Ein wenig Masochismus gehört schon dazu, am frühen Morgen gegen 5 Uhr aus den Federn zu kriechen um zu einem Lauf zu fahren, an dem man
nicht teilnehmen darf.
Aber andererseits: Es gilt, andere zu unterstützen! Also auf zum Hockenheimring, wo wir nach zackiger Fahrt in Bestzeit von 2 Stunden ankommen.
Hier möchte Doris endlich auch einmal auf Formel-1-erprobtem Asphalt antreten (5 km) und mein eidgenössischer Ehemann rettet unsere Familienehre auf der 10-er Distanz.
Die Ehrwürdigkeit des Ortes springt beim Eingang zu den Boxen (Sportshopping, Umkleiden, Verpflegung) ins Auge: Hier stand Sebastian Vettel noch in der letzten Saison im Red Bull - mögen die Schuhsohlen heute ein wenig seiner PS auftanken...
A propos tanken: Als ich mir ein Käsebrötchen hole, zieht ein verführerischer Duft in meine Nase, dem ich nicht widerstehen kann.
Wenn ich schon zum Zuschauen verdonnert bin, gönne ich mir zum Brötchen hier und jetzt GLÜHWEIN! Trinke ich mir eben meinen Nicht-Start ein wenig schön...
Der hilft im übrigen, die sehr niedrigen Temperaturen (wenig über 0 Grad um 8 Uhr) zu ertragen. Dermaßen angeglüht (ich jedenfalls) ziehen wir zum Start des 5-km-Laufs, der sich wenige 100 m vor dem Ziel, im Motodrom befindet.
Auf dem Weg dorthin, lauter braun-schwarze Hinterlassenschaften.
Doch es ist nicht das, was das Hirn aus dem optischen Signal der Augen macht, es ist nur Reifenabrieb.
Schon bald stürmt das 5'er-Feld dem Pace-Car hinterher, das den Führenden geleitet.
Besonders lustig ist der Anblick dieses Autos später, als es auch die 350-m-Bambini-Läufe jeweils vorne anführt.
Doch zurück zum aktuellen Feld.
Leider kann ich Doris nirgendwo ausmachen, obwohl dieser Lauf mit 500 Teilnehmern im Gegensatz zum 10'er-Lauf mit seinen rd. 1200 Läufern eher klein ausfällt.
Zudem ist es auch immer noch etwas diesig-neblig, die Sonne wird uns erst auf der Heimfahrt erfreuen.
Doch als die Läufer wieder ins Motodrom einbiegen, können wir Doris erkennen. Konzentriert zieht sie ihre Spur.
Ich sprinte hinüber zum Zielbereich, um sie dort nochmals zu erwischen.
Was auch gelingt.
Sie hat ohnehin Knieprobleme und unterwegs befiel sie nun zusätzlich der Magen mit seinem Unwillen. Doch sie verkauft sich teuer und lässt mit einem Platz im Mittelfeld noch viele andere hinter sich.
Glückwunsch! Die Freude über diesen Lauf auf außergewöhnlichem Terrain strahlt später aus ihren Augen!
Ein wenig Zeit bleibt uns, bis der Hauptlauf startet.
Während ich mir einen guten Fotoplatz suche, drückt die inzwischen wieder erholte Doris auf den Auslöser und tituliert dieses Foto "Die Inaktiven"...
ts, ts, ts.
Das dürfen Heidrun und ich auch, nach so einem kleinen Lauf in München neulich...
Also nun der 10-km-Lauf.
In Hockenheim darf man sich aussuchen, wo man startet, es gibt einen Dualstart ausgehend von zwei verschiedenen Anfangspositionen. Während der vordere Block zunächst durchs Motodrom muss, darf der hintere Bereich gleich geradeaus zur Zielkurve. Dort vereinigen sich die beiden Felder für die 2 zu laufenden Runden und es ist für alle damit die identische Distanz gewährleistet. Da mein Mann diese Strecke früher selber bei Autorennen in der Formel 3 umrundete, weiß er, dass das Motodrom ein leichtes Profil aufweist, das man sich vom hinteren Block aus startend damit einmal ersparen kann.
Dank meiner guten Position kann ich ihn auch bald ausmachen. Hier lacht er noch.
Seine Kleidung ist beachtlich: In Handschuhen, Longtights und 2 Lagen am Oberkörper habe ich ihn glaube ich noch nie laufen sehen.
Ist eben sehr kalt heute.
Ein weitere Teilnehmer: Auf 4 Pfoten und mit eigener Startnummer! Er würde ja gern schneller als sein Herrchen, aber er hängt halt an der Leine...
Bald taucht die Spitze zum ersten Mal vor der Mercedes-Tribüne auf.
Mein Mann ist gut unterwegs und kann uns zuwinken.
Wir drei Damen spazieren gemütlich neben den Läufern entlang Richtung Ziel.
Inzwischen kommt das langsamere Ende des Feldes.
Doch auch das, was hier in Hockenheim ebenfalls zum Lauf gehört:
Hinten biegt das Pace-Car um die Ecke und macht so den Platz für den Führenden frei, der schon die zweite Runde rennt. Allerdings sehr harmonisch und unfallfrei.
So gelingt auch ein Foto von der bekanntesten Teilnehmerin heute, zu erkennen an ihrem typischen Laufstil und Outfit: Mocki!
Wo hat man sonst die Gelegenheit, direkt neben einer Top-Läuferin unterwegs zu sein?!
Sie im Zielspurt, die anderen um sie herum gerade zur Hälfte ihrer Distanz.
Natürlich ergibt sich so ein durchaus deutlicher Kontrast zwischen Volks- und Spitzensport.
Wir drei Damen analysieren ein wenig: Ist es etwa Voraussetzung in knappem Höschen und bauchfrei bei a...kalten Temperaturen zu laufen, um schnell zu sein? Dann wäre das mal den Versuch wert...
Und da erst neulich durch die Gazetten geisterte, man könne mit einem Glas Rotwein glatt ein paar Trainings-km ersetzen, könnte auch die nächste Marathonvorbereitung eventuell etwas unkonventionelle Züge gewinnen...
Nicht so ganz nah bei Mocki, aber immer noch flott unterwegs biegt auch nach einer Weile mein erwarteter Ehegatte um die Zielkurve.
Inzwischen nicht mehr ganz so lächelnd, mehr damit beschäftigt, noch ein paar Sekunden herauszulaufen.
Er darf sich über einen Platz im vorderen Drittel freuen mit einer 46'er Zeit.
Bevor wir den Heimweg antreten, gönnen wir uns Kaffee und Kuchen vom üppigen und liebevoll hausgebackenen Kuchenbuffet in den Boxen. Ich betone für mich auch "Kaffee"! Doch was zieht da in meine Nase? ...Glühweinduft... begießt doch Doris klammheimlich neben mir ihren gelungenen Lauf mit bestem roten Winzertröpfchen ;-)
So gehen wir dann nach einem schönen Sonntagserlebnis durch den Tunnel unter dem Zielbereich wieder zurück zum Auto. Auf dem Boden liegt noch Goldflitter aus den Konfettikanonen, mit denen beim letzten DTM-Lauf der Saison kürzlich hier der Titelträger gefeiert wurde.
In einen solch dunklen Tunnel möchte man auch am liebsten den Kommentator schicken, der am Nachmittag die Live-Übertragung des New-York-Marathons akkustisch zu untermalen versucht. Sein Highlight: Es gäbe auch Experten die empfehlen, bei einem solchen Lauf abwechselnd zu gehen und zu laufen. Da würde man kaum Zeit verlieren.
Während er diesen Satz loslässt, werden parallel die Spitzengruppen bei den Herren und Damen gezeigt.
Ich versuche mir das dann mal optisch vorzustellen...