Laufend lesen

Dienstag, 28. August 2018

Trainingsendspurt zwischen Interlaken und Lauterbrunnen

Der letzte 30'er im Training für Berlin. Mein Mann schlägt vor, die untere Strecke des Jungfrau-Marathons unter die Füße zu nehmen.
Also parken wir unser Auto in Lauterbrunnen, rollen bequem per Bahn zurück nach Interlaken und machen uns auf den Weg. Die Eingangsrunde dort schenken wir uns, im rummeligen Autoverkehr muss das nicht sein. In Lauterbrunnen hängen wir später die km dran, verlassen dort die Originalstrecke und laufen weiter das Tal entlang Richtung Stechelberg und darüber hinaus.
Was harmlos schien, strengt dennoch mächtig an. Meine Uhr addiert 540 Höhenmeter, das hätte ich vorher so nicht vermutet. So macht der Lauf zwar Spaß, wird aber hinten raus  anstrengend. Als wir dann wieder Richtung Lauterbrunnen  umkehren können merken wir erst, wie locker es sich laufen kann, wenn man sanft abwärts rollt.
Mit trockenen Kehlen (Wasser ist halt nicht alles) kehren wir nach knapp 4 Stunden in Lauterbrunnen ein. Die 2 halbe Liter Panasch (=Radler)  haben einen Tarif wie die Maß am Oktoberfest, aber was solls.
Schön wars, nicht zu warm, nicht zu viel Sonne. Daher jetzt nur noch Bilder!























Sonntag, 26. August 2018

Thuner Stadtlauf 2018 (10 km)

Der Thuner Stadtlauf 2018, er überrascht mit Abwechslung: Nach 2 sommerheißen Jahren (20172016) dürfen wir in diesem Jahr erfrischende 13° genießen. Zudem musste der Streckenverlauf wegen größeren städtischen Bauaktivitäten geändert werden, doch gelang das ohne Einbußen an läuferischem Reiz.
Zunächst nutzen wir die Gelegenheit, uns am Vorabend den Schlossbergsprint anzuschauen. Eine Kleinigkeit - könnte man sagen. Der Sieger absolviert ihn in 1:07 Minuten.
ABER: Dabei fegt er über 252 Stufen vom Rathausplatz hinauf in den 1190 erbauten Turm des Schlosses zum Ziel im Rittersaal. Ein Sprint also ins Mittelalter, wie die Ausschreibung es treffend beschreibt. Macht beim Sieger 3,7 Stufen pro Sekunde... Unglaublich!
Hier ein paar Eindrücke der Treppen, soweit sie außerhalb des Schlosses verlaufen:





Wir nutzen die Chance, eine andere Treppe näher in Augenschein zu nehmen. Denn wir werden zwar beim 10-km-Lauf auch den Schlossberg treppauf erklimmen (allerdings lassen wir den Rittersaal links liegen), dann aber eine andere Treppe hinab stürmen müssen. Und die verspricht "Freude", mit in Jahrhunderten ausgetretenen, geglätteten Stufen, die ihrerseits flach und lang sind. Wir probieren es aus: Für mich sind sie für einen Läuferschritt zu flach. Zwei Stufen auf einmal zu laufen ist mir hingegen zu lang und sturzriskant. Mir fällt keine rechte Taktik ein, noch nicht.

Von dort oben werden wir kommen:


















Und nach dort unten müssen wir weiter:










Vor dem Start (Samstagabend, 19:20 Uhr) laufen wir uns warm, immer wieder den Blick zum Himmel. Der Wetterbericht versprach Regen. Die Temperaturvorhersage traf ein, ...
















... doch erfreulicherweise bleibt der Regen aus und wird uns erst später auf dem Heimweg erreichen. 😊
Am Start herrscht gute Stimmung, alle freuen sich auf den Lauf und dass es diesmal keine Hitzeschlacht werden würde.
Wobei wir allerdings besonderen "Druck" haben: Schwager Ruedi hat sein Kommen angedroht versprochen, will an mehreren Stellen auf uns warten. Und unsere Vermieter, die seit Jahren unser läuferisches Treiben manchmal mit einer Mischung aus Erstaunen und Irritation verfolgen, werden extra die abendliche Versorgung ihrer Kühe beschleunigt abwickeln und sich den Lauf erstmals ansehen.
So machen wir uns mit über 800 anderen auf ins Laufabenteuer. Zunächst wieder zum Schadaupark und ein kurzes Stück am Seeufer entlang, wo uns Wind und Wellen einen vorherbstlichen Eindruck geben.






Beim Passieren der Ausflugsdampfer grüßt von Weitem das Schloss, das uns mit dem kleinen Treppenabenteuer gegen Laufende bevorsteht.
Doch zunächst führt uns der Weg noch entlang des Aarebeckens, zur ersten Neuerung:





Wir rennen über die Obere Schleuse (oder sagt man "durch"? Denn es ist ja ein mit Holz umbauter und mit Ziegeln gedeckter langer Gang) und dahinter über den Göttibachsteig, um wiederum an anderen Ufer Richtung Thunersee zu laufen.
A propos: Bei mir läuft es gut. Die Beine fühlen sich frisch an, ich fühle mich wohl bei meinem dennoch fordernden Tun in Thun.



Die Dämmerung lässt das Tageslicht schwinden, während wir den Aarequai gegen den Wind nehmen. Der Gipfel des Niesen kratzt an den Wolken, die Wellen schwappen an die Uferböschung. Immer noch ist es um mich herum mitunter dicht und ich muss schauen, wo und wie ich andere überholen kann. Ich startete von ziemlich weit hinten und kann nun die läuferische Motivation (Überholen) verbinden mit der läuferischen Herausforderung (Wo vorbeikommen?).  Aber da gäbe es Schlimmeres.

Beim Rückweg Richtung Innenstadt hänge ich länger in einem Trupp Jungmänner fest, die dauernd Ausschau halten nach Ich-weiß-nicht-wem. Sehen sie jemand Bekanntes, werden sie langsam, und gleich danach wieder schnell. Gummibandlauferei.





Am Ende des Aarquais plötzlich bin ich für mich. Nur noch einzelne Läufer vor und hinter mir, dafür werden die Zuschauer und das Anfeuern mehr.
Noch 2 km.
Auf der Einkaufsstraße sehe ich zum 3. Mal unsere Vermieter, die emsig anfeuern. Ja da muss man natürlich das Tempo forcieren.
Mir fällt ein anderer älterer Kämpe mit sehr sommerlicher Kleidung auf, der mich passiert, nur um dann zu seiner Familie am Streckenrand abzubiegen und alle freudig zu begrüßen.


Eine Kurve weiter, km 9. Gleich folgt er, der Schlossberg. Bisher erreichte man ihn etwa zur Hälfte des Laufs, und hatte man ihn überwunden, kam nichts Schlimmes mehr. Diesmal eben wird er zum echten finalen Höhepunkt.
Schon von Weitem dringt eine Spezialität ans Trommelfell ...




... das Empfangskomitee, das uns mit martialischem Kuhglockengeläut die Schlossbergtreppe hinaufschickt.











Ein Schild orientiert, dass "Schildkröten" bitte rechts gehen mögen, damit die "Hasen" links vorbeirennen können.
Die Hasenspur ist sicher nicht die meine.








Oben wartet wie immer der Dudelsackspieler und symbolisiert damit wie beim Jungfraumarathon den höchsten Punkt der Strecke.
Ab hier konnte man bisher die Beine dann bergab fliegen lassen. Doch diesmal ist diese Option per Baustelle versperrt, weswegen die bereits bei Tageslicht fotografierte Kirchtreppe nun bevorsteht und das Fliegenlassen dosiert erfolgen muss.
Ich lasse es auf mich zukommen.
Spontan im Eifer des Renngeschehens komme ich auf die Lösung: Ich nehme immer 2 Stufen auf einmal, doch laufe nicht, sondern gehe. So habe ich genügend Zeit, den nächsten Auftrittpunkt anzupeilen und Sturzrisiken zu minimieren. Damit bin ich genau so schnell wie der Läufer vor mir, der sich laufend trippelnd abwärts bewegt.
Auf der Treppe sind wir allein, ohne Zuschauer. Doch der Kontrast folgt: Gleich am unteren Treppenende empfängt uns auf der Oberen Hauptgasse ein Meer an Zuschauern, Anfeuern, Stimmung! Klasse!

(Leider gelang mir laufend kein herzeigbares Bild, daher ein Foto vom Vortag).
Da fällt es nicht schwer, für die letzten ca. 200 m alles raus- und die Beine fliegen zu lassen.
Ein tolles Laufgefühl!









Im Ziel schnappe ich gerade nach Luft, da steht der ältere Kämpe unvermittelt vor mir, strahlt mich an, hält den Daumen hoch und sagt "Hey, Du häsch ä super Schritt g'ha, merci!" Ich fürchte, ich schaue ziemlich entgeistert, mein Körper ist gerade noch mit dringlicher Sofort-Regeneration beschäftigt, da muss das Hirn momentan hinsichtlich der Sauerstoffversorgung leicht zurückstehen. Mit etwas Zeitversatz komme ich darauf, dass er wohl auf der Kirchtreppe hinter mir war und meine Strategie übernommen hat. Ja ich denke, wer diese Treppe nicht kannte, dürfte eventuell überrascht gewesen sein.
Überrascht bin ich kurz drauf, als ich meine Zeit abrufe: 52 1/2 Minuten, meine bisher beste Zeit hier in Thun, und verglichen mit meiner PB auf 10 flachen km (51:19) ein Grund zur Freude.

Als Finishergeschenke dürfen wir uns noch je einen Rucksack und einen Shaker abholen, Nützliches für Daheim.

Fazit: Die Probleme, die die Organisatoren im Vorfeld mit der Streckenführung hatten, waren für uns Läufer nicht spürbar und alles erwartete uns bestens organisiert. Die Strecke 2018  kann gefallen!👍

Und zackig, wie man in Thun ist, steht keine 48 Stunden später schon ein schönes Aftermovie mit Eindrücken aus allen Läufen zur Verfügung: