Sonntag, 24. April 2022

Kraremannslauf 2022 (10 km)

 

Zur Abwechslung ein echter Wettkampf: Der Kraremannslauf in Simmerath in der Eifel, nicht weit weg von Monschau. Dank unser beiden "Local Guides" Marion und Wolli genießen wir Shuttle Service und Privatparkplatz nah an Start und Ziel, das in diesem Fall praktischerweise mit einem Volksfest verbunden ist.

Laut Thermometer vor Ort sollen es 16° sein, der lokale Wetterbericht kündigte 11° an, Sonne, aber kalter Wind. Mich fröstelt. Dank Marions vehementem Einspruch lasse ich dennoch das Langarmshirt sein und mich zu Kurzarm überreden. Und wahrhaftig, nicht der Erfrierungstod ereilt mich später, sondern weit überwiegend erfrischende Kühle!

Doch zunächst heißt es den Start zu finden. Auch hier ist einheimische Unterstützung vorteilhaft, denn der ist unter dem Zielbanner, allerdings in entgegengesetzter Richtung. Also weiß man schon beim Hinunterfliegen des Starthangs, dass dies später einen Zieleinlauf bergan bedeuten wird...

Ich habe etwas Sorge, dass mir vielleicht bei dem kleinen Starterfeld von knapp 150 Läufer/innen irgendwann die anderen davonziehen und ich mich allein über die weite Flur finden muss. Also gebe ich Gas.


Schon bald hinter dem kleinen Ort tauchen wir ein in wunderbare Landschaft. Die an manchen Stellen noch vom Westwall "garniert" wird.



Wir passieren wunderschöne Wege, die Aussicht und die frische Landluft sind wahre Genüsse. Der Kurs ist leicht profiliert, am Ende zeigt die Uhr 85 Aufstiegsmeter, was mir unterwegs doch ein wenig mehr erschien.


Bei km 4 stehen wie versprochen unsere persönlichen Supporteraufmunterershuttlepiloten. Marion hält für den Notfall mein Langarmshirt bereit, was ich aber dankend ablehnen kann. Mein momentanes Tempo von 5:08 -5:30 heizt mir genug ein. 😅 Sie rufen mir zu, dass Chris nur wenig voraus sei.


Und wahrhaftig, da sehe ich ihn deutlich näher als vermutet, im Bild gaaanz vorne, die zweite Gestalt von links. Von nun an werde ich ihn nicht mehr aus den Augen verlieren. Eine ungewohnte Perspektive! Doch zunächst ringe ich mit zwei anderen Teilnehmern, eine Läuferin im Sommeroutfit und ein Läufer. Beide schnaufen wie kurz vor Herztod, ich mache eher lange tiefe Atemzüge. Das könnte meine Chance sein, wenn die beiden jetzt schon am Limit laufen...


Bald danach kann ich die markant schnaufende Frau überholen, an den Abwärtspassagen bin ich flotter. Der Mann verschwindet auch bald nach hinten. Mich zieht der Anblick des grauen Shirts meines Mannes, im Folgebild in der kleinen Gruppe voraus. Das lässt mich den hier strammen Gegenwind fast vergessen.


Zwischendurch werfe ich gern immer wieder einen Blick auf die prächtige Landschaft. Spätestens wenn hier erst auch der Frühling angekommen sein wird, sicherlich ein sehr schönes Wandergebiet.









Kurz vor Simmerath, km 8,5, passieren wir nochmals den Westwall, der an dieser Stelle  auch wandertauglich ist.




Ich kann mich immer näher an Chris in seinem grauen Shirt heranschieben. Aber von hinten kommt die markante Schnauferin näher und näher. Ich stelle mir vor, wie kurz die Reststrecke auf meiner heimischen Trainingsrunde wäre und versuche, Gas zu geben. Leider wirft die Läuferin noch mehr in die Waagschale, ich kann nicht mithalten. Dem grauen Shirt komme ich zwar näher, aber statt meinereiner schiebt sich die Dame an Chris heran und läuft knapp vor ihm ein. Ich wage einen Sprint, doch trotz der anfeuernden Sambarhythmen geben meine Beine leider nichts mehr her, der Tank ist leer.



Laut offizieller Zeitnahme passiere ich 6 Sekunden hinter ihm die Ziellinie. 
Sowas Dummes, so nah war ich noch nie dran!!! Aber meine 53:38 (Netto 53:20) ist für dieses Gelände und für mich eine ziemlich gute Zeit, 2. der AK und 23. von 49 Frauen. Und ein weiterer Genuss wird mir zuteil: Im Ziel gehe ich einfach hinter Chris her und kann sein Erstaunen auf mich wirken lassen, als er sich umdreht und mich dort plötzlich JETZT SCHON sieht. Er rechnete noch nicht mit seiner zähen Ehefrau .😁


Ein wiederholenswerter Lauf, dank gutem Wetter und schöner Strecke in der Natur!
Bleibt vielleicht noch eine Frage zu klären, was ist das für ein seltsamer Name, wer oder was ist Kraremann? 
Eine nette Statue bietet die Erklärung:



Die Streckenposten jedenfalls trugen alle Shirts ohne Kragen...

Montag, 18. April 2022

Die Riviera entlang

Ostersonntag an der Riviera. Nun gut, nicht die echte, aber hier im Berner Oberland nennen sie das Ufer des Thuner Sees so. Hat was, vor allem bei Sonnenschein. Sogar Palmen wachsen hier. 

Zunächst habe ich ein wenig Mühe, das Auto zu parken, denn in Steffisburg sind plötzlich selbst die kleinsten Parknischen mit Automaten versehen. Und wer hat schon passendes Kleingeld in der Landeswährung dabei? Schlussendlich finde ich aber noch ein Plätzchen. Dann geht es zunächst an der Aare entlang nach Thun. Es ist kurz nach 11, ca. 8°, wenig Spaziergänger, was das Laufen erleichtert.





MUSTERGÜLTIG!!!

Am See entlang ist die Aussicht etwas eintönig... immer dieselben Berge im Hintergrund 😆.








An Stellen, wo es keinen Weg direkt am See gibt, lockt die Staatsstraße, deren Nutzer ihre brummenden, knatternden und heulenden Schätzchen ausführen.


Mein Wendepunkt, das ehemalige Hotel Hirschen in Gunten. Einst eine noble Herberge. Und sogar filmisch in Aktion getreten. Im "Wunder von Bern" hält es als Unterkunft der deutschen Nationalelf 1954 her. Die war zwar eigentlich auf der anderen Seeseite in Spiez. Aber das dortige Hotel ist optisch weniger interessant, der "Hirschen" umso mehr. Hier ein Bild aus dem Film:

Leider ist das Hotel heute ein Bild des Grauens. Seit Jahren verfällt es. Eine Investorengruppe kann sich, so die Lokalpresse, nicht über die Renovierung einigen, seit Jahren wächst und gedeiht der Hausschwamm, der Denkmalschutz steht auch noch im Wege... Viele Fenster zerbrochen, innen und außen Schmierereien. Die alte Pracht lässt sich noch erahnen. Ob es da drinnen spukt...?




Ein Hinweis, wie lange der Dornröschenschlaf schon dauert. Lustig, die Preise auf der Speisekarte! Mit dem damaligen Wechselkurs war es sogar noch erschwinglich 😉


Auf dem Rückweg kann ich den Schlosspark in Oberhofen durchlaufen. Das Schloss leider unansehnlich in Baugerüste gehüllt.



In Thun ist die Promenade inzwischen bunt bevölkert. Noch fehlt der Blumenschmuck am Geländer, an der Brücke und an den Häusern.













So schön die Kulisse war, mit dem Lauf selber bin ich unzufrieden. Zäh war es, wie ein Rad zu fahren mit zu wenig Luft in den Reifen. Es werden nur 23 km. Alle selbstmotivatorischen Tricks fruchteten nichts. Nun ja, abhaken, Läuferinnenkrönchen richten, weitermachen.

Immerhin, ein Positivum ist festzuhalten: Ich konnte bestens trinken! Mit meiner Einfach-Trinkweste bin ich ja an sich zufrieden, nur die Verschlüsse der beiden Softflasks ärgerten mich fortwährend. Es war sooo mühsam, ihnen Wasser zu entlocken. Jeder Tropfen ein kleiner Kampf.

Neulich lagen die Flasks in der Küche zum trocknen. Chris nimmt sich eine zur Hand und fragt "Warum entfernst du eigentlich die Schutzfolie nicht vom Verschluss?"
UUUUUUAAAAAAAAAAHHHHHH!

Freitag, 15. April 2022

Heute vor 10 Jahren

Heute genau vor 10 Jahren, eines meiner größten Abenteuer ... der erste Marathon! Ich hatte mir dazu eine Strecke gewünscht, die unterwegs viel zu sehen bietet. So fiel die Wahl auf Paris.

Ich weiß noch, das Gefühl, um nicht zu sagen, der innere Aufruhr, was da auf uns zukommen mag ... das war schon krass. Wir hatten Glück mit dem Hotel, ein nettes kleines Haus gleich beim Louvre. Die Reise an die Seine per Thalis ab Köln verlief bestens.

Und dann war er da, der große Sonntagmorgen. Eine kurze Fahrt über wenige Metrostationen. Kaum auf den Champs Elysées angekommen, fanden wir uns in einem riesigen Ameisenhaufen wieder. So etwas hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Immer mehr Menschen spuckte die Metro aus. Welch ein Gewusel!



Blick in Richtung Start


Wie später auch immer wieder hat es uns in zwei verschiedene Startblocks verschlagen. Kühl ist es, doch bis die Tausende unterm Startbogen hindurch sind, dauert es... Dafür darf ich noch einen tollen Moment erleben, als Joe Dassin mit "Oh Champs Elysées" erklingt, welch ein Gänsehautmoment, steht man ja genau in dem Moment auf diesem Boulevard!

Ich bin ein lebendes Fragezeichen. Was wird mir hier und heute bevorstehen? Geht das gut? Kann man 42,2 km überleben? Und dann geht es los. Zunächst über die Place de la Concorde entlang der Tuilerien und dem Louvre. Eine grandiose Kulisse!




"Ich laufe, ich trinke, ich trenne Müll"


Paris ist eine gelaufene Stadtbesichtigung. Es gibt so viel zu sehen! Ich sauge die Eindrücke, die Atmosphäre in mich auf. Im Nachhinein verfliegt die Zeit sehr schnell. Ich glaube, die Erinnerung blendet die kleinen Quälereien einfach aus.
Viel Live-Musik war an der Strecke, von Rock bis Jagdhornbläser, alles vertreten. Aber was fehlt, ist Stimmung am Streckenrand. Anfeuerung - war nicht viel. Manche Damen führen ihre Pelze aus. Aber sonst scheint der Pariser des Sonntags Morgens andere Beschäftigung vorzuziehen.






Gegen Ende wurde es natürlich anstrengend. Ich erinnere mich noch, wie es scheinbar endlos durch den Bois de Boulogne geht, der eher einem Wald auf dem Lande ähnelt als einer Erholungszone mitten in einer Großstadt. Hätte ich vorher nicht genau die Strecke studiert, mir wären Zweifel gekommen, dass hier gleich das Ziel folgt. Der Körper schreit nach Aufhören, aber man weiß ja, hüstel, wenn man einmal geht, kommt man nie mehr ins Laufen - meinte ich damals jedenfalls. Also weiter gelaufen. (Diese Disziplin ist mir später etwas abhanden gekommen 😁) Dennoch, unvermittelt kommt man aus dem Grün auf die Avenue Foch.
Ein unglaublicher Moment, zu wissen, gleich den ersten Marathon seines Lebens zu finishen. Ich erinnere mich auch an eine Gruppe junger Männer, die einen Kameraden auf den letzten Metern stützen müssen. Und ich trippele dem Ziel aufgeregt entgegen.


Der rote Lappen ist hier schwarz

Zieleinlauf ... geschafft!




Es war ein unvergleichliches Gefühl. Die Zeit, 4:44 Std, eine meiner besten. 
Und dann die Treppenstufen hinab zur Metro - welch ein Kampf. Eine weitere neue Erfahrung.😅

Wir gönnten uns anschließend noch ein wenig Sightseeing. 
Welch ein Einstieg in noch viele schöne, aber auch andere, Marathonerlebnisse...


Parken auf französisch