Sonntag, 28. Oktober 2018

Windige Sachen

Meine "Wetterfahne" zeigt strammen Wind aus Nord-Ost an, dazu 7°. Das bringt frau an die in Herbst und Frühjahr immer wieder zu klärende existenzielle läuferische Grundfrage:
"WAS ZIEHE ICH AN?!"
2 Lagen oder 3?
3/4- oder Longtight?
Handschuhe?
Nicht, dass mein Schrank leer wäre, aber die rechte Wahl bestimmt letztendlich ja auch den Laufspaß mit.
Heute erweisen sich lange Wintertight, 3 Lagen am Oberkörper, Handschuhe als gute Wahl. Dazu die zweite Nutzung eines im März nach dem Syltlauf erworbenen Accessoires:

Eine Windschutzbrille, aus leichtem Kunststoff, die von vorne und auch seitlich die Augen prima schützt. Das waren sehr gut angelegte 12 EUR im Brillenkettenladen! Danke nochmals für den Tipp, Heidrun 👀!







Mein Weg führt läuferisch heute nach Westen, Richtung Tagebaukante. Dabei erlebe ich Hundertschaften, die laut schreiend ihrem Weg folgen. Leider fotografisch sehr schwer festzuhalten, ziehen beeindruckende Vogelschwärme über mich hinweg. Wahrscheinlich nutzen sie den perfekten Wind aus Nord-Ost für ihren Flug nach Süd-West. Ein Kranichschwarm zeigt, wie er sich durch Ausnutzung von Thermik in vielen Kreisen in immer beeindruckendere Höhen schrauben und dann kraftsparend weiterfliegen kann.





Vorbei an einem gerade abgerissenen Gutshof und einer fast kitschig-idyllisch grasenden Schafherde gelange ich nach Manheim, das aktuell wieder in die Schlagzeilen gerät (Beispiel, Beispiel)



Wie mag es dort nach den Besetzungen der jüngsten Tage aussehen? Am Ortsrand begegnen mir ein paar müde Aktivisten, auf dem Rückweg zu ihrem Camp oder Auto. Ansonsten einige Schaulustige, anhand der Autokennzeichen mit längeren Anreisen, die durch das tote Dorf rollen. Keine Polizei, keine Vermummten. Hier einfach ein paar Eindrücke...

Nach fast getaner Abbruch-Arbeit.




Die Post liefert gnadenlos




Hier will noch jemand Weihnachten im alten Dorf verbringen

Küche seit Jahren dauerhaft geschlossen.
Ein besonders trauriges Kapitel, eine Futterstation für die herrenlosen Katzen. Entweder wurden sie von ihren Besitzern zurückgelassen, oder sie fühlten sich in Manheim-neu einfach nicht wohl und liefen die wenigen km einfach wieder zum gewohnten Ort. 


Mir kommt die Idee, statt mich übers Feld dem Wind nun entgegenstemmen zu müssen, doch einfach durch den Bürgewald zurückzulaufen, dort habe ich wenigstens Windschutz. Und auch wunderschöne Herbstfarben, wie ich erfreut bemerke. Die knatternden Motoren der Karts im Erftlandring und ihre Auspuffdüfte lasse ich dabei rasch hinter mir.












Mitten im Wald, ein Arrangement aus Ästen, Landart?



Hinter dem Wald erwarten mich dann doch noch 4,5 ziemlich Gegenwind-geprägte km. Mitleidig schauen mir 2 Polizisten zu, die in ihrem Streifenwagen die Autobahnausfahrt bewachen. Wohl, falls plötzlich wieder eine Sperrung nötig würde wie am Vortrag.
Doch trotz dieser Anstrengung zum Ende haben die 16 km richtig Spaß gemacht.
Müsste immer so locker laufen. 👍

Sonntag, 21. Oktober 2018

Süffisante Krönung

Gibt es für einen Herbstlauf etwas schöneres, als zwischen goldgrüngelb leuchtenden Weinstöcken zu traben?
Schon vor Längerem von Heidrun  und mir ins Auge gefasst, machen wir uns also auf ins Tal der Ahr, um nochmals die Strecke des Ahrathons (Halbmarathon) unter die Schuhsohlen zu nehmen.


Das Wetter meint es allerbestens mit uns. Wir tätigen noch Einkäufe am Verpflegungspunkt 1 und starten daher nicht vom Originalstart, sondern von einer anderen Stelle der Strecke, kurz vor den ersten Anstiegen in die Weinberge.































Am Himmel zarte Wolkenformationen, leicht böiger Wind, knappe 15°. Passt.
Gleich nach beim ersten Anstieg erhalten wir Szenenapplaus. Huch, dabei machen wir's doch wirklich gemütlich...
Schließlich will man doch die wunderbare Gegend genießen (ich) bzw. die Bodenstrukturen bemustern (Heidrun).







Minimale Unsicherheiten in der Rekonstruktion der Originalstrecke können wir im Teamwork überwinden (Nach nun 9-maliger Teilnahme sollte das eigentlich sitzen, oder nahmen wir da wirklich jeweils so viel Alkohol zu uns...?).
Zwar sind viele Rotweinwanderwegwanderer unterwegs, aber schlussendlich weniger, als zu befürchten war.



























Auch beim sonstigen Start-/Zielgelände (linkes Ufer) eher Leere. Hier legen wir unseren Wendepunkt und haben nur noch wenige Kilometer bis zum Auto vor uns.







A propos: Dort haben wir bereits den zuvor erstandenen Stoff deponiert, der uns die schönen erlaufenen optischen Herbsteindrücke in den nächsten Monaten noch "süffisant" krönen wird!
Prösterchen!
🍷

Sonntag, 14. Oktober 2018

Rhein City Run (Halbmarathon) 2018

Ein junger Kollege hat mich reingequatscht. Der HM von Düsseldorf nach Duisburg, überwiegend am Rhein entlang, sei sooo schön. Also melde ich mich an, mein Mann muss leider aussetzen, was aber den Vorteil hat, dass er den Fahrdienst übernimmt, denn dieser Lauf ist ja kein Rundkurs, sondern endet eben 21,1 km weiter nördlich.


Es ist im doppelten Sinne schattig am Rheinufer in Düsseldorf. Ein kräftiger Wind bläst. Doch welch eine Freude, er kommt aus Süden und wird uns daher fast durchgängig von hinten sanft anschieben! Dennoch zögere ich hinsichtlich meiner Kleidung. Soll ich nicht doch noch eine Radlerhose als 3. Lage unter den Laufrock ziehen? Wie gut, dass ich es lasse.

Vom Event-Shirt, das ich über meinem Sommertop trage, kann ich mich (noch) nicht trennen, so pfeift es hier. Doch schon nach einem km ist es mir fast zu warm. Im Vorteil ist, wer auf den Wetterbericht hörte, denn der sagt bis zu 23° im Laufe des Laufs voraus. Später werden mir viele leid tun, die in langen Tights unterwegs sind... A propos, knapp 2.300 Finisher wird es heute geben.
Vor dem Start, Erinnerung an Berlin dank dieser Musik: Sirus
Zum Start selber, Wellen, Wind und Schiffe legen es nahe: Fluch der Karibik

Unter malerisch bunten Bäumen geht es am Rhein entlang. Ich sortiere mich hinter den 2:00-Zugläufern ein.
Kopf an Beine: "Hey macht mal halb lang, da kommen noch ganz schön viele Kilometerchen!"
Beine an Kopf: "Wir haben aber gerade so viel Spaß, Du alter Miesmacher!"
"Trotzdem, hinten raus könnt ihr immer noch Gas geben!"
"Papperlapapp, wer weiß was dann ist!"

Und so trabe ich vor mich her, durch eine Bilderbuch-Niederrheinlandschaft. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schön ist. Na und erst an einem Sonnentag wie heute!





Bei km 7 der erste Verpflegungsstand. Ein Becher Wasser tut gut beim heutigen Wetter, hatte ich doch schon am Start einen trockenen Mund. Die 2:00-Zugläufer ziehen von dannen, ist auch besser so, die waren mir eh' zu flott.
Unvermittelt folgt Kaiserswerth, ein kleiner Abstecher ins Mittelalter. Sehr malerisch, wieder etwas dazu gelernt.





Über unseren Köpfen sehe ich die erste Zugvogelformation des "Herbstes", km 8.
Beine an Kopf "So, gut für heute, oder sind wir noch nicht da?"
Kopf an Beine "Ihr Experten! Hab ich's nicht gesagt! Befehl an beide: Weitermachen!"
Bauch an Kopf "Ich hab da so ein Bleigefühl..."
"Ruhe im System!"



Ohren an alle: "Hört Ihr das? Jetzt aber zackig, alles Sssssamba!"
Ich nutze die Gelegenheit und streife mein Eventshirt über den Kopf. Es tut gut, dann nur noch im Sommertop weiterlaufen zu können.
Vater Rhein schenkt uns immer wieder schöne Anblicke. Und Deiche, die wir rauf und runter dürfen. Am Ende werden es knapp 160 Höhenmeter sein, nach meiner Uhr.
Augen an Hirn: "Da vorn steht eine leere Bank."
Beine an Kopf: "Jaaa, nichts wie hin!"
Kopf an alle: "Geradeaus weiter!"






Ein letzter Blick auf den Strom, dann biegen wir ab in eine Landschaft, die auch bei mir daheim sein könnte. Äcker, Strommasten, qualmende Schlote am Horizont.




Es folgt die einzige Passage mit strammem Gegenwind. Welch ein Glück, dass ansonsten die Strecke aber von Süd nach Nord führt!
Weitere Erkenntnis: Starker Seitenwind kann bei leichten Laufröcken zu Komplikationenen führen und erfordert dauernde Überwachung des Flugverhaltens des Rocksaums...



Kreislauf an Kopf: "Ganz schön heftig heute. Muss ich noch lange?"
Kopf an Kreislauf: "Ein Stückchen schon noch. Aber wir machen mal was langsamer."

Unvermittelt geht es in einen kleinen Park, sogar mit Schwanenteich. Was es nicht alles gibt, in Duisburg!

Bei km 20 folgen wir einem kleinen Bach. Auch die Ambulanz folgt dem Bach, uns entgegenkommend. Ich sah unterwegs immer wieder Läufer, die ärztliche Hilfe brauchten, das Wetter, zu warm angezogen, zu schnell gelaufen, überschätzt, mögen Ursachen gewesen sein.





Linker Fuß an Kopf: "Meine Zehen wollen mal ein wenig krampfen"
Kopf an Fuß: "Geht's noch? Könnt ihr nicht warten bis ins Ziel? Nur noch 1 km!"
"Nö".
"Wenn's sein muss, dann aber bitte nur ein kleines Krämpfchen und den Rest dann später!"

War es auf der Strecke überwiegend einsam, so erwartet uns zum Ziel richtig gute Stimmung. Ich versuche, trotz der krampfenden Zehen halbwegs elegant den Rest zu absolvieren.







Für einen Sprint reicht es nicht. Eher muss ich andere passieren lassen.









Kreislauf an Kopf: "Äh..."
Kopf an Kreislauf: "Halte durch! noch 50 m!"

Mit einer 2:11'er Zeit schleppe ich mich ins Ziel. Und hänge erstmal über einem Geländer ab. Mir ist etwas schwummerig und ich brauche einige Minuten, bis ich mich halbwegs gefangen habe. Ich erwische eine Halbliterflasche Iso mit Pampelmusenaroma und kann erstmal Durst löschen.

Linke Fußzehen an Kopf: "Dürfen wir jetzt? Du hast es uns versprochen!"
Linke Fußsohle an Kopf: "Au ja, ich will auch mitmachen!"
Kopf an alle: "Was seid Ihr nur für eine unsportliche Saubande!"


Also muss ich mich am Auto vorübergehend stöhnend festhalten, bis Fußsohle und Zehen sich genügend ausgekrampft haben. Mein Mann hat schon eine Bratwurst gefuttert und strebt gleich dem Kuchenstand zu. Mir ist eher nach einem Obstbecher.

Fazit: Ein gut organisierter Lauf in erstaunlich schöner Landschaft. Die Ergebnisse sind schon um 15 Uhr online. Ich finde mich im Mittelfeld von allem (Frauen, AK, Gesamt) wieder. Ist ok, seit Berlin war ich ja auch ein wenig faul...