Eigentlich sind 10'er ja Hetzerei. Aber auch eine nette Abwechslung, zumal, wenn sie quasi vor der eigenen Haustür stattfinden, UND es hinterher noch einen Weckmann gibt (Medaillen sind ja per se etwas unbekömmlich).
Also machen wir uns von daheim startfein auf den Weg und nutzen die 400m von der Haustür zum Start zum Aufwärmen, was sportphysiologisch wie auch angesichts der 5° Außentemperatur Sinn macht. Knappe 400 Teilnehmer/innen freuen sich auf einen Abendsprint. Man kann den Rundkurs einmal durchlaufen und hat dann 3,3 km absolviert, oder eben 2x oder 3x bis zu den 10 km. Die Entscheidung trifft man jeweils beim Ziel.
Und wieder ertönt Sirius (das wird jetzt aber inflationär) und auf geht's durch Gassen, Straßen und Spazierwege unseres Stadtteils. In der ersten Runde ist es noch recht dicht. Viele Spaß- und Gelegenheitsläufer sind unterwegs. Ich überhole dermaßen viel, dass ich mich schon fast fühle wie Usaine Bolt. Aber das täuscht natürlich. Ein Blick auf meine Uhr holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Es läuft locker. Und natürlich strebe ich nach 3,3 km nicht ins Ziel, sondern wähle die Passage hindurch.
Auf der zweiten Runde sind schon 60 Läufer/innen weniger dabei. Was sich durch erfreulich weiten Raum auf der Strecke bemerkbar macht. Ich versuche ein paar Fotos, die erwartungsgemäß mehr künstlerischen als informativen Charakter haben.
Etwa zur Hälfte stellt sich ein kleiner Hänger ein.
Bei km 5 ruft ein Posten, dass da ja die Spitze kommt. Ähm, auch wenn ich gerade überhole, kann er nicht mich meinen. Aber da naht schon von hinten das Führungsfahrrad, dessen Pedaleur eine aus farbigem Plastikkanister selbst gebastelte Warnleuchte auf dem Kopf trägt. Sankt Martin lässt grüßen. Im Schlepptau hat er den Führenden, der in Flatterhöschen und Singlet vorbeidüst. So spärlich bekleidet würde ich auch dem Erfrierungstod davoneilen wollen...
Das kleine Tief ist rasch überwunden. Klar geht es dann auch bei 2. Zieldurchlauf wieder nicht in die Abbiegespur, wie auch für die übrigen 220 10-km-Läufer/innen nicht.
Ich kann nun auch etwas besser die vielen Helfer am Streckenrand und die sehr sorgsam angebrachten Markierungen und Bänder wahrnehmen. Der Lauf zirkelt um 2 Wohnviertel herum. weswegen 10 Straßenquerungen für Autos gesperrt werden müssen. Sicherlich zur "Freude" vieler Autofahrer, vor allem bei den Zubringerstraßen. Auch lauern im Dunkel unseres Spazierweges manche Gefahr wie kleine gemauerte Sitzrondelle mitten im Weg. Alles durch Posten und Warnlampen gesichert.
Bei km 7 laufe ich auf einen älteren Läufer auf. Er müht sich redlich, sein Schnaufen und Stöhnen lässt keinen Zweifel. Optisch sieht es langsam aus, aber locker an ihm vorbei komme ich auch nicht. Er scheint sich von mir anschieben lassen zu wollen. Ok, schaun mer mal. Wir nähern uns der Abbiegung von Straße auf Spazierweg, eine im Dunkeln leicht zu übersehende Stelle. Weswegen eine freundliche Streckenhelferin schon von weitem ruft "Liiinks abbiegen!" Das nimmt der Ältere vor mir allzu wörtlich und steuert prompt eine Garageneinfahrt an. Die Helferin und ich können ihn mit vereintem Rufen zurück auf die Strecke bringen. Als er bei km 8 eine Flatulenz in den Novemberabend entlässt, nehme ich das als Signal, nun die Überholung anzusetzen. Das klappt und bald darauf höre ich ihn nicht mehr hinter mir.
Immer noch kann ich Läufer einsammeln, manche sind gar von Lauf auf Gang gewechselt. Für mich fühlt es sich wieder lockerer an, obwohl die echte Zeit das als Irrtum entlarvt. Mit 56:51 netto laufe ich ins Ziel ein, im Mittelfeld aller und als 2. meiner AK. Chris ist 3 Minuten vor mir angekommen. Für ihn keine tolle Zeit, aber momentan zählt erstmal Distanz durchhalten. Hätte ich das gewusst, 2018 hatte ich eine 52'er Zeit, da hätte ich ihn sogar überholen können!
Im Ziel wird jedem der wohlverdiente Weckmann überreicht, ich nehme noch ein Wasser und einen Apfel mit und trabe gemütlich heim. Wo mir beim Haus aus einer anderen Gasse kommend Chris begegnet. Lustig, da hätten wir uns eigentlich im Ziel sehen müssen, aber da war es wohl zu dunkel.😆