Ahrathon 2015, die 4. Auflage dieser Veranstaltungsreihe, zugleich meine 4. Teilnahme in der Staffel mit meinen Lauffreundinnen dort, diesmal sogar noch in "Ko-Produktion" mit einer 2. Staffel unter laufstarker Beteiligung des extra angereisten
Deichläufer Volker, Staffelneuling Barbara und meines eidgenössischen Ehemannes.
Und sollte man meinen, alles Potenzial an Unvorhersehbarem habe man schon im Läuferleben kennengelernt, so war dieser Lauf doch für eine abstruse Überraschung gut.
Aber unverhofft kommt oft...
Also begeben wir uns am Samstag morgen ins regnerische Bad Neuenahr, voller Vorfreude auf einen schönen Lauf. Doch der Himmel verheißt nichts Gutes. Bacchus und Petrus liefern sich einen krassen Wettstreit: Der eine lässt die Gläser und Becher mit seinen weißen und roten Rebsäften füllen, und der andere will seins auch hineingeben - mit anderen Worten, es regnet und regnet und regnet.
Man findet sich zusammen unter allen möglichen Bedachungen,
das Angebot angeleiteter Sportgymnastik wird nur sporadisch aufrecht erhalten,
und auch wir bringen uns nach einem fröhlichen Gruppenbild in Sicherheit. Selbst der bekennende Regenliebhaber Volker mags nun doch lieber trocken.
Zuvor allerdings schauen wir noch einem Halbmarathonstart zu. Uns fällt ein Teilnehmer im Rollstuhl auf, erkennbar mit Gips und sonstiger medizinischer Unfallversorgung.
Verwunderung. Doch der Streckensprecher liefert die Erklärung: Der Mann im Rollstuhl war während des Erdbebens in Nepal und wollte mit seiner Frau nun am Ahrathon teilnehmen. Er konnte aus den Trümmern gerettet werden, seine Frau nicht. Doch er wollte unbedingt dabei sein. Es gibt eine Schweigeminute. Auch wenn er natürlich nicht die Strecke absolvieren kann und planmäßig nach einigen Metern dann wieder die Strecke verlässt: Das Lächeln in seinem Gesicht, als er zum Start über die Linie geschoben wird, lässt niemand unberührt, der dies miterlebt.
So gehen dann auch bald im strömenden Regen unsere beiden ersten Staffelläufer auf die Strecke. Doch oh Wunder, als wir anderen am ersten Wechselpunkt ankommen, scheint Petrus nachzugeben und die Schleusen zu schließen.
Entsprechend nutzen die ankommenden Läufer denn auch das flüssige und feste Nahrungsangebot.
Wir sehen den führenden Marathonman locker um die Kurve biegen und einer Endzeit von 2:55 entgegenlaufen.
Schon bald kommt auch der erste Läufer unserer Ko-Staffel (mein Mann) auf Platz 3 liegend angerannt.
Wenige Minuten später folgt Heidrun und so sind nun Barbara und Doris auf der 2. Teilstrecke.
Wir übrigen 4 (Die ersten beiden Läufer und die beiden Schlussläufer) machen uns auf den Weg zum 2. Wechselpunkt
wo wir dem laufenden Pokal folgen und auch bald diesen sowie die zugehörigen Verpflegungspunkt (man kann es auch umgekehrt sehen) erreichen.
Hier ist Stimmung, wie in den letzten Jahren auch. Theoretisch verliefe die Strecke anhand des Asphalts erkennbar, rein praktisch wandelt sie sich zur Stehparty.
Inzwischen hat der Regen aufgehört, gaaanz weit hinten grüßen schon erste blauen Stellen am Himmel und 3 Herren steuern wunderbar entspannende Gitarrenklänge zur Atmosphäre bei. Herrlich, hier lässt es sich aushalten, man möchte verweilen.
Während wir warten, können wir einige Teilnehmer des Kostümlaufs beobachten.
Auf den ersten Blick im Foto unspektakulär. Auf den zweiten Blick ... die laufenden Bergmänner tragen ihre Nummern auf dem RÜCKEN, weil sie nämlich RÜCKWÄRTS laufen und munter "Glück auf, der Steiger kommt" singend ihren Erfrischungen entgegensteuern.
Die führende Marathonfrau wird im Spalier begrüßt und angefeuert. Sie wird den Lauf durch die Weinberge in 3:22 beenden!
Und irgendwann, während Volker und ich auf unseren Einsatz als Schlussläufer warten, kommt Barbara (Läuferin 2 der "Ko-Staffel") an KM-Punkt 10,3 an, der durch ein Flatterband von KM-Punkt 14,1 des weiteren Streckenverlaufs getrennt wird. Der gerade beschriebene Verpflegungs- und Wechselpunkt liegt ungefähr an KM 12,5.
(Diese KM-Angaben bitte ich die geneigten Leserinnen und Leser genauestens zu memorieren!).
Jedenfalls trägt sich an dieser Stelle von Barbara's Lauf eine erstaunliche Begebenheit zu: Der dort amtierende Streckenposten sagt ihr und weiteren Läufern, wenn sie noch zum Verpflegungspunkt wollen, müssen sie links weiterlaufen. Wenn sie nicht zu diesem Punkt wollen, können sie hier auch gleich rechts abbiegen. Was bedeutet, vorbei am Flatterband und sofort auf KM 14,1....
Muss ich erläutern, was das bedeuten würde?
Als geübter Läufer würde einen solches stutzig machen. Aber Barbara ist Neuling und vertraut daher auf den Posten und seine Kompetenz. Und Hunger oder Durst verspürt sie nicht.
Wie es für die Ko-Staffel weitergeht, wird
Deichläufer Volker noch auf seinem Blog berichten, wenn er wieder in der Heimat angekommen sein wird. Ich möchte ihm hier nicht vorweg greifen.
Wir an der Wechselstelle Wartenden wundern uns jedenfalls, dass die zuletzte eingewechselte Doris als erste ankommt und berichtet, sie habe Barbara nicht überholt.
Dennoch, Chip übergeben und ich laufe los.
Inzwischen ist die regenbedingt kühle Temperatur einem dampfigen Ambiente gewichen. Ich bin froh über schulterfreies Top und kurze Hose.
Auf dem letzten Teil des Kurses zu laufen, bedeutet beim Ahrathon, es mit vielen fröhlichen Menschen zu tun zu bekommen. Als erstes eine Mädelriege, die sich gerade in voller Breite kichernd und gackernd auf der Strecke postiert, um ein Gruppenbild zu machen. Anschließend ein noch laufendes Männerquartett, das mich kommen sieht und Platz macht. Nicht ohne laut zu kommentieren, dass man doch was brauche, an das man sich anhängen könnte...
Was sie allerdings überhaupt nicht in die Tat umsetzen können (aber wohl eher nicht, weil ich zu schnell bin).
Die blauen Streifen am Himmel werden breiter und mein Puls geht in die Höhe, denn ich habe 2 kräftige Anstiege zu bewältigen (Jedenfalls aus Flachlandtirolersicht sind es solche).
Doch ich weiß ja, die Hälfte meiner Strecke darf ich später im Schatten der Bäume an der kühlenden Ahr zurücklegen.
Zuvor noch kurz durch Ahrweiler, wo sich Läufer und einige wenige Autos die Straße teilen und wo -welch eine Überraschung- eine weitere Stehparty befindet.
Auf dem Fußweg entlang der Ahr kann ich viele Läufer und Walker einsammeln, auch wenn die Anstrengung klimatisch bedingt stetig steigt. Der Puls liegt längst über 160.
Die Livemusik am Nobelhotel (Das Pink-Panther-Thema mit Saxophon: tamm-tatamm-tatatataatataaaam) spornt an, mich an den Läufer im weißen Shirt anzuhängen. Vielleicht kann ich ihn bis zum Ziel noch schnappen.
Doch der scheint solche Taktik auch zu kennen. Legt immer noch ein Schüppchen drauf und Meter zwischen uns, so dass ich doch auf den letzten 200 m abreißen lassen muss.
Kann ja nicht immer gutgehen.
So laufe ich nach Einsatz all meiner Kräfte und nach 8,8 km durchs Ziel. Wo die übrigen 4 mich zwar erfreut, aber mit etwas seltsamen Blicken empfangen. Unser mit 6 Beinen erlaufenes Staffelergebnis mit etwas über 2 Stunden stellt uns sehr zufrieden, auch wenn wir nicht die rd. 2 Minuten schnellere Zeit des Vorjahres wiederholen konnten.
Auch Volker kommt bald an. Er war zwar schneller als ich, konnte mich wegen seines späteren Starts jedoch nicht überholen.
Er und Barbara haben dann einiges zum Ergebnis der Ko-Staffel mit ihrem ganz viel deutlich besseren Ergebnis zu beschnacken, was er sicherlich posten wird.
Gruppenfoto am Ende eines erlebnisreichen Ahrathons.
Wir sind uns einig, die schöne Strecke und die tolle Stimmung machen richtig Spaß und beim abendlichen Grillen keimt der Gedanke, doch statt Staffel einmal den Halbmarathon komplett und mit Priorität "Genuss" zu laufen. Also an jedem V-Punkt ein Weinchen zu nehmen...
Wenn es letzteren dann noch gibt, denn dieses Jahr musste man schon den laufenden "Couponmanager" geben, hatte für jeden V-Punkt genau einen speziellen Bon an der Startnummer, und zwar nur für die, die an der eigenen Teilstrecke lagen. Wäre ja noch schöner, wenn jeder überall 2-3 Schlückchen aus seinem Becherchen nehmen könnte...! Überhaupt, wo ich gerade beim Thema bin, es gab keine Schwämme mehr wie in den Vorjahren, keine Flasche Wein mehr pro Läufer im Starterbeutel sondern nur noch eine solche pro Staffel. Die Medaille nun im Miniformat. Und auch wenn die vielen Streckenposten freundlich waren und fleißig anfeuerten, täte es dem Ablauf der Veranstaltung gut, wenn diese auch eindeutig instruiert wären. Ich fühlte mich an meine erste Teilnahm dort erinnert, wo mich ein Posten falsch schickte und mir und einem weiteren Mitläufer so 1 km mehr an Strecke bescherte.
Wer also Wert auf eine schöne Strecke und gute Stimmung legt, ist beim Ahrathon gut aufgehoben, wer einen zuverlässigen Ablauf erwartet, eher nicht.
Mein Anteil:
8,8 km, 50:09, (5:42 Min/km), HF 161, 90 Höhenmeter hinauf/140 hinunter
Und als wäre das alles nicht genug, möchte Volker am Sonntag noch vor dem Frühstück die Beine ausschütteln, so dass wir uns laufend auf einen 10 km langen Weg zum Bäcker machen.
Unter blauem Himmel,
bei strahlender Sonne,
und fast im Nachhinein ungläubig über den am Vortag erlebten Regen.
Volker erlebt fasziniert die rheinische Landschaft, die er bisher nur aus diesem Blog kannte. Und importiert flugs einige für ihn eher seltene Klatschmohnblüten virtuell nach Oldenburg.
Wir duften mit ihm ein wunderbares Läuferwochenende erleben, auch wenn nicht alles glatt lief:
Kölner Dom - geschlossen.
Köln-Triangle-Aussichtsturm - geschlossen.
Gepäckaufbewahrung der Bahn - überteuert.
Ahrathon - er wirds berichten.
Doch das Wichtigste lief erfreulich: Klönschnack und Kölsch :-)
Spezielle und herzliche Grüße nach Oldenburg!
20 Grad, 9,78 km, 1:01:30, (6:17 Min/km), HF 140