Sonntag, 30. Januar 2022

Laufen mal so und mal so

 Für den langen Sonntagslauf habe ich mir eine Art "traditionelles" Terrain ausgesucht, nach 2 Einstiegskilometern immer schön an der Erft entlang. Hier habe ich manchen Marathon vorbereitet, weil ich selbst für die Einheiten über 30 km immer stumpf am Fluss entlang laufen kann. Passt außerdem, da der Wetterbericht strammen Westwind angesagt hat, der mich hier nur seitlich ärgern kann, da ich zuerst nach Süden, nach der Kehrtwende dann nach Norden laufe.

Der südliche Wendepunkt ist im "Syltlaufersatzgebiet", wo wir im März 2021 den virtuellen Syltlauf absolvierten. Leider erfüllte sich die Hoffnung auf eine echte Austragung auch in 2022 nicht, der Lauf musste nun zum dritten Mal abgesagt werden. Virtuell wird es auch nichts geben, da sie wohlweislich noch keine Startgelder eingezogen haben, also keine Veranlassung für irgendeine Aktion besteht. Schade drum, dann eben 2023!

Dennoch habe ich mir 24 km vorgenommen. Und möchte dabei gleich eine Weisheit eines jüngst auf Empfehlung von Oliver gelesenen Buches erproben. Adharanand Finn "Der Aufstieg der Ultraläufer". Sehr anschaulich schildert der Autor Wissenswertes, Erlebnisse und Empfindungen bei Ultralangdistanzen.  Die "Krönung" ist am Ende der UTMB.  Auch wenn Ultra nicht ganz meins ist, sehr lesenswert. Allerdings würde ich davon abraten, dieses Buch in die Hände von Nicht-Laufenden zu geben. Es könnte der Eindruck entstehen, wer so lange Strecken läuft, kann nur masochistische Veranlagungen haben...

In diesem Buch jedenfalls zitiert er eine Ultraläuferin: "Ich habe gelernt, dass Schmerzen kommen und gehen. Ich weiß, dass sie vergehen, kämpfe nicht dagegen an, lass den Schmerz in Ruhe, beachte ihn nicht - er will nur, dass du dich mit ihm beschäftigst. Schmerz sucht deine Aufmerksamkeit, wie ein Hund. Ignoriere ihn und  er wird sich benehmen."

Da ist mein langer Lauf doch bestens geeignet! Aber, soviel vorweg, so ganz klappt es nicht bei mir, die Beine werden hintenraus doch schwer... Finn berichtet an anderer Stelle von seiner Quäl-Erfahrung, und wie er plötzlich trotz aller Pein bei km 75 eine Art Mauer durchbrach und danach schmerzfrei war. Vielleicht sollte ich gleich bei diesem km 75 einsteigen? Da müsste mir nur jemand die Abkürzung sagen...

Ich komme an einem kleinen künstlichen Hügel vorbei, der sich wahrhaftig mit ca. 5 m und einem Minizacken im Höhenprofil des Laufs niederschlägt. Wenigstens ist von oben schöne Aussicht.



Weit hinten sehe ich die Herde Glan-Donnersberg-Rinder grasen. Aus der Nähe sehr imposante Tiere, die ich auch im März 2021 schon einmal hier erlebte. Von dieser seltenen alten Rasse gibt es noch 2.000 Tiere in Deutschland. Sie haben hier an der Erft ein riesiges Auslaufgebiet, mit "Weide" wäre das zu knapp beschrieben.


Auf dem Wander- und Radweg neben den Rindern habe ich eine "beeindruckende" sportliche Erscheinung. 3 Herren, ca. Mitte 50 rollen mir zackig entgegen. 
Auf ..... E-SCOOTERN! Nicht dass diese Dinger schon die Städte unsicher machen, aber nun hier auch noch in der Natur? Ich fasse es nicht.
Und damit nicht genug, die 3 Piloten tragen von Kopf bis Fuß  L A U F B E K L E I D U N G! Ist das jetzt schon Sport, sich auf dem Trittbrett zu positionieren und am Gasgriff zu drehen?
Leider habe ich den Fotoapparat nicht schnell genug zur Hand.

Da laufe ich lieber! Auch wenn mich auf dem Rückweg der Wind arg ärgert. Der hält sich einfach nicht an den Wetterbericht, und kommt nun aus Nord, also von vorn, statt wie angekündigt westlich, also seitlich.
Ein wenig Windschutz gibt der Wald. Aber die Beine werden, wie schon erwähnt, müde.
Bis auf km 23 und 24, da kann ich wieder lockerer laufen. Wohl weil es die 2 km mehr sind im Vergleich zum letzten Sonntag, Bonus-km quasi, das beflügelt!
Damit habe ich im Januar 193 km absolviert, mein bester Januar aller Zeiten. Verrückt.

Montag, 24. Januar 2022

Immer geradeaus

Ich hatte Lust, für den langen Lauf mal "römisch" an längerem Stück zu laufen.

Wunderbarerweise liegt ein ziemlich langes Teilstück der Via Belgica nicht weit weg von der Haustür. Ich plane, der roten Linie ab Thorr bis Elsdorf zu folgen, was dann 6 km ausmachen wird:


Aber zuerst sind es 4 km bis zum Einstieg. Wahrhaftig erspähe ich dabei ein Fundobjekt! Ein süßes Faultier. Aber erstens wäre das vielleicht ein schlechtes Omen für Läufer und zweitens -und wichtiger- sicherlich vermisst ein Kind seinen Begleiter, also lasse ich den Gesellen am Ort zurück.


In Thorr Start auf der historischen Strecke. Immer schön geradeaus.

Am Ortsausgang plötzlich ein jähes Ende. Aber nur für einen kurzen Schwenk auf die Landstraße, und schon geht's nach 30 Metern weiter geradeaus.


Das nächste Dorf, Grouven, liegt entlang der Straße gezogen. Da aber kein Durchgangsverkehr herrscht, ist es sehr ruhig.





Am Ortsausgang, wenig überraschend, geht es wieder geradeaus weiter. Dieses Stück zeigt am beeindruckendsten die Linienführung. Weit hinten am Horizont zeichnet sich der Umriss der Sophienhöhe ab, und genau deswegen wird die Via Belgica dort auch für mehrere km unterbrochen. Durch eben den Abraumhügel des Tagebaus. Aber bis dahin ist es noch ein Stück.



In Elsdorf, kurze Verschwenkung der Route, dann geht es weiter geradeaus. Vor dem Tagebau war dies eine belebte Bundesstraße. Seit sie 1 km hinter dem Ort endet und der Verkehr über eine Umgehungsstraße fließt, ist ein wenig der Hund begraben (womit ich nichts gegen Hunde sagen möchte!!!)






Hinter Elsdorf wäre es früher kilometerweit weiter geradeaus gegangen. Als der Tagebau eröffnet wurde und klar war, dass die Straße verschwinden wird, wurden einige Notgrabungen durchgeführt und man fand einiges an römischen Hinterlassenschaften. So weiß man, dass die Gegend wohl gut besiedelt und keine Ödnis war. Ich verzichte heute darauf, den letzten laufbaren km noch zu absolvieren, muss ja den Rückweg einkalkulieren.

Daaaa hinten ist das Ende

Ich kehre um und nehme noch den römischen Meilenstein, genauer -säule, in Augenschein. Es ist eine Nachbildung, aber immerhin.



Ein wenig abseits fällt mir ein weiterer Stein auf. Da haben Bahn und Bahnhof nicht lange überdauert.




Und wenn ich schon hier herumkurve, werfe ich noch einen Blick auf den jüdischen Friedhof, der fast von Parkplatz und Zuckerfabrik umschlossen liegt. Ich kannte ihn noch nicht, er erscheint mir erstaunlich groß und ist verschlossen. Mir fällt auf, dass kein Hinweis zu sehen ist, dass es sich um einen jüdischen Friedhof handelt. Am Tor kein Davidstern. Und eine -neue- Hinweistafel erläutert, dass hier 24 Kriegsgefangene bestattet seien. Mehr nicht.




Für den Rückweg wähle ich eine andere Route und kann noch ein Wegekreuz im nächsten Dorf fotografisch "mitnehmen".

Ein langer Lauf bei trübem Wetter. Dafür aber ohne Überhitzungsgefahr.😉 Zuhause laufe ich noch die 22 km voll, heute mit wahnsinnigen 15 Höhenmetern😆, dafür mit ca. 6 römischen Kilometern, bzw. knapp 3 römischen Leugen

Donnerstag, 20. Januar 2022

Matterhornversuche

Es ließ mir nun doch keine Ruhe, das Ziel, ein Höhenmeterprofil à la Matterhorn hinzubekommen. Schöne Unternehmungen für Abendläufe wochentags.

Der erste Versuch auf die Fischbachhöhe wird belohnt mit ein wenig Aussicht auf Wolkenformationen aus Kraftwerksschloten. Das Ergebnis ist noch nicht ganz Matterhornlike, es fehlt die typische Spitze. Dabei bin ich oben keinen Meter mehr gelaufen, sondern gleich wieder umgekehrt, um das Profil nicht zu verwässern.

Heute zweiter Anlauf, im Nachbarort wo ich neulich Eiger, Mönch und Jungfrau "erlief", nehme ich mir die Flanke der Jungfrau, aber in entgegengesetzter Laufrichtung, vor. Das ergibt das ersehnte Bild! Kleiner Haken: Das erste "Horn" war 100 Höhenmeter, das zweite eher ein "Hörnchen" mit 45 Höhenmetern. So können Grafiken täuschen. Und mehr ist in meiner näheren Umgebung nicht drin.

Dafür bin ich in den letzten Wochen sehr zufrieden mit der Lauferei. Irgendwie läuft es sich leichter. Ich vermute, es hängt mit dem Eisenspeicher zusammen. Damit hatte ich ja so meine liebe Mühe und beim Marathon in Wien den absoluten Tiefpunkt, denn kurz zuvor wurde ein quasi entleerter Eisenspeicher konstatiert. Den habe ich seither natürlich brav gefüllt und kontrolliert, immer schön am Mittelwert. Wegen unseres weitgehend reduzierten Fleischkonsums habe ich im letzten Jahr wiederum Eisen zusätzlich zu mir genommen. Wie ein Check im November zeigte, ist nun der Pegel knapp über dem oberen Höchstwert. Höher sollte er also nicht mehr, aber anscheinend ist das der Eisenlevel, den ich brauche.

A propos Eisen:

Bei Internetrecherchen stieß ich auf einen neuen Marathon, der Ende Mai hier im niederländischen Grenzgebiet erstmals stattfinden soll. Motto ist die Via Belgica, jene römische Straße, die ich immer wieder einmal läuferisch erkunde. Man schaue sich dieses Video an, das macht richtig Lust:


Catrina kommentierte das mit "Elke, da steht dein Name drauf!" Wie kommt sie nur auf diesen Eindruck...???

Sonntag, 16. Januar 2022

Pustekuchen und Schöpfbunker

Freitagmorgen strahlt die Sonne durchs Fenster. Noch schnell bis Mittag Homeoffice erledigt und dann freue ich mich auf einen Lauf auf die im Dezember erstmals erkundete Fischbachhöhe, um die Aussicht von dort oben zu erleben.


Gesagt - getan. Doch schon nach 2 km ist die Sonne weg, Hochnebel schiebt sich heran und ich kann hinter mir die letzten Reste eines "Sonnenlochs" verschwinden sehen...:


Aber davon will ich mich nicht abbringen lassen. Wer weiß, vielleicht ist das hier wie in den Alpen, wo man nur hoch genug hinaus muss, um über dem Nebel zu stehen...? Aber was in den Alpen funktioniert, ist hier im Rheinland kein Naturgesetz.
Ich schnaufe mich die Direttissima mit knapp 100 Höhenmetern am Stück hinauf, und stehe in noch mehr Nebel als im Dezember... Pustekuchen!! 
Wenn ich hier gleich wieder umkehre, hätte ich eine nette 10-km-Runde und zudem sicherlich ein Matterhorn als Höhenprofil. Aber das wäre trivial, mich interessiert doch, wo hier der Römer-Radweg so weiterführt. Also folge ich dem Pfeil westwärts und trabe ein Stück auf dem wieder beeindruckend stillen Hochplateau. Bald folgt ein wenig Wald und einige umgesiedelte Höfe, vornehmlich anscheinend zur Pferdehaltung spezialisiert.



Wie vermutet, stoße ich auf eine mir dann wieder bekannte Landstraße. Schon gewohnheitsmäßig zücke ich den Apparat beim Anblick eines Wegekreuzes. Interessanterweise hat es einen profanen Anlass: Man gedenkt hier der Einweihung eines Weges im Jahr 1861, leider sind die verbundenen Orte unleserlich. Zudem wurde das Kreuz hierher versetzt, da der ursprüngliche Standort abgebaggert wurde.


Auch wenn mein Streckenprofil nicht ganz das Matterhorn ergibt, wirkt es nicht trotzdem eindrücklich? Die beiden kleinen Hügelchen am Anfang und Ende sind eine Autobahnbrücke. 13,5 nette km. Und "Matterhorn" mache ich die Tage noch bei einer kürzeren Runde, das will ich doch mal sehen :-)

Müll am Straßenrand

Die wenigen "römischen Meter" des Freitags lassen eine andere Idee wieder aufkeimen: Weitere Erforschung der römischen Via Belgica östlich der im Dezember erkundeten Heidenburg, also in Richtung Köln. Wegen der Schwierigkeit der Überquerung der RWE-Eisenbahnlinie, die quer durch den Wald läuft (bedeutet mehrere km Umweg zur nächsten Brücke) entscheide ich mich dazu, nicht ab der Heidenburg der Beschilderung zu folgen, sondern nach Königsdorf zu laufen, um mich dann von Ost nach West der Heidenburg zu nähern, also aus Kölner Richtung kommend.
Dabei unterschätze ich die Distanz der Route bis zum Einstieg.  Glatte 9 km muss ich mich zunächst auf dem Radweg der gut befahrenen Landstraße entlang arbeiten.  

Klimawandel - Palmen in rheinischen Gärten
Ein Wegekreuz an einer ehemaligen Klostermauer. Dahinter heute gehobene Wohnbebauung.

Endlich stehe ich am ersten relevanten Punkt, dem Tor zum Park einer großbürgerlichen Villa das 19. Jahrhunderts. Hat auf den ersten Blick nichts mit den Römern zu tun. Außer man weiß, dass es genau auf der alten römischen Straße steht. Im dahinterliegenden Park soll man den Straßenverlauf teils noch gut erkennen können.


Endlich bin ich auf der ausgeschilderten Via-Route, die mich später zur Heidenburg führen würde. Doch auch hier nochmals eine Ladung Pustekuchen, denn außer einzelnen bemalten Bäumen gibt es keine so guten Erklärungs-Tafeln, wie ich sie schon öfter vorfand. Laut Wanderführer zur Via Belgica, soll hier ein markanter von den Römern hergestellter Taleinschnitt zu sehen sein, der notwendig war, damit sie den Höhenzug queren konnten.  


Römischer Taleinschnitt...?
Immerhin lerne ich wenige Meter weiter, was ein Schöpfbunker ist.


Schöpfbunker
Dafür läuft es sich auf dem weichen Weg durch den Buchenwald sehr gut. 


Dennoch ist es ein wenig schade, dass ich entweder den Wanderführer (plus Lesebrille) hätte einstecken oder ihn auswendig lernen müssen, um den Bezug zum römischen Straßenwesen herstellen zu können.

Was wollen mir diese Bäume sagen...?

Da ich aber ohnehin die Route hier nicht weiter erkunden kann (ich muss ja noch den Rückweg einkalkulieren), beobachte ich laufend ein wenig das ansonsten muntere Treiben im Wald mit Reitern, Kutsche, Radlern, Fußgängern - viel los hier!

Auf dem Rückweg entdecke ich immerhin noch eine Karte am Wegesrand, die den Verlauf der römischen Straße darstellt. Der Knick in der roten Linie war, so wird vermutet, notwendig, um ein sumpfiges Quellgebiet zu umgehen.


Nach 21,1 km stehe ich wieder vor der Haustür. 
Lustig, weil heute ansonsten die Pulheimer Winterstaffel stattgefunden hätte und ich die Absage bedauerte. Da habe ich dann noch noch einen Halbmarathon hingelegt. Immerhin waren entgegen der sehr eintönigen Winterstaffel-Strecke wenigstens ein paar interessante Passagen dabei. 2:15 ist ok, war ja nur Training. 130 Höhenmeter darf ich mir auch zugute halten.
Beim Kaffee daheim (Marmorkuchen statt noch mehr Pustekuchen) plane ich schon einen neuen "Angriff" auf die immer noch unvollendete römische Streckenstudie: Shuttle zum Einstieg in Königsdorf und von dort durchgängige Routenerkundung, wäre doch gelacht!
Ich werde berichten!