Montag, 6. Juli 2015

Spreu oder Weizen?

Sonntag gelangte ich zufällig zum Ironman in Frankfurt. Also nicht physisch, sondern zappend und daher virtuell. Da sitze ich daheim im mit 27 Grad ziemlich muckeligen Häuschen in optimaler Schonhaltung, vermeide jede unnötige Bewegung, und sehe im Flimmerkasten, wie bei 40 Grad dort gerade die Profis den 3. Akt, den Marathon abspulen. 
Den sie nach 180 km Rad-km und zuvor noch ein wenig „Warmschwimmen“ in 2:50 (Frodeno) bzw. 3:06 (Ryf) absolvieren - Gesamtzeit, nicht etwa Min/km. (NB: Die Rad- und Schwimmzeiten waren sicher auch erstklassig, da ich mich auf diesen Feldern aber nicht so auskenne, vertiefe ich sie nicht weiter). Und meinereiner krebst läuferisch bei 4:30-4:40 Stunden herum. Klar, die sind Profis und jünger. Aber es gab ja noch jede Menge weiterer Mitläufer, ein Blick ins Klassement zeigt, dass es selbst Finisher über 60 gab!

Selten wurden mir sportliche Leistungen so bewusst, wie gestern vor der Mattscheibe.
Wenn man selber nur den Schatten und diesen am besten indoor sucht. 
Wenn man bei einem kurzen Gang auf die Terrasse sofort diesen Backofen wieder verlässt.
Wenn einem (in dem Falle mir) der Gedanke an laufen nur ein „uuooh neee“ entlockt. 
Wenn man sieht, wie gierig die Läufer jeden Wasserbecher und jeden Schwamm nehmen, selbst Eiswürfel im Trikot nicht verschmähen. 
Und wenn man sieht, wie der sechste im Ziel nach kurzer Freude wegsackt, dann wird die enorme Anstrengung greifbar. 
Und auch die Sorge, ob sich da mancher nicht zuviel zumutete.

In Köln startete bei ähnlichen klimatischen Bedingungen am Tag zuvor ein 171-ultra-Lauf: Rund um Kölle (Zeitungsbericht). Mein eidgenössischer Ehemann und ich hatten ins Auge gefasst, vielleicht schauen zu gehen. Doch ich muss einräumen, wir haben‘s sein gelassen. Ich für meinen Teil war dazu zu fimschig und wollte mir auch nicht die Quälerei vor Augen führen, die die Teilnehmer unzweifelhaft zu erdulden hatten. Wenn sich die Spreu vom Weizen trennt und letzterer fast gar gebacken im Ziel ankommt. Wer so etwas durchzieht, der darf in den Paradiesgarten der Harten. Dennoch stelle ich mir die Frage, hätte ich mich für einen solchen Lauf angemeldet, hätte ich den durchgezogen? Und wenn ich abgebrochen hätte, wäre ich dann Weichei oder vernünftig? Spreu oder Weizen? Und: Gewonnen hat eine Frau!

Immerhin war ich fest entschlossen, am Abend noch zu laufen. Was die können, kann ich auch – ähm, so ähnlich/ein wenig/ansatzweise. Doch dann grollte erst Donner und öffnete dann der Himmel seine Pforten und grollte immer wieder der Donner. So buk ich dann kleine Brötchen und blieb vernunftgesteuert zu Hause.








Heute dann aber galt keine Ausrede mehr.
Und es sind ja auch "nur" 25 Grad...

So wird dann das gestern Gesehene im Nachhinein für mich nochmals sehr plastisch.
Die Hitze wird mir ja noch von Wind ein wenig erträglich gestaltet, aber wenn da nun nochmals 15 Grad dazu kommen?
UND vorher noch eben die ganze Schwimmerei und Radlerei???
Nee, nichts für mich. Ich bin froh, als ich nach meiner kleinen  Runde wieder daheim bin.

Weizen? Wenn, dann nur alkoholfrei, eher aber Fassbrause ;-)





25 Grad, 10,9 km, 1:07:93, (6:10 Min/km), HF 139

15 Kommentare:

  1. Liebe Elke,

    wir haben gestern gedanklich mit den Leuten in Frankfurt gelitten. Wissen wir doch vom letzten Jahr wie es sich anfühlt. Ich denke für den gut trainierten und vorbereiteten Amateur, der dazu noch weiß das bei solchen Temperaturen die Zeit zu vergessen ist, ist das alles noch ok. Man hat sich darauf vorbereitet.
    Man wünscht sich aber doch eher 18 Grad und etwas Schatten :-)
    Leider kann man das Wetter nicht buchen bei der Anmeldung.
    Wenn ich mir angeschaue mit welchem Tempo die Profis laufen, da werd ich einfach nur neidisch. Wahnsinn.
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Liebe Helge,
      ja Du kannst es sicher noch mehr erahnen und beurteilen, was da in Frankfurt angesagt war. Sicher, die Profis haben da besser Trainingsmöglichkeiten, schon rein zeitlich. Aber es muss doch für manchen Amateur dann auch frustrierend sein, sich lange vorzubereiten, und dann mit solchen Bedingungen umgehen zu müssen. Wenn es ja "nur" ein Marathon wäre, aber es ist ja noch viel viel mehr...
      Genau, Du sagst es, Wahnsinn!
      Liebe Grüße
      Elke

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    2. Ja, ich denke, genau das ist der Knackpunkt: die Leute haben sich 1 Jahr lang vorbereitet. Es kostet einiges an Geld und sehr sehr sehr viel Zeit. Und dann sollst du DEN Wettkampf deiner Wettkämpfe unter solchen Bedingungen machen. Da geht natürlich keiner gerne hin und sagt: na dann starte ich halt nächstes Jahr.
      Für manchen wäre es wohl besser. Mancher kann ja diese Temperaturen auch so gar nicht vertragen.
      Wir wussten halt einfach, das wir das durchziehen und das wir halt einfach was langsamer machen. Dann passt das schon :-)
      LIebe Grüße
      Helge

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  2. Liebe Elke,
    wenn Du den ganzen Tag und praktisch Dein ganzes Leben nichts anderes gemacht hättest, als trainieren... dann wäre Deine Zeit -egal in welcher Disziplin- anders. Aber es geht nicht darum, sich mit den Profis zu vergleichen. Gott sei Dank! ;-) Ich war gestern an der Strecke um meine fünf Freunde zu unterstützen... es war ein sehr langer Tag.
    Viele Grüße, Claudi

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    1. Liebe Claudi,
      ja klar, je mehr man Zeit zum Trainieren hätte, je besser läufts. Und mit Profis will ich mich auch nicht vergleichen. Eher ein Gefühl dafür bekommen, was die leisten. Man weiß es ja, aber es wurde am Wochenende sehr greifbar. Ich hoffe, Deine Freunde sind gut durchgekommen?
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,
    ich glaube immer, wenn man gemeldet ist, läuft (schwimmt/radelt) man und macht das Beste draus... Wenn man nicht muss, kann man sich nicht vorstellen, sich bei solchen Temperaturen überhaupt zu bewegen! Da spielt der Kopf eine große Rolle!
    Aber Hut ab, vor deinen 10km! Ich habe heute gerade mal die Hälfte "geschafft"! :D

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    1. Liebe Doris,
      genau, ich denke, der Kopf spielt eine große Rolle, und in gewissem Maß wohl auch die Veranlagung, hohe Temperaturen zu ertragen. Meine 10 gestern haben mir aber auch sowas von gereicht!
      Liebe Grüße
      Elke

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  4. Liebe Elke,

    den Ironman hab ich nicht verfolgt aber via Facebook den Rund um Köln. Aus meiner Sicht total vernünftig die Leute, die ausgeschieden sind. Trotzdem Helden, die, die es durchgezogen haben. Ich bin mir da auch nicht schlüssig. Wahrscheinlich geht einfach beides, da es Menschen gibt, die mit so einer Hitze besser klar kommen als ich zum Beispiel.

    Ironman bei dem Wetter? Verrückt. :-)

    Gruß
    Anja

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    1. Liebe Anja,
      ja es war rund um Köln selektiv, wobei jeder, der auch nur ein Teilstück lief, eine große Leistung gebracht hat. Ein Kollege meines Mannes hörte nach 100 km auf, weil seine Füße/Beine zu sehr geschwollen waren...
      Ich vertrage solche Hitze auch nicht gut. Merke allerdings auch, dass sich beim laufen nach 15-20 Minuten der Körper ein wenig mehr drauf einlässt. Dennoch: Einen Marathon oder gar noch mehr kann ich mir nicht vorstellen bei solcher Hitze.
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. Ich finde es vernünftig nicht immer alles sportliche zu tun was möglich wäre. Lieber der Verninft wegen etwas kürzer treten und darauf bauen, dass es der Gesundheit gut tut.
    Und hey, mit dem Alter und dem schnellen Marathon laufen hat des nix zu tun. An solchen Zeiten verzweifle ich immer noch wie der Frodeno ;)
    Und gab es nicht erst einen neuen Masters Weltrekord mit 2:08h? ;)

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    1. Lieber Markus,
      ich gehöre auch zu denen, die eher vernunftbetont wären. Aber andererseits: Wenn man sich lange auf so ein großes Ereignis vorbereitet hat, dann zu verzichten, ich denke, dass das sehr schwer fällt.
      Tja, wenn man Marathonbestzeiten einfach so programmieren könnte, wärs ja einfach... Ich suche weiter nach dem Schalter ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  6. Liebe Elke, auch ich habe vor der Glotze gelegen und mich mit Zuschauen begnügt. Mich beruhigt bei solchen Ultra- und Ironman-Veranstaltungen, dass, wie Helge schon schrieb, die Leute gut vorbereitet sind und in der Vorbereitung ihren Körper gut genug kennen gelernt haben, um zu wissen, wann es reicht! Da sind mMn Läufe über kürzere Distanzen viel gefährlicher, weil sich dort auch vergleichsweise untrainierte TeilnehmerInnen anmelden, die die Warnsignale ihres Körpers nicht zu deuten wissen!

    Liebe Grüße,
    Anne

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    1. Liebe Anne,
      ich hoffe ja auch, dass die, die unter solchen Bedingungen laufen, vorbereitet sind und sich der Gefahren bewusst sind. Mein Mitleid und meinen Respekt haben sie gleichermaßen.
      Liebe Grüße
      Elke

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  7. Liebe Elke,

    mein Motto ist da: Schuster bleib bei deinen Leisten. Ich persönlich mag mich nicht über Gebühr quälen. Darüber hinaus mangelt es an Zeit, Geld und vor allem Talent.

    Profis haben das alles. Viele Amateure auch. Vor ihnen allen habe ich auch großes Respekt und manchmal bin ich auch ein wenig neidisch.

    Aber hey, wir können, wenn wir wollen Marathon laufen und das in einer, wie ich finde, anständigen Zeit. Das soll uns auch erstmal jemand nachmachen.

    Deshalb geniessen wir es an extremen Hitzetagen einfach nichts zu tun. So kann man Vernunft und Genuss miteinander verbinden :-)

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Lieber Volker,
      wo Du recht hast, hast Du recht ;-) Genießen wir also Ruhe bei Hitze und laufen wir dann mit Genuss, wenn es erträglicher ist.
      Liebe Grüße
      Elke

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