Montag, 26. Februar 2018

Wärmehunger

Bitterkalt war es zum langen Lauf der Woche. So kalt, dass sich kleine Eisschichten am Rande von einigen Wasserläufen bildeten. Ein seltener Anblick in unserer Region.
Demzufolge galt es, einen hohen Gemütswiderstand zu überwinden, denn ist es nicht sooo gemütlich im warmen Heim? Doch nachdem unsere Eishockeymannschaft sich so wacker mit allem was sie aufbieten konnte den olympischen Helden aus Russland entgegenwarf, werde ich doch wohl meine läppischen 25 km abspulen!


Ich suche mir wieder eine etwas windgeschützte Strecke. Aber die Kilometer an der Erft entlang sind dennoch unangenehm. Kann es sein, dass das Flüsslein wie ein zusätzliches Kühlaggregat wirkt? Und der Schatten des Waldes tut sein Übriges dazu. Die zahlreichen Sonntagsspaziergänger sind alle dick eingemummelt. Ein wenig Neid kommt auf...
Um nicht auf dumme Gedanken zu kommen, laufe ich heute keine Runde, die abzukürzen ginge, sondern 12,5 km immer mit dem Rücken zum wohligen Heim und daher weg von demselben. Ich rechne mir aus, dass ich meinen Wendepunkt etwa bei einer Apfelplantage an der Erft erreiche. Aber die Kalkulation geht nicht auf, die Uhr zeigt mir gnadenlos, dass immer noch 2 km fehlen. Der Gedanke, dass ich das alles wieder zurückmuss, löst nicht gerade Freudentaumel aus.

Also nutze ich die Gelegenheit, kurz ein paar der noch minimal wärmenden Sonnenstrahlen zu tanken. Ich hatte die Strecke so gewählt, dass ich für den Rückweg wenigstens Wind von schräg hinten haben sollte.
Aber wer legt eigentlich immer den Schalter um, dass genau in dem Moment der Wind dreht? So trotte ich mit zunehmend gefühllosen Fingern und gelegentlichem leichten Frösteln wieder am kalten Erftufer zurück.




Später entdecke ich auf einer Weide am Wegesrand andere Sonnenhungrige. Eine Gruppe Graureiher scheint hier auch ihr Wärmebedürfnis stillen zu wollen. Inzwischen habe ich fast 20 km geschafft und sehne mich ebenfalls nach Wärme. Plötzlich passiert etwas ungewöhnliches. Die Beine übernehmen das Kommando und ziehen das Tempo an, ja sie laufen gar wie von selber, ohne dass der Kopf sie antreiben müsste. Interessantes Phänomen.
Am Ende bekomme ich noch die 3 Steigerungsintervalle hin, der mein Plan immer am Ende solcher langen Läufe verlangt, und trete endlich ins gut geheizte Haus.
Das wäre jetzt so ein Moment für ein heißes Wannenbad. Aber so etwas haben wir ja gerade nicht. Da muss es eben wieder die Behelfsdusche im kalten Keller richten ... brrrr.
Interessanterweise konstatiert mir mein V800 nachher ein Top-Resultat. Polar bildet einen Laufindex aus den Komponenten Tempo, gelaufene km und Herzfrequenz. Danach war dieser Lauf so gut, wie es nur alle paar Wochen einmal vorkommt.

0° und darunter, 24,5 km, 2:50:45, 6:58 Min/km, HF 125 

Freitag, 23. Februar 2018

Chill und chillen

Wenn drei Lagen am Oberkörper sitzen,
wenn die Laufknickerbocker angelegt werden,
wenn die Handstrickknöchelwärmer zum Einsatz kommen
und wenn Fettcreme das Gesicht bedeckt -
DANN ist es ziemlich kalt.
Darüber kann der strahlende Sonnenschein nicht hinwegtäuschen, dass das Thermometer 0° zeigt. Dazu weht ein unangenehmer Süd-Ost-Wind, brrrr.

Also suche ich mir eine Strecke mit natürlichem Windschutz und trabe locker vor mich hin.
Mein Grübelstoff des Tages: Trotz des Waldes spüre ich an ungeschütztem Stellen deutlich die Wirkung des Windchill. Damit wird ja die durch den Wind reduzierte gefühlte Temperatur ausgedrückt.
Doch warum ist "Chillen" dann eine sehr angenehme und keinesfalls unterkühlte Angelegenheit?


Beim Lauf komme ich nicht auf die Lösung. Doch später daheim kann ich nachschlagen:
Chillen bedeutet abkühlen. Ja klar, da kann man als Läufer die Verwendung des Begriffs gut nachvollziehen: Nach einem schönen Lauf auf dem Sofa abkühlen, ausspannen, relaxen!
Doch bis dahin muss ich noch ein paar Kilometerchen absolvieren.



Die erste Hälfte meiner Route laufe ich dauernd gegen die Sonne. Gar nicht so einfach, manche Stolperstelle ist schwer zu erkennen.
Auf der Rückroute habe ich dann mehr Muße, mir viele Details am Wegesrand anzusehen.








Etwa an dieser Stelle habe ich plötzlich einen tierischen Begleiter. Ein schwarzer Hund (mit deutlichem Pudeleinschlag aber größer) hat keine Lust mehr, bei seinem am Wegesrand tratschenden Frauchen zu warten. Laufen und tollen findet er viel spannender. Munter springt er eine Weile neben mir und um mich herum. Erst mit ziemlicher Verzögerung ereilt ihn das akustische Abrufsignal, das ihn von dannen ziehen lässt. Den Rest meiner 14 km laufe ich dann wieder allein.
Normalerweise wäre das ein Lauf, nach dem ein heißes Schaumbad wunderbar wäre. Darauf müssen wir aktuell verzichten. Da, wo sonst die Badewanne war, sieht es gerade so aus:


Tja, wenn man es nachher schöner haben möchte, muss man schonmal etwas auf sich nehmen...
Wenigstens konnte uns der gut sortierte Installateur zur Unterstützung der  Körperhygiene ein temporäres Duschkonstrukt zur Verfügung stellen.
Wahrer Komfort geht anders, aber es ist ja nur für 4 Wochen.
Wir schaffen das!
Und dann wird wieder in der Wanne gechillt! 😁

Mittwoch, 21. Februar 2018

Münchner Memories

Jeder hat wahrscheinlich so seine speziellen Erinnerungen an Marathonläufe. Bei mir sind das oft optische und akkustische Eindrücke, Beobachtungen am Streckenrand und Begebenheiten während des Laufs. Beim Münchner Marathon 2015 kam für mich ein weiterer besonderer Erinnerungsmoment dazu.
Als wir nämlich nach dem Lauf ausgehungert und dürstend nach Erfrischung in ein Brauhaus einkehrten und ich dort ein Radler bestellte.
Was mir sodann kredenzt wurde, war eine wahrliche geschmackliche Offenbarung. Schon allein der Anblick des schaumgekrönten perlenden Getränks ließ das Wasser im Munde zusammenlaufen. Am Gaumen entfaltete sich das erfrischende zitronige Aroma, begleitet vom feinperligen Prickeln der Luftbläschen. Und erst der Moment, als das kühle Nass die Kehle hinabströmte und im Magen sein erfrischendes Werk tat...
Gleich noch ein Schluck und noch einer und noch einer... und im Handumdrehen ist das Glas geleert (Ich meine mich zu erinnern, es war ein halber Liter). Doch nicht lange musste ich auf weitere Labsal warten, die Kellnerin war um Nachschub nicht verlegen.
Ein göttliches Getränk!
Seither habe ich immer wieder nach genau diesem Getränk aus genau diesem Hause Ausschau gehalten. Im Rheinland, genauer dem Kölsch-dominierten Teil, ist das Sortiment des einschlägigen Einzelhandels jedoch anders strukturiert. Und das in München besuchte Brauhaus gehörte nicht zu den ganz großen Adressen. So fand ich -wenn überhaupt- nur die "Normalbiere" des Hauses. Doch der Kombination mit zugekaufter Limonade war nicht wirklich durchschlagender Erfolg beschieden.
Aber die Getränkedurststrecke hat ein Ende! Man muss nur gute Freunde mit gutem Gedächtnis haben!
So ereilte mich von Lauffreundin Heidrun der Hinweis auf das Wunschradlerangebot einer Getränkefachmarktkette, und zwar in Fertigmixabfüllung aus der bajuwarischen Hauptstadt.
Nichts wie hin! Der zuerst angesteuerte Markt verfügte nicht über eine entsprechende Lieferung, ich möge 3 Tage später wiederkommen. Jo mei, die Bayern liefern halt ihr Stöffchen nicht überall hin!
Aber mein Auto hat Räder genau deswegen, dass es auch zu anderen Filialen rollen kann. Und so rollte es dann mit einem Kasten der köstlichen Labsal heimwärts.

Flugs ein Fläschlein in den Kühlschrank. Das wirkt motivatorische Wunder. Der 9-km-Tempolauf lief wie von selber, wusste ich doch, was mich daheim erwartete.
Und als ich dann dürstend die Küche betrat,
den Kühlschrank öffnen
und das Fläschlein entnehmen konnte...
welch ein Moment!
Der Anblick des schaumgekrönten perlenden Getränks ...(siehe oben).
Jetzt fehlt mir nur noch die deftige Münchner Kost zur Befüllung der Kohlenhydrathspeicher!

Hätte ich diesen Getränkeanreiz schon am Sonntag gehabt, wäre vielleicht der lange Lauf besser verlaufen. Doch statt 22 km wurden es nur 17,5. Es war irgendwie nicht hinzubekommen, der Kopf vermochte die Beine nicht über die Trägheitsgrenze zu heben. Dafür war es heute wieder lockerer. Ich werde mir den wertvollen Getränkekasten gut dosieren!

Freitag, 16. Februar 2018

Muttervogel am Markusplatz

Ich trabe so herum. Mal mehr, mal weniger lustvoll.
Der Trainingsplan ist gnädig mit mir und sah zum vergangenen Wochenende statt eines langen Laufs "nur" einen 10-km-Wettkampf vor. Meine erste Ausrede war, dass in erreichbarer Nähe keiner stattfand. Meine zweite Ausrede war, dass ich auch keine Lust darauf hatte. Also fielen nur 10 km aus statt derer 20 oder noch mehr.
Ansonsten stehen eher kürzere Einheiten, also unter 10 km auf dem Plan. Die bekomme ich dann doch hin. Und bei so schönem Wetter wie vor einigen Tagen, mit Schnee und Sonne, ist das sogar trotz der Kälte reizvoll.

Dienstag hätte ich ein sehr schönes Bild fotografieren können - hätte ich meinen Apparat dabei gehabt. Aber wie so oft, immer wenn nicht, verpasse ich etwas. In unserem Ort fand wie immer der letzte Karnevalsumzug in unserer Ecke statt. Was bedeutet, dass allerseltsamste Menschen bzw. Vögel am hellichten Tage herumlaufen.
So stelle man sich folgende Szene vor:
Blauer Himmel, Sonne, Ortsrand.
Hinter dem Zaun der Hühnerweide lauern die gackernden Damen schon in geballter Formation auf ihre Fans und Futterüberbringer.
Vor dem Zaun, hat sich wie schon öfter eine stattliche Anzahl Tauben versammelt, auf deren Speiseplan ebenfalls neuerdings Hühnerfutter steht.
Am Zaun stehen 3 knatschlilaviolette ... Vögel. Also genauer gesagt, zweibeinige verkleidete Vögel. Etwa so flauschig-flummig wie der gute alte Bibo aus der Sesamstraße. Aber eben in grellen Farben. Ein großer und zwei kleine, dazu ein Kinderwagen.
Als ich vorbeilaufe, erheben sich die schätzungsweise zwei Dutzend Tauben laut flatternd als Schwarm in die Lüfte - glatt wie auf dem Markusplatz! Die beiden kleinen knatschlilavioletten Vögel klatschen vor Freude in die Hände. Ich muss eher darauf achten, nicht mit einer der Starterinnen zu kollidieren. Wäre ein klasse Bild geworden...
Ob der große ein Muttervogel oder ein Vatervogel ist, kann ich beim Vorbeilaufen wahrhaftig nicht so leicht erkennen. Ich passiere sie noch zweimal, da ich der Einfachheit halber nur 3 Runden um das Feld laufe. Beim dritten Mal bin ich sicher: Muttervogel.

Heute allerbeste Laufbedingungen: Fast wolkenloser Himmel, endlich mal kein Wind, sanfte 7°, fast schon frühlingshaft. So könnt es jetzt bleiben. Dann kommt auch die Lauflust wieder.

Dienstag, 6. Februar 2018

Aus dem Tritt

Im Moment fällt es mir etwas schwer.
Gerade hatten wir wieder Tritt gefasst, nach dem schwierigen Jahreswechsel (Lebenslauf). Der Einstieg in den Trainingsplan, leicht verspätet, aber dann mit viel Spaß, wenigstens bei mir (Training mit Medaille). Chris plagt ein Problem an der Achillessehne, er hat Laufverbot.
Und nun gilt es einen Alptraum zu durchleben, wie man es sonst nur liest.
Dass da jemand beim Sport tot zusammenbricht.
In unserem Fall ein enger Angehöriger, der munter zum Fußball mit Freunden geht, und das Spielfeld nicht mehr lebend verlässt.
Manch anderen Todesfällen mag man noch tröstliche Aspekte abgewinnen. Weil jemand schon sehr betagt war beispielsweise, oder wenn jemand von Leiden erlöst wird. Doch wenn jemand einfach so aus einem blühendem Leben mit noch vielen Plänen und Projekten herausgerissen wird, fällt mir in tröstlicher Richtung nichts mehr ein.
Und es fällt schwer, sich in die Sportkleidung zu werfen. Was wäre, wenn ...?

Dennoch hoffe ich auf Ablenkung beim Laufen, so minimal sie auch sein möge.
Der erste Lauf nach der schlimmen Nachricht endet in einem ungewollt viel zu hohen Tempo über volle 8 km, 5:36 Min/km. Beim nächsten Lauf liegen gefühltes und gemessenes Tempo dauernd auseinander, mein Tempogefühl lässt mich völlig im Stich. Samstag pegelt es sich halbwegs wieder ein. Statt des langen Sonntagslaufs, zu dem ich mich nicht aufraffen mag, fühlt sich ein kurzer, sehr langsamer Lauf gut an.
Montag lockt die Wintersonne, ich ringe mich durch, den langen Lauf nachzuholen.

Als ich wie oft in Sichtweite einer Ruine vorbeilaufe, zu der kein Weg mehr führt, entschließe ich mich zu einem Trailabstecher dorthin. Nur im Winter geht das, denn im Sommer ist alles voller Gestrüpp und Brennnesseln.
Es muss ein stattlicher Herrensitz gewesen sein, wie ein Zeitungsartikel mit Foto belegt: Link.

Ich nehme mir einige Minuten für eine kleine Besichtigung. Dann trabe ich so langsam es geht weiter im Wintersonnenlicht. Das tut gut, nur die Abschnitte mit Gegenwind aus östlicher Richtung knapp über 0° sind anstrengend. 21 km werden es am Ende.