Mittwoch, 9. September 2015

Eiger, Mönch und Handicaps


Aus Gründen der Akklimatisierung zum Jungfrau-Marathon hat mein eidgenössischer Ehemann einen Kurzurlaub im Urlaub auf rd. 2200 m Höhe in einem Berggasthaus auf dem Männlichen, einem Gipfel im Berner Oberland zwischen Grindelwald und Wengen, organsiert.





Das Gasthaus selber sowie der dahinter erkennbare Bergipfel kommen unspektakulär daher, doch was hier zählt, ist der Blick in Richtung des weltberühmten Trios Eiger, Mönch & Jungfrau.


Dreht man sich um 180 Grad, ist das Panorama gleich viel spektakulärer:







Das Wetter ist uns recht hold: Ein unvergleichlicher Sonnenaufgang am ersten Morgen gefolgt von einem überwiegend strahlend blauen Himmel.
















Frühstück im Angesicht der Vier- und Dreitausender. Doch wie schnell es sich hier oben ändern kann, erleben wir am Abend, als immer mehr Wolken aufziehen und zum Abendessen alles in herbstlichen Nebel gehüllt ist.








Auch wenn der Ausblick aus dem Zimmer anderes vermuten lässt, dank Nebensaison ist es wunderbar ruhig hier. Beim Genuss von Kaffee und Kuchen auf der Terrasse dringt eine für solche Lokale sehr ungewohnte Musik nur sehr leise und verhalten an unsere Ohren: Klassik.






Ansonsten dominieren die Glocken der noch vorhandenen Kühe, die direkt um das Berghaus herum weiden. Der Grossteil der Milchproduzentinnen ist schon auf dem über Wochen stufenweise stattfindenden Rückzug ins Tal.

Ich bestreite hier oben mein zwangsgeändertes Laufpensum, denn schon am Freitag spürte ich unheilverkündendes Kratzen im Hals. Samstag und Sonntag verbrachte ich im Kampf mit den bösen Bazillen auf dem Sofa, mit dickem Kopf und laufender Nase. Also fiel der laut Plan zu absolvierende 10-km-Lauf aus. Wenigstens besserten sich die Symptome dann, so dass am Montag vor unserem vorübergehenden Umzug in die Berghöhe ein erster kleiner Wiedereingliederungslauf möglich war. Ich hole mir Rat bei Herbert Steffny und beschliesse, den 10er nicht nachzuholen, sondern dann lieber km zu sammeln. So machte ich mich gestern auf den Panoramaweg vom Männlichen Richtung Kleine Scheidegg. Der verläuft relativ horizontal um den Tschuggen herum, allerdings in der Hin-Richtung leicht abschüssig. Man läuft mit Blick auf den Eiger. Eigentlich eine atemberaubende Perspektive, wenn nicht der Berg sich inzwischen in Wolken gehüllt hätte. Ist ausnahmsweise gut so, denn der Weg verlangt durchaus Konzentration, will man nicht nur gehen, sondern laufen. Matschige Partien, festgetretener Boden, felsige Abschnitte, stolprige Steinpassagen - da will man ja heil wieder ankommen. Die Höhe, die Restbazillen und vor allem der Rückweg mit stetigem Anstieg jagen den Puls trotz moderatem Tempo ziemlich in die Höhe. Aber es ist ein unglaubliches Vergnügen, in solcher Landschaft zu laufen!

Mein Mann hingegen hat sich sein Handicap selber "erarbeitet". Kaum kamen wir am Montag im Gasthaus an, bemerkte er, dass er im Auto an der Talstation der Seilbahn gut sichtbar Portmonnaie und Smartphone liegen gelassen hatte... Er beschloss, mal eben in Wanderschuhen bergab zu joggen und so aus der Situation ein kleines Training zu kreieren.

Um die Dimension zu erhellen: Die Seilbahn (Im Bild von unten nach rechts oben verlaufend) führt von Grindelwald (ganz unten am Talboden sichtbar) in direkter Luftlinie 6 km hinauf, und überwindet dabei rd. 1300 Höhenmeter. Der Wanderweg baut dazu notwendigerweise ein paar Windungen und km mehr ein und wird ab Gasthaus bergab bis Grindelwald mit 2 Std 40 Min Gehzeit angegeben. In etwas weniger als einer Stunde kam er unten an. Zwar zwackte es ihn da schon in den Schuhen, aber er entschied sich dennoch, nicht die Seilbahn bergauf zu nehmen, sondern erneut läuferisch zu brillieren...
Ich finde, die so erlaufenen Blasen an beiden Füssen sind mindestens ein ziemliches Ärgernis, wenn nicht ein echtes Handicap für den Marathon am Samstag. (Den nicht zu verachtenden Muskelkater können wir hier vernachlässigen).
Er findet, ich sehe das etwas zu negativ.
Nun hoffe wir beide, dass das mal gutgeht...

Bis dahin geniessen wir noch ein wenig die unvergleichliche Aussicht...



















Temperatur einstellig, 6,3 km (auf 2200 m.ü.M.), 44:58, (7:11 Min/km), HF 146

20 Kommentare:

  1. Wirklich atemberaubende Bilder, liebe Elke! Danke dafür!

    Atem(be)raubend stelle ich mir auch das Laufen dort vor. Zum Glück hast du deinen Infekt ja schnell überwunden. Die Blasen deines Holden brauchen vermutlich länger bis zur Heilung. Aber was ein Mann ist, der wird ob dieses selbstverursachten Handicaps (hoffentlich) schweigen und etwaige Beschwerden stoisch ertragen. Gut abkleben, dann sollte ihn das "kleine Problem" nicht beeinträchtigen!

    Liebe Grüße,
    Anne.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Anne,
      zum Glück waren die Bazillen diesmal nicht so kampfesmutig, es geht schon wieder ganz gut, nur die Nase läuft noch etwas. Natürlich schweigt mein Mann und erträgt das mit der stoischen Natur eines Berners ;-) Ich denke auch, mit Kleberei sollte es machbar sein.
      Liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
  2. Liebe Elke,
    ahhh, so schön! Ich habe mich schon sehr auf die ersten Bilder eures Urlaubs gefreut!
    Gut, dass du die Bazillen "ausgesessen" bist und schon wieder einen erfrischenden Rundlauf starten konntest.
    Ich hoffe bis zum Lauf werden Blasen und Muskelkater (so gut wie) verschwunden sein und Chris kann ohne Handicap diesen Wahnsinnslauf angehen! :D

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Doris,
      ach ja, es ist hier oben einfach nur phantastisch. Vor allem morgens und abends, wenn wir so gut wie allein hier sind und draussen der Tag erwacht bzw. zur Neige geht. Man möchte stundenlang nur schauen!
      Heute sind wir zum Zielgelände spaziert, ja, die Uhr tickt... wird schon gut gehen!
      Danke und liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
  3. In Wanderschuhen laufen? Respekt. Sind ja bestimmt schön schwer und nicht gerade dafür ausgelegt.
    Jetzt weiß ich wenigstens warum ich immer Laufsachen dabei habe ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Markus,
      genau, Wanderschuhe, wie man sie in den Bergen so trägt. Sportsachen haben wir natürlich sonst auch komplett dabei!
      Liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
  4. Was fällt mir da mal wieder zu Chris ein? Du Tier!

    Dein Göttergatte ist aber auch einfach nicht kaputtzukriegen :-)

    Du aber zum Glück auch nicht. Prima, dass die Bazillen schon wieder auf dem Rückzug sind. So ein Lauf in der Höhe ist ja schließlich nicht ohne.

    Die Bilder sind einfach nur herrlich, ich wäre auch gerne dort!

    Habt noch eine gute Zeit!

    Liebe Grüße
    Volker

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Volker,
      so sind sie halt, die Eidgenossen. Insbesondere die Berner sind ja bekannt für ihren "Berner Gring" (Dickkopf). Hoffen wir dann, dass das Tier im Manne dann am Samstag zum Finish beiträgt...
      Es ist wirklich einfach toll, hier inmitten dieser Berge zu sein!
      PS: Habe gerade Probleme mit Wordpress und kann bei Dir nicht kommentieren, keine Ahnung warum :-(
      Liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
    2. Ah, ok, weiß ich Bescheid

      Doof, das die jeweils anderen Bloganbieter es den Kommentatoren immer mal wieder so schwer machen :-(

      Löschen
  5. Hallo Volker,

    man(n) ist ja nicht umsonst Swiss Army proofed - und als Teilnehmer des JM nimmt man doch nicht die Bahn...

    Aber Deine Worte ("Du Tier" und "nicht kaputtzukriegen") nehme ich gerne am Samstag mit, sicher werden sie mir helfen, sollte ich in einem der Anstiege schwächeln (wollen).

    LG Chris

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Da kann ein Bundeswehrwehrdienstgeleisteter einfach nicht mithalten :-)))

      Toi Toi Toi für Samstag! Ich drück Dir die Daumen!

      LG Volker

      Löschen
  6. Liebe Elke und Chris
    Nach jedem JMT dachten wir uns, nun müsste man oben bleiben und erleben können, wie die Sonne untergeht, die Kälte der Bergnacht spüren und den ruhigen Morgen erwachen sehen können... Da habt ihr euch einen Traum erfüllt, euer Quartier eine Weile auf den Männlichen zu verlegen!
    Offenbar hat die Bergluft geholfen, deine "Bazillen" zu vertreiben - gut hast du nicht am vorgeschriebenen 10er festgehalten!
    Und Chris kam zu einem realitätsnahen Abschlusstraining ;-) Der Schluss-Spurt von der Loucherflue hinunter ins Ziel ist nun mindestens 4 fach eingeübt ;-) Und der Aufstieg in leichten Joggingschuhen statt den schweren Wanderstiefeln wird ihm hoffentlich ganz locker erscheinen! Wir drücken fest die Daumen!
    Mit lieben Grüssen
    Marianne

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Marianne,
      die 4 Tage hier oben geniessen wir wirklich ungemein. Vor allem abends und morgens, wenn derzeit fast mehr Personal als Gäste (meist ca. 10 Logiergäste) hier oben ist, sind traumhaft! Die Ruhe, die Aussicht - ein Traum! Das Berghaus Männlichen können wir bestens empfehlen, sehr nettes Personal, sehr sauber, feines Essen! Leider wird der heute geplante Lauf dem Wetter zum Opfer fallen: Nebel, Wind, Regen, Gewitter, kaum 5 Grad.
      Danke fürs Daumendrücken, in 48 Stunden sind wir weiter ;-)
      Liebe Grüsse
      Elke und Chris

      Löschen
    2. Hallo Marianne

      Ja, dieser Abschnitt sollte mir nach dem ungeplanten Zusatztraining am vergangenen Montag dann definitiv keine Probleme mehr bereiten... Ich fürchte allerdings, dass dies dann auch nicht mehr die wirklich entscheidende Teilstrecke sein wird... Ich hoffe nur, meine Waden nehmen es mir nicht übel, wenn ich ihnen nochmals mindestens dieselbe Leistung abverlange... :-)

      Vielen Dank im Voraus fürs Daumendrücken!

      Liebe Grüsse
      Chris

      Löschen
  7. Einfach nur herrlich. Ich kenne den Männlichen und die Region sehr gut vom Skifahren. Der Anblick von Eiger, Mönch und Jungfrau ist mit das Schönste, was die Alpen zu bieten haben.

    Genießt die Zeit! Weiterhin gute Besserung!

    Liebe Grüße
    Rainer

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Rainer,
      ja, es gibt Ecken auf dieser Welt, da möchte man immer sein. Skifahren waren wir hier auch schon, aber ich denke, zu jeder Jahreszeit ist das hier unvergleichlich.
      Danke und liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
  8. Hüttenurlaub - das nenne ich mal eine Marathonvorbereitung! Wie gut, dass das Smartphone im Auto vergessen wurde ;-)
    Viel Spaß beim Marathon!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Umgekehrt: Vorbereitung auf 2200 müM, und zufällig steht da so ein gastliches Gasthaus :-)
      Nur ob die Heimholung von Portemonnaie und Smartphone sich als zuträglich erweist, wird sich dann zeigen.
      Danke und liebe Grüsse
      Elke

      Löschen
  9. Hallo Elke, für den bevorstehenden Jungfrau Marathon wünsche ich euch viel Erfolg und ein unvergessliches Erlebnis. Ich drücke euch beiden die Daumen!
    Liebe Grüsse, Hugo

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Hugo,
      danke dir, ich gebe Deine Wünsche gern weiter! Ich muss ja "nur" als Sherpa per Bahn im Massentransport hinauf... Wir sind auf alle Fälle sehr gespannt auf das Ereignis!
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen