kieseln knirschenden Reifen hinter mir. Als ich dem Tagebau den Rücken zuwende, dreht er ab, ich sehe ihn aber noch eine Weile immer schön parallel zu mir auf einem anderen Feldweg rollen. Doch für heute habe ich nun ein anderes Ziel: Manheim, das sterbende Dorf. Seit ich im Oktober zuletzt dort war, hat sich sicher etwas geändert. Und das hat es in der Tat ...

Wie kaum anders zu erwarten, noch mehr leere Häuser.








































Und immer wieder abgemeldete Autos vor den Häusern. Den Sinn verstehe ich immer noch nicht.











Ich komme an den Dorfrand und trostlose ausgeräumte Vorgärten fallen ins Auge. Doch das sind nur die Vorboten.











An der nächsten Straße hat der Abriss begonnen!
Nun wird es also ernst hier und man kann den Tod des Ortes ab jetzt greifbar miterleben.

























Wie mag das Trümmerfeld wohl auf die früheren Bewohner wirken?
Ein Vergleichsfoto zu diesem Anblick habe ich noch vom März 2016 gefunden:












Orientierungspunkt ist das Haus mit der Dachgaube.










Mir reicht es mit dem traurigen Anblick und ich trabe durch das Dorfzentrum weiter durch einen so gut wie menschenleeren Ort.
An einer Kreuzung kommt just in dem Moment, als ich die Straße überqueren will, ein Auto angefahren. Welch ein Zufall! Der Fahrer gibt mir Zeichen, lässt mich passieren, damit ich bei dem "Verkehrsgewimmel" zügig weiterkomme ;-)




Vom Wegekreuz beim Dorfausgang ist nur noch der Sockel übrig. Hoffentlich fand es einen schönen Platz am neuen Ort.
















Auch der Friedhof hat sich weiter geleert. Ja, auch diese Angehörigen ziehen mit um.

Inzwischen habe ich rd. 14 km absolviert. Ein kleiner Tiefpunkt stellt sich ein. Mein Plan war, möglichst weit dem Wind entgegen zu laufen, damit er mich dann gnädig für die restliche Strecke unterstützen möge.
Weiter westwärts bedeutet nun, den Radweg neben und oberhalb der neuen Autobahn zu nehmen, ziemlich exponiert und genau dem Wind entgegen. Ich trippele vor mich hin und genehmige mir die eine oder andere Gehpause, ohne die käme ich ohnehin nicht auf den Plan-Schnitt von 7:54 Min/km. Auf diesem Weg bin ich ziemlich für mich, bei dem Wetter bleiben die Radler daheim. Wenigstens kommt nicht Nasses von oben, ja hier und da blitzt sogar ein knappes Himmelsblau zwischen den Wolken hervor.



Ich kann über den Halbzeittiefpunkt hinweglaufen, aber die letzten 5 km werden zäh. Wenigstens komme ich so dann aber einmal auf die (Trippel-)Schrittfrequenz, die erstrebenswert sein soll. In meinem Wohnort angekommen, drehe ich noch eine Runde im Windschatten der Häuser. 
Und überlege schonmal, was ich als erstes dem Gaumen zukommen lasse. Bäcker ist leider nicht, der hat seine Öffnungszeiten geändert und ich bin zu spät dran. Aber erst ein feines Radler und dann ein Bananenshake mit Limette munden mindestens genauso gut!


12°, 29 km, 3:32:19, (7:19 Min/km), HF 137