Sonntag, 30. August 2020

Bei Hitze hügelaufwärts

Als Kontrast zur Schweiz gönnen wir uns ein paar Tage in Südfrankreich, in der Drôme provencale genauer, die Gottseidank nicht von der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes mit Quarantänepflicht erfasst ist. Sehr wohl ist sie erfasst von Hitze und Trockenheit. So entwickelt sich mein Lauf am Morgen dann rasch zur "Schwitzkur". Vorbei an braunen Weiden, auf denen den Kühen Heu serviert wird, möchte ich wieder zu dem verlassenen Dorf hinauf, das wir schon bei unseren ersten Aufenthalten hier kennenlernten.





Der Weg schraubt sich anfangs über Asphalt, dann über Feldwege und Trails auf 4 km knapp 300 Höhenmeter hinauf. Doch das lohnt für einen später grandiosen Ausblick.







Das frühere Dorf Vialle muss wie ein Nest oben auf der Hügelkuppe geklebt haben. Der letzte Einwohner hat es wohl Mitte des 20. Jahrhunerts verlassen, seither verfiel es und die Natur hat es zurück erobert. Ein Haus und ein Nebengebäude wurden wieder hergerichtet von einem Künstlerpaar, das seit einigen Jahren dort oben lebt.







Auf der anderen Seite des Hügels, eine grandiose Aussicht. Hier hat das Plateau eine schroff abfallende Flanke.




Blick zurück auf Vialle.


Für den Rückweg wähle ich erst einen Feldweg, dann eine kleine Straße. 
Gerade, als eine Gruppe mit 3 Reitern aus unserem Gästehaus mich von einem parallelen Weg aus grüßt, treffe ich auf diesen Hund. Auf dem Bild sieht er ja lieb aus. Aber es handelt sich um einen der für die Gegend typischen Hüteunde, vor denen man uns warnte. Da es sehr einsam ist, verteidigen sie Land und Herde gnadenlos und rigoros. Gerade ist er etwas verwirrt, wer denn nun sein Feind ist: Die Pferde etwas weiter weg, oder Läuferin. Er entscheidet sich gegen die Pferde und verbellt mich. Meine Straße führt dummerweise länger an seinem Territorium entlang, so dass er ausgiebig Zeit hat, sich mir zu widmen. Ich hätte eine Tonaufnahme machen sollen, denn sein Gebell ist recht furchteinflößend, heiser und tief. Mir stellen sich die Nackenhaare auf und ich hoffe inständigst, dass sein Herrchen den trennenden Zaun auch wirklich ohne Lücke konstruiert hat... Als ich mich endlich entfernen kann, höre ich, wie sich den Pferden zuwendet.



EinStück weiter ein kleiner Bauernhof, auf dem man ein Rudel Jagdhunde hält. Denen sind Läufer erkennbar völlig egal.


Gegen Ende komme ich noch an der Pferdeweide vorbei, auf der die restlichen Tiere auf die Rückkehr der 3 Reiter warten. 
Eine schöne Runde, danach gehts an den Pool. Wobei das in Anbetracht der darbenden Natur durchaus schon an Dekadenz grenzt.



Mittwoch, 26. August 2020

Grüße von James Bond

 

Keine Angst, alles gut, mir ist nichts zugestoßen. Das ist nur wegen James Bond.

Nachzutragen ist an dieser Stelle das Ziel des Sonntags: Andi, Chris und Frank hatten sich den Halbmarathon auf das Schilthorn vorgenommen, also eine Strecke von etwas mehr als 2.000 Höhenmetern. Supporter: Helge und ich.

So laufen also die 3 Männer in Lauterbrunnen (800 m Höhe) los, während Helge und ich per Bahn zum ersten Treffpunkt eilen. Dort erwarten wir die Läufer, und warten, und warten. Dann werden wir per Telefon informiert, dass sie einen Abzweig verpasst hätten und schon oberhalb sind. Aber wir haben gute Argumente, den Proviant im Rucksack. Also muss das Trio ein Stück zurücklaufen zu uns.


Wir fahren dann per Bahn weiter nach Mürren (1.600 m) , wo diesmal das Treffen klappt. Leider muss Frank zu seinem Leidwesen an diesem Punkt der Strecke aussteigen, Verspannungen ziehen ihm ins Bein. Aber bis hierhin hat er wacker durchgehalten.




Helge und ich machen uns auf den Bahnweg zum Allmendhubel. Die Wolken hüllen heute das Eigermassiv in Wolken. Noch haben wir etwas Sonne, aber es ist schon spürbar kühl hier oben. Kurz überlegen wir, einen Kaffee zu nehmen, doch sicherheitshalber wollen wir gleich zu Treffpunkt... wo wir zu spät kommen. Von Weitem sehen wir Andi und Chris schon herantraben, weswegen wir zu ihnen eilen müssen. So stehen wir gemeinsam ein wenig ehrfürchtig vor dem steilsten Stück der Strecke. Zugleich deutet sich an, dass uns oben leider keine schöne Aussicht erwartet. Aber das nun aufs Duo geschrumpfte Trio lässt sich nicht einschüchtern.




Helge und ich fahren weiter hoch nach Birg (2.600 m). Dort positionieren wir uns oben am "Kanonenrohr". Knackig frisch ist es, ca. 5°. Und die Wolken ziehen über uns und um uns herum.


Gelegentlich zeigt sich das Ziel, das Schilthorn (2.900 m). Eigentlich ja nicht mehr weit, aber wer bis hierhin schon gelaufen ist empfindet das anders. Da muss schon die Anziehungskraft des nahenden Lauf-Endes wirken.
Ziemlich müde schieben sich die beiden Meter um Meter zu uns heran, laben sich an Wasser und Läufernahrung und wechseln auf Kühlwetterkleidung. 




Helge und ich schweben im Nebel zum Gipfel. Und wahrhaftig kommen bald darauf unsere Helden auf dem Grat an und legen die letzten Meter zurück. Ermattet aber höchst zufrieden.




Hier erwartet uns ein anderer Held, besagter Herr Bond. Das Schilthorn war ein wesentlicher Drehort von "Im Geheimdienst ihrer Majestät" und so hat man kurzerhand den ganzen Gipfel diesem Thema gewidmet.


Vor dem Drehrestaurant liegt ein Rest Schnee, den man sogar begehen kann.



Und so sehen hier die Toilette aus. Jedesmal, wenn man einen Knopf drückt, ertönt eine Sprechsequenz aus dem Film. Ein Kino gibt es auch hier oben.





Donnerstag, 20. August 2020

Jungfrau-Marathon Supporter Run 2020

 

Es gibt sie erfreulicherweise, die mit viel Herzblut und Hingabe auf die Beine gestellten corona-bedingten Event-Varianten. So hat der abgesagte Jungfrau-Marathon ein Brüderlein bekommen, das sich nicht verstecken muss, den Supporter Run.

Der Ablauf ist gut und geschickt organisiert. Man meldet sich online an, druckt die Bestätigung aus, begibt sich an einem beliebigen Tag zwischen Juni und 30. Sepember nach Lauterbrunnen und holt am dortigen Bahnschalter seine Startnummer ab. Zudem kann man sein Läufergepäck zum Transport zum Ziel aufgeben. Dies, wie auch die spätere Rückfahrt per Bahn und ein kühles Bier im Ziel sowie eine Transponderzeitnahme mit Wertungsliste sind im sehr fairen Preis von 35 CHF enthalten. 

Beim Bahnhof findet sich ein richtiger Startbogen, die ganze Route ist perfekt beschildert.


Auf 9 km direktestem Weg geht es hoch zur kleinen Scheidegg. Die damit verbundenen 1225 Höhenmeter bedeuten, dass es quasi ununterbrochen bergauf geht. Nur der Grad der Steigung variiert...

Wir stellen uns gleich am Morgen dem Abenteuer:Wolfgang, Marion, Frank, Chris, Andi, Helge und ich. Das Wetter ist perfekt, 16 Grad, blauer Himmel, leichter Wind.


Die ersten 300 m läuft es sich noch ganz gut. Dann folgt der Einstieg zur Wengener Wand und unser Trupp zieht sich erwartungsgemäß auseinander. Helge und ich bilden die Nachhut und sehen hier die anderen ein letztes Mal vor dem Ziel. Ab hier ist überwiegend gehen angesagt. Bedeutet für Helge und mich: Erst 50 m vor dem Ziel werden wir nochmal traben. Ist echt verdammt steil...


Dennoch können wir unterwegs anhand des Panoramas erkennen, dass wir uns gut schnaufend durchaus bergan geschraubt haben.


Wengen grüßt die Läufer mit einem schönen Bogen. Haben wir uns verdient, im Gegensatz zum Jungfrau-Marathon ist es bis hierhin steiler, da der direkteste Weg zurückzulegen ist. 


Wir dürfen die ersten 2,5 km als erledigt abhaken. Hier oben ist es zwar leicht kühler als noch in Lauterbrunnen, doch kaum erwischt einen die Sonne, zeigt sie ihre Kraft.
Hinter Wengen geht es völlig überraschend erbarmungslos weiter bergauf. Gelegentlich lassen sich einmal ein paar Meter am Stück halbwegs eben ausmachen, aber die brauchen wir dann auch zum Luft holen.

Ein wunderbares Kuhglockenkonzert kündigte bereits vorher weidende Milchlieferantinnen an. Wir dürfen sogar ihre Weide durchschreiten, wobei sie uns friedlich kauend zuschauen. 


Auch die Lauberhornabfahrt streifen wir kurz etwa bei km 6. Im Sommer ein völlig anderer Anblick als winters. 2/3 sind geschafft. Nicht mehr weit, ist unser Motivationsmantra. Denn es ist witzlos, sich einen ebenen Streckenabschnitt hinter der nächsten Kurve zu wünschen. Der kommt nicht, es kommt immer und jedesmal nur eine weitere Steigung und noch eine und noch eine. Ich habe erstmals Stöcke bei einem Lauf dabei und bin darüber ganz froh.


Und dann erblicken wir die majestätischen schneebedeckten Berge, hier im Vordergrund das Silberhorn,  vor uns. Ein wirklich atemberaubender Anblick. Am liebsten würden wir ja länger als nur für ein Foto stehen bleiben, aber das verkneifen wir uns dann doch.





Wenigstens dürfen wir nach einer weiteren Kurve Eiger, Mönch und Jungfrau endlich aus der Nähe sehen. Keine 2 km mehr. Das wird aber auch Zeit. Helge und ich holen aus zum Endspürtli. Das Ziel und die Zeitmessung befinden sich knapp unterhalb des Bahnhofs der Kleinen Scheidegg.



Wir werden nicht wirklich erwartet. Denn wir sind zu früh, jedenfalls für die Wetten, die unsere Vorläufer wohl auf uns setzten. Mit 2:11 hätte ich aber selber ehrlich gesagt auch nicht gerechnet. Aber irgendwie, trotz der Anstrengung, lief es besser als gedacht.
Chris hat stolze 1:30, erlebt aber sein Déjà-vu wie in Monschau, als ihm Wolfgang erneut die sicher geglaubte Führung entreißt und somit den Sieg unserer kleinen Kohorte einfährt.





Und wie schön ist es, nun hier oben verschnaufen zu können, das Panorama zu genießen und dem Körper die verbrauchte Energie flüssig und auch in fester Form wieder zurückgeben zu können. Die Bahn hat unsere Rucksäcke zuverlässig hinauf transportiert und befördert nun die sehr zufriedene Läuferschar zurück nach Lauterbrunnen. Dank des gemütlichen Tempos können wir unseren Lauf nochmals Revue passieren lassen. Aus historischen Gründen soll die Fahrt hier auch fotografisch festgehalten sein. Wenn man uns Maskenmenschen dann in ein paar Jahren nochmals betrachtet, vielleicht wird man über diese Episode schmunzeln, vielleicht ist es dann aber weiterhin Usus. 

Wer weiß.

Was wir wissen ist, dass wir einen perfekten Tag hatten, mit einem schönen Lauferlebnis vor einzigartiger Kulisse in einer prima Gruppe. Das ist es, was zählt. Für mich hatte ich es schlimmer eingeschätzt. Eine positive Überraschung also. Dass wir im Klassement auch ganz gut dastehen, Marion sogar ihre AK anführt, ist dann noch das Sahnehäubchen, bzw. die "Nidle" (berndeutsch für Sahne) oben drauf.