Sonntag, 12. Januar 2014

Vom Minenfeld zum verlorenen Terrain

Endlich kann ich heute die restlichen Stresshormone aus- und weglaufen, die ich immer noch in den Adern spüre. Bisher hatte ich beim Lauf stets das Gefühl, es tue gut weil unterstützend bei der Verarbeitung diverser Gedanken, Erfahrungen&Erlebnisse. Doch in den letzten 3 Tagen hatte ich das Gefühl, so "unter Strom" zu stehen, dass ich selbst zum Laufen zu "hibbelig" war.( Da ich mich zu nichts aufraffen und konzentrieren konnte, habe ich mich sogar schon mit der Steuererklärung beschäftigt - welch ein Notstand!)
Der Grund sei nur ganz kurz angerissen.
Man hatte mich gebeten, den Vorsitz der Mitgliederversammlung in einem Verein (ich bin nur einfaches Mitglied, kein "Würdenträger") zu übernehmen. Aktuelle Situation: Vorstand durch Rücktritte unkomplett, der Rest handlungsunfähig weil völlig zerstritten, man korrespondiert nur noch über Anwälte. Die Mitglieder entsetzt. Das Geld fast alle. Das Finanzamt im Nacken. Wäre es ein Briefmarkensammlerverein, wäre es egal, aber der Verein trägt das örtliche Tierheim, und so hängen von ihm einige berufliche Existenzen ab und weit über 100 Tiere. Die vorangegangene Versammlung wegen Formfehlern ungültig.
Zur gestrigen Versammlung hatten sich Anwälte der Zerstrittenen angesagt, die Presse sowieso, betroffene Mitarbeiter. Die Mitglieder emotionsgeladen bis ratlos, wütend bis lethargisch. 100 Menschen, jeder mit Erwartungen an diesen Termin...
Im Bewusstsein, dieses Minenfeld "entschärfen" zu müssen, schläft man nicht mehr ganz so ruhig - wenn überhaupt.
Lange nicht mehr so am Rad gedreht.
Nun ja, ich habs hinbekommen. Sitzung abgewickelt, neuer Vorstand gewählt. Nicht alle zufrieden, aber die deutliche Mehrheit wenigstens.
War eine Erfahrung, aber öfter brauche ich das nicht.
Zufrieden und erleichtert sank ich danach in wohlverdienten aber immer noch unruhigen Schlaf.

Und heute endlich wieder l a u f e n!
Die Beine traben sofort munter los, kein Wunder - blauer Himmel und Sonne!
Sofort merke ich, wie mit jedem Schritt die Anspannungen der letzten Tage weiter abfallen, ach, was für ein Gefühl! Ich beschließe, nochmals an den Grubenrand des Tagebaus zu laufen, um zu sehen, was sich dort getan hat.
Schlagartig sind die letzten Gedanken an die Sitzung gestern Abend verschwunden... schon wieder eine Straße mehr gesperrt. Aber auf 2 Beinen erlaube ich mir die "Expedition" in weiteres verlorenes Terrain.


Zuletzt war ich im Sommer 2013 hier, so habe ich noch im Fundus Bilder gefunden, die ich zum Vergleich gegenüber stellen kann, jeweils ungefähr gleiche Position:


Links tiefer schattiger Wald aus alten Bäumen im Jahr 2013.
Heute ....

...sind nur noch die Fahrbahn und Reste des Radweges erhalten. Wo der Wald stand, wurde ein großes Becken -keine Ahnung wofür- angelegt. Schilder warnen vor der Gefahr des Ertrinkens.









Ähnlicher Standort, andere Perspektive...

...tja.











Natürlich wollen wir alle unsere technisch hochgerüsteten Haushalte betreiben, mit Maschinen und Geräten, mit PC, Unterhaltungselektronik, und auch noch immer mehr Elektroautos.
Wir wollen in schicken klimatisierten Kaufhäusern einkaufen gehen und in hell erleuchteten Städten flanieren.
Und das hier ist der Preis.


Noch ein kleiner Blick in die letzten Waldreste, demnächst auch weg.

Letzten Sommer hatte noch hier ein schönes schattiges Laufrevier. Doch nun gilt "Betreten verboten". Also versuche ich, zumindest nach Himmelsrichtung zu navigieren und mir einen anderen Weg zu suchen. Ist doch eine willkommene Herausforderung! Aber ich ende in einer vollkommenen Sackgasse.
Links gesperrter Wald,
rechts der Tagebaurand,
vor mir eine Baustelle mit unüberwindbaren Böschungen.
Ganz hinten am Horizont erkennt man einen Kirchturm. Das ist Manheim, das Heimatdorf der Schumacher-Brüder. Kommt auch alles weg, alles. Die Menschen werden gerade umgesiedelt. Wer wissen will, wie so etwas abläuft, der kann in diesem Blog mitlesen.


Auf dem Heimweg fällt mir dieses Bild auf, ein Synonym der Übermacht des Stromkonzerns in unserer Gegend.

3 Grad, 13,8 km, 1:27:58 (6:18 Min/km), Puls 145

6 Kommentare:

  1. Hallo Elke
    Dein Umfeld fordert momentan viel von dir! Ich wünsche dir, dass die Flexibilität die dein ständig im Umbau befindliches Lauf-Revier von dir fordert, dich in allen Lebensbereichen stärkt!
    Hoffentlich hast du dich trotz des verlorenen Geländes an den zauberhaften Federwolken am blauen Himmel erfreuen können ;-)
    Liebe Grüsse
    Marianne

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    1. Hallo Marianne,
      natürlich habe ich das wunderbare Wetter gestern läuferisch sehr genossen. Auch wenn der Anblick der Baumstümpfe leicht abträglich war. Und dann muss ich mir eben wieder mal eine neue Strecke suchen. Das wird sicher im Frühjahr gut gehen, wenn es weniger matschig im Wald ist, denn Trail mag ich nicht so sehr.
      Liebe Grüße
      Elke

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  2. Es muss wirklich schlimm gewesen sein, wenn du dich freiwillig mit der Steuer befasst hast!

    Von wegen Energiewende! Deine Bilder machen mich traurig.
    Aber es gibt einen Ausweg, man muss ihn nur gehen:
    http://www.greenpeace.de/themen/energie/presseerklaerungen/artikel/greenpeace_legt_plan_fuer_energiewende_vor/

    Und man kann selbst etwas tun:
    http://www.greenpeace.de/themen/energie/energiewende/artikel/sauberer_strom_worauf_sie_achten_sollten/
    http://www.atomausstieg-selber-machen.de/

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    1. Ach, unterm Strich war der Samstag positiv: Wichtige Teile der Steuererklärung sind schonmal fertig. Und das andere war eine durchaus positive Lernerfahrung, auch für mich beruflich ;-)
      Aber das, was die Bilder zeigen, ist da wirklich schlimmer. Die Zerstörung so sehen zu müssen, zum anfassen, das tat weh. Danke für Deine Links, ich werde mich damit befassen. Wir haben allerdings auch schon gehandelt: Auf unserem Hausdach haben wir letztes Jahr stolze rd. 6.100 kwh produziert, genug für uns und noch 1-2 Haushalte.
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Da hast Du Dich ja im Verein auf ein ganz schönes Minenfeld begeben. Ich gratuliere Dir dazu, dass es Dir gelungen ist, den gordischen Knoten durchzuschlagen. Das nicht alles zufrieden sind, ist immer so. Das mußt Du ausblenden.

    Ansonsten hast Du uns da sehr bedrückende Vergleichsbilder mitgebracht. Das reißt einem fast das Herz raus :-(

    Der Strommehrbedarf durch Elektroautos soll allerdings nur sehr gering sein. Wenn diese Autos sich in der Masse durchsetzen würden, soll dem angeblich nur ein Strommehrbedarf von 5% gegenüberstehen.

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Hallo Volker,
      ja diese Sitzung war wie erwartet hart, aber unterm Strich ist das Ergebnis ok. Trotz der Unzufriedenen, so schlecht kann ich nicht gewesen sein, denn beide "Lagerführer" wollten mir einen Vorstandsposten antragen ;-)
      Schlimmer war da die erlaufene Abrisslandschaft :-( Vor so einer Naturzerstörung zu stehen ist sehr hart. Auf den Schalter zu drücken und irgendein E-Geräte einzuschalten ist leicht, aber zu sehen, was dafür in Kauf genommen wird, ist schlimm. Insofern wäre es sinnvoller, statt erst noch E-Autos zu bringen, doch gleich Wasserstoffantriebe voranzubringen. Aber wer fragt schon uns arme kleine Lichter in dieser Welt...
      Liebe Grüße
      Elke

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