Sonntag, 1. Mai 2022

Halbmarathon Bütgenbach 2022

Weils so schön war letzten Sonntag, heute noch ein Wettkampf, der Halbmarathon rund um die Talsperre von Bütgenbach. Obwohl es deutsch klingt, sind wir jedoch in Belgien, im Bezirk Lüttich, in einer der neun Gemeinden mit deutscher Prägung.

Die Teilnahmegebühr beträgt 10 EUR, dafür gibt es gute Organisation, Wasser unterwegs, keine Urkunde, nur begrenzt Medaillen für die Platzierten, aber ein Shirt für alle. Und viel schöne Landschaft des südlichen Hohen Venns.

Das beginnt schon bei der Anreise. Unser Navi schickt uns über verwunderliche Weglein... Eine erste Einstimmung auf den Lauf. 😀






In der Sporthalle treffen wir Marion, Anja und Wolli. Kalt ist es, 9° und Wind. Die meisten Läufer sind sommerlich gekleidet, das liegt mir definitiv fern. Aber die Belgier sind da wohl härter drauf.

Wir laufen uns warm und nehmen letzte Anweisungen von Drillmeister Wolli entgegen: Wehe wir laufen grinsend ins Ziel oder haben gar noch Zeit, Publikum abzuklatschen, er droht drakonische Strafen an. Na dann müssen wir uns mal Mühe geben! Mein Ziel ist, meinen eidgenössischen Ehemann diesmal nicht nur bis auf 6 Sekunden einzuholen, sondern mindestens an ihm vorbeizuziehen. Ich rechne mir Chancen aus.
 


Es starten rd. 200 Halbmarathonläufer und 70 11-km-Läufer gemeinsam. Damit keine Langeweile aufkommt, gleich die erste Steigung in den Ort hinein. Uff, da wird einem gut warm!
Kleine Gefällestrecke und schon sind wir im Wald. Gleich wieder bergauf! 
Eine Läuferin neben mir motiviert eine hinter uns Laufende mit "Gleich sind wir oben, danach nur noch flach!" 
Ich habe das Profil anders im Kopf und frage "Sicher?"
"Doch, klar. (Pause)  Oder läufst du Halbmarathon?"
"Ja."
"Äh...."
Sie läuft nur die 11 km, und meine Einschätzung des Profils erweist sich als nicht daneben liegend.





Nach 6 km verlassen wir den hochliegenden Wald und können Gefälle zum See herab genießen.





Ich laufe länger mit 2 älteren Herren, mal sie vor mir, mal umgekehrt.


Bei km 9, zweite Wasserstation. Wolli hat sich postiert um mir ein Wasser, handgewärmt, anzureichen. Kurz vor mir erreicht der ältere der beiden Vorläufer den Punkt und denkt, das hingehaltene Wasser sei seins, aber Wolli ruft ihm nur zu "Nee, Helmut nicht für dich!" und ich kann mich am Getränk laben.
Sogleich folgt der nächste Anstieg, der als langgezogenes "S" erkennbar wird (siehe Foto). 
Nach der Wassernummer mustert mich Helmut näher. Ich trage ein Monschau-Shirt, worauf sich ein munterer Dialog ergibt, dort sei er schon 11x gestartet. Er erzählt viel, nur leider verstehe ich nicht alles. Er spricht das spezielle deutsch der Region, ein Mix aus deutsch, mit niederländischem Klang und französischem Einschlag. Aber eines verstehe ich: Helmut ist 79! 
Und dann lässt er mich erstmal am Hang hinter sich.


Ich genieße ein wenig die tolle Aussicht und hänge mich wieder rein. Helmut hat wohl doch leicht überpaced und geht. Ich kann meinerseits an ihm vorbeitrippeln.
In einer Kurve stehen ein paar Leute. "Ah Helmut, ca va?"
Ein paar Kurven später: "Helmut allez-hopp!"
Alle kennen Helmut!





Der Kurs schlängelt sich durch schöne Landschaft, Weiden und Moorpassagen wechseln sich ab. Bei mir läuft es gut, ja, es macht mir sogar Spaß, solange die Steigungen absehbar sind und immer wieder ein Abwärtsstück folgt. Wie so oft merke ich, dass ich hinunter schneller bin als manche anderen.
Helmut bleibt nun dauerhaft hinter mir, aber durch Begrüßungsrufe erfahre ich seine ungefähre Position.





Bei km 13 der letzte steile Anstieg. Ich entscheide mich für Gang, die Körner will ich mir sparen. Danach soll, laut Helmut, eigentlich alles flach sein, also naja, relativ, wie er meinte. Und was immer hier im Hügeligen flach heißen will.
Vorbei an Kuhweiden (ach dieser Duft nach Land!) geht es erneut abwärts zum See.
Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich hier doch längst Chris vor mir sehen müsste, aber nichts ist es mit dieser Art von Motivation. Ich sehe nur andere vor mir. Aber dafür läuft es weiter gut. Die Beine wollen wie von selber. Über fast 5 km läuft man auf einem schmalen Wanderweg am Seeufer, über Wurzeln, Tannenzapfen und im zickzack um manche Wanderer, ein paar Schritte hinauf und gleich wieder hinab. Ich kann einige überholen. Läufer-Flow, herrlich.



Da gegenüber ist das Ziel!

Bei km 19,5 passieren wir die Staumauer. Immer noch ist mein Mann mit seinem blauen Shirt nicht in Sicht. 😕 Als Kompensation kann ich weitere jüngere Männer überholen.😋


1 km vor dem Ziel kommen wir auf die Ravelroute, ehemalige Bahntrassen, heute Radwanderstrecken.
Es kann nicht mehr weit sein!
Am Rand steht das 21-km-Schild. Heureka, ich setze einen Zielsprint an. 100 m schaffe ich das und kann eine weitere Läuferin überholen. Aber dann, weit gefehlt, 100 belgische Meter sind anscheinend nicht unbedingt mit dem metrischen System konform. 😟 Muss ich halt weiter.


Links unterhalb ist immerhin schon das Ziel in Sicht!


Und dann! DAAAAA! Ein Stück vor mir läuft das blaue Shirt! Aber leider ist es nun zu knapp. In einem scharfen Knick verlassen wir den komfortablen Damm, müssen über einen holprigen kurzen Trail hinab und sind nach einer 360° Kurve unter dem Damm hindurch im Ziel.




Immerhin habe ich Chris doch noch FAST geschnappt. Diesmal fehlen 13 Sekunden. Klar, ist ja auch etwas mehr als doppelt so lang wie der 10er neulich mit 6 Sekunden Rückstand!
Mit meiner 2:03'er Zeit auf den 240 Höhenmetern bin ich sehr zufrieden.
Während des Laufs war mir auch warm genug, aber kaum steht man, beginne ich zu frieren. Die Siegerehrung wäre erst eine Stunde später, daher ziehen wir es vor, die 100 km Heimweg anzutreten. Dumme Entscheidung, denn ich habe den 3. Platz meiner AK geschafft, wäre mit Marion (2. AK) sogar einmal zusammen auf dem Podium gewesen, hätte Medaille und Sachpreis bekommen.
Tja, da muss ich dann wohl nochmals nach Bütgenbach! Vielleicht ist Helmut auch wieder da.

11 Kommentare:

  1. Liebe Elke,
    alle kennen Helmut und wir nun auch! Was für ein toller Läufer! :D
    Gratuliere dir in erster Linie zu diesem - wie es klingt - durchgehend genossenen HM mit super Zeit und natürlich auch zum Treppchenplatz. Die Landschaft muss ja ganz besonders ansprechend sein, wenn man deine Bilder sieht. Nur schade, dass die Strecke dadurch keinen weiten Vorausblick erlaubt hat. Hättest du Chris schon früher entdeckt, wäre vielleicht die Magnetwirkung stärker gewesen?
    Aber wie es auch sei, super gelaufen! :)

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    1. Liebe Doris,
      ja, wenn ich mal mit 79 noch so fit wäre wie Helmut, bewundernswert! Der Lauf war wirklich prima und hat Spaß gemacht. Hätte ich Chris früher entdeckt, ich glaube, da wären noch ein paar Sekündchen geschmolzen...
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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  2. Liebe Elke
    NEINNN! Jetzt fehlt das Podiumsfoto mit Marion!!
    Aber der Fakt bleibt: du bist die 2. in deiner AK und dafür einen ganz herzlichen Glückwunsch! Super gemacht!
    Du bist wirklich eine sehr gute Zeit gelaufen. Ich verfolge ja mehrere Blogs in den USA, und du würdest den jüngeren Damen spielend davonlaufen.
    Danke auch für die tollen Frühlingsfotos. Was für eine wunderschöne Gegend!
    Es freut mich auch sehr, dass für Chris der HM gut gelaufen ist - ich glaube, es geht aufwärts mit ihm. Und Helmut wird dich nächstes Jahr bestimmt im Läuferfeld suchen! ;-.)

    Liebe Grüsse aus dem dunklen Cape Town, auch an Marion und Trainer Wolli!

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  3. *Wollte sagen 3. in deiner AK - immer noch SEHR GUT! :-)

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    1. Liebe Catrina,
      es gab kein Podium mit Marion, weil sie noch Pommes frites essen waren, und danach zu spät zur Siegerehrung kamen. Also 2023 auf ein neues! Die Gegend war wirklich schön, zum laufen und zum schauen aus dem Autofenster. Wenn mal alle Läufe so wären... Chris ist auch sehr zufrieden, für sein fehlendes Training sowieso.
      Danke, die Grüße gebe ich gern weiter, liebe Grüße zurück aus dem Rheinland!
      Elke

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  4. Liebe Elke,
    du bist ja wirklich richtig gut drauf zur Zeit. Gratulation zum 3. Platz in der AK in so einer guten Zeit! Die Fotos sind bezaubernd - ein sehr schöner Lauf und das für einen so fairen Preis.
    Und Helmut - hat der seine AK gewonnen? Ich vermute ja mal. Hast du ihn noch ins Ziel kommen gesehen?
    Liebe Grüße!

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    1. Liebe Roni,
      danke. Ja, die Gegend dort ist wirklich schön, rauer Charme und viel Platz in der Landschaft.
      Helmut kam 3 Minuten nach mir ins Ziel, und wurde 5. seiner AK, von 9 ü70-Teilnehmern.
      Liebe Grüße
      Elke

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    2. Da muss man ja ganz schön schnell sein in der Ü70 bei euch, wow.

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    3. Mir scheint manchmal, dass bei diesen Landschaftsläufen speziell Harte am Start sind...

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  5. Boah eh, liebe Elke,

    seid ihr fleißig! Toll! ... und auch noch 3. deiner AK!!! :-) - Jetzt ist der Anreiz noch größer nächstes Jahr wieder dort aufzuschlagen! - LOL

    Zu dumm auch, dass sich dein Chris so lange vor dir 'verstecken' konnte, du hättest da bestimmt noch was gut machen können!

    Danke auch wieder dafür, dass wir im Nachhinein und virtuell dabei sein konnten und uns so viele schöne Bilder ansehen können!

    Richte Chris bitte aus, es geht aufwärts, PRIMA!

    Liebe Grüße Manfred

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    1. Lieber Manfred,
      danke. Stimmt, nun heißt es "Auf ein Neues" in 2023 ;-) Ja, "hätte" und "Fahrradkette" ... hätte ich Chris früher gesehen, hätte ich ihn vielleicht noch einholen können, vielleicht aber auch nicht. Egal, war ein schöner Lauf.
      Liebe Grüße
      Elke

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