Laufend lesen

Montag, 24. Januar 2022

Immer geradeaus

Ich hatte Lust, für den langen Lauf mal "römisch" an längerem Stück zu laufen.

Wunderbarerweise liegt ein ziemlich langes Teilstück der Via Belgica nicht weit weg von der Haustür. Ich plane, der roten Linie ab Thorr bis Elsdorf zu folgen, was dann 6 km ausmachen wird:


Aber zuerst sind es 4 km bis zum Einstieg. Wahrhaftig erspähe ich dabei ein Fundobjekt! Ein süßes Faultier. Aber erstens wäre das vielleicht ein schlechtes Omen für Läufer und zweitens -und wichtiger- sicherlich vermisst ein Kind seinen Begleiter, also lasse ich den Gesellen am Ort zurück.


In Thorr Start auf der historischen Strecke. Immer schön geradeaus.

Am Ortsausgang plötzlich ein jähes Ende. Aber nur für einen kurzen Schwenk auf die Landstraße, und schon geht's nach 30 Metern weiter geradeaus.


Das nächste Dorf, Grouven, liegt entlang der Straße gezogen. Da aber kein Durchgangsverkehr herrscht, ist es sehr ruhig.





Am Ortsausgang, wenig überraschend, geht es wieder geradeaus weiter. Dieses Stück zeigt am beeindruckendsten die Linienführung. Weit hinten am Horizont zeichnet sich der Umriss der Sophienhöhe ab, und genau deswegen wird die Via Belgica dort auch für mehrere km unterbrochen. Durch eben den Abraumhügel des Tagebaus. Aber bis dahin ist es noch ein Stück.



In Elsdorf, kurze Verschwenkung der Route, dann geht es weiter geradeaus. Vor dem Tagebau war dies eine belebte Bundesstraße. Seit sie 1 km hinter dem Ort endet und der Verkehr über eine Umgehungsstraße fließt, ist ein wenig der Hund begraben (womit ich nichts gegen Hunde sagen möchte!!!)






Hinter Elsdorf wäre es früher kilometerweit weiter geradeaus gegangen. Als der Tagebau eröffnet wurde und klar war, dass die Straße verschwinden wird, wurden einige Notgrabungen durchgeführt und man fand einiges an römischen Hinterlassenschaften. So weiß man, dass die Gegend wohl gut besiedelt und keine Ödnis war. Ich verzichte heute darauf, den letzten laufbaren km noch zu absolvieren, muss ja den Rückweg einkalkulieren.

Daaaa hinten ist das Ende

Ich kehre um und nehme noch den römischen Meilenstein, genauer -säule, in Augenschein. Es ist eine Nachbildung, aber immerhin.



Ein wenig abseits fällt mir ein weiterer Stein auf. Da haben Bahn und Bahnhof nicht lange überdauert.




Und wenn ich schon hier herumkurve, werfe ich noch einen Blick auf den jüdischen Friedhof, der fast von Parkplatz und Zuckerfabrik umschlossen liegt. Ich kannte ihn noch nicht, er erscheint mir erstaunlich groß und ist verschlossen. Mir fällt auf, dass kein Hinweis zu sehen ist, dass es sich um einen jüdischen Friedhof handelt. Am Tor kein Davidstern. Und eine -neue- Hinweistafel erläutert, dass hier 24 Kriegsgefangene bestattet seien. Mehr nicht.




Für den Rückweg wähle ich eine andere Route und kann noch ein Wegekreuz im nächsten Dorf fotografisch "mitnehmen".

Ein langer Lauf bei trübem Wetter. Dafür aber ohne Überhitzungsgefahr.😉 Zuhause laufe ich noch die 22 km voll, heute mit wahnsinnigen 15 Höhenmetern😆, dafür mit ca. 6 römischen Kilometern, bzw. knapp 3 römischen Leugen

14 Kommentare:

  1. Liebe Elke,

    vielen Dank für die vielen Bilder und die informativen Erläuterungen.

    Ich hab den Eindruck, dass du einen eigenen Bildband herausgeben kannst, entweder über Wegekreuze und ihre Geschichte, oder über deine 'laufenden' Erkundungen auf römischen Spuren und Wegen! ... oder so ähnlich ... - LOL

    Ist aber ein schöner 22er geworden, der mal wieder belegt, dass bei solchen Konzernen des Tagebaus weder ein Sinn für Natur, noch einer für Geschichte da ist. ... bin versucht zu sagen: Hauptsache die Kohle stimmt! ... im doppelten Sinne!

    Liebe Grüße Manfred

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    1. Lieber Manfred,
      gerne. Ich verinde halt, wie unschwer erkennbar, gern laufen mit Information. Aber mein Wissen kratzt sicher nur an der Oberfläche.
      Tja, gut gesagt, die Kohle muss stimmen. Wobei das natürlich in meiner Region auch ein Arbeitsplatzthema ist und warm wollten es dich Menschen ja auch immer haben...
      Liebe Grüße
      Elke

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  2. Liebe Elke
    Da bin ich mit Manfred einig. Wenn du mal pensioniert bist, wird das zu deinem Buchprojekt: "Laufen auf den Spuren der Römer" oder so.
    Mit etwa 20 Kapiteln, jedes Kapitel mit Laufkarten, Routenbeschreibung, ein QR-Code für die GPS-Daten und natürlich bebildert. Wäre doch eine super Sache!

    Deine Beobachtung zum jüdischen Friedhof ist interessant. Ich habe mir noch nie überlegt, was eigentlich im 2.Weltkrieg mit den jüdischen Friedhöfen passiert ist. Wurden die systematisch vernichtet und hinterher wieder hergestellt? Oder haben die überlebt und mussten nur damals alle Hinweise auf einen jüdischen Friedhof entfernt werden?

    Es gibt genug Stoff für dein Laufbuch!

    Liebe Grüsse aus dem sonnigen Cape Town!

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    1. Liebe Catrina,
      zu den beiden Römerstraßen in meiner Region gibt es erfreulicherweise jeweils schon solche Reiseführer, mit allen Daten, für Wanderer und Radler. Daraus habe ich ja vieles angelesen. Habe ich also Arbeit weniger! :-)
      Die jüdischen Friedhöfe.... dunkles Kapitel. Meist endet die Belegung spätestens mit den 1920er Jahren. Weil die meisten danach weggingen oder verschleppt wurden.
      In meinem Ortsteil gibt es auch noch einen minimalen Friedhofs-Rest. Im 3. Reich wurden die Grabsteine von dort als Baumaterial genommen und das Areal schlichtweg als Ackerfläche benutzt (jüdische Friedhöfe liegen historisch außerhalb von Siedlungen). Man hat dann hier bald nach dem Krieg die frühere Fläche wieder erkennbar gemacht (Wiese mit Hecke eingefasst) und einzelne wiedergefundene Grabsteine wieder aufgestellt. Ist also nur noch hiunsichtlich der Lage authentisch.
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,
    halleluja - diese laaange, laaange, laaange Gerade ist aber schon Mentaltraining vom härtesten! Da siehst du ja quasi stundenlang, wo du hinkommen könntest, bist aber irgendwie nie dort! :D :O Puh, ich glaube, ich hätte künstliche Mäander eingebaut.
    Aber du weißt dich auf auf einer solchen Strecke wunderbar zu beschäftigen und lieferst uns hier läuferische Zusatzinformationen frei Haus. Danke dafür! :)

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    1. Liebe Doris,
      das ist interessant, das dir die lange Gerade so gar nicht gefällt. Ich hatte mich speziell auf das lange Stück über die Felder gefreut (nach dem Stopschild), weil man da so weit um sich herum schauen kann. Und man hat ja auch den Vorteil, auf direktestem Wege zum Ziel zu laufen, in den Bergen muss man hingegen ja dauernd herumkurven. Wobei das natürlich auch Reize hat, wenn der Weg das Ziel ist. ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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    2. Ich glaube, das erinnert mich ans Schwimmen, wenn man von Anfang an sieht, wo man ankommen will und dann Stunde um Stunde dem Ziel (gefühlt) kaum näherzukommen! :)

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    3. Hm, echt spannend! Ich stelle mir jetzt mal gerade einen Marathon vor, wo man von Anfang an das Ziel sieht, winzig klein am Horizont. (Bei uns steht ja doch spätestens nach ein paar km etwas im Weg, Bäume, Häuser, etc.) Ich glaube, so eine Konstellation würde mir helfen, weil das Ziel vor Augen ist und nicht hinter 7 Hügeln versteckt. Aber wissen tue ich es nicht...

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  4. Liebe Elke,
    spannend, wie du es immer schaffst, so viele Fotos unterwegs zu machen. Vielleicht schaffe ich es auch mal irgendwann mit einer Fotostrecke - ein neues Projekt für 2022 ;-).
    Beim Marathon in Roth bin ich auch ewig lange am Kanal geradeaus gelaufen und zwar hin und zurück. Das ist mental nur mit vielen Zuschauern gut zu ertragen. Einen ganzen Marathon schnurstracks geradeaus stelle ich mir furchtbar vor, hihi.
    Liebe Grüße
    Karina

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    1. Liebe Karina,
      das mit dem Fotografieren habe ich auch jahrelang geübt ;-) Und bei einem langen Lauf kann man auch mal ein paar Sekündchen dafür stehenbleiben.
      Hin und zurück auf einer langen Geraden, das fände ich auch übel. Aber zu wissen, gaaaaaanz da hinten ist das Ziel, das ist doch ein wenig wie ein Band, das einen dahinzieht.
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. Liebe Elke,

    nicht nur, dass Du mit Deinen Matterhorn-Läufen meine Utkiek-Höhenmeter pulverisierst, jetzt machst Du mir auch noch die langen Geraden streitig. Suchst Du Streit mit mir? :-)))))

    Na ja, ich will mal nicht so sein, es sei Dir gegönnt ;-)

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Lieber Volker,
      iwo, mit deinen Gerade und verbundener endloser Aussicht kann ich hier nicht mithalten. Streit - mit dir?! Wie kommst du nur auf sowas, ts ts ts! Danke fürs Gönnen daher :-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  6. Liebe Elke,

    uaaah. So eine lange Gerade wäre ja auch mein Graus. Aber zumindest war es eine alte Römerstr. Zum Glück hast du einen anderen Rückweg genommen, dann wird es nicht ganz so öde.

    Liebe Grüße!

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    1. Liebe Roni,
      sehr interessant, wie unterschiedlich Läufer/innen solche Geraden empfinden. Ich muss es nicht jeden Tag haben, aber manchmal ist mir genau nach so etwas ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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