Sonntag, 25. Oktober 2015

Wo laufen sie denn?

Heute wird gelaufen, u.a. in Frankfurt, in Venedig und im Bergischen Land beim Röntgenlauf.
Da kann ich einfach nicht zurückstehen. Und eigentlich freute ich mich ja auch auf den 10-km-Lauf am Hockenheimring am kommenden Sonntag. Doch der fällt nun doch der Borreliosetherapie zum Opfer. Zwar geht es mir gut und ich habe keine Beschwerden. Doch damit es so bleibt, befolge ich sicherheitshalber die generelle Empfehlung, keinen ambitionierten Sport zu betreiben. Mein Arzt war mit leichtem Joggen einverstanden.

Also ist mein heutiges Ziel, rein nach Herzfrequenz zu laufen, immer schön unter 130. Ja wozu hat man denn eine Pulsuhr...
Und damit das auch klappt, beschäftige ich mich unterwegs mit gucken. Nehme mir vor, nach jedem gelaufenen Kilometer ein Foto zu machen, gnadenlos, egal, obs schön wird.
Schaun mer mal, was dabei rauskommt.

Der Startpunkt. Heute geht es eine Runde im Uhrzeigersinn um die Kernbebauung meines Ortsteils, die Gewerbezonen schenke ich mir.











Die siebziger Jahre lassen grüßen. Rechts Reihenhäuser, links Einfamilienhausbebauung. Die Fertighaushersteller waren noch im Kasten-mit-Dach-drauf-Stadium. Und Garagentorbemalung war in.









Ein km weiter. Ein Grünstreifen als Puffer zwischen Bebauung (rechts) und Bundesstraße (links). Die Akustik ist daher anders, als das Bild vermuten lässt.










Zwar ist kein weiterer km gelaufen, doch dieses Stillleben wollte festgehalten sein. Distanz zwischen Abfalleimer und Köttelsäckchen: weniger als 10 m.
Warum nimmt man das Beutelchen mit,
packt den Haufen ein,
verknotet das Säckchen
nur um es dann so zu drapieren?
Wie besch... manche Hundehalter so sein können.




Wieder ein km voll. Noch 200m weiter, und ich hätte die schlimmsten Hochhäuser des Ortes mit drauf gehabt...










Nochmals weiche ich ab von meiner Fotografiervorgabe, weil es mal was Nettes zu zeigen gibt. Eine Fußgängereisenbahnuntertunnelung. Oben drüber gehts von Köln nach Aachen und weiter nach Brüssel und Paris. In östlicher Richtung also ein nettes professionelles Graffito von Köln.








Und gegenüber liegt Aachen.
Das Erstaunliche: Seit mehreren Monaten zieren die Bilder den Zugang - und wurden seither nicht von anderen Schmierereien beeinträchtigt. Das bestätigt eine These, die ich in einer Fachzeitschrift las: Sprayer mögen keine bemalten Wände.







Der Vollständigkeit halber der Rest des Tunnels. Da sind dann Geld oder Ideen oder beides ausgegangen. Besonders im Dunklen kein angenehmer Durchgang.










Gleich hinter dem Tunnel ist wieder ein km absolviert. Mehrfamilienhäuser mit Gewerbebebauung in Hörweite der Bahnlinie.











Ein weiteres Viertel, erkennbar ältere Bebauung. Aber abwechslungsreicher und daher weniger stereotyp als mancher neuere Straßenzug...










... wie beispielsweise dieser hier, ca. 15 Jahre alt.












Und natürlich geht die Buddelei weiter. So neu, dass noch nicht einmal die Straße ganz fertig ist.












Gleich daheim, daher das letzte Bild mit angebrochenem km.
Ein bildlicher Querschnitt durch einen Ort, der seine Qualität weitestgehend aus der Nähe zu Köln bezieht.

So langsam war ich lange nicht unterwegs. Doch Spaß hat es gemacht und gut getan sowieso.







11 Grad, 7,7 km, 53:43, (6:58 Min/km), HF 124

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Der Schornstein raucht wieder


Nach  dem München-Marathon war Erholung angesagt. Vor Ort noch ein kleines Sightseeing.
Und dann erlag ich dem unwiderstehlichen Charme einiger Erkältungsbazillen. Die hatten zwar schon 3 Tage vor dem Lauf an meine Tür geklopft, doch da gelang mir noch die Abwehr, so dass es mir wieder rasch besser ging.
Aber nach dem Lauf schafften sie den erfolgreichen Zugriff durch das bekannte "open window".

Mein eidgenössischer Ehemann hingegen erlebte das Wideraufflackern seiner mit dem Jungfrau-Marathon erlaufenen Rückenverspannungen, die nach München dann doch so kräftig wurden, dass ihm eine Woche "Hausarrest" nebst Physiotherapie zuteil wurde.
Nachdem wir also gemeinsam unsere jeweilige Malaise tapfer ertrugen und vereint bekämpften, geht es nun wieder aufwärts.

Meinerseits muss ich nur noch die Hinterlassenschaft wieder loswerden, die mir wohl eine Zecke unbemerkt irgendwann im Sommer verpasste. Doch auch da ist die Therapie eingeleitet und wenn das so still&leise geht, wie es sich bisher darstellte, will ich zufrieden sein.

Ansonsten nimmt das berufliche Jahresendzeitfieber schon kräftig Fahrt auf, schnell noch dieses Projekt und jene Arbeit erledigen. Hurtig, hurtig ist unter der Woche die Devise.

Und ganz ehrlich, so ein gemütliches Wochenende auf dem Sofa hat auch seine Vorzüge...

Unter der Last all dieser echten und gefühlt echten Gründe stand die Lauferei ein paar Tage zurück.
Doch nun werden wieder die Hufe geschwungen, der Fluxkompensator gezündet, der Schlot angefeuert und die Schuhe geschnürt.
Ich renne eine kleine Runde um den Acker, ohne Ziel und Plan, einfach so, wie es sich anfühlt. Und nach ein wenig Einlaufen geht es auch rasch voran. Nochmals einen letzten hellen Laufabend nutzen, bis es bald wieder heißt, die Stirnlampe zu montieren und im Dunkeln zu traben.
Zurück in die Zukunft - in die läuferische. Denn am 1. November wollen wir zwei Runden auf dem Hockenheimring drehen. Nicht auf 4 Rädern, sondern 2 Beinen versteht sich. So als kleiner Kontrast zu unserem fast-schon-Stammprogramm, dem Nürburgring-Lauf. Ich freu mich drauf.

12 Grad, 5,6 km, 33:34, (5:59 Min/km), HF 134

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Nachgedanken

Schon wieder zurück im Alltag, nach einem schönen Wochenende in München, das wir nach dem Marathon noch um 2 Tage Sightseeing verlängert haben. Wir besuchten das deutsche Museum (ich für meinen Teil mit ächzenden Beinen und erfreut über die vielen Besuchersitzbänke in den Ausstellungen) und das BMW-Museum (ich für meinen Teil immer noch erfreut über die auch dort pfiffig als Klappsitze in den Wänden platzierten Besuchersitzgelegenheiten). Auch am Viktualienmarkt kann man sitzen.


Nach einem Marathon fällt es mir schwer, wieder herunterzukommen. Ich will das auch gar nicht, möchte die 1000 Gedanken bewegen und ihnen nachhängen, die mir im Kopf herumschwirren. Ich gehe durch eine interessante Stadt wie München und der Kopf hängt immer noch gedanklich im Vortag fest.

Lauter einzelne kleine Erinnerungen blitzen auf, Eindrücke aus dem Lauf, Geräusche, Musik, Gerüche, Ansichten, Gedanken die mich während des Laufs beschäftigten. Alle zusammen ergeben sie für mich DAS Lauferlebnis, das ich erlebt habe.

Das mag ein sehr subjektives Erinnern sein, vielleicht hier und da verzerrt, weil ich mich beim Lauf gerade über etwas ärgerte, oder mich über etwas freute oder mich etwas leiden ließ. Jeder Läufer hat ja gerade deshalb sein eigenes Bild des Laufs.
Spannend, was jeder auf den 42,195 km erlebt, innerlich und äußerlich!





Vor meinem allerersten Marathon, 2012 in Paris, kam mir dieses Unterfangen gigantisch vor. Für mich persönlich anmutend wie eine Reise zum Mond. Und dennoch, irgendwann setzte sich der Floh fest und nahm Gestalt an, wurde konkret in Trainingsvorbereitung und Reiseplanung.
Und dann steht man eines Tages, ziemlich nervös im Startblock, sich fragend, was da nun auf einen zukommt.




Dabei ist es eigentlich eine ganz einfache Sache: Man braucht keine kostspielige Ausrüstung, keine teuren Gerätschaften, kein kompliziertes Erlernen von Techniken.
Einfach loslaufen ist die Devise.








Nun gut, ein paar rudimentäre Dinge sind erforderlich: Gutes Schuhwerk, adäquate Laufkleidung, eine Grundportion Trainingswissen. Doch gegenüber anderen Sportarten empfinde ich die Lauferei als sehr leicht handhabbar.







Was nicht heißen soll, dass man nicht auch daraus eine Wissenschaft machen kann - aber nicht muss.
Anfangs hatte ich bisweilen den Eindruck, so ein Marathon ist doch eine furchtbar komplizierte Sache. Woran man da alles denken muss! Was bedacht sein will!
Wann, wie und warum welche Trainingseinheit?
Was ist die rechte Strategie beim Lauf?

Man kann sich verwirren lassen, ist aber nicht verpflichtet dazu.

Wenn man sich selber ein wenig mit der Materie befasst, lässt sich Durch- und Überblick gewinnen. Und das reicht mir dann auch völlig aus. Ich bin schließlich keine 20 mehr und strebe nicht nach Rekorden.









Was ich jedoch immer wieder feststelle ist, dass sich ein Marathon nicht programmieren lässt. Auch wenn man vorher alles tut für ein möglichst reibungslos laufendes Motörchen - das kann am Tag "X" sein Eigenleben entfalten. Mein Magen, der kleine Bösewicht, der mir schon den einen oder anderen Lauf vergällte.
Oder die Beine, die auch schon Krämpfe durchleiden mussten.
Und manchmal kommts umgekehrt, eigentlich hat man gesundheitlich Einschränkungen, und dann läufts besser als je zuvor.
Verstehe das einer!

So war auch München für mich nicht ohne die kleinen Kobolde, die man -virtuell- doch immer dabei hat.
Auf der einen Schulter das gemeine Teufelchen, das immerzu mahnte "Wart ab, in Amsterdam wurde es nach der Hälfte so richtig böse...".
Auf der anderen Schulter das Engelchen, frohlockend "Aber in Wien, da lief es ab der Hälfte erst richtig gut..."
Da hat man ganz viel Stoff für viele Kilometer und horcht bei fast jedem Schritt in sich hinein...




Das Tempo... Für mich immer wieder das Thema, am Anfang ja nicht zu schnell zu sein. Trotz moderner Helferlein, die man heute am Handgelenk tragen kann, weiß ich nicht, ob ich das je beherrschen werde.
Anfangs läuft es doch so locker, ach Mensch, da braucht man doch nicht langsam machen, kann ich später immer noch... und schon handelt man sich einen Teil der Pein der späteren Kilometer damit selber ein.


Oder das Thema trinken. Ich bewundere Leute, die überall kräftig an den Verpflegungsstellen trinken können, von der Aufnahme fester Nahrung ganz zu schweigen. Ich bin froh, dass ich nun beim 6. Marathon mein Verpflegungssystem gefunden habe, Rucksack und flüssiger Inhalt. Und kaum ist der Lauf vorbei, kann ich trinken und trinken und trinken (Ach war das Radler im Brauhaus köstlich...!)





Manchmal spürt man gleich nach dem Start, dass man heute irgendwie nicht den Tiger im Tank hat, sondern kleine Brötchen backen muss.





Manchmal hingegen startet man ganz bescheiden und merkt dann, heissa, heute geht was, heute wirds ein richtig großes Ding.


















Wenn ich nur wüsste, woran das liegt... immer wieder endloser Grübelstoff nach solchen Läufen.

Und dann ist da noch Petrus, den ich gern mal fragen würde, nach welchem System er uns eigentlich Marathonwetter zuteilt.
Hätte es nicht am Sonntag so wunderbar oktobergolden sein können, wie am Montag, als wir im Museum weilten?!






Doch andererseits - es hätte auch schlimmer sein können.
Alles eine Frage der Perspektive.










Interessant am Marathon finde ich auch immer wieder die Menschen, die um einen herum sind. Die Mitläufer, mal locker-leicht, mal keuchend und ächzend. Mal hager und sportlich, mal eher beleibt. Jeder hat sein Ziel, das er erreichen will. Und obwohl alle zusammen laufen, muss es jeder doch für sich allein schaffen und seinen Kampf austragen.

Dazu die Zuschauer. Was mögen sie manchmal denken? Die einen, die anfeuern und/oder jemand bestimmtes unterstützen möchten. Oder die anderen, die stumm da stehen und schauen. Halten sie die Läufer für verrückt in ihrem Tun, oder ist das Zusehen für sie nur eine andere Art der Unterhaltung, etwa wie ... panem et circensis im alten Rom? Ohne Eintritt und live noch dazu.

Egal.
Ich laufe nicht für die Galerie, sondern erfreue mich daran, eine Herausforderung zu schaffen.
Einen Weg zu gehen, der Wochen vor dem Marathon begonnen hat, meist gut läuft, manchmal aber auch holperig wird und schlimmstenfalls Unterbrechung erleidet (Was Bazillen, so klein sie auch sind, doch anrichten können).
Und wenn man dann am Tag des großen Ereignisses glücklich das Ziel erreicht ...










... lassen mich die Glücksgefühle schweben, völlig losgelöst...

Auch wenn der Körper noch anderes signalisiert.
Die Beine sich anfühlen wie aus Blei und es zugleich in ihnen hämmert und arbeitet.
Wenn jeder Schritt in jeder Faser der Muskulatur spürbar ist.
Und wenn ich mich hundertmal vor allem in den späteren Abschnitten des Laufs fragte, warum, Herrschaftszeiten, man so etwas macht.

Dann keimen schon die ersten kleinen Überlegungen, was man als nächstes in Angriff nehmen könnte....

Laufen ist schön.

Sonntag, 11. Oktober 2015

München Marathon (2015)

München empfängt uns mit trübstem Herbstwetter. Kühl, neblig, windig. Freitag und Samstag die üblichen Erledigungen: Anreise, Hotel beziehen, Marathonmesse mit Startnummernausgabe. Unser Hotel liegt günstig, die U-Bahn ist nur 100m entfernt, doch am Olympiapark will schon ein kleiner Spaziergang bis zur Olympiahalle absolviert sein. Die Marathon Messe bietet vielfältige Waren und Stände anderer Laufveranstaltungen. Die Startnummern werden standesgemäss von Burschen in Krachledernen und Dirndl-Damen ausgehändigt. Manche männliche Teilnehmer sind ob der Dekolletés sichtlich erfreut...
Die Nummern werden ad hoc gedruckt. Manchmal klappt das noch nicht ganz mit der Papiereinlage, München steht Kopf, oder Elke, Ansichtssache.

Am Marathonmorgen ist Warmbibbern angesagt. Es ist noch kühler als am Vortag. Wir werfen einen Blick ins Stadion, das wir 42,195 km später wieder sehen werden.
Ein erhabener Anblick, wie ich finde. Ich erinnere mich noch an 1972, als ich vorm TV (schwarz/weiss) eifrig die Spiele verfolgte. Und heute werde ich dieses Stadion dann auch aus ähnlicher Perspektive wie damals die Athleten sehen dürfen. Wir sind erstaunt, wie gut das ganze Areal gepflegt ist. Da gibt es andere Bauwerke und Anlagen, die nach kürzerer Zeit marode sind. Die Kleiderbeutelabgabe ist unter den Tribünen. Es gibt reichlich WC-Anlagen und auch Umkleiden - letztere allerdings freiluft. Irgendwann wird es Zeit, die wärmende Kleidung abzulegen und sich im Sportoutfit zum Start neben dem Stadion zu begeben.

Dort teffen wir auf Heidrun, die ebenfalls mitläuft, und Doris. Rasch ein Bild gemacht. Ich für meinen Teil bin froh um die Plastikhülle und frage mich, ob die gewählte Kleidung passend ist. Shirt, Ärmlinge, dünne Überjacke und Handschuhe. Ich werde zwar nach 3-4 km kurz den Eindruck haben, es war zu warm, doch später kommt immer wieder unangenehmer Wind auf und es war genau gut so.
Mein eidgenössischer Ehemann macht sich alsbald auf in seinen Startblock (es gibt derer 3) und ich zittere mich unserem Start (Block C) entgegen.
Ich habe meinen Trinkrucksack mit Wasser und Maltodextrin-Salz-Wasser-Gemisch gefüllt und nehme ein paar kräftige Schlucke - o'zapft is!



Irgendwie wird die Startblockeinteilung hier eher als unverbindlicher Vorschlag angesehen, denn viele Langsame sortieren sich vorne ein. Plötzlich finde ich mich auch relativ weit hinten, die Zugläufer für 5 und 4,5 Stunden sind weit vor mir.
Die ersten 2-3 km sind sehr eng. Ich bin eingepfercht und komme kaum so voran, wie ich möchte. Sogar Staffelläufer sind nah an der Gehgrenze unterwegs. Erst danach kann man halbwegs frei laufen. Zudem habe ich Sockenalarm, eine Falte unter dem Vorfuss meldet sich. Also kurz raustreten, am Sockenschaft ziehen und zubbeln, das schafft Abhilfe.

Auf der Strecke Richtung Englischer Garten läuft mir ein, ähm, besonderes Motiv vor die Linse.
Beim Abendessen werden wir uns nicht einig, wie denn dieser Anblick zu werten sei...









Wir laufen einmal in Richtung Siegestor, doch kurz vor Erreichen schwenkt der Kurs um 180 Grad. Später werden wir an dieser Stelle aus Richtung Siegestor kommend auf dem Hinweg wieder zurück zum Stadion geführt. Vor mir ein Herr in bayuwarischer Anmutung. Überhaupt sind einige Damen und Herren in trachtenähnlichen Outfits unterwegs. Wobei dafür am Samstag die Gelegenheit war: Es fand ein 3-km-Trachtenlauf statt mit vielen ganz wunderbaren Bekleidungen. Ich sah gar eine Geisha auf dem Kurs trippeln.

Für uns geht es zunächst ab ins Grün, in den Englischen Garten. Den ich bisher noch nicht kannte und angesichts seiner Ausmaße das Wort "Garten" nur als Ironie einstufen kann. Tauscht man den Kölner "Stadtwald" gegen den hiesigen "Garten" käme es begrifflich wohl hin.
Nachdem ich den 5-Stunden-Zugläufer längst überholte, laufe ich nun auf die 4,5-Stunden-Pacemaker auf. Hinter diesen will ich bleiben und lasse mich gemütlich ziehen.
Bald muss ich abreissen lassen, denn ich habe ein ganz dringendes Bedüfnis und das Glück, dass genau in dem Moment eine Frau aus einem Dixi stürmt, als ich dort entlang laufe. Nichts wie rein.

Der "Garten" ist wirklich prächtig und wäre bei Sonnenschein wunderbar. Überrascht bin ich, als ich eine Schafherde erblicke!






Als ich das fotografiere, meint die Läuferin neben mir "2 Schafherden auf einmal" und weist nach vorn:
So kann man das auch sehen ;-)

Ich laufe meiner Herde hinterher und bin bald wieder im Gefolge der Pacemaker. Bisher läuft es gut.









Schnitt. Nach den Kilometern im Englischen Garten geht es durch ruhige und unspektakuläre Viertel. Die Bewohner überlassen ihre Strassen grosszügig den Läufern und halten sich weitgehend mit Unterstützungsbekundungen zurück.
Bei km 28,5 passieren wir das Deutsche Museum und nähern uns damit wieder der City.
Ein Highlight ist die Passage des blumengeschmückten Rathauses am Marienplatz. Hier gibt es durchaus Publikum, man führt die Herbst- und Winterkleidung aus. Wir Läufer heizen uns ja selber von innen auf...
Inzwischen habe ich ein paar kleinere Tiefs überwunden. Immer wieder ein Schluck aus meinem eigenen Vorrat hilft immer wieder gut.

10 km vor dem Ziel bei der Residenz sehe ich zum wiederholten Male den unverwüstlichen Michel, der unermüdlich das Feld anfeuert und dazu mit einem Klapprad durch die Stadt radelt. Gern posiert er für ein Foto und ich danke ihm für seine immerwährende Unterstützung. Letztes Wochenende erst war er in Köln.









Am Königsplatz erklingen Töne, aber ausnahmesweise nicht für die Marathonis, sondern es sind Proben für ein später stattfindendes Konzert.
Bald kommt von hinten die Halbmarathonspitze herangerauscht. Angekündigt von Polizeimotorrädern, die eine Strassenhälfte freimachen, sprinten die Besten in diesem Feld mit Riesenschritten vorbei, als wenn es nichts wäre.





Mein Motto der letzten km entdecke ich auf einer Hauswand. Ich muss mich über die letzten 10 km kämpfen, die Pace sinkt. Die Beine sind müde, mein Lauf fühlt sich an wie Wassergymnastik - jede Bewegung gegen Widerstand.
Doch inzwischen sind die Rest-km einstelling, das tröstet und hilft.

Die 4,5-Stunden-Zugläufer hatte ich längst vor vielen km überholt, als sie sich zu schnell wähnten und zurückfallen liessen. Sollte ich da stehen bleiben? Ich passiere sie, doch rd. 6 km vor dem Ziel überholen sie mich ihrerseits. Ich bleibe halbwegs dran.

Bei km 40 kommt endlich der Olympiapark wieder in Sicht. Höchste Zeit, also nochmals die Beine zur Arbeit gebracht.










Das Stadion schiebt sich ins Blickfeld, kein km mehr.
Schon hört man aus dem Rund Musik, Ansager, Stimmengewirr.








Wir durchlaufen das Marathontor ...











... und passieren eine Lichtinstallation, bevor wir in den Innenraum gelangen, der heute Morgen noch abgesehen von Helfern menschenleer war.








Endlich - das Ziel der heutigen Mühen!
Ich habe beim Lauf nicht auf die Gesamtzeit geschaut, will mich selbst überraschen, und das gelingt: Eine 4:28, neue pB! In meiner AK 22. von 64.
Doch die Kräfte sind nun auch verpulvert, im Innenraum muss ich erst wieder zu Atem kommen. Darf dabei der unvergleichlichen Hymne "An Tagen wie diesen" lauschen.



Die 5899 Finisher können endlich verweilen und sich verköstigen. Und dann wartet noch eine Herausforderung: Über eine Brücke und Treppe geht es hinaus. Mit 42-Marathon-Kilometern in den Beinen gelingt das etwas staksig.
Dann heisst es, den Kleiderbeutel holen. Schritt vor Schritt vor Schritt.
An "unserer" Ausgabe wartet ... mein Mann! Er lief mit einer 3:55 ein. Heidrun wird später mit 4:50 folgen.

Ich freue mich, die nasse Kleidung gegen trockene und warme einzutauschen, bevor es langsam zur U-Bahn geht.
München - unser Herbstmarathon. Und noch etwas erfreuliches: Mein Magen war völlig brav, hat nicht gemuckt, welch eine Erleichterung!

Beim abendlichen Schmausen im Hackerhaus (und reichlich baierischer isotonischer Flüssigkeitszufuhr) lassen wir zu viert den Tag Revue passieren, tauschen Eindrücke und Meinungen aus, die Doris aus ihrer Zuschauerperspektive ergänzen kann.
Fazit: Der Lauf hier hat gewissen Längen, wenn es durch die publikumsarmen Bezirke geht. Doch ich finde, der Einlauf im Stadion ist dafür wieder etwas sehr besonderes. Und die herzige Medaille wird sich in meiner Sammlung gut machen ;-).

Ca. 8 Grad, 42,195 km, 4:28:13, (6:16 Min/km), HF 147
Link zum Nacherleben bei Polar Flow