Der morgendliche Blick aus dem Fenster zeigte nichts Gutes: Regen. Das Thermometer meldet dazu 5°. Meine Lauflust sinkt in den Minusgradebereich.
Doch ich muss noch etwas in der Nachbarschaft abliefern, also rein in die Klamotten.
Auf den ersten Metern schwant mir, das wird ein superkurzes Läufchen. Flugs erreiche ich den angepeilten Briefkasten. Naja, wenn ich schon hier und auch gut angefeuchtet von oben bin, kann ich ja wenigstens eine kleine Runde durchs Dorf drehen.
Also laufe ich weiter.
Und merke plötzlich, dass es läuft. Ich erweitere meine Route um Schlenker hierhin und dorthin. Und statt im Dorf zu bleiben, befinde ich mich plötzlich auf dem Waldweg in den Nachbarort.
Und erinnere mich an eine Motivationstrategie für Marathons. Man solle einfach jeden km einem Menschen aus Familie, Freundes- oder sonstigen Kreisen widmen.
Das wandle ich spontan und in Erinnerung der Sünden des Vorabends ab und widme jeden km dem köstlichen 6-Gänge-Menü, das uns Lauffreundin Doris noch im Nachgang zum Jungfraumarathon kredenzte.
Beginnen wir mit dem Gruß aus der Küche (der zählt noch nicht zu den 6 Gängen):
Kürbisgnocchi mit Pfifferling-Amarettini-Sauce
Mh, der Gaumen freut sich auf das, was da noch kommen mag!
Nächster km und erster Gang:
Surf and Turf vom Kalb mit Thunfischcarpaccio.
Zergeht auf der Zunge!
Es folgen:
Nächster km und damit die Süßkartoffel-Chilisuppe mit Krebsschwänzen.
Gern nehme ich ein Löffelchen Nachschlag, lecker!
Ein km und einen Gang weiter:
Seeteufel unter Flusskrebskruste mit gebratenem Fenchel.
Auch wenn die Köchin ein wenig hadert, wir fanden es äußerst delikat.
Noch ein km und ein Zwischengang:
Sorbet mit trinkbarer Essigbegleitung, wunderbar!
Weiter gehts mit:
Hirschsteaks mit Granatapfel-Chili-Sauce und Gorgonzola-Kartoffeln.
Ja, heute lassen wir es uns gutgehen, aber sowas von!
Es naht der nächste km und damit das Dessert:
Kürbismousse an Orangenragout,
Warmes Schokoladensufflée mit flüssigem Kern und
Tonkabohneneis.
Uh, sooooo lecker!
Die weiteren km widme ich noch der Weinbegleitung, dem Weißen aus Heilbronn, dem kräftigen Roten aus Österreich, dem Dessertwein.
Und natürlich gibt es einen Ehrenkilometer für die Köchin!!!
Es hätte noch eine Käseauswahl gegeben, wenn wir denn noch aufnahmefähig gewesen wären, aber das war leider nicht mehr der Fall.
Ist schon schön, wenn man Lauffreunde hat, aber wenn die auch noch Kochen zum Hobby haben und so ein Mahl auf die Beine stellen, ist das schon klasse und wir freuen uns sehr, dass Doris uns wieder einmal mit solch einem Essen der Extraklasse verwöhnte, tausend Dank dafür!
A propos verwöhnen: Natürlich ist auch Gesprächsthema, womit wir denn unsere Füße in 2018 verwöhnen werden. Salzburg-Marathon und Ahrathon sind klar. Für den Herbst warten wir auf das Ergebnis der Berliner Verlosung.
Und ich hoffe, dass Lauffreundin Heidrun nicht nochmals beim Jungfraumarathon starten will. Nichts gegen die wunderbare einzigartige Landschaft dort, aber dreimal hintereinander den Stress der überfüllten Bahnen hinauf und hinab, das reicht momentan. So bin ich auch sehr beruhigt, als sie dies vehement als nicht geplant bezeichnet.
Doch flugs tut sich der nächste Abgrund mit ihrem neuen Plan auf: Statt Höhenmeter will sie Laufkilometer angehen, und zwar deren 100 in der Nacht der Nächte. Als ich die leuchtenden Augen meines Mannes sehe, der schon im Plural von der Laufteilnahme spricht, ist mir klar, im Juni 2018 werde ich wieder eine Nachtschicht im Auto verleben, in Biel.
Das hindert mich aber nicht daran, den heutigen Lauf doch als angenehm und locker zu empfinden 😊
5°, 13,8 km, 1:28:25, 6:23 Min/km, HF 137