Das Laufjahr verlangt nach einem ordentlichen Abschluss. Da wir die Schweiz schon wieder verlassen haben, könnte der Bedburger Silvesterlauf, den ich bereits zweimal erlebte (2019, 2018) eine nette Option sein - wäre er nicht aus Coronagründen ersatzlos abgesagt. Gerade noch rechtzeitig höre ich, dass ja in Soest wieder virtuell gelaufen wird. Dort war ich 2020 dabei, weil insbesondere die spezielle Medaille lockte. Also entstand ziemlich kurzfristig und fast von selbst der Plan: Warum nicht den virtuellen Soester Lauf in das echte Bedburger Gelände verlegen? Zwei auf einen Streich eben. In Soest meldete ich mich für 15 km an. In Bedburg könnte man sich unterwegs entscheiden, bis hin zum Halbmarathon. Da sollte was gehen, äh, laufen!
Also auf in den Ortsteil Kaster und als erstes beim Bäcker, der den dortigen Silvesterlauf mit schmackhaften Brezeln belohnt, ein solches Gebäckstück erstanden. Ein wichtiger Motivationspunkt ist damit gesichert.
Am Weiler Hohenholz, dem Startpunkt, herrscht gähnende Leere, der Wind streicht über einsame Äcker. 12°, also gute Lauftemperatur. Zu Fotografieren gibt es eigentlich nichts. Außer Leere, Matsch, und immer irgendwo ein qualmendes Kraftwerk oder Windräder. Immerhin, der Himmel bietet malerische Wolkenbilder.
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Kraftwerke Neurath und Niederaußem |
Es gibt nur sehr wenige Begegnungen unterwegs. Einmal kommt mir ein Gassigängerpaar entgegen. Man grüßt sich, der Mann fragt "Silvesterrunde?" Ich bejahe. "Wir auch, aber Runde mit Hunden!"
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Kraftwerk Frimmersdorf, stillgelegt |
Die Strecke verläuft überwiegend auf Asphalt, doch auch ein längeres Stück Feldweg ist enthalten. Ich erinnere mich an schlammige Passagen dort. Same procedure as last time...
Allerdings ist es diesmal ja deutlich milder als bei meinen vorherigen Teilnahmen. Was sich olfaktorisch bemerkbar macht, indem es am hintersten Punkt der Strecke extrem nach Suppengrün riecht.
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Kein Plan B..., also hindurch! |
In Bedburg läuft man zunächst einige Kilometer hinaus auf die Felder, dann eine ca. 5 km lange Runde bis zu dreimal (je nach gewünschter Gesamtdistanz) und dann wieder zurück zum Weiler. Die ersten Kilometer fühlen sich gut an. Dummerweise verlaufe ich mich, bemerke das aber noch rechtzeitig und kann korrigieren.
Nach 10 km (also auf meiner zweiten 5'er-Runde) folgt ein kleiner Hänger. Mich ärgert, dass die mitgenommene Wasserflasche undicht ist, also trinke ich lieber das weg, das noch drin ist.
Die "Soester 15" motiviert als erstes Etappenziel. Und wahrlich, die Sonne vergoldet meinen virtuellen Zieleinlauf. Die Zeit kann ich daheim erfassen und mir sofort eine Urkunde ausdrucken. Ich liege im Mittelfeld aller Damen. Die Medaille wird später zugeschickt.
Da fehlt mir ja nun auch nicht mehr viel bis zum Halbmarathon!
Also weiter auch wenn die Beine nun doch ermüden. Und natürlich noch ein drittes Mal auf die 5'er-Runde, wenn man schon einmal hier hinten unterwegs ist ;-).
Ich passiere auf den Wiederholungsrunden dreimal eine Hütte, an der sonst ein Getränkeposten die Läufer/innen verpflegt. Diesmal steht dort ein seltsamer älterer Kauz. Als ich mich nähere, tritt er von seinem an der Wand lehnenden Fahrrad an den Wegesrand, Hände in den Taschen, Rücken durchgedrückt, Kinn nach vorn gereckt. Wie der Landjunker beim Kontrollieren seiner Güter. Er würdigt mich keines Blickes.
Wenige 100m weiter kommt mir ein älterer Radler auf dem schlammigen Weg entgegen und fragt, ob der mit dem Rad schon da sei. Da weit und breit kein anderer ist, muss er wohl den Junker meinen. Ich bejahe und er kämpft sich weiter voran. Bei meiner zweiten Passage vermute ich die beiden plauschend dort sitzen zu sehen. Aber nur der Landjunker auf einer Bank dösend verweilt dort. Gleicher Anblick beim dritten Mal.
Wer dann aber das Schachspiel dort aufgebaut hat...? Für wen und wann...? Seltsam.
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Vorn Schachspiel, hinten Junker |
Ich habe noch ca. 5 km vor mir und lasse etwas Traubenzucker im Mund zergehen. Der gibt wieder ein wenig Schwung für den Homerun, der nun fast durchgängig gegen den auffrischenden Wind führt. Zur Ablenkung versuche ich, die Windräder zu zählen, die man hier erkennen kann. Bei 80 höre ich auf.
Das Ziel kommt in den Blick, daaaa hinten hinter dem Wäldchen.
Wegen meiner kleine Verlauf-Aktion liegt mein virtueller Zielstrich etwa hier:
Die letzten wenigen 100m nutze ich zum Cool-down. So habe ich auch Zeit, ein Wegekreuz zu fotografieren. Es gibt mehrere hier im Areal.
Sonne und Wolken setzen sich auch nochmals kurz in Szene.
Ein schönes Gefühl, das Jahresende läuferisch gewürdigt zu haben Und nun habe ich auch einen Guten Grund, wenn ich den Jahreswechsel (mal wieder) verschlafe...
Ja, das neue Jahr, was mag es uns bringen? Wohin wird der Weg uns führen? Auch wenn wir heute noch nicht seine Kurven, seine schwierigen und seine leichten Passagen kennen, wir werden ihn gehen und erleben. Vielleicht biegen wir an der einen oder anderen Stelle einmal falsch ab, vielleicht haben wir mit dem einen oder anderen Schlagloch oder Baustellen zu tun. Aber sicher führt er uns auch zu schönen Gefilden. Was auch immer uns erwartet, stehenbleiben geht nicht.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen einen schönen Jahresausklang und alles Gute für 2022!