Der
Königsforst Halbmarathon, endlich wieder einmal echtes Wettkampffeeling. Man hat hier im Bergischen durchaus schon Erfahrung in Corona-Kompatibilität, dank der Austragungen
2020 und
2021, und so klappt alles gut organisiert.
Bei meiner Ankunft sind es lauschige 6°. Die Startnummer ist rasch abgeholt. Ich finde besonders das Umweltschutz-Engagement des Veranstaltervereins gut. So wurden mit den freiwilligen CO2-Kompensationen, die man 2021 für seine Anreise per PKW zahlen konnte, 200 Rotbuchen im lokalen Wald neu gesetzt. Umgerechnet ist etwa eine davon meine. Auch dieses Jahr lege ich diesen Obolus sehr gern drauf. Vor dem Start gönne ich mir Aufwärmen, schon allein um nicht in dem böigen Wind zu frieren. Das Feld wurde in 4 Blocks eingeteilt, Ultras zuerst, dann 3 Gruppen mit Marathonis und Halbmarathonis in Abhängigkeit zur geschätzten Endzeit. Ich habe mich dem letzten Block angeschlossen. Zum Start wird "Sirius" von Alan Parsons gespielt, uiui, das gibt schon ein wenig Gänsehaut, weil ich es spätestens im September wohl an anderer Stelle wieder hören werde.
Und schon geht es los. 746 Halbmarathonis, 163 Marathonis und 53 Ultras sind nun im Wald unterwegs. Am Anfang dauert es, bis es sich etwas auseinanderzieht. So komme ich nicht umhin, zwei ältere plauschende Männer hinter mir anhören zu müssen. Es geht um die Meldequoten der W65, warum auch immer. "Da sind genau 4 STÜCK gemeldet, 4 STÜCK hat es da." Habe ich gendertechnisch etwas verpasst, ist die nächste Eskalationsstufe ausgerufen und Frauen laufen nun unter dem Synonym "Stück"? Ha, immerhin kenne ich die AK-Siegerin dieser Klasse bestens und die war garantiert schneller als dieser Experte.
Das Bildmaterial ist etwas eintönig. Wald ist eben Wald, dazu überwiegend trübes Licht.
Was sich nicht so gut darstellen lässt ist der teils unangenehme Wind. Der Streckensprecher warnte uns vor, dass der Borkenkäfer für einige zusätzliche Schneisen gesorgt hat, die uns mit dieser Art Frischluft versorgen würden. In Gedanken überlege ich, wann und wo der Wind von vorn kommen müsste. Aber Pustekuchen, der kommt ziemlich öfter als gedacht von vorn...
In der Woche zuvor hatte ich nur zwei verhaltene Laufeinheiten absolviert und beide Male fühlte ich mich bleischwer. Doch beim Einlaufen habe ich das Gefühl, dass heute vielleicht etwas geht. Und tatsächlich bekomme ich so ab km 8 plötzlich ansatzweise Flügel. Es läuft plötzlich fast verdächtig flott. Nicht nur auf den Abwärtspassagen (der Kurs hat 170 Höhenmeter), sondern auch auf horizontalen Abschnitten. Ein herrliches Gefühl. Ich überhole und überhole. An den Getränkepunkten nehme ich mir die Zeit, gehend zu trinken, kann dann aber immer wieder alle einholen, die mich dabei passierten. Das ist fast zu viel des Guten...
Denn hier im Königsforst wird es ja eigentlich gegen Ende gemein, die letzten 5 km geht es stetig bergan und der Zielsprint wird gar mit einer richtig gemeinen Steigung verlangsamt.
Also so wird mein Flügelgefühl auf den letzten km etwas ausgebremst. Schon ab km 16 ist mein Puls im roten Bereich und ab km 18 deckt sich mein Laufgefühl auch damit. Aber dennoch, es wird mein bisher bester Lauf hier mit 2:07 Std. Ich hatte zwar zwischendrin das Gefühl, es müsse deutlich näher an 2 Stunden gehen, aber die Strecke ist profiliert und eben kein Flachkurs.
Im Zielbereich warten zwei alte Bekannte, die auch schon letztes Jahr den Läuferinnen und Läufern die Ehre erwiesen haben, der amerikanische Wüstenbussard und der kleinere Turmfalke. Beide von der
Bergischen Greifvogelhilfe, einer Auffangstation für diese Art Vögel, die sich hier präsentiert und gerne Spenden entgegennimmt.
Und eine wunderbare Köstlichkeit stand dort auch bereit: Warme salzige Brühe, herrlich nach solch einem Rennen!
Die diesjährige Medaille ist übrigens ein Eisvogel, der nun mit dem Wüstenbussard aus 2020 und dem Kleiber aus 2021 ein Trio bildet.