Der Syltlauf in der 2024'er Auflage war erneut vom Nord- zum Südende der Insel angesetzt, da das in den Jahren zuvor übliche Ziel in List (=Nordende der Insel) durch Baumaßnahmen nicht zur Verfügung steht.
Die Wahl der Laufrichtung ist im Prinzip gehopst wie gesprungen. Allerdings erhöhte sich so auch die übliche Strecke von 33,333 km auf 34,4 km, was aber anfangs nur sehr undeutlich komuniziert wurde. Zudem ist der Lauf sehr windanfällig und bisher hatten wir bei unseren Teilnahmen meist sehr hilfreichen Rückenwind, was dann ja logischerweise Gegenwind bei umgekehrter Richtung bedeuten würde. Aber man muss auch mal Glück haben, anfangs gab es diesmal leichten Seitenwind, später dann solchen von schräg vorn.
Ca. 1.200 Läuferinnen und Läufer stehen bei schattigen 4° am Start in den Dünen bei List. Vortrefflich funktionierte der Shuttleservice mit Bussen, im Startpreis von 50 EUR enthalten. Auch das Gepäck kann man in 2 Bussen deponieren und es später am Ziel in Hörnum abholen.
Heidrun ist Startläuferin einer Staffel, ich möchte die Gesamtdistanz angehen.
Für den Startschuss nutzen sie hier eine richtige Kanone. Mit gehörigem Wums geht es los auf den ersten langen Dünenabschnitt.
Anfangs läuft man noch relativ dicht zusammen. Zumindest um mich herum setzt keine Hektik ein. Syltkenner wissen, auf die Einteilung der Kräfte kommt es an, nicht auf deren Verpulverung.
So trabe ich auch mit um die 6:20 Min/km los. Anfangs mache ich mir etwas Sorgen um meine Kleidung. Es soll ja ein wenig wärmer werden, bis 7°/8°, doch dann soll auch der Wind ein wenig zulegen. Wir wird sich der Windchill-Effekt auswirken? Zunächst fürchte ich, zu warm angezogen zu sein, aber später erweist sich die Wahl als gut.
Der schonungslose Smalltalk um mich herum lässt dann auch bald nach und die meisten konzentrieren sich auf ihren Lauf.
Die ersten 5 - 6 km komme ich nicht richtig in den Rhythmus. Irgendwie läuft es unrund. Meine Laufweste sitzt zu fest und stört die Atmung, also daran rumgezerrt bis sie sich lockert. Fühlt sich gleich besser an.
Bei km 7,5 (meine Messung, laut Veranstalter 6,5 km) der erste Getränkeposten. Es gibt Iso, Bananen und ERWÄRMTES Wasser. Letzteres ein wahrer Genuss bei der Kälte!
Langsam habe ich das Gefühl, nun liefe es besser. Auch wenn mein Rücken mosert. Schon von daheim brachte ich eine arge Verspannung im linken Rücken mit, die sich nicht abschütteln ließ und nun beginnt, sich wieder zu verstärken.
Ha, ein "alter Bekannter", der Baumstammträger. Er ächzt ganz schön unter seiner Last. Als ich mich an ihm vorbeischiebe, spricht er sowas wie eine Livereportage in sein Smartphone. "Laufe gerade von List nach Hörnau (!) ... Hammer-Strecke ... Super-Stimmung ... Yeah!"
Wir streifen kurz Kampen, um km 12. Hier, wie auch an vielen anderen Teilen der Strecke, haben sich einige Zuschauer versammelt und feuern das Feld an.
Bei mir hilft das leider gerade gar nicht. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass mir schon jetzt die Körner ausgehen. Was für ein Ärger. Und das bei guten äußeren Laufbedingungen in schöner Landschaft.
Schon vor dem nächsten Trinkposten in Wenningstedt (Meine Messung km 15, Veranstalterangabe km 13,5) plagen mich Seitenstiche. Das auch noch. Und dann gibt es bei dem Posten noch nicht einmal Wasser! Notgedrungen nehme ich ein Iso, doch das ist nicht für meinen Gaumen gemacht, nach einem Schluck entsorge ich das Zeug. Meine Notration in der Laufweste ist hingegen sehr kalt, auch kein Genuss.
Eigentlich ist es immer ein schöner Moment, wenn man die Kurpromenade von Westerland etwas nach km 18 erreicht. Das Meer, Aufmunterung von den Zuschauern, und auch schon mehr als die halbe Strecke absolviert. Und warmes Wasser gibt es auch am VP.
Doch all das vermag mich nicht von langsam reifenden Entschluss abzubringen, nämlich auszusteigen. Es läuft sich mittlerweile so zäh und anstrengend, etwa wie bei Wassergymnastik. Das "System" stimmt heute bei mir überhaupt nicht. Und dann wären ja noch weitere 16 km zu laufen....
Will ich mir das antun?
Muss ich mir das antun?
Wenn ja, warum?
Auch wenn es schwer fällt, bei km 19 setze ich den Einkehrschwung in Richtung der Ferienwohnung an. Ist zwar sehr schade, so hatte ich mir das nicht vorgestellt, aber nun ist es eben leider so.
Nun ergibt sich natürlich ein kleines Problem: Mein Kleiderbeutel wartet ja auch 16 km entfernt auf seine Abholung. Also duschen, umziehen und ab per Auto nach List. Dabei habe ich die Gelegenheit, meine Mitstreiterinnen und -streiter von der Straße aus zu beobachten. Ja, da hätte ich nun auch dabeisein können. Hätte-hätte-Fahrradkette. Aber viele von ihnen haben auch zu kämpfen. Nicht wenige schieben Gehphasen ein. Und der Baumträger rackert sich auch noch immer ab. Ich freue mich für alle, die ihren Kampf erfolgreich durchstehen und bewundere die, die nicht aufgeben. Das war heute nicht meins.
Auf ein Besseres beim nächsten Mal.