Sonntag, 11. Mai 2025

Römische Ente und einer weniger

41 km habe ich in dieser Woche abgespult. Wobei ich aber auch die schweißtreibenden Tätigkeiten im Garten  nicht gänzlich außen vorlassen möchte, auch die leisten einen Beitrag zur Fitness.

Heute sollte es ein langer Lauf werden. Ich hatte mir einen Rundkurs von ca. 15 km, maximal 16 km vorbei an den Resten des römischen Burgus Heidenburg vorgenommen. Die hatte ich 2021 zufällig entdeckt und seitdem lenke ich gern gelegentlich die Laufschritte dort entlang.

Sonnige 23° sind zudem ein gutes Training für Läufe bei Sommertemperaturen. Allerdings werden sie abgemildert durch einen kräftigen Ostwind.


Oben auf der Fischbachhöhe



Zudem enthält die Strecke ein kleines Berglauftraining, 80 Höhenmeter auf 1 km - das habe ich länger nicht mehr trainiert und komme schwer schnaufend oben an. Nach dem Erstürmen dieses Abraumhügels kann dann aber alles sanft abwärts rollend wieder abgebaut werden.

Am Burgus angekommen - es ist mal wieder zum Haare raufen. Der nächste Kiosk liegt mehrere Kilometer entfernt und motorisiert ist diese Stelle auch nicht erreichbar. Wer dann seine Pullen schon herschleppt, kann sie doch dann auch entsorgen.😡
Ich hatte mich schon zum weiterlaufen abgewendet, halt, da war doch sowas Gelbes...


Da, links über der Schrifttafel...




Ach wie süß, eine klitzekleine römische Ente! Hoffentlich wirft sie der nächste Sturm nicht runter!

Gegen Ende merke ich, dass ich mit meiner Distanzschätzung ziemlich daneben lag. Nicht 15, nicht 16 km wurden es, nein, deren ganze 19 brauche ich bis zurück zur Haustür. Auch gut, wenn auch zehrend.

Keine Ente ist leider, dass ein sehr schöner Landschaftslauf gestorben ist: Der Moormarathon. Ich war 2014 (Oh mein Gott, schon 11 Jahre!) so fasziniert von der Landschaft dort, zumal das Wetter auch wunderbar war. Dort wollte ich immer schon mal wieder laufen, aber wie das so ist, immer kam etwas anderes dazwischen. Nun ist es zu spät, kein Geld mehr, keine Helfer, da blieb wohl keine Wahl. Aber ich kann sagen, WIR waren DABEI! Und lernten dort auch erstmal den Deichläufer persönlich kennen: Link
Wieder ein schöner Lauf weniger. Aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, vielleicht gibt es ein Revival, ich wäre dabei!

Sonntag, 4. Mai 2025

Der Hack mit der Clownsnase

Nach dem wunderbaren Goethe.Kultur.Lauf hatten wir Gottseidank noch weitere zwei Tage Freizeit in Weimar, die wir für Museumsbesuche, Bummelei und Kaffeeklatsch nutzten. Herrlich war's, doch leider, längst hat uns der Alltag wieder.

Und wie so oft nach Laufevents, hänge ich in Gedanken noch weiter am Ort des Geschehens, diesmal in Thüringen. Zudem dezent "garniert" mit dem selbst verursachten Ärger um den an der Ilm verlorenen Kameradeckel von Wilson. Da selbiger  schon älteren Datums ist, ist ein Ersatzdeckel selbstredend nicht mehr erhältlich. Aber die empfindliche Linse braucht auf alle Fälle einen Schutz.


Nach ein wenig Laufpause drängte es mich am Maifeiertag auf die Laufpiste. Klar waren die Beine noch müde, hinzu kamen "prächtige" 27°, nach 9 km war ich platt.
Heute sollten es 15 km werden, bei nun nur noch 11° sicher leichter. Ich nutze den Lauf zur Ideensuche zum Wilson-Problem. 
Komisch, mir kommt in den Sinn, dass sich seit gut 1,5 Jahren laufen und denken bei mir anders verbinden. Früher tat es einfach gut, sich nach einem langen, stressigen Bürotag von der Last freizulaufen, die Gedanken zu sortieren, einen kleinen geistigen Reset durchzuführen. Oft war nach dem Lauf der Kopf klar und die Hirnwindungen freigepustet. Manches war wie von selbst in den Hintergrund gerückt, anderes klarer und Wichtiges von Unwichtigem getrennt.
Dieses Erleben habe ich so nicht mehr. Ich kann einfach losrennen, muss keinen Druck abbauen, kann die Gedanken sich stressfrei entwickeln lassen.

Und so dreht sich mein Denken diesmal um den verlorenen Deckel. Klar, ich könnte sofort nochmal nach Weimar und besser suchen. Die Stelle weiß ich ungefähr noch. Zeit hätte ich vielleicht, aber das wäre dann doch etwas umständlich.
Da kommt mir die in Köln zu bestimmten Anlässen getragene rote Clownsnase in den Sinn. Ohnehin dachte ich schön öfter an dieses Accessoire, nämlich immer bei Läufen mit kaltem Wind, wenn die Nase zu erfrieren droht. Da wünscht man sich so ein plüschiges wärmendes Etwas im Gesicht - wenn es nur nicht so, ähm, schräg aussehen würde. 
Wäre das nicht ein Lösungsansatz...?
Im Geiste entwickle ich ein Denkmodell und daraus eine Konstruktion.  Bei meinem Tempo bieten 15 km reichlich Zeit dafür 😉.
Am Ende steht die Lösung. Flugs werden Garn und Häkelnadel gegriffen und -heureka!- der Ski-verunfallte Daumen macht mit (er ist noch immer nicht mit allen Aktivitäten einverstanden).


Damit die Linse auch wirklich geschützt ist, ist der "Deckel" von innen noch mit einem weichen Stück  eines Brillenreinigungstuchs ausgelegt. Mal sehen, wie sich die rote Linsennase bewährt. Sollte auch sie sich zu eigenständigen Unternehmungen neigen, habe ich schon eine Idee, einen zusätzlichen Befestigungsstreifen anzusetzen (leider hat Wilson keine eingebaute Öse, um eine Sicherungsschlaufe anzubringen).

Ich denke, diese Lösung lässt sich nun erproben. Schaun mer mal.

Montag, 28. April 2025

Goethe.Kultur.Lauf Weimar 2025


Vor einer Weile erreichte uns die frohe Kunde, dass in Weimar erneut ein spezieller Lauf mit "Kulturauszeiten" gestartet würde. War es 2019 der 100 jahre bauhaus marathon, so stand nun der Goethe.Kultur.Lauf an, also auf nach Thüringen! Im Rahmen der Veranstaltung werden 4 Distanzen angeboten: 25,6 km ("Vernunft"), 13,8 km ("Verstand"), 7,2 km ("Sinnlichkeit") und 4,2 km ("Phantasie"). Da laden schon die Bezeichnungen zum Philosophieren ein...😀 
Wir entschließen uns zur "Vernunft". Diese beinhaltet alle anderen Strecken und damit auch alle 8 Kulturauszeiten.
Kurz zur Erläuterung: Bei diesen Auszeiten werden jeweils kleine Aktivitäten mit Bezug auf Goethe und die Weimarer Klassik geboten. Als Läufer kann man sich entscheiden, ob und wie lange man dort verweilt. Da die Zeitnahme nicht unterbrochen wird, ist dann sowieso klar, dass die Endzeit keine wahre Aussagekraft haben würde, es sei denn, man lässt die Kultur links liegen, doch wer will das schon?

So stehen wir als erste Startergruppe an einem wunderbar sonnigen Frühlingsmorgen bei 8° am Weimarer Schloss. Insgesamt sind mehrere 100 Teilnehmer gemeldet, die sich auf die zeitversetzt startenden Distanzen aufteilten. Entsprechend entspannt geht es zu. Kein Gedränge oder Geschubse, nur Freude auf das, was uns erwarten würde. Wie immer, sehe ich meinen Mann nach dem Start nur noch kurz. Und Doris, die ebenfalls zugegen ist, wird erst später zu ihrer Distanz aufbrechen.



Zunächst führt die Route entlang der Ilm zum Schloss Tiefurt, dem Sommersitz der Herzogin Anna Amalia. Gleich bei Wilsons erstem Einsatz passiert es: Der kleine Kameradeckel fällt ins Gras 😕und obwohl ich ihn mit einem roten Band markiert hatte, finde ich ihn nicht mehr wieder. 😖 Nun ja, die einen haben einen Koffer in Berlin, ich nun einen Kameradeckel in Weimar. Das soll den schönen Tag aber nicht trüben.
Schnell zieht sich das Feld auseinander. Man läuft dennoch nie allein, immer ist irgendwo ein Mitläufer in Sicht. Oder ohnehin die zahlreichen Posten an der Strecke.






Es wird spannend, die erste Kulturauszeit naht!


Junge Schauspieler präsentieren Szenen aus Faust. Wir Läufer haben Freude an ihrem gelungenen Spiel. Keiner rennt durch, man steht, lauscht und trinkt Wasser. Schöner Einstieg in die Kultur!


Zurück geht es Richtung Weimar. Uns kommen nun die 14-km-Läufer entgegen, deren Strecke sich mit dem Anfang der längsten Distanz deckt. Wie ich sehe, gibt es standesgemäß ein Führungsfahrrad und auch einen Schlussradler. So langsam bin ich "drin" im Lauf. Es ist wunderbar, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und dann kommen auch noch Kirchenglocken dazu - die fahren hier wirklich alles auf!

Es folgt die zweite Auszeit (km 8,4), auf die ich mich speziell gefreut hatte, malen und zeichnen vor dem Schießhaus, einem frühen Veranstaltungs- und Schützenhaus, an dessen Bau sogar Goethe  beteiligt war. Staffeleien, Papier, diverse Stifte und Farben stehen bereit. Was will man da in aller Schnelle zu Papier bringen, ohne großen Anspruch, wohl aber mit Erinnerungswert? Ich entscheide mich für "Vernünftige Dynamik". Mein Werk wird wie alle anderen zur Abholung im Ziel transportiert. Toller Service!



An den Auszeiten stehen zudem Rahmen für kleine Erinnerungsfotos bereit, jeweils mit läufergerechten Goethe-Zitat-Abwandlungen.


Weiter trabt man durch ruhige Wohnviertel, hier im Bauhausstil. Es ergibt sich eine erneute Begegnung mit dem Führenden, der sicher schon die dritte Kulturauszeit hinter sich und ausgelassen hat.


Als dritte Auszeit war Musik im grünen Klassenzimmer ansagt. Zitat  "Die Band Surfsubbotnik bringt mit ihrer sehnsuchtsvollen, exotischen Gitarrenmusik echtes Surf-Feeling nach Weimar – instrumentale Klänge laden euch zu einer mitreißenden Auszeit ein."  Ich hatte die Spontanassoziation entspannter Musik, vielleicht Beach Boys, Santana, etwas Jazziges oder Soul...?
Die Antwort erklingt schon lange, bevor man im Walde überhaupt die Band erreicht, zackige Beats im Stakkato dringen durch den Webicht, ein großes Waldgebiet im Osten der Stadt. Anders als gedacht, aber aufmunternd bei einem Lauf gerade recht. Und die Jungs haben spürbar Spaß an ihrer speziellen Konzertlocation.




Danach geht es von km 9 bis 13 ausführlich auf federnden Waldwegen durch das wunderbar frische Grün. A propos, mir fällt auf, dass mir die km so gar nicht auffallen. Die Möglichkeit der Pausen zwischendurch kommt mir sehr entgegen. Man kann den Puls runterfahren, zu Atem kommen, und dann neu loslegen, gespannt sein, was als nächstes folgt.

Etwa bei km 14 ist es die nächste Auszeit, das Goethe- und Schillerarchiv. Man kann sich deren Schätze anschauen, aber auch selber wortwörtlich zur Feder greifen. Selbige liegen auf der Terrasse bereit, dazu Tinte und Sand zum Trocknen der Tinte. Hat man seine spontanen Gedanken zu Papier gebracht, falten freundliche Helfer den Brief, versiegeln ihn mit Wachs und hängen ihn an eine Leine über dem kleinen Tisch. Dort darf sich jeder, der selbst geschrieben hat, eine andere Botschaft pflücken und lesen, was jemand anderem gerade durch den Kopf ging. Witzige Idee!





Leine mit Briefen unterm Sonnenschirm
Schöne Aussicht gibt es obendrauf:







Als nächstes passieren wir kurz das Stadtschloss. Für die 14'er ist Schluss, die 4'er durften hier einsteigen.

Die "Vernünftigen" sehen das Ziel nur von weitem, denn es geht nonstop zur nächsten Verabredung, ein Selfie mit Goethe ist angekündigt.



Durch den malerischen Park an der Ilm arbeiten wir uns zu Goethes Gartenhaus vor, ca. bei km 16,5.
Dort erwartet uns ein Fotograf mit einer Leinwand, die den Geheimrat zeigt. Man kann ein Polaroid machen lassen, ich ziehe das Smartphone vor.



Es schließt sich das Bienenmuseum Weimar (km 17,5) an, mit einer Honigverkostung. Lecker sind die angebotenen Sorten. Aber kaufen wäre unklug, laufen mit Einkaufsbeutel und dann noch 10 km weit wäre doch zuviel des Guten.




Zurück geht es durch den Ilmpark. Immer wieder kommen einem wie auf den anderen Abschnitten gut gelaunte Läufer entgegen. Mich überholt ein Nicht-Teilnehmer, spricht mich an und fragt, was denn das für ein Lauf sei? Ich erkläre es ihm. "Laufen UND Kultur?" Das erstaunt ihn. Und noch mehr, dass er gar nichts wusste von dieser Veranstaltung. Dabei sei das doch hier sein übliches Laufrevier... Er hat zweifelsfrei etwas verpasst.
Von weitem grüßt bereits Auszeit 7, doch zunächst geht es vorbei an der Rückseite der Anna-Amalia-Bibliothek erneut Richtung Ziel, wo nun die 4'er finishen und die 7'er zuvor gestartet waren. Meinereiner rennt wiederum am Ziel vorbei.





Bei km 20,5 steht nun das römische Haus für die Läufer bereit, ein Gartenhaus des Herzogs Carl August, angeregt von Goethe. 
Studierende der thuringia international school ("this") haben extra für den Lauf 4 Postkarten gestaltet! Die liegen für die Läufer aus, man kann sie an liebe Menschen adressieren, veranstalterseits werden sie dann frankiert und abgeschickt. Super Idee!




Auch ein Selfierahmen wartet auf Einsatz. Der Helfer, der das Foto machen möchte, gibt sich alle Mühe, aber ein anderer Teilnehmer ist so emsig mit einer Diskussion beschäftigt, dass er auf meine freundliche Bitte, etwas zur Seite zu treten, nicht reagiert. Er hat wohl die Botschaft des Rahmens noch nicht wahrgenommen. Also kommen weder römisches Haus noch Rahmen so richtig mit aufs Bild.




Nun folgt -leider nur noch- Auszeit 8. Und die liegt auf dem Heartbreak Hill von Weimar! Diesen Abschnitt kenne ich noch von 2019 und weiß, um seine Anforderung. Fast die Hälfte der 230 Höhenmeter sind nun auf ca. 4 km versammelt. Erst sanft ansteigend, dann immer steiler. Ich gehe planmäßig hoch. Bin ohnehin sehr erfreut, dass ich mich gut fühle. Dass ich im Training mehr als 20 km gelaufen bin, liegt schon länger zurück.


Der Weg führt an "Haus hohe Pappeln" vorbei, dem Wohnhaus von Henry van de Velde, selbst entworfen und mit Möbel nach eigenen Entwürfen eingerichtet. Im Rahmen des Bauhausmarathons war hier 2019 eine Auszeit. Meine persönliche Auszeit musste ich damals auf der vorgelagerten Bank einlegen, mir ging es da nicht ganz so gut...


Oben wartet Schloss Belvedere, die ehemalige Sommerresidenz der Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach. Hier soll Musik aus der Goethezeit erklingen, worauf ich mich sehr freute. Leider ist gerade Spielpause und ich hätte wohl 30 Minuten warten müssen. 😕 Also nichts mit Musik. Chris hatte vor mir mehr Glück, Doris auch. Dann schaue ich mir eben kurz die schöne Aussicht an, bevor ich die Allee abwärts dem Ziel entgegenlaufe, nun mit Schwung dank Gefälle!






Und dann ist es auch schon erreicht, das Ziel. Eigentlich wäre ich gern noch etwas weiter getrabt, es war sooo schööön. Entspannte Teilnehmer, freundliche aufmunternde Posten und Helfer, gute Laune überall.

Hier bin ich Mensch, hier durft' ich laufen,
Oh Augenblick, verweile doch! 

Meine Zeit? Sowas von egal, aber wen es interessiert: 3:58. Man hätte 6:30 Stunden Zeit für die Langstrecke zur Verfügung gehabt. A propos: Meine Uhr zeigt mir 27,7 km an, Chris hat auch mehr als 26 km. Auch egal.
Es war eine tolle Veranstaltung, sehr schade, dass nicht mehr Teilnehmer dabei waren. Einziger Kritikpunkt: Die angekündigte Verpflegung (Obst) an der Strecke bestand nur aus Wasser. Meinen knurrenden Magen konnte ich dann erst im Ziel mit Banane besänftigen.
Ein stimmungsvolles Rückblickvideo der Veranstalter hier: Link



Zielverpflegung

Und sonst so?
Weimar ist einfach eine wunderbare Stadt. Es gibt so viel zu sehen! Wir haben hier 6 Tage Zeit und werden immer noch nicht alles schaffen können. Zudem hatten wir warum auch immer ein kostenloses Upgrade erhalten und dürfen in einem Appartement direkt über dem Theaterplatz logieren. Ein Träumchen, die Aussicht. Morgens strahlt die Sonne Goethe und Schiller vor dem Nationaltheater an. Wir können dem bunten Leben unten zuschauen. Auch das spezielle Treiben im Rahmen einer polizeibegleiteten Demo am Samstag konnten/mussten wir erleben. Aber das betraf nur Teile der Innenstadt, fiel kleiner aus, als befürchtet und wir konnten die Zeit sinnvoller zum Kaffeeklatsch mit Doris nutzen.




Als weiterer "Kultur-Mittäter" hat Jörg seine Eindrücke hier verlinkt: Laufen und mehr