Oder: Heute zur Abwechslung mal quälen ;-)
Noch vor 3 Tagen war mir von meiner Teilnahme an diesem Lauf nichts bekannt, aber als Chris mit dem Vorschlag kam, doch die 10 km zu laufen, erschien dies bei aller Skepsis doch eine gute Option, ein wenig Dynamik ins Training zu bekommen.
So machen wir uns heute an einem wunderschönen Sommersonntagsmorgen auf nach Köln-Weiß. Schon um 8 Uhr waren 20 Grad zu verzeichnen. Die Autobahn ist gähnend leer, das hätte ich mir all die Jahre gewünscht, die ich hier meinen täglichen Weg zur Arbeit zurücklegte...
Der Rheinbogenlauf stellt sich als eher familiäre Veranstaltung dar, 2012 gab es beim Hauptlauf rd. 250 Teilnehmer/innen. Wie wir schon zuvor erfahren hatten, ist das Parken im eng bebauten Wohnviertel rund um das Sportplatzgelände ein wenig schwierig, doch der Verein hat dort freundliche Helfer postiert, die uns ein wenig bei der Parkplatzsuche unterstützten. Nach einem kleinen Spaziergang erreichen wir das Sportgelände, wo wir unsere Nachmeldung problemlos erledigen können. Ich lerne ein neues Zeitmesssystem kennen, kein Mikatiming-Chip, kein Chip auf der Rückseite der Startnummer, sondern ein Abrissband an der Startnummer, das man sich gemäß Anleitung als Schleife vorne auf die Schuhschnürung setzen muss. Sieht ein wenig aus, wie der Anfang eines Geschenkbandes :-)
Da noch länger Zeit bis zu unserem Lauf ist, können wir uns ein wenig umsehen. Es gibt einen kleinen Verkaufsstand, einen großen Tisch mit Prospektmaterial anderer Läufe, sogar der Luzern-Marathon, Bettmeralp und Aletsch-Region sind vertreten! Und hinten im Schatten lockt schon das Kuchenbuffet, wo liebevoll selbstgebackene Werke für nur 1 EUR pro Stück feilgeboten werden. Auch ein Fotografenteam bereitet seinen Einsatz vor, Fotos zum Sofortmitnehmen. Also alles bestens vorbereitet. Wir nehmen auf einer Bank im Schatten Platz. Plötzlich - ein schmatzendes kurzes Geräusch, ich spüre ein paar feuchte Tropfen. Wir schauen uns an, Chris hat einen dicken Vogelsch... auf der Schulter seines weißen Shirts, am Arm rinnt weiteres herab. Der Blick nach oben zu den Bäumen lässt den Übeltäter nicht erkennen, aber ein Spatz war DAS nicht! Welch ein Omen, was will uns der Himmel damit sagen...? Nach Reinigung begeben wir uns aber zunächst einmal zum Zieleinlauf der 5-km-Läufer und des Minimarathons für Kinder (3,8 km). Viele Kids stürmen teils hochkonzentriert, atemlos, rotwangig zur Freude ihrer Eltern ins Ziel, lassen sich ihre Medaillen ebenfalls im Mini-Format, umhängen.
Bald wird es für uns Zeit. Beim Einlaufen spüre ich einige Seitenstiche, die Sonne steigt und strahlt. Ja, wir wollten alle den Sommer, und hier isser!
Langsam formt sich das Starterfeld an der Linie. Die Insider wissen, es gibt keine Zeitmessung beim Start, nur beim Ziel, also läuft für alle mit dem Schuss die Zeit. Einige "Cracks" drücken physisch und verbal nach vorne, es gibt Schubsen von naßgeschwitzten Männerarmen. Das "Team Luftwaffe" ist schon jetzt am Boden sehr auf aktiven Raumgewinn bedacht, "Laufmonster" äugen um sich. Sogar ein gutes altes Baumwoll-T-Shirt mit grünem Slogan mache ich aus, unzweifelhaft lange Jahre ehrenhaft getragen.
Ich stelle mich gern nach hinten, weiß ich doch mein Laufvermögen realistisch einzuschätzen. Kurz und schmerzlos wird das Startsignal gegeben. Ich passe mich dem noch langsam laufenden Feld im Tempo an, denn mein alter Fehler, zu schnell anzugehen, kommt doch immer wieder durch. Ein bunter Läuferlindwurm begibt sich auf den Feldweg zwischen Getreidefeldern. Bald kommt links ein Pferdehof in Sicht, doch schon vorher kündigt er sich eher für die Nase an, denn die Hitze (25 Grad) befördert gewisse olfaktorische Botenstoffe. Einige Pferde stehen in Decken auf der Weide, sie haben wohl den Frühsport schon hinter sich, eines trägt sogar einen Umhang im Zebramuster. Bei km 1 verspüre ich wieder Seitenstiche, Gottseidank legen sie sich bald.
Ich wundere mich sehr über einige Läufer, die bei diesem Bedingungen schwarze Kleidung tragen, ich habe schon in leichtestem Outfit mit der Hitze zu kämpfen... Jeden möglichen Schatten nehme ich dankbar an. Der Kurs knickt bald ab in Richtung Rhein, den man aber nur ahnen kann, denn hier liegt am Ufer ein größerer Campingplatz. Dort machen sich die Gäste zum Sonnenbad bereit, der Biergarten ist geöffnet - das wärs jetzt! Aber jeder sucht sich sein Schicksal selber aus... Meine Geschwindigkeit liegt knapp über 5:30 Min/km, der Puls geht kräftig, ich habe das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen. Doch schon kommt ein Verpflegungsstand in Sicht und danach ein längeres kühlendes Waldstück. Welch eine Labsal! Beides tut gut, es macht Spaß, den Vögeln zu lauschen und den Schatten zu genießen, nur die Radfahrer und Spaziergänger, die ihr Gewohnheitsrecht auf dem schmalen Weg ausüben, stören heute ein wenig.
Am Ende des Waldstücks sieht man ganz weit entfernt den Startbereich, also die Hälfte der Strecke, aber bis dahin lauert noch ein Hitzestück auf Asphalt in praller Sonne. Die Wassergabe an km 5 tut so gut, und damit geht es auf die zweite Runde.
Das Gute ist, ab hier weiß ich, was kommt. Das Schlechte ist, ab hier weiß ich, dass alles nochmal kommt.
Ein Veranstaltungshelfer ruft laut die Zwischenzeiten, prima Service! Wenigstens bin ich bis hier nicht von der Spitze überholt worden, die haben wohl auch mit der Hitze zu tun. Ich schaue mir die anderen Läufer an. Alle pusten, schnaufen und kämpfen. Ich bewundere einen älteren Läufer aus dem Diabetes-Programm. Den hatte ich am Anfang überholt, nun treffen wir am nächsten Verpflegungspunkt wieder aufeinander, ein kleiner, aufbauender Wortwechsel, und er zieht an mir langsam aber sicher vorüber. Ich konzentriere mich auf das letzte Drittel. Der Schweinehund, der mich zum gehen bewegen will, wird ziemlich vorlaut. Aber die Beine traben, der Puls pocht, hat sich aber bei erfreulichen 160 eingependelt, doch die -subjektive- Luftknappheit lässt nicht mehr zu. Das nun nochmals folgende Waldstück erfrischt ein wenig. Ich kann einige einzelne Läufer überholen, auch jüngere -was mich, ja, ich gebe es zu, doch ein wenig aufbaut.
Auf den letzten beiden km höre ich eine "Dampflok" von hinten heranschnaufen, ein Mann, der wirklich das Letzte aus sich herausholt. Den muss ich ziehen lassen, dann folgt noch einer im froschgrünen Outfit eines Pharmakonzerns in der Region. Beim Überholen drückt er mich fast ins Gebüsch, muss ja auch nicht sein! Das spornt an, ich hänge mich an seine Fersen. Ein letzter schattiger Waldrand, dann eine Linkskurve und noch rd. 200 m bis zum Ziel.
Der Froschgrüne kommt nicht wirklich weg, ich nehme mir ein Herz und rase los (die Pulsuhr zeigt mir hier später 4:19), ich schließe auf, bin neben ihm. Hält er dagegen? Nein, er kann nicht mehr, immer schneller fliegen meine Beine, ich mache mir Sorge, auf dem holprigen Weg nicht zu stolpern. Kaum können die Beine das Tempo noch halten, doch endlich ist das Ziel da!
Ich-bin-so-was-von-fer-tig-und-aus-ge-pumpt,
ich kann nicht mehr...
Chris, der seit 10 Minuten im Ziel ist, erwartet mich an der Linie und hält mir ein Getränk entgegen. Da er schon eine Weile so mit dem Becher bewaffnet dort stand, hatte ihn zwischenzeitlich schon ein anderer Läufer mit der letzten Kraft darum gebeten. Aber es gab genug zu trinken und Chris überließ ihm gern den rettenden Tropfen, holte gleich wieder Nachschub.
Im Ziel steht das Gros des Starterfelds, drängt sich im Schatten.Viele, so auch ich, müssen erst einmal verschnaufen - im wahrsten Sinn des Wortes. Ich muss mich einen Moment setzen, habe keine einzige trockene Faser am Leib, als ich die Cap abnehme, rinnt der Schweiß nur so in die Augen. Noch nicht einmal der Gedanke ans Kuchenbuffet muntert mich wirklich auf, das will etwas heißen! Doch bald hat sich der Körper beruhigt, wir treten, bewaffnet mit Leckereien für daheim, den Rückweg an.
Dann kann der 10er am nächsten Freitagabend kommen!
Endzeit 57:05 (3. AK W50, na wenigstens...), Durchschnittstempo 5:42, Puls 160. Distanzmessung mit Polar Fußsensor 9990m
Herzliche Gratulation Elke!
AntwortenLöschenSpontan an einem Lauf mitmachen und einfach so aufs Podest laufen, ganz toll.
Ich wünsche dir gute Erholung.
Liebe Grüsse, Hugo
Hallo Hugo,
Löschenvielen lieben Dank. Naja, es war das Podest der W50-Seniorinnen... ;-) aber bei den w35-innen wäre ich sogar 2. gewesen... ;-)
Liebe Grüße
Elke
Hallo Elke
AntwortenLöschenGratuliere zum tollen 10 Kilometer-Hitze-Lauf mit Podest-Platzierung! Dein Laufrapport ist köstlich bildhaft geschrieben und so fesselnd, dass ich gespannt von Zeile zu Zeile eilte!
Herrlich wie du die Mitläufer charakterisierst und einen mit allen Sinnen an deinem Lauf teilhaben lässt!
Jetzt freue ich mich doppelt auf unseren nächsten 10er in zwei Wochen!
Irgendwann werden wir bestimmt mal nach Köln kommen um zu laufen. So wie ihr ein Deutsch-Eidgenössisches-Gespann seid, ist es bei uns genau umgekehrt - mein Mann wurde in Köln geboren ;-)
Gruss Marianne
Hallo Marianne,
LöschenDein Mann ist Kölner?! Ich fasse es nicht, welch ein Zufall!! Dann MÜSST ihr hier mal laufen, besonders, nachdem ihr Düsseldorf ja schon hattet! Meiner ist Berner und wir sind öfter dort, zB auch in Kürze zum Urlaub.
Mein Mann war auch erstaunt, was ich so um mich herum noch alles wahrgenommen habe... Ja muss ich aber auch, zur Ablenkung.
Liebe Grüße
Elke
Moin Moin aus Oldenburg,
AntwortenLöschenbist Du die Elke, die in Hamburg beim Marathon gestartet ist und kurz vorher bei mir kommentiert hat?
Wer nach einem 10er nicht erstmal verschnaufen muß, hat etwas falsch gemacht. Du hat Dir im Endspurt gegen grünen Chemiefrosch den 3. Platz in Deiner Altersklasse erkämpft, super! Gratuliere!
Das wird mir nie passieren ;-)
Nun aber erstmal herzlich willkommen in den Bloggerwelten! Viel Spaß dabei. Ich denke wir werden uns wohl öfters lesen!
Liebe Grüße
Volker
Hallo Volker,
Löschenja genau, die bin ich. Nachdem ich leserisch im Kosmos der bloggenden Läufer doch viel "Futter" gefunden habe, reifte der Entschluss, auch etwas beizutragen.
Ich freue mich auch auf weiteren virtuellen Austausch!
Liebe Grüße
Elke