Sonntag, 16. November 2025

Renaturierte Denaturierung

Endlich wieder einmal gelaufene Heimatkunde erster Güte. Es wurde erneut ein Flusslauf verlegt. Der Hintergrund in Kurzform: Die hier dem Rhein zufließende Erft unterlag in den letzten Jahrhunderten verschiedenen Einflüssen (Rodungen, die zur vermehrten Einspülung von Bodenmaterial, Aufstauung von Mühlenteichen, Einleitung abgepumpten Grundwassers de nahen Tagebaue), die zu verheerenden Hochwässern führten. Also baute man vor über 100 Jahren einen Kanal, den Erftflutkanal, durch den das Wasser schneller abfließen konnte. Formschön und übersichtlich floss es seither durch unsere Region:


Doch inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen verändert. Es wird weniger Grundwasser eingeleitet, da die alten kleinen Tagebaue längst verschwunden sind und auch die letzten größeren absehbar den Betrieb einstellen. Auch gibt es kaum noch Mühlen, die Teiche aufstauen. Damit die Erft nicht zum Rinnsal verkommt, soll sie also wieder ähnlich wie früher mäandern dürfen. Was zusätzliche positive Nebeneffekte auf Flora und Fauna schafft, sowie Naherholungsgebiete für die Einwohner.
Eine erste "Neuverlegung" geschah bereits vor einigen Jahren in der Nachbarstadt und ist hier zu sehen: Link.
Und nun war Erftstadt an der Reihe. Zur besseren Übersicht eine Karte. Der bisherige Verlauf des Kanals ist die gelbe Linie von unten links nach schräg rechts oben. Der neue Verlauf ist die blaue Schlangenlinie. Aus den bisherigen 2,5 km werden so 5,5 km.
Schon seit über einem Jahr wurde das neue Flussbett ausgebaggert und vorbereitet. 280.000 m³ Erde wollen bewegt sein. Wobei es nur ein Angebot an den Fluss ist, denn man wird abwarten und sehen, ob sich das Wasser nicht eigene Bahnen und Kurven gräbt. Das darf es.

Quelle: Erftverband

Vor zwei Wochen war der Durchstich. Ich hatte in Erwägung gezogen, zuzuschauen. Doch war an dem Tag schaurigstes Wetter mit Regen und Sturm und es gab auch die Information, dass es 1-3 Stunden dauern könnte, bis das erste Wasser durchfließen würde. Das untergrub meine Moral zur Gänze.😏
Dann doch lieber bei schönerem Wetter in Ruhe das Werk betrachten, laufend.
Ich dachte, dann könnten wir den leeren Kanal begutachten. Wir nähern uns vom Ende des neuen Flussbetts. Aha, da ist die Stelle des Übergangs von neu zu alt.

Und hinter der Stelle ... immer noch Wasser. Mal mehr, mal weniger. Mal kleine Teiche, mal Pfützen, mal begehbarer Grund. 








Interessant, das hätte ich so nicht erwartet. Ist aber auch nachvollziehbar, denn das Bett des Kanals war einfach unterschiedlich tief. Nur im Durchschnitt ergibt sich das Gefälle hin zum Rhein. Das erleichtert dann aber die Notwendigkeit der Umsiedlung der Fische, die sich ja zwangsweise in den Restwasserstellen sammeln. So sehen wir auch einige Menschen mit Anglerhosen und Keschern beim Fischfang.

Auf eine andere Stelle war ich besonders gespannt. Es gab ein Freibad am bzw. im Erftflutkanal, 1929 eingerichtet:


Heute nur noch erkennbar durch eine alte Treppe. Nun liegen Reste alter Böschungsbefestigungen frei, die erahnen lassen, dass man wohl das Flussbett seinerzeit ein wenig vertieft hatte, um Schwimmen halbwegs zu ermöglichen. Mich würde ja sehr reizen, hier ein wenig im Schlamm zu buddeln, wer weiß, was sich finden ließe...



Weiter südlich, also an dem Ende, an dem die Erft umgeleitet wird, hat man schon begonnen, das alte Flussbett zu verfüllen. 




Neue Abzweigung, links entlang

Erste Enten haben schon das neue Areal erobert. Für Menschen bleibt es noch gesperrt, bis die weiteren Arbeiten abgeschlossen sind. Ich bin sehr neugierig, wie sich die "neue künstliche alte" Landschaft dann darstellt!

Zum Abschluss noch ein Abstecher zum Schloss Türnich (LinkLink). Eine historisch wertvolle Anlage, leider jedoch durch bergbaubedingte Schäden heute unbewohnbar. Die an die Erft grenzenden zugehörigen Ländereien werden durch die Besitzer ökologisch bewirtschaftet. Im Schlosshof finden diverse Veranstaltungen statt, insbesondere in Kürze die Hofweihnacht. Da wird es am ersten Tag hingehen. Glühwein schlabbern in der festlich geschmückten alten Scheune, das hat was. 😁





Freitag, 7. November 2025

Martinslauf Sindorf (10 km) 2025

Nach 4 Jahren klappt es endlich wieder einmal, beim lokalen Martinslauf anzutreten. Dabei findet der in unserem Ortsteil statt, wir umrunden auf der Strecke quasi unser eigenes Haus!

Die Startnummern holen wir uns am späten Nachmittag ab. Es lohnt noch nicht einmal, dafür die Räder aus der Garage zu schieben, zu Fuß sind wir schneller. 😂

So können wir später ohne lästige Umkleideaktion und Beutelabgabe zeitnah zum Start um 18.45 Uhr traben, und damit gleich das Aufwärmen absolvieren.
Am Start-/Zielgelände herrscht reges Treiben. In diesem Jahr nehmen allein am Hauptlauf knapp 600 Sportbegeisterte teil, hinzu kommen noch die Kinderläufe.



Der Vollmond erhellt uns noch ein wenig das Areal, später haben wir keine Zeit mehr, ihn zu bewundern.
Das Prinzip des Laufs ist Selbstmanagement. Man kann sich während des Rennens entscheiden, ob man eine, zwei oder drei Runden á 3,33 km läuft. Im Maximum also eine 10-km-Distanz. Für Chris und mich steht fest, dass es natürlich die 3 Runden sein werden!
So wartet dann bei 10° ein großes Starterfeld darauf, losgelassen zu werden. 



Alle zählen laut herunter, und auf geht's .... erstmal nicht so ganz. Jedenfalls nicht, wenn man nicht ganz vorne steht. Denn um Gedränge auf der Strecke zu vermeiden, wurde ein "Flaschenhals" eingebaut, eine Barriere, durch die maximal 2 Läufer nebeneinander starten können. Und das dauert eben.
Nach 2 1/2 Minuten können wir dann aber doch auf die Piste. Da die ersten 10 Plätze m/w später nach Zieleinlauf vergeben werden (also Bruttozeit) wurde gebeten, dass sich alle etwa nach ihrem Leistungsvermögen einordnen sollen. Welch fromme Bitte... Lässt eine Naschkatze ein Leckerli liegen, nur weil noch nicht Fressenszeit ist...?



Ich merke schnell, dass ich mich mal wieder zu brav eingeordnet hatte. Auf den ersten Gassen ist noch Raum und ich kann einige Langsam-Tuckernden schon auf wenigen 100 m überholen. Aber dann folgen 2 km auf Spazierwegen im Grünstreifen unseres Viertels, und die sind schmal. Doch gerade hier laufen gemütliche Schnatter-Grüppchen nebeneinander und man kommt kaum vorbei. Außer, man riskiert übers Gras zu laufen, wo die vielen kleinen tierischen Tretminen lauern.😐
Also wird dieser Abschnitt auf der ersten Runde mein langsamster. Nicht weil ich nicht könnte, sondern weil ich muss. Immerhin gibt das Frust-Adrenalin zusätzlich Schub für die Beine! 😁 Den kann ich nutzen, als das Rennen wieder auf breitere Wege einmündet.
Ich bin "drin" und es läuft flott!



Der erste Zieldurchlauf. Die ersten 100 verlassen das Rennen. Da sich das Feld zudem auseinander gezogen hat, ist endlich mehr Freiraum. 

Laternen vor dem Zieleinlauf

Auf meinem km 4 kommt der Führende von hinten und überrundet uns. Ja die Jugend hat schon noch mehr drauf...  bewundernswert. Aber ich gebe auch was ich kann, mein Puls ist längst am Anschlag.

Besonders auf den Spazierwegen im Grün ist die Beleuchtung sparsam und ich bin froh über meine lichtstarke Stirnlampe. Gottseidank liegt der letzte Regen länger zurück und das herumliegende Laub ist eher trocken, auch Matschpfützen bleiben uns erspart.
Ich überhole und überhole. Einmal taucht ein Mann in meinem Lichtkegel auf, dessen Longtight irgendwie seltsam sitzt, so tief... Ähm... Ok, da mag wohl der Gummi nicht mehr halten, jedenfalls muss er seine Hose mit den Händen immer wieder hochziehen. Auch eine Art der Beschäftigung beim Laufen. 😅

Zweiter Zieldurchlauf, nun gehen 150 raus und es bleiben noch 334 auf der Strecke. Also noch mehr freier Raum und nun einige Gehende, an denen ich locker vorbeirenne. Wobei das mit der Lockerheit sich allerdings auch relativiert. Ich muss ziemlich beißen, will das heute aber auch. 


Ein vielleicht einige wenige Jahre jüngerer Läufer hängt schon eine Weile an mir. Bei km 9 schiebt er sich vorbei. Den nehme ich als Zugläufer, hänge mich nun meinerseits dran. Im Doppel überholen wir eine arg schnaufende Teilnehmerin. Nicht dass die uns nun als Zieher nutzt... Aber ihr Keuchen wird leiser. Wir passieren einen jungen, gehenden Mann, ca. 500 m vor dem Ziel. Das will er sich aber nicht bieten lassen, nimmt alle Kräfte zusammen und stürmt davon, uneinholbar.
Die letzte Kurve, noch knapp 150 m. Jetzt müsste ich ansetzen, will ich meinen Vordermann noch überholen. Ich gebe Gas, die Beine holen aus, und es gelingt! Ich fliege -gefühlt- an ihm vorbei, er kann nicht mithalten.
Im Ziel bin ich völlig außer Atem, alles gegeben, und es hat gut getan.😀
Im Gewusel suche ich die Weckmänner-Verteilstation und hole mir mein hart erarbeitetes Exemplar.
Meine AK habe ich mit 58:50 gewonnen (ok, wenn all die anderen Damen dieser AK daheim geblieben sind 😉), bin 35. von 104 Damen und noch im 2. Drittel des Gesamtfeldes. Das ist doch mal wieder was. Chris hat trotz Magenkrämpfen noch eine 52:40 erzielt und den 2. Platz seines AK-Podiums geholt.

Zielperspektive

Sonntag, 2. November 2025

Jahresendlauf Athletik Waldniel 2025

Es hätte noch ein wenig Luft nach oben gehabt. Aber wie das manchmal so ist. Wir waren jedenfalls angemeldet im beschaulichen Waldniel zum Jahresendlauf nach Baukastenprinzip: Man läuft in 4,2-km-Runden bis maximal Marathondistanz, jeder wie er mag, alles kann, nichts muss.

In der Woche zuvor hatte ich sogar noch ein richtig schickes Trainingsterrain, dazu später mehr. Aber dann erwischen mich irgendwelche Bazillen, Mattigkeit, Kurzatmigkeit, dicker Kopf. Doch der Infekt bleibt auf halber Strecke stehen, geht nicht richtig weg, kommt aber auch nicht richtig raus. Also schone ich mich und dann muss ich halt sehen, was in Waldniel gehen wird.

Jedenfalls spielt das Wetter mit. Bei kühlen aber teils sonnigen und trockenen Bedingungen finden sich knapp über 200 Läufer im Stadion ein. Man kann schonmal einen Blick auf die Medaillen werfen. In diesem Jahr eine Neuerung, 3D-Druck. Und natürlich in pink, entsprechend den Vereinsfarben. 😉

Pünktlich um 10 heißt es dann Start frei!




Der Rundkurs bietet von allem etwas.
Zunächst geht es oberhalb des Stadions entlang, ...


... dann an einigen ruhig gelegenen Wohnhäusern vorbei, ...


... eine kleine Anhöhe hinauf, ...


... über freies Feld ...


... wieder bergab durch eine kleine Flussaue ...


... über leicht matschige Feldwege ...


... zurück nach Waldniel ...


... durch die Hintertür ins Stadion ...


... einmal Zielluft schnuppern, am Verpflegungsstand zugreifen und auf die nächste Runde gehen.


Ich suche mir bewusst Bremsläufer aus und will hier in gar keinem Fall groß angreifen, aus Gründen. Die erste Runde fühlt sich auch entsprechend mau an. Aber erstmal reinkommen. Das Feld zieht sich bald auseinander, was das Navigieren vor allem auf den matschigen Passagen erleichtert. 
War mir bei unserer Ankunft extrem kalt, hat sich das inzwischen gegeben. Die zwei, drei kleinen Anstiege trugen dazu bei. Auch die Sonne strahlt des öfteren und gibt ein wenig Extra-Motivation und Wärme.


Auf der zweiten Runde fühle ich mich ganz wohl, auch wenn ich immer wieder auf die Uhr linse. Ich bin langsam unterwegs, wie geplant.
Auf Runde 3 überlege ich hin und her. Soll ich 5 Runden, also Halbmarathon anpeilen? Oder lieber vorsichtig bleiben...?
Sicherheitshalber gehe ich die kleinen Anstiege schonmal, damit der Puls nicht ab durch die Decke geht.


Drei Runden, also 12,6 km sind absolviert. Schonmal ein guter Wert für den Tag. Runde 4, keine Frage, wird angeschlossen.
Aber da merke ich dann doch, dass es nicht so mein Tag ist, wie befürchtet. Ich ringe mit mir. Es wäre nur noch eine Runde mehr, so ein Halber heute wäre doch prima. Andererseits, was bringts, außer dem eigenen Affen Zucker zu geben? Gegen Ende der Woche steht noch ein Lauf an, den will ich unbedingt bestreiten, also nicht hier alles raushauen und dann flach liegen.
Inzwischen fühlt es sich auch zunehmend schwer an. Ich entscheide mich: Ein Stück vor mir laufen noch ein paar Läufer, das wäre ein nettes Zwischenziel, die noch zu überspurten, soviel bekomme ich noch hin, und dann ab durch den Bogen und die Sache ist erledigt. 1:51:27 für 16,9 km sind nicht mehr als ein nettes Trainingsläufchen, aber genau richtig für heute. Nur dass meine Uhr das als "Unterforderung" wertet, finde ich etwas unfair.

Chris dreht seinerseits 7 Runden, ihm fehlt auch ein wenig Training, aber er ist auch zufrieden mit dem Tag. Und das ist, was zählt.


Tja, und mein Trainingsgelände die Woche über wäre Berlin gewesen. Die Laufkleidung war dabei. Ich hatte mir eine Woche Kultur dort gegönnt, Museen, Sightseeing, Berliner Luft schnuppern. Und was wäre da besser gewesen, als über Ku'damm, Unter den Linden zu laufen und natürlich durchs Brandenburger Tor! Aber obwohl ich mir die Zugfahrt mit Maske gönne (ich muss innerlich schmunzeln über das altbekannte Gefühl), kam halt wie schon beschrieben etwas bei mir an. Zudem war das Wetter teils sehr regnerisch und stürmisch. Und die geplanten Museen wollte ich auf alle Fälle erleben und nicht im Hotelbett liegen.



Berlin ist jedenfalls wie immer, spannend, interessant, aufregend, vielseitig, quirlig, erschöpfend. Mein Programm (u.a. Alte Nationalgalerie, Altes Museum, Jüdisches Museum, Zoo, Museum Barberini) machte mir viel Spaß, wie auch die damit verbundenen Stadtspaziergänge. (Für Chris war die Dosis etwas zuviel, er bezirzte daheim die Katzen).
Auch konnte ich mich weiter mit Zeichnen befassen. Nachdem ich vor einer Weile einen "Urban Sketching"-Workshop besucht hatte, reizt mich diese Disziplin sehr. Zur vereinfachenden Erläuterung: Es geht dabei darum, einfach kurz und prägnant, gern im eigenen Stil städtische Motive zu skizzieren. Nicht in allen Details und ausgefeilt, sondern auf das Wesentliche begrenzt. Wie zum Beispiel eine WhatsApp-Nachricht im Vergleich zu einem handgeschrieben Brief oder eine knappe Notiz statt eines ausführlichen Aufsatzes.
Es gibt noch viel zu lernen, aber meine Anfänge gefallen zumindest mir ganz gut. 😊




Und so kam ich auch zu meinem ganz eigenen kleinen Monet (Westminster Bridge, Scharf Collection in der Alten Nationalgalerie), vom Original nur geringfügig abweichend... 😆