Sonntag, 20. März 2016

Kerzers fordert


Kerzers - eine Kleinstadt im Kanton Bern im Ausnahmezustand: Zu den rd. 4.800 Einwohnern gesellen sich gute 8.600 Läuferinnen und Läufer und deren Anhang. Wir mittendrin.
Allerdings, nur mein eidgenössischer Ehemann wird laufen. Ich liebäugelte zwar ebenfalls mit dem 15-km-Lauf, doch in Anbetracht des Streckenprofils und der teils Naturwege verzichte ich aus Liebe zum Fuß.
Was allerdings schwerfällt. Die Sonne strahlt dermaßen wohlwollend vom Himmel, dass ich mir sogar vor Ort eine Läuferkappe zulege, damit mir sie mir nicht zu sehr auf den Scheitel brennt.
Von diesem Lauf hatten wir bisher nur gehört, und nun läuft man Mann erstmals mit, ich betätige mich als Zuschauerin.

"Swiss Season Opening" ist der Slogan, dazu wird hier einiges geboten.
Die Finisher werden später mit dieser Perspektive einlaufen und durch farbenprächtige Luftballonbögen und ein Spalier begeisterter Zuschauer dem Ziel entgegen eilen.








Wir eilen zunächst mit Weile, haben noch reichlich Zeit, uns zu orientieren, wo die Startblocks stehen werden, wie man am besten zu Garderoben, Duschen und Verpflegung gelangt.








Das Epizentrum ist in der Ortsmitte: Im Hintergrund zu erkennen das Start-Tor, zu dem die Teilnehmer in ihren Blocks geführt werden.
Später laufen sie dann durch eben dieses Tor kommend, allerdings aus der Gegenrichtung, ins Ziel, dessen blauer Teppich hier zu sehen ist.

Das Startprozedere entbehrt nicht einer gewissen Spannung: Noch während im 2-Minuten-Takt die Blocks losgeschickt werden, erfährt man über Lautsprecher von der im Expresstempo bereits wieder herannahenden Elite. Nur noch 3 km haben sie, und noch immer sind nicht alle Läufer und Walker gestartet! Und wahrhaftig, kaum 5 Minuten nachdem die letzten Starter unter dem Bogen auf die Strecke gingen, laufen die Sieger ein! Da darf es wahrlich zu keiner Verzögerung kommen, alles funktioniert mit der Präzision eines schweizer Uhrwerks.
Ja, sie haben's halt erfunden... ;-)

Die Siegerin fliegt heran, Maryanne Wanjiru, 49:35 hat sie für die durchaus fordernden 15 km benötigt.












Bethwel Chemweno siegt bei den Herren in 44:03.

Ein Dutzend kenianischer Cracks läuft mit, doch es gelingt einigen Europäern, sich dazwischen zu setzen.

Es ist wie immer spannend und interessant, die einlaufenden Läufer zu beobachten, von Freude und Leid, von Sprint bis Schlurfschritt, von Euphorie bis knapp vor Kollaps ist alles vertreten.
Ich mache mir ein wenig Sorgen um meinen Mann, ob er sich nicht angesichts der Temperatur nicht zu warm angezogen hat...? Die meisten Läufer sind trotz leichter Kleidung ziemlich nass geschwitzt.

Ungefähr zur geplanten Zeit sehe ich ihn herannahen, mit typischer Miene.
Der Kurs war an einigen Passagen härter als vermutet. Vor allem der Ramsey-Hill, ein heftiger Anstieg, hat ihn sehr gefordert. Doch ihm gelingt eine 1:17:00, 150. von 340 seiner AK!

Leider verpasse ich im nicht enden wollenden Finisherstrom Bloggerin Marianne und Andi, die ebenfalls teilnehmen. Zu gern hätte ich sie mit Zielfotos versorgt.

Nachdem mein Mann sich an der Zielverpflegung gelabt und sein Finishergeschenk (eine geräumige Sporttasche) entgegengenommen hat, gehen wir langsam Richtung Garderoben.





Hier sind wir noch verabredet, zur für Marianne und Andi traditionellen Bratwurst. Unerwartet und erfreulicherweise gesellt sich Blogger Hugo zu uns, der ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen auf den Lauf verzichten musste. Und konsequent verzichtet er daher auch auf Bratwurst.
Ich hingegen erlaube mir die sehr gut mundende Speise, laufe ich doch meine Trainingsvorgabe noch am folgenden Sonntagmorgen.



Mit den frischen Eindrücken und Schwung von Kerzers stehen wir kurz nach 8 Uhr bei 4 Grad in der Morgensonne auf der Thuner Allmend. Meine Vorgabe wäre ja ein Wettkampf über 10 km in 57 Min gewesen, doch in erreichbarer Distanz war kein solcher aufzutun. So wird es dann eben ein Lauf gegen die Uhr. Mein Mann läuft mit mir, um sein km-Konto weiter zu füllen und so drehen wir bei Kirchenglockengeläute und mit Blick auf startende Kleinflugzeugen 3 Runden. Und während er nur ansatzweise Anzeichen von Anstrengung in Form einiger Transpirationströpfchen auf der Stirn zeigt, muss ich ganz schön beißen und schnaufen. Ungerecht ist das!  Aber ich will mir den Schneid nicht abkaufen lassen, erlaufe die 10 km in 56:20. Doch was für mich harte Arbeit war, ist für manche Marathonis ein lasches Genusstempo.

9 Kommentare:

  1. Liebe Elke, dass es in den Beinen juckt beim Zuschauen, kenne ich nur zu gut. Aber natürlich war es vernünftiger, dem Fuß so unebene Untergründe noch nicht zuzumuten. So konntest du eben deinen Wettkampf gegen die Uhr einen Tag später absolvieren - und warst trotzdem nicht allein. Vorgabe eingehalten, alles im Plan, läuft. Und dein eidgenössischer Ehemann hat auch noch sein regeneratives Auslaufen gehabt nach einem feinen Wettkampf - Glückwunsch zu selbigem!

    Liebe Grüße,
    Anne

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Anne,
      ja es war sicher vernünftig, und der innere Schweinehund hat dazu gejubelt. Aber so ist das manchmal, man muss Verzicht üben, damit es nachher wieder gut klappt!
      Danke für die Glückwünsche, ich richte sie gern aus!
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  2. Liebe Elke,
    eine schöne Veranstaltung habt ihr da wieder aufgetan! Herzliche Gratulation an Chris!
    Ich kann mir gut vorstellen, dass es hart für dich war, nicht zu starten, aber für deinen Fuß war der 10er am nächsten Tag sicher vernünftiger! :)
    Tja, die Unterschiede in der Geschwindigkeit finde auch ich immer wieder "ungerecht" - andererseits, wenn alle gleich schnell laufen würden, wäre ja viel zu wenig Platz auf den Laufstrecken! ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Doris,
      Gratulation wird gern weitergereicht! Die Beobachtungen im Zielbereich waren eine gute Abwechslung und der 10'er auf flachem, ebenen Gelände sicherlich die bessere Wahl.
      Klar, ist es nötig, dass verschiedene Tempi gelaufen werden, sonst ginge es bei solch einer Masse ja gar nicht. Aber ich würde doch allzu gern noch ein wenig mehr Platz nach hinten lassen... ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  3. Den echten Könnern und fliegenden Lichtgestalten im Spitzenbereich beim Zieleinlauf zuzusehen, das finde ich auch sehr spannend! Nicht ganz so spannend wie selber zu laufen - aber eine passable Alternative. Den eigenen Gatten anzufeuern, ist sicher auch ein Anreiz - dazu fehlt mir aber die Eigenerfahrung ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Lizzy,
      ja diese kenianischen Spezialisten können auf 2 Füßen fliegen, ich sag's Dir! Schöner Anblick.
      Klar habe ich Chris angefeuert, aber er hat meine Rufe leider im Zielgetümmel nicht wahrnehmen können. Ansonsten fiebert man da natürlich durchaus anders und mehr mit, als bei "normalem" Zugucken.
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  4. Liebe Elke,

    als Fotoreporterin hast Du auch jede Menge Talent! :-) Was für ein Gewusel beim Kerzerslauf.

    Bislang deutet alles darauf hin, dass Du den Marathon in Prag durchziehen kannst.

    Toi toi toi, weiterhin und Glückwunsch an Chris!

    Liebe Grüße
    Volker

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Volker,
      wir waren beide echt überrascht, was da los war! Und dennoch war alles top organisiert. Den Glückwunsch gebe ich gern weiter! Ja, vom Fuß her könnte Prag gelingen. Aber ich mache mir dennoch keinen Druck (Ommmmmmmmmm)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  5. Lieber Hugo,
    wir waren ja erst schon enttäuscht, als wir erfuhren, dass Du nicht mitläufst und wir Dich dann doch nicht sehen würden. Aber umso schöner war die Überraschung! Schön, haben wir uns nun einmal persönlich kennen gelernt, das freut uns. Ja und nun, die Bratwurst folgt ein anderes Mal und Fortsetzung der Plauderei sowieso!
    Liebe Grüße
    Elke

    AntwortenLöschen