Montag, 26. Juli 2021

Die eine Art Wolken und die andere Art

Die Höhenmetersammelei verlangte nach Fortsetzung, solange wir noch in entsprechender Umgebung weilten. Der Himmel zeigt sich etwas wolkenverhangen, für den Nachmittag sind Gewitter angesagt, 20°. Also flugs ein Plan anhand der lokalen Wanderkarte für den letzten Urlaubstag gemacht, der wiederum die Schlucht der Rotache beinhalten sollte. Zunächst ging es 250 Höhenmeter auf Wanderwegen abwärts nach Steffisburg. Von dort gleich wieder aufwärts zum Hartlisberg. 
Schon nach diesem kurzen Stück zeigt sich, dass Wanderkarte und Wegmarkierungen leider nicht gut übereinstimmen.

Die "Meckerer" lauern im Hintergrund




Doch dies vermag mich noch nicht aus dem Konzept zu bringen. Ich finde sogar die "Heimbergfluh", einen kleinen Aussichtspunkt an steil abfallender Hügelkante.



Im Dunst in der Bildmitte: Bern

Weiter geht es über einen wurzeligen Trail, der gute Konzentration verlangt. Die gewonnenen Höhenmeter bis zur Fluh geht es dann wieder steil abwärts über grobe Stufen und ausgewaschene Pfade.




Zu den Wolken am Himmel gesellen sich andere Wolken, "duftiger" Art, die die Nase umwehen. Ich laufe zwischen 2 Weiden entlang, auf denen jeweils ein Landwirt Düngemittel aus dem Stall ausbringt. Mein Weg besteht aus hoch gewachsenem Gras mitten durch die spezielle Aura. Noch während ich mich frage, ob das bernische "Bschütti" nicht viel unverfänglicher klingt als unser eher fades Wort "Jauche", tritt mein Fuß plötzlich zwischen den Grasbüscheln etwas tiefer und ein schmatzendes Geräusch erreicht mein Ohr. Sogleich spüre ich Flüssiges an die Waden spritzen. Ja, die Weiden liegen am Hang, und das hier verteilte Gut sucht sich eben seine Wege... braune Brühe rinnt Richtung Knöchel... 😡
Ein Bauernhof liegt gleich an meiner Strecke, normalerweise haben die einen Brunnen. Das wäre fein zur Reinigung meiner Beine. Doch dieser Hof scheint nicht über eine solche Einrichtung zu verfügen. Also laufe ich weiter und hoffe auf einen Bach. Der auch nicht am Wegesrand liegen will.
Endlich erreiche ich bei Brenzikofen den Weg entlang der Rotache. 
Fehlt nur noch eine Stelle, an der das Flüsslein auch zugänglich ist. Bald habe ich eine solche gefunden und kann mein Missgeschick bereinigen.



Weiter geht es durch lauschiges Waldesgrün. Der Himmel verdunkelt sich etwas.


Ich habe schon länger keine Wandermarkierung am Weg gesehen. Und langsam kommt mir das seltsam vor. Schlimmer, der Weg wird unwirtlicher, schwieriger. Irgendwann stehe ich im Nirgendwo, Ende im Gelände. Es ginge nur klettern abwärts in die Schlucht oder mittels Machete irgendwie durchs Unterholz, wenn man ein solches Werkzeug mit sich führt. Erste Tropfen fallen.

Fake-Haltestelle



Ich irre etwas ratlos umher, mag auch nicht die ganze Strecke zurück. Es bleibt nur eine Alternative: Eine steile Wiese, an deren oberen Ende ich einen Hof erspähe und auch vereinzelt Autos fahren sehe. Auf so einer ziemlich naturbelassenen Wiese ca. 60 Höhenmeter hochzusteigen ist spaßig. Die Fußfreiheit, die ich sonst in meinen Schuhen schätze, erweist sich nun als kontraproduktiv. Die Füße rutschen hin und her in den Schuhen, es wird ein elendes Gestolpere. Wenn mich hier einer beobachtet, der muss meinen..... Manchmal hilft mir nur beherztes Greifen nach Grashalmbüscheln, um nicht abwärts zu kullern. Irgendwann habe ich es geschafft. Und bemerke, dass ich ziemlich weit abgekommen bin von meinem Weg. 



Die Wanderbeschilderungen sind auch im ungewollt erreichten Ort Bleiken suboptimal, aber wenigstens kenne ich die Topografie und kann meinen Start- und Zielpunkt weit weg erspähen. Und der Regen hat aufgehört. Wohl erkenne ich hier auf der Höhe auch die sich nähernden grauen Wolken.
Etwas missmutig trabe ich nach Gutdünken weiter. Und plötzlich komme ich doch zu dem Punkt, den ich eigentlich auf dem Plan hatte, einer anderen Passage durch die Rotacheschlucht.
Wieder geht es abwärts. Hier wären Stöcke nicht verkehrt. Die Geländer und das an einer Stelle gespannte Stahlseil sind sehr hilfreich.




Unten in der Schlucht wieder Bergbachrauschen. Moos- und Farnliebhaber kommen auf ihre Kosten! Ich arbeite mich auf der anderen Seite wieder aufwärts, mühsam Schritt für Schritt.






Am Ende gelange ich wieder auf altbekannte Asphaltwege nahe unseres Dorfes. Nach 3 Stunden, 16,6 km und 750 Höhenmetern bin ich endlich daheim. Nun gut, ich wollte ja eine längere Tour machen...
Etwas später zeigen die grauen Wolken, was sie mitgebracht haben, Hagel prasselt aufs Dach. 
Wohl dem, der dann nicht mehr in Wald und Flur unterwegs sein muss!


Donnerstag, 22. Juli 2021

Pfeffer hier und da

Bei diesigen Bedingungen ziehe ich los. Möchte bei den Glögglifröschen in den Wald, dort länger Runden drehen und anschließend einen Wanderweg zurück in unser Dorf probieren. 

Soweit zum Plan.

Immerhin das Wetter hält sich dran, warm wie angesagt, 20-24°





Das Schnittweiherbad, eine früher gern besuchte Ausflugsgaststätte, leider seit einigen Jahren leer stehend. Dahinter beginnt der schattige Wald.



Doch leider ... ich komme nicht weit. Denn der letzte Woche noch mit Freude abgelaufene Weg ist gesperrt. Guter Rat ist teuer. Ich entscheide, dann erst einmal einen ungesperrten Waldweg zu nutzen, der mich steil nach oben führt, und dort eine andere Herausforderung zu suchen. Gedacht - getan. Das bringt mir immerhin eine unerwartete Begegnung mit einem jungen Hirsch ein. Wir stehen uns plötzlich auf ca. 20m Distanz auf dem einsamen Weg gegenüber und mustern uns gegenseitig. Leider ist mein Gegenüber nicht gewillt, für ein Foto stillzuhalten.


Oben auf der Höhe bei Aeschlisbühl habe ich erneut die Wahl. Der Hinweis auf den unkontrollierten Weg reizt doch sehr.... also geht es halblinks entlang.


Beim Fotografieren weiß ich noch nicht, dass ich daaa hinten bei dem Weiler in der Bildmitte landen werde. Doch es gibt keinen direkten Weg. Da ist noch etwas dazwischen...



Immer tiefer geht es hinab in eine Schlucht. Laufen geht wegen vieler Geröllstellen jedenfalls für mich nicht mehr. 




Unten fließt die Rotache und spendet wunderbare Kühle. Doch gleich auf der anderen Seite geht es wieder steil hinauf.  Es wartet ein steiler Trail mit hohen Treppenstufen.


Eine Sperre?

Ich schnaufe ganz gut. In Gedanken sage ich mir, dass das für die Eiger Trail Läufer wohl eher ein müder Aufwärmlauf wäre... Immerhin belohnt eine schöne Aussicht die läuferische Mühe.



In Ibach gibt es noch 2 hübsche Spycherli zu sehen, die Vorratsbehälter der berner Bauernhöfe.



Leider habe ich keine Wanderkarte dabei. Die beschilderten Wege führen alle immer noch weiter weg, dabei hätte ich vermutet, von hier sollte es in weitem Bogen auf anderen Wegen heimwärts gehen. Pustekuchen. Also Umkehr und wieder ab in die Schlucht der Rotache. Den Weg kenne ich ja nun.


Diesmal gönne ich mir unten ein paar Verschnaufminuten. Die Rotache bildet erst einen kleinen See, der zum Abkühlen einlädt, bevor sie sich gleich bei der Brücke  mit viel Getöse in eine steile Schlucht stürzt.




Beim auf und ab erinnere ich mich an unsere Diskussion in der Läuferrunde in Grindelwald. Ob/Dass ein Stadtmarathon auf hartem Asphalt viel anstrengender sei und mehr Regeneration erfordere als ein Traillauf wie eben der am Eiger. Beim erneuten Anstieg in der Schlucht jedenfalls sehne ich einen Stadtlauf eher herbei... mannmannmann ist das Arbeit hier!
Ich bin froh, als ich wieder schmale asphaltierte Fahrwege unter den Füßen habe.

Hinten auf der anderen Seite der Schlucht, rechts oberhalb des Hofes in Bildmitte war ich


Ich passiere noch ein paar einsame Gehöfte und bin froh über meinen mitgenommenen Wasservorrat. In Gedanken gehe ich die Vorräte im Kühlschrank durch und bleibe immer wieder am Rest eines hausgemachten Birchermüesli hängen, hm, ja danach ist mir jetzt ...



Die letzte Kurve vor zuhause. Hinter der Biegung noch knapp einen halben km bergab und dann habe ich es geschafft. 15 km hört sich nicht viel an, aber 665 Höhenmeter geben dazu einiges an Pfeffer und erklären die knapp 2,5 Stunden Laufzeit.

Pfeffer anderer Art gönnt sich Chris. Während ich "gemütlich" herumjuckele läuft er einen Teil der 35 km-Strecke des Eiger Ultra Trails ab. Wie ich daheim sehe, ist er schon fast rund herum.