Sonntag, 28. März 2021

Auf Schwanensafari

Nach dem Syltlauf-Ersatz gönnte ich mir eine Laufpause und komme nur auf 20 Wochen-km. 

Ein wenig "Quality-Time" muss auch mal sein.

Mittwoch ging ein Läufchen zum künstlich angelegten Teich-Biotop. Eine Ersatzfläche für im Zuge des Tagebaus verschwundene Teiche. Noch gehört viel Phantasie dazu, sich das hier als "funktionierende" Natur vorzustellen. Wenigstens finden immer wieder flugtaugliche Gefiederte hierher.


Auch diesmal höre ich schon von Weitem Geschnatter und Gequake.
Zwei Aussichtspunkte sind angelegt, die ein wenig Tarnung zur Vogelbeobachtung bieten. Heute präsentieren sich vor allem Blässhühner. Und auf den zweiten Blick eine Schwanengruppe.


Letztere würde ich ja gern fotografieren. Aber das ist schwieriger als gedacht. Die Uferbepflanzung erweist sich inzwischen stellenweise als recht fotografierfeindlich. Und meine Kamera findet das Schilf viel spannender, weigert sich, auf die Schwäne zu fokussieren.


Also wechsle ich zum zweiten Aussichtspunkt. Dies nutzen die Schwäne, ihrerseits die Position auf dem Teich zu ändern, weiter weg von mir. Zudem mit ziemlich guter Tarnung.


Hier habe ich sie markiert:


Doch sie fühlen sich wohl weiter behelligt. Jedenfalls nehmen sie Anlauf zum Start in die Lüfte. So komme ich wenigstens dazu, erstmals bewusst fliegende Schwäne zu sehen. Es ist das volle Gegenteil des Anblicks schwimmender Schwäne. Scherfällig wie altersschwache Transportflieger versuchen sie, Höhe zu gewinnen. Der Versuch des Abhebens gelingt zwar, aber sie geben nur das Nötigste und landen gleich wieder auf dem nächsten Acker. Wahrscheinlich sitzen sie da und strecken mir die Zunge raus, weil sie keine Lust auf Foto-Shooting haben.




Der Anblick dieser Flug-"Künste" passt zu meinem Laufgefühl, schwer wie Schwanenflug fühlt es sich an.
Ich trotte zurück und schaffe damit immerhin 12 km. Im Nachbarwohnviertel ärgert mich etwas Tierisches. Genauer: Etwas tierisch Menschliches.
Ich laufe hier oft entlang mehrerer Straßenbäume. 


Fast alle Baumscheiben sehen so aus:


Vergeblich suche ich das Schild: "Abfallsammlung für Hundehaufen" oder so ähnlich.
Oder verstehe ich da etwas falsch?

Montag, 22. März 2021

Syltlauf-Ersatz

Gleicher Tag, gleiche Streckenlänge, Wind&Wetter passen, nur nicht der Ort. 
Immerhin haben wir unser Motivationspäckchen ja erhalten, und wenn da schon Medaille und Urkunde vor-geliefert werden, liefern wir eben die Leistung dazu nach. Statt die 33,333 km in wunderschöner Inselumgebung laufen zu können, gehen Heidrun, Chris und ich den Lauf auf der rheinischen Scholle als virtuelles Ersatz-Terrain eben quasi vor der Haustür an.
Wir haben uns eine etwas über 5 km lange Runde durch Wiesen und Weiden an der Erft konstruiert, die durch 3 weitere Varianten verkürzt werden kann. So kann jede/r sich nach Gefallen den Lauf abwechslungsreich gestalten.

Sicherheitshalber hat sich Heidrun die Streckenlängen notiert.

Mit 7° ist es ähnlich kühl wie gerade an der Nordsee, die Erft liefert Wassergeplätscher (wenn man genau genug hinhört) und es weht ein sehr strammer Wind aus Nordwest, anfangs garniert mit einigen Regenspritzern.
 

Alle 4 Rundenvarianten haben einen gemeinsamen Abschnitt, dort haben wir unsere mobilen Verpflegungsposten platziert, was die Deponierung diverser Nahrung ermöglicht.


Um 10 Uhr starten wir in "Hörnum"  und schon nach 2 km setzt sich Chris nach vorne ab. 
Wir erlauben uns den Luxus, so zu laufen, dass wir auf der Gegenwindpassage doch etwas Schutz durch Bäume und Sträucher haben. Leider hat die Südpassage keinen so schönen Rückenwindeffekt, wie wir ihn schon wiederholt auf Sylt hatten. Für mehr als gefühlten leichten Rückenwind reicht es nicht. Wohl spüren wir die Kraft des Windes auf den beiden kürzeren Querstrecken.


Heidrun und ich lassen es bewusst langsam angehen. Sie als alte Syltlauf-"Häsin" kennt die Strecke und ihre markanten Punkte aus dem Effeff. Also machen wir uns einen Spaß daraus, den Originalverlauf virtuell einzublenden. So biegen wir im Geiste bei km 14 von der Landstraße ab Richtung Westerland.


Ein Highlight, die Strandpromenade Westerland. Hui, wie die Wellen da an den Strand rollen!

"Strandpromenade Westerland"

Ortseingang Wenningstedt, km 19.

"Wenningstedt"

Kampen, km 22-24, präsentiert sich heute etwas ... verschlafen.

"Kampen"

Hinter "Kampen" folgt eine längere Passage durch malerische Dünenlandschaft und Naturschutzgebiet. Dünen haben wir nicht im Angebot, aber Natur reichlich.




Und auch ein Bad in den (Erft-)Wellen könnte haben, wer mag.


5 große Runden laufen Heidrun und ich zusammen, Chris ist längst entschwunden. Jenseits der 20 km merke ich, dass für mich nun die zähe Phase beginnt. Gegen Ende der fünften Runde fragt mich auch noch eine Autofahrerin, wo es denn bitte zur Falknerei geht. Höflichkeit und Laufintention geraten in Widerstreit, Höflichkeit siegt und reißt endgültig eine Lücke auf.
So beschließe ich, nun auch noch die Varianten abzulaufen.
Zunächst die 2,5-km-Variante, dann die 3,8 km. Heidrun hat sich inzwischen auch für Variationen entschieden. Aber da sie unbedingt einmal erftabwärts direkt neben dem Wasser, damit also nach Norden, laufen will, muss sie dafür direkten Gegenwind in Kauf nehmen. Ihren Unmut darüber kann sie mir bei der Begegnung kurz zurufen, als ich ihr meinerseits dort mit Rückenwind begegne.
Zwischendrin sehe ich auch Chris wieder, gehend. Huch, hat er etwa ein Problem...? Doch dann fällt mir die Erklärung ein: Er ist schon fertig, aber sein "Zieleinlauf" war weit vor den geparkten Autos. Er hat eine 3:03 erlaufen, ich muss noch 5 km....



Ich versuche, mich immer wieder gedanklich auf die Insel zu beamen, die salzige Nordseeluft zu schnuppern, den Möwen zuzuhören. Es gelingt sogar leidlich. 
Eine letzte lustige Assoziation: Bei km 29,5 quere ich virtuell die Inselstraße. Doch anders als auf Sylt muss hier niemand für die Läufer die Autos anhalten. Ab hier hat man fast schon List und damit das Ziel vor Augen, aber die letzten km sind immer sehr zäh. Auch meine Beine sind mittlerweile etwas bleiern. 
Für den Abschluss habe ich mir noch die kürzeste Streckenvariante (1,6 km) aufgehoben, das verkürzt gefühlt die noch fehlende Distanz. Und es geht fast punktgenau auf.


Was die Leute nicht alles wegwerfen, aber ein nettes Laufmotto:


Mit 3:47 habe ich meine bisherigen Inselläufe zeitlich deutlich überboten, es fehlt doch irgendwie die Wettkampfatmosphäre. Dennoch erringe ich den 3. Podestplatz. Und Spaß hat es obendrein gemacht! 

Eigentlich, sagen wir uns, haben wir sogar Glück gehabt, denn auf Sylt hätten wir heute noch stärkeren Gegenwind auf der Originalstrecke gehabt, und hätten den nicht mit individueller Streckenführung reduzieren können. 
Aber ausgerechnet heute wäre es genau umgekehrt gewesen: Die Sylter hatten wegen einer größeren Baustelle im Zielbereich für 2021 die Strecke geändert und sie von Nord nach Süd geführt, also hätten wir dort sogar die ganze Route mit Rückenwind gehabt. Aber hätte-wäre-wenn, wir werden nächstes Jahr wieder schauen, wie es sich vor Ort läuft! An uns soll es nicht liegen.
Ein Zeitraffervideo des Laufs aus 2020, so wie wir in gedanklich absolvierten, gibts hier zu sehen: Link 

Donnerstag, 18. März 2021

Laufanmeldung verpflichtet

Letzten Sonntag in Spanien, kommenden Sonntag am Nordseestrand - naja, zumindest im Geiste.

Denn Sonntag wäre um 10 Uhr der Start des Syltlaufs, der in den letzten Jahren ja stets ein Highlight war (2020, 2019, 2018). Doch leider wird dies nun schon nach 2020 die zweite Nicht-Austragung dieses schönen Laufs. Aber mit Trostpflaster!
2020 waren wir ja ohnehin angereist und nutzten daher mit vielen anderen die Gelegenheit eines selbst organisierten Spontanlaufs.

In diesem Jahr hat der ausrichtende Verein selber ein schönes Angebot entwickelt:
Alle, die noch aus 2020 auf der Startliste stehen UND ihr Geld nicht zurückhaben möchten, bekommen nun automatisch ein Starterpaket zugeschickt. Und das kann sich dann auch sehen lassen: Zutaten für die Pasta-Party daheim, inklusive Sylter Meersalz zum Würzen, einen Mund-Nasenschutz mit Lauf-Emblem, einen Starterbeutel, die Medaille, eine Blanko-Urkunde, Aufkleber und Info-Unterlagen.
Immerhin 700 Päckchen wurden von den Ehrenamtlern des Vereins verschickt!

Ein wenig Wehmut kommt auf, denn die Ausschreibung wurde noch formuliert für eine tatsächliche Austragung, allerdings mit einem Vorbehalt, der ja längst zum Tragen kommt.


Aber mit dieser Lieferung haben wir uns je selber quasi moralisch verpflichtet, den Lauf auch anzugehen. 

Schon gestern haben wir die Pasta-Party aus Chris' Päckchen genossen (sehr schmackhaft). Ein Ersatzkurs in heimischen Gefilden ist fixiert. So werden wir dann Sonntag, ab Punkt 10 Uhr mit einem kleinen Häuflein Verwegener über verschiedene Distanzen (jede/r wie er/sie mag, bis Maximum 33,33 km) durch die rheinischen Erftauen kurven. Dann haben wir wenigstens kleine Eindrücke mit Wassergeplätscher, wenn auch nicht so spektakulär wie am Originalschauplatz. Beim Testlauf haben wir auch weiße Vögel ausmachen können, allerdings keine Möwen, sondern Reiher. Wind soll es aber auch geben.

Und pünktlich ebenfalls Sonntag um 10 Uhr will der Verein ein Video aufschalten, dass einige Läufer auf der Originalstrecke vor wenigen Tagen aufgezeichnet haben: Link (dort "Syltlauf" am linken Bildrand anklicken). Den Zieleinlauf der Videoläufer gibts schon zu sehen.

Bleibt zu hoffen, dass dann aber 2022 die 40. Austragung des Laufs wieder "richtig" stattfinden kann.

Sonntag, 14. März 2021

Einmal Spanien und zurück

Mein heutiges Laufziel ergibt sich aus einem Buch, das ich gerade studiere. Es geht um die Geschichte der Burg Kerpen (nicht zu verwechseln mit der Anlage gleichen Namens im Saarland und dem Ort gleichen Namens in der Eifel). Sie bestand seit dem 11. Jh in unterschiedlichen Ausbaustufen. Spannend zu lesen, wie sie gebaut, erobert, geplündert, verkauft, vererbt, verpfändet wurde. Sie muss strategisch sehr wichtig gewesen sein, an einer Flussquerung einer alten Handelsstraße von Köln nach Maastricht.

Also laufe ich einmal kurz rüber nach Spanien 😉. Bevor nun Sorge entsteht, was denn da Bestandteil meines Frühstücks war, die einfache Erläuterung: Die Burg war zu ihrer späten Blüte Teil Spaniens, genauer: Der spanischen Habsburgerlinie. Verrückt, denn drum herum befanden sich andere Herrscherbereiche. So liegt schon mein Ortsteil 4 km weiter zur gleichen Zeit im Herzogtum Jülich-Berg.

Auf dem Weg nach "Spanien" kurzer Blick auf Schloss Lörsfeld, auch seit dem 13 Jh. urkundlich erwähnt, heute ein edler Speisetempel.



Wie ich zuvor gelesen hatte, deuten noch die Straßennamen auf die Burg hin, unverkennbar.

Bevor wir zum Standort der Burg kommen, hier eine historische Darstellung, als sich Spanier und Niederländer gerade darum zanken:

Quelle: Von K1M9 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=62253915


Und was allerdings bis heute übrig blieb, ist ein überschaubarer Hügel mitten in einem Wohnviertel:


Man muss dazu wissen, dass die Burg wesentlich größer war als dieser Rest, aber eben 1689 von den Franzosen gesprengt und Ende des 18 Jh. eingeebnet wurde, um darauf ein neues Schloss zu bauen. Aber dann kam dummerweise irgendetwas dazwischen.

Interessanterweise lag die Burg immer ein gutes Stück außerhalb der Siedlung Kerpen. Erst nach dem 2. Weltkrieg wuchs die Stadt und das Areal wurde mit kleinen Einfamilienhäusern bebaut. Wobei man wohl öfter auf alte massive Fundamente der Wehranlage stieß, wie die Chroniken berichten.

Natürlich bin ich neugierig, was oben ist...

Kurz und bündig: Nichts. Nur die "Startrampe" einer Kinderrutsche.

Aussicht von oben? Naja...


Nach diesem kleinen Forschungsexkurs kurve ich ein wenig durch die Straßen. Es ist immer noch sehr windig, da kommt mir der Schutz der Ortslage sehr gelegen. Gerade sinniere ich darüber, ob denn wohl ein wenig spanisches Temperament im Wesen der lokalen Bevölkerung erhalten blieb, da klappt mir fast das Kinn herunter: In einer Straße eine kunterbunte Urban-Knitting-Aktion, herrlich! Das wäre etwas für mich! Und witzigerweise befindet sich das ganze in der Pestalozzi-Straße!


Nach solch einem schönen Anblick laufe ich doch gleich wieder beschwingt zurück in "mein Heimatherzogtum", mit kurzem Abstecher nach Horrem, wo eine städtische Naturschutzaktion gerade ihre Blütenpracht entfaltet. Noch ein schöner bunter Anblick.

Merke: Ich muss im Sommer unbedingt mehr Blühendes im Garten setzen!
Das waren doch prallvolle 20 km.

Mittwoch, 10. März 2021

Laufen bildet immer wieder

Es gibt doch immer noch unbekannte Ecken zu entdecken. Am Sonntag verlegte ich die Wendeschleife meiner 23 km-Runde einmal auf die andere Seite der Erft. Und siehe da, wieder eine schöne Strecke kennengelernt, aber auch quasi "alte Bekannte" getroffen.

Zum Thema lernen: Ich finde es immer wieder interessant, wenn einem am Wegesrand Informationen angeboten werden. So wie hier über eine ehemalige Kiesgrube. Wer hätte gedacht, was sich dort alles entwickeln kann.


Zwar ist der erstmals belaufene Radwanderweg nicht unbedingt optisch übermäßig reizvoll (außer für Anhänger gerader Linien), aber gleich daneben liegt eine Weidelandschaft, die mich linkerhand ein Stück an englische Parklandschaft erinnert.


Drei Rinder ziehen gemächlich dort umher, mit teils beachtlichen Hörnern (und leider etwas weit weg von meinem Standort).


Eine Infotafel wartet mit Erläuterungen auf. Wie spannend, das sind ja sozusagen alte Bekannte auf der Weide, denn die Bezeichnung "Glan-Donnersberg-Rind" sagt mir sogar etwas! In den 1980'er Jahren arbeitete ich einmal einige Monate aushilfsweise in der Verwaltung des Rheinischen Freilichtmuseums Kommern, daran denke ich sehr gern zurück. Ich bekam viel vom Museumbetrieb mit, u.a. auch, dass man dort Glanrinder hielt und sich sehr für die Wiederbelebung dieser alten fast ausgestorbenen Rasse engagierte. So gab es damals neben einzelnen Kühen den Museumsochsen Max, ein sehr beeindruckendes Exemplar dieser Spezies. Ich hatte größten Respekt vor ihm, denn sein Rücken war so hoch, dass ich nicht drüberschauen konnte. Sein "Herrchen" im Museum wurde nicht müde zu versichern, dass Max ein herzensguter Bursche sei und keiner Fliege etwas zuleide tue. Daher hatte Max auch einen Job als Botschafter. Er wurde durch die Region transportiert und trat als imposanter "Testimonial" für Museum und Nachzuchtprogramm auf. 
Nur erschrecken durfte er sich nicht. Das passierte einmal beim Beschlagen seiner Hufe (war nötig für seine Auftritte). Weil ihm die Prozedur nicht passte, hat er kurzerhand den massiven Pferch aus Eichenholz zerlegt. Daher baute man im Museum speziell für ihn einen Pferch für die Ewigkeit aus Eisenbahnschienen. 
Ich fand noch ein Foto von Max und seinem Herrchen im Netz: Link 
Toll, und einige der nur 2.000 Exemplare, die es bundesweit gibt, stehen also ganz in unserer Nähe, Link.


Weitere Erläuterungen betreffen Renaturierungsvorhaben des Areals. Ich bin gespannt, ob ich das noch erlebe.


Und dann kommt auch noch ein Moment der Entscheidung. Endlich einmal gibt es auch an meiner Strecke so ein Fundstück, wie Volker sie öfter findet. Ein süüüßes Einhorn wartet darauf, abgeholt zu werden. Ich wäre ja versucht .... aber dann sehe ich vor meinem inneren Auge ein kleines Mädchen, dass um seinen behornten Freund weint und vielleicht froh wäre, wenn es ihn wiederfindet. Also lasse ich es an Ort und Stelle und wünsche ihm Glück, dass es wieder in seinen Stall findet.


Eine schöne Runde, gekrönt wird sie von einem Fitnessteller mit hausgemachtem Birnenkuchen des schweizer Chef-Bäckers!