Montag, 22. Juli 2024

Abgefahren und abgehoben

Gelaufen bin ich auch in der vergangenen Woche, aber es standen doch andere Ereignisse im Vordergrund.

Zumindest mit der Lauferei verbunden war eine Tour nach Oldenburg. Zu einer Feier.

Obwohl unser Navi uns hartnäckig davon abbringen wollte. Die sterile Damenstimme vermeldete wieder und wieder eine Fahrtverzögerung von 149.000 (einhundertneunundvierzigtausend) Stunden. Das wären 17 Jahre! Das Display packte eine solche Zahl erst gar nicht und zeigte gnädig >99 Stunden an. Auf welchen Tag dann die angegebene Ankunftszeit 8:31 Uhr fällt, entzieht sich meinen mathematischen Rechengelüsten.


Aber von solcher Unbill lassen sich Ausdauersportler nicht unterkriegen! Wir kamen in Oldenburg an und konnten im kleinen Bloggerkreis (Doris, Helge, Manfred) mit Volker und Jens (und vielen weiteren Gästen) deren ersten Hochzeitstag feiern. Eine im wahrsten Sinne "heiße" Feier, doch später kam erfrischender Wind auf. Wie schön, sich wieder einmal real statt virtuell getroffen zu haben!



Ein weiteres Highlight meiner Woche begann mit dem Klingeln des Weckers noch vor Sonnenaufgang um 4 Uhr. Der am Vortag bestätigte Treffpunkt um 5:30 Uhr im Kölner Norden wollte pünktlich erreicht sein. Auf Kaffee verzichte ich notgedrungen, denn es wird später kein WC verfügbar sein.

Angekommen, werden uns und den anderen Passagieren Arbeitshandschuhe ausgehändigt und dann heißt es erst einmal anpacken.






Der Pilot inspiziert die Hülle von innen



Nachdem die 30m hohe Hülle des Ballons ausgebreitet, erst mit Kaltluft angefüllt und diese dann angefeuert ist, müssen alle 16 Passagiere auf Geheiß des Piloten zackig in den Korb klettern, denn ziemlich schnell strebt das Gefährt hinauf. Zwar ist noch eine Sicherungsleine am Transportfahrzeug befestigt, doch da die 10.500 Kubikmeter Heißluftfüllung ein Gewicht von 3.500 kg tragen können, wäre das Auto ein wenig gefährdet...
Schnell wird die Leine gelöst und dann geht es ab hinauf in den morgendlichen Himmel.

(c) Skytours Bordbuch 2024/25

Es ist ein wunderbares Erlebnis! Geräuschlos, nur unterbrochen von immer wieder kurzen Feuerstößen des Brenners zur Höhensteuerung, gleiten wir nordwärts. Auf dem Boden können wir beobachten, wie das Leben langsam erwacht. Menschen auf dem Weg zum Bäcker, zur Arbeit, oder einfach beim Genuss des ersten Kaffees auf Balkon oder Terrasse.
Später stellt sich heraus, dass genau in diesem Moment eine frühere Kollegin mit ihrem Hund zur Gassirunde aufbricht, und er sich sehr erschreckt. Anhand meiner Fotos identifiziert sie eindeutig unseren Ballon.




Der Ballon kann nicht aktiv gelenkt werden. Er wird einfach vom Wind bewegt. Der Pilot nutzt dabei aus, dass dieser in verschiedenen Höhen in teils unterschiedliche Richtungen bläst. Er kann also die Fahrtrichtung begrenzt beeinflussen, indem er in Schichten mit günstigem Wind steigt oder sinkt. Waren wir anfangs auf rd. 650 m Höhe unterwegs, fahren wir anschließend tiefer, denn sonst besteht die Gefahr, dass wir über eine große chemische Anlage und ihre Abluft gleiten müssten. Also herab, wo der Wind für uns günstiger ist. 
Was aber auch bedeutet, dass manche Menschen und Tiere sich über das doch ziemlich große Gefährt erschrecken.
Der Pilot hatte uns vorher erklärt, dass er Stromleitungen weiträumig umfahren muss, und davon gibt es einige in unserem Ballungsgebiet. Wald wäre auch keine gute Landemöglichkeit, Ortschaften selbstredend auch nicht. Leider, schon nach einer Stunde, beginnt die Vorbereitung der Landung. In tiefer Fahrt geht es noch über ein Dorf, wo uns freundliche Menschen vom Boden Grüße zurufen und winken, noch einen Bogen über eine niedrige Stromleitung. Vor der nächsten Hochspannungsleitung soll es werden.... Wir nehmen unsere Landeposition ein (Rücken zur Fahrtrichtung, an Schlaufen festhalten). Eine Landstraße ist auch nah. Unser Begleitfahrzeug ist bereits vor Ort und notfalls müsste dessen Fahrer den Verkehr, der Gottseidank spärlich ist, stoppen.
Ich sehe uns schon ein Maisfeld rasieren, doch mit seiner Erfahrung setzt uns der Pilot gleich dahinter auf einem abgeernteten Stoppelfeld auf. Nach dem ersten Bodenkontakt ein kleiner Hüpfer, nochmals aufsetzen, in Schräglage etwas Schleifen über den Boden. Entgegen meiner Sorge kippt der Korb doch nicht um.
Nun heißt es, Ballon sichern, Luft ablassen, alle zusammen die Hülle wieder einpacken (Mordsarbeit!) und mit dem Korb auf dem Transporthänger verstauen.



Es folgt der rituelle Akt der Ballontaufe. Jede/r Ersttäter/in wird in den Ballonadelsstand erhoben und dies feierlich mit Sekt begossen.😁
Wie sagt der Pilot anschließend so treffend: "Ist das nicht herrlich, nach so einem morgendlichen Erlebnis irgendwo auf einem Feld zu stehen, und ein Gläschen Sekt zu genießen?"
Ja, hat was! Beglückt fahren der mir angetraute frisch ernannte Herzog Christoph, "der unbeugsame Luftpirat", und ich, die "holde Korbfee", nach Hause zum Frühstück.


Nach solchen beschwingenden Erlebnissen kann ja ein 18-km-Lauf am heutigen Morgen nur locker gelingen. Ich unterstütze dies noch durch die Wahl einer Strecke durch kühlenden Wald und an der Erft entlang.
Ja, ein Gläschen Sekt nach einer schönen Ballonfahrt hat was, aber ein erfrischender Morgenlauf ist auch nicht zu verachten.😀

Montag, 15. Juli 2024

La vie en France

Von den schweizer Bergen weiter zu der etwas leichter bergigen Landschaft der Drôme in Südfrankreich.

Hier zu laufen ist wunderbar, WENN es gelingt, dies vor dem Frühstück und der Hitze des Tages umzusetzen. Es gelang. 😁 So konnte ich erfrischende Morgenluft tanken und die Ruhe genießen, wobei letztere durchaus den ganzen Tag gegeben ist. Unsere Unterkunft verdient dank ihrer abgelegenen Lage auch tagsüber dieses Prädikat. Beim Morgenlauf fällt mir allerdings besonders die zur Schweiz andere "Begleitmusik" auf: Kann man dort eigentlich kaum ohne das Rauschen von Bergbächlein in den Bergen unterwegs sein, ist es hier das Gebell von Hofhunden. Wenn die Sonne höher steigt, kommt später das unermüdliche Zirpen der Zikaden hinzu.

Ich entscheide mich, stumpf die Straße hinter dem Gästehaus zum nächsten Dorf zu laufen, die sich mal mehr, mal weniger aufwärts zum nächsten Dorf windet. 160 Höhenmeter auf 3,5 km, gut machbar. 

Die Aussicht ist wunderbar, dazu 18° und milder Wind. Zudem ist die Vorfreude auf den Abwärtsschwung auf dem Rückweg motivierend, der mir richtig Beine macht. 👍😄





Beim Wendepunkt, dem Dörflein Vesc, wird die Wärme der Sonne schon deutlich spürbarer, was doch nur eine halbe Stunde  für einen Unterschied macht! 
Hier ein Phänomen, das man derzeit an vielen französischen Ortsschildern sind: Sie sind auf den Kopf gestellt. Soll eine Geste der Solidarität mit den lokalen Bauern sein.


Welche Symbolik die Weihnachtsbeleuchtung im Juli beinhaltet, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Vielleicht lässt man sie auch einfach nur hängen.

Ansonsten genießen wir unsere Zeit in der schönen Landschaft, in die immer wieder wie Flicken die blühenden Lavendelfelder eingestreut sind.



Und das Markttreiben in Nyons, ein Muss jedes Mal.





Die Fülle und Vielfalt der angebotenen Waren, vor allem Obst und Gemüse, ist unfassbar. Da kann man einfach nicht mit leeren Händen von dannen ziehen... Nur an den Fleisch-, Wurst- und Käseständen gehen wir lieber flott vorbei, die entwickeln bei knapp 30° ein spezielles Odeur...


Und hinterher am Pool abkühlen, bevor später ein immer wieder köstliches Abendessen kredenzt wird.
Ach das Leben ist herrlich! (Auch wenn solch besonderen Tage immer zu schnell vorüber sind)😊


Sonntag, 7. Juli 2024

Vermögen, Streicheleinheiten und eine Bubble

Auf und ab, beim Wetter, auf den Straßen durchs Bergland und bei meiner Laufform.

Bei zwei Läufen tue ich mich arg schwer, muss mich dem Kirchhügel erneut geschlagen geben.  Ist es die Wärme, die teils schwüle Luft? Zu wenig getrunken? Müßig, einfach durchplagen.

Dafür werde ich heute belohnt. Es ist herbstlich bei 14°. Und  plötzlich ist der Knoten auf.

Blick vom Balkon
Es läuft locker und ich nehme mir den Kirchhügel vor. Wäre doch gelacht. Mit Anstrengung, aber immerhin laufend schiebe ich mich Meter um Meter hinauf der Kirche entgegen. Von links nähern sich auf einem horizontalen Weg 3 Radler. Aus dem Augenwinkel nehme ich war, dass sie mein Tun beäugen. Mein Geist ist mit anderem beschäftigt. Mit der inneren Diskussion zur Frage, wann Schnaufen in Röcheln übergeht und ob ich mich schon im letztgenannten Stadium befinde.

Kurz vor dem höchsten Punkt treffen wir zusammen. Das Radlertrio könnte altersmäßig Großvater, Tochter und Enkelin sein. Die Tochter, ihrerseits schlank und sportlich gewandet, nickt mir vorbeifahrend anerkennend zu und ruft "Ihr vermögget seckle!" ("Sie können echt laufen!"). Wie nett! Es gelingt mir, ausatmend meine knappe Luft mit den Stimmbändern zu koordinieren und ein "Danke" abzusetzen. Das Lob hilft, dann auch die letzten Meter bis zum Plateau bei der Kirche nicht nachzulassen. Noch besser, der ältere Radler hat arge Mühe mit dem letzten Stück und verfällt in Zeitlupenzickzack, so dass ich mit meinem zugegeben auch nur marginalen Schwung noch an ihm vorbeiziehen kann.

Auch wenn die Wolken tief hängen, ich habe richtig Lust, heute eine etwas längere Runde zu drehen. Es werden am Ende 14,5 km mit 160 Höhenmetern. Kurz vor unserer Wohnung wird derzeit eine Brücke saniert. Und mit dieser wunderbaren schweizer Präzision wird auf die ohnehin gut sichtbare Ampel hingewiesen. Bis dorthin sind es 52 m, nicht 51, nicht 53, nein 52 sind es. 😊

Kurz vor der Haustür will Hofpony Calipo, schon 17 Jahre alt aber unvermindert frech,  seine Streicheleinheiten. Ja gerne doch!

Ansonsten hatten wir in der Woche ein besonderes Erlebnis, eine Bubble-Übernachtung. Dazu ging es nach Graubünden, ins Val Lumnezia nach Lumbrein. 4 Stunden Autofahrt über Berge und Pässe, kurzweilig.

(Ab hier nichts Läuferisches mehr, nur noch ein wenig Sightseeing)

Wir schrauben uns durch Nebel den Susten-Pass (2224 m ü.M.) hinauf, gerade erst nach der Winterpause eröffnet. Auf der anderen Seite ist das Wetter besser:

Susten in Wolken

Abwärts Richtung Wassen

Hinter Göschenen geht es erneut hinauf. Während der moderne Verkehr unten durch den Gotthardtunnel braust (oder sich davor staut) nehmen wir die alte Route zur Passhöhe hinauf, entlang der Reuss.
Dabei passiert man die Schöllenenschlucht. Diese spektakuläre Engstelle ist die strategisch wichtige Schlüsselstelle zum Gotthard-Pass. Schon ab ca. 1200 versuchte man, dieses natürliche Hindernis passierbar zu machen, bald wurde eine erste Holzbrücke gebaut. Diese "Teufelsbrücke" wurde später durch steinerne Versionen ersetzt. Das Tosen des Wassers und vor allem der dadurch erzeugte Wind sind wirklich spektakulär. 




Da sich die schweizer Armee im Verteidigungsfall die Sprengung der Brücke offenhalten, zugleich aber natürlich gleichwohl die Passage der Engstelle für eigene Streitkräfte ermöglichen wollte, hat man einen Tunnel durch den Fels gezogen. Diesen Gang kann man heute erkunden.



In Andermatt verlassen wir noch vor der Passhöhe die Gotthardstraße und gönnen uns am Oberalppass (2044  m ü.M.) einen köstlichen Apfelstrude, zu schweizer Preisen (2 Cappuccino, 2 Strudel - 35 EUR).


Wir sind schon sehr neugierig auf unsere Unterkunft für eine Nacht. Endlich gelangen wir nach Lumbrein, in den Weiler Silgin, zur politischen Gemeinde Lumnezia gehörend. Hier endet die ohnehin schon enge Straße.

Daaaaa liegt die Bubble


 Noch genau 9 Menschen leben hier.


Öff. WC im kleinen Anbau neben der Scheune links



Und dort steht sie, die Bubble für die Nacht. Beworben werden diese in der Schweiz schon an einigen Stellen vorzufindenden Plastik-Iglus mit dem Schlafen unterm Sternenhimmel...


Doch zunächst ein kleiner Spaziergang in den Nachbarweiler Surin (30 Einwohner), über eine lustige Hängebrücke.



Dort befindet sich Crestaulta, ein Hügel, auf dem in den 1930'er Jahren eine bronzezeitliche Siedlung teil-erforscht wurde. Natürlich muss ich dorthin, auch wenn es nicht viel zu sehen gibt.

Crestaulta, Siedlungshügel mit hinaufführender Rampe
Gottseidank haben wir bei der Familie, die die Bubble und auch eine "Bäsäbeiz" (=Straußwirtschaft) betreibt, ein Abendessen (mit eigenen Hofprodukten) vorbestellt, denn die Restaurantdichte ist hier eher dünn. Dabei erfahren wir auch einiges über deren Leben und die Tiere ihres Bauernhofes.

Tja, und dann wird das Wetter so, wie angekündigt. Wolken sind aufgezogen, nichts ist mit Sternenhimmel... Nachts werden es unter 10°, sanft tröpfelt der Regen herunter. Ansonsten ist es still, absolut still. Außer dem Rauschen der Bergbäche hört man nichts, kein Auto, noch nicht einmal Kuhglocken, die stehen alle auf den Alpen oberhalb.

An dieser Stelle sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Bubble ungeheizt ist. Daher haben wir vorsorglich noch eine Winterbettdecke zur vorhandenen Ausstattung mitgebracht, auch warme Socken und Kleidung für die Nacht. Unter dieser Zwiebelprinzipbettung froren wir wahrhaftig nicht.
Außer, man muss mal raus des nachts... Ich sollte hier noch einflechten, dass ein öffentliches WC 150 m entfernt lag, sehr einfach aber zweckmäßig ausgestattet. Nochmals 100 m weiter dann ein wirklich gutes WC mit Dusche der Betreiberfamilie.


Am Morgen sind wir von Wolken umgeben. Wenigstens können wir im Trockenen zum Frühstück gehen. Ein wenig schade, wir hätten es uns anders gewünscht. Aber ein Erlebnis war es auf alle Fälle!
Wettermäßig werden wir uns verbessern, wenn es bald weitergeht nach Südfrankreich. 😀🌞