Ohne mein Zutun war ich auf die Starterliste des Tortura-Todesberg-Ultras in Köln geraten. Der nette kleine familiäre Lauf im Kölner Stadtwald für Lauf-Masochisten: 50 Runden á 1 km mit 25 Höhenmetern pro Runde. Das wären 1250 HM, wenn man alle 50 Runden absolviert. Das Gemeine: Diese Höhenmeter sind zweimal sehr geballt zu absolvieren. Ohne diese Anstiege wäre es also eine gemütliche Strecke...
Der Urheber meines Eintrags (trägt den gleichen Ring am Finger wie ich) übt sich übrigens in vornehmer Zurückhaltung und fehlt in der Starterliste. Dafür gelingt es mir, Oliver aus Düsseldorf (!) nach Köln (!!!) zu locken, und schwupps ist Chris dann auch dabei.
Wir finden uns um 7 Uhr bei Start/Ziel ein und helfen in der Dunkelheit noch in wenig bei den Vorbereitungen. Wie immer bei Tortura gilt: Wer sich quält, hat auch Anrecht auf vielfältigste Verpflegung. Evelin und Nile haben wieder großzügig und vielfältig vorgesorgt. Man könnte glatt nur für`s Essen herkommen....
Aber nein, erstmal wird gelaufen!
Die erste Runde pünktlich um 8 Uhr dient gleichzeitig der Streckenerkundung für die Neu-Torturistinnen und -Torturisten, ab da rennt jeder nach seinem Tempo. Unser kleiner Rundkurs ist schnell gezeigt:
Zunächst eben entlang des Ufers des Adenauer-Weihers, und weiter den Stadtwaldwiesen entgegen.
Dann scharf rechts abbiegen zur ersten Eroberung des Todesbergs. Es geht erst sanft und dann immer steiler hinauf. Beim ersten Anstieg grinst man sich noch eins, ab dem zweiten legt sich das.
Oben gilt es die "Wurzel des Grauens" als Markierung der Wendemarke zu umrunden.
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Oliver hat noch Spaß |
Wenigstens kann man oben ordentlich Schwung nehmen, diesen auf kürzester Strecke abfeiern und unten gleich wieder scharf rechts einkehren zur zweiten Bergbesteigung.
Man erklimmt den Berg nun von einer anderen Seite und kann nebenan die Kollegen bei ihren kleinen Quälereien beobachten:
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Links erster Anstieg, rechts zweiter |
Von der Plattform auf Bergeshöhe erneuter schwerkraftunterstützter forcierter Galopp zu Tale und schon lockt die Verpflegung!
Mir ist klar, die 50 km sind nicht mein Ziel, aber ein Halbmarathon, dann eben mit 525 HM, das wäre doch was. Chris will mal schauen was geht und auch Oliver ist für alles offen, was der Tag so bringt. Zumal er sich zu Beginn der Einführungsrunde noch nicht so recht die Herausforderung der Strecke vorstellen kann. Aber das ändert sich rasch.
Ich wende meine übliche Taktik an, beide Anstiege gehen und dazwischen mit gebremstem Ehrgeiz traben. Die übrigen gut 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehen ihr Werk unterschiedlich an. Manch einer verpulvert erst einmal recht viel Energie bei den Anstiegen. Aber manche halten das beneidenswert lange durch. Und einige haben auch noch Atem für muntere Plaudereien.
Auch wenn Oliver mich schon bei der 4. Runde erstmals überholt, bleibe ich weiter in meinem Dieseltrott, alles andere wäre dumm aus meiner Sicht. Wie erwartet, beginnen die Waden nach 7, 8 Runden ihr kleine Leidensmelodie. Später, ab Runde 15 stimmen auch die Oberschenkel in das Lied mit ein, denn die flotten Bergabpassagen fordern ihrerseits die Muskulatur.
Der Stadtwald hallt wider von Keuchen, Schnaufen, Fluchen und Leidensäußerungen, niemand ist allein bei seiner Tortur.
Inzwischen sind auch zahlreiche Jogger, Gassigänger, Spaziergänger und Radfahrer unterwegs, die teils amüsiert bis verwundert das Tun dieser Verrückten mit den bunten Startnummern (Jede/r hat sein eigenes Motiv!) beobachten. Man könnte doch so nett auf den ebenen Wegen laufen, aber warum stürzen die sich immer wieder diesem Berg entgegen...?
Wären ja die Anstiege nicht, ich könnte schon noch länger. Aber vor allem nach der 15. Runde fällt mir jeder Schritt auf den Gipfel schwer und schwerer. Als wenn zwischendurch die Heinzelmännchen heimlich immer noch ein Schüppchen drauflegen...
Chris hat auch zu kämpfen. Er fühlte sich schon am Morgen nicht gut und beschließt, nach 25 Runden den Tag auf der Strecke zu beenden.
Ich habe 21 Runden und bleibe für ein längeres mehrminütiges Päuschen bei ihm, greife zu Cola, Salzstangen, Banane. Und mache mich dann doch für eine allerletzte Runde nochmals auf.
Das sind dann 22 Runden zu 1 km, meine Uhr zeigt mir allerdings 23,4 km (und ein beachtliches Sägezahnprofil sowie erstaunliche 780 HM) an.
Egal, mehr als ein Halbmarathon, Tagesziel erreicht in 3:33:09 Stunden.
Es folgt Phase 2 des Tortura: Gemütliches Beisammensein und ausgiebige Nahrungsaufnahme, von Cola und Radler über Brownies, Chili con Carne, Linsensuppe, Gurke, Tomate, Salami, Gummibärchen, Waffeln, Apfel und Fleischwurst - schön durcheinander, heißa das schmeckt! Leider schaffe ich Bratwurst und Spiegelei nicht mehr, uff.
So können wir dann den kleinen Zielempfang des Tagessiegers nach 50 Runden miterleben.
Und klar warten wir auf Oliver und freuen uns über sein Resultat (das er selber erzählen wird). Es scheint ihm wohl gefallen zu haben. Falls nicht, hätten wir doch ein arg schlechtes Gewissen, ihn in die verfeindete Stadt gelockt zu haben...
Und nun folgt Tortura-Teil 3: Beine hochlegen und ausruhen. 😉