Die Höhenmetersammelei verlangte nach Fortsetzung, solange wir noch in entsprechender Umgebung weilten. Der Himmel zeigt sich etwas wolkenverhangen, für den Nachmittag sind Gewitter angesagt, 20°. Also flugs ein Plan anhand der lokalen Wanderkarte für den letzten Urlaubstag gemacht, der wiederum die Schlucht der Rotache beinhalten sollte. Zunächst ging es 250 Höhenmeter auf Wanderwegen abwärts nach Steffisburg. Von dort gleich wieder aufwärts zum Hartlisberg.
Schon nach diesem kurzen Stück zeigt sich, dass Wanderkarte und Wegmarkierungen leider nicht gut übereinstimmen.
Die "Meckerer" lauern im Hintergrund |
Doch dies vermag mich noch nicht aus dem Konzept zu bringen. Ich finde sogar die "Heimbergfluh", einen kleinen Aussichtspunkt an steil abfallender Hügelkante.
Im Dunst in der Bildmitte: Bern |
Weiter geht es über einen wurzeligen Trail, der gute Konzentration verlangt. Die gewonnenen Höhenmeter bis zur Fluh geht es dann wieder steil abwärts über grobe Stufen und ausgewaschene Pfade.
Zu den Wolken am Himmel gesellen sich andere Wolken, "duftiger" Art, die die Nase umwehen. Ich laufe zwischen 2 Weiden entlang, auf denen jeweils ein Landwirt Düngemittel aus dem Stall ausbringt. Mein Weg besteht aus hoch gewachsenem Gras mitten durch die spezielle Aura. Noch während ich mich frage, ob das bernische "Bschütti" nicht viel unverfänglicher klingt als unser eher fades Wort "Jauche", tritt mein Fuß plötzlich zwischen den Grasbüscheln etwas tiefer und ein schmatzendes Geräusch erreicht mein Ohr. Sogleich spüre ich Flüssiges an die Waden spritzen. Ja, die Weiden liegen am Hang, und das hier verteilte Gut sucht sich eben seine Wege... braune Brühe rinnt Richtung Knöchel... 😡
Ein Bauernhof liegt gleich an meiner Strecke, normalerweise haben die einen Brunnen. Das wäre fein zur Reinigung meiner Beine. Doch dieser Hof scheint nicht über eine solche Einrichtung zu verfügen. Also laufe ich weiter und hoffe auf einen Bach. Der auch nicht am Wegesrand liegen will.
Endlich erreiche ich bei Brenzikofen den Weg entlang der Rotache.
Fehlt nur noch eine Stelle, an der das Flüsslein auch zugänglich ist. Bald habe ich eine solche gefunden und kann mein Missgeschick bereinigen.
Ich habe schon länger keine Wandermarkierung am Weg gesehen. Und langsam kommt mir das seltsam vor. Schlimmer, der Weg wird unwirtlicher, schwieriger. Irgendwann stehe ich im Nirgendwo, Ende im Gelände. Es ginge nur klettern abwärts in die Schlucht oder mittels Machete irgendwie durchs Unterholz, wenn man ein solches Werkzeug mit sich führt. Erste Tropfen fallen.
Ich irre etwas ratlos umher, mag auch nicht die ganze Strecke zurück. Es bleibt nur eine Alternative: Eine steile Wiese, an deren oberen Ende ich einen Hof erspähe und auch vereinzelt Autos fahren sehe. Auf so einer ziemlich naturbelassenen Wiese ca. 60 Höhenmeter hochzusteigen ist spaßig. Die Fußfreiheit, die ich sonst in meinen Schuhen schätze, erweist sich nun als kontraproduktiv. Die Füße rutschen hin und her in den Schuhen, es wird ein elendes Gestolpere. Wenn mich hier einer beobachtet, der muss meinen..... Manchmal hilft mir nur beherztes Greifen nach Grashalmbüscheln, um nicht abwärts zu kullern. Irgendwann habe ich es geschafft. Und bemerke, dass ich ziemlich weit abgekommen bin von meinem Weg.
Die Wanderbeschilderungen sind auch im ungewollt erreichten Ort Bleiken suboptimal, aber wenigstens kenne ich die Topografie und kann meinen Start- und Zielpunkt weit weg erspähen. Und der Regen hat aufgehört. Wohl erkenne ich hier auf der Höhe auch die sich nähernden grauen Wolken.
Etwas missmutig trabe ich nach Gutdünken weiter. Und plötzlich komme ich doch zu dem Punkt, den ich eigentlich auf dem Plan hatte, einer anderen Passage durch die Rotacheschlucht.
Wieder geht es abwärts. Hier wären Stöcke nicht verkehrt. Die Geländer und das an einer Stelle gespannte Stahlseil sind sehr hilfreich.
Am Ende gelange ich wieder auf altbekannte Asphaltwege nahe unseres Dorfes. Nach 3 Stunden, 16,6 km und 750 Höhenmetern bin ich endlich daheim. Nun gut, ich wollte ja eine längere Tour machen...
Etwas später zeigen die grauen Wolken, was sie mitgebracht haben, Hagel prasselt aufs Dach.
Wohl dem, der dann nicht mehr in Wald und Flur unterwegs sein muss!