Sonntag, 23. Oktober 2016

Tristesse im Geisterdorf

Man muss nicht bis Silvester mit guten Vorsätzen warten...
Nachdem ich ohnehin vorhatte, den Winter über die Form zu halten, statt sie im Frühjahr wieder aufzubauen, und ich zudem kürzlich las, dass gute Marathonis im Winter gemacht werden, nehme ich mir einen regelmäßigen langen Lauf pro Woche vor.
Also, heute dann 2 Stunden am langsamen Stück.
Wäre eine gute Distanz wieder einmal im sterbenden (weil dem Braunkohletagebau weichenden)  Dorf, Manheim, vorbeizuschauen.



Daher geht es wieder zum gleichen Wald wie vorgestern. Der noch genauso bunt daherkommt, Sauerstoff spendet und mit raschelndem Laub erfreut. Zudem tropft der Nebel des Morgens hier und da von den Bäumen herab.







Der Radweg an der Straße zum Dorf stimmt schon gut ein, man lässt ihn einfach zuwachsen. Gibt eh' wohl keine Radfahrer mehr. Oder wenn, fahren sie wegen der wenigen Autofahrer auch auf der Straße sicher...
Die Stimmung im Ort lässt sich am besten mit dieser Filmmusik charakterisieren: Link
Die grau-nebelige Stimmung tut ihr Übriges...












Der Friedhof zieht ja mit um, die Kirche ist schon geschlossen. Aber was ist mit Denkmälern? Die Antwort hier, die frühere Beschriftung scheint mitgewandert zu sein:


Das frühere Gemeindehaus ist noch in Betrieb. Auch wenn die Zeit stehengeblieben ist, jedenfalls ist es als ich dort bin ca. 13 Uhr.







Manche Autos täuschen nur Anwesenheit vor, mancher hat sein stillgelegtes mobiles Altertümchen gleich vor Ort stehengelassen.









Eine Hausrückseite ist schon zugemauert. Das übliche Verfahren vor dem Gesamtabriss. Allerdings sehe ich bisher nur wenige solcher Beispiele, obwohl der Ort fast menschenleer ist.


Eine idyllische Wiese:

Noch im Juli 2016 sah sie so aus. Die Abbruchreste des Hauses an dieser Stelle:

Ein letzter Blick zurück. Wer weiß, wie es nächstes Jahr hier sein wird? Ich habe eine Vermutung, und werde sicherlich wieder nachschauen, wie es weitergeht. Zum Vergleich noch hier frühere Posts: Juli 2016März 2016Februar 2015


Meine selbst gesetzte Vorgabe von 2 Stunden erfülle ich mir. Bei etwa 6-7° läuft es sich gut. Der Wind frischt mehr und mehr auf und da ich zurück über das freie Feld laufe bin ich froh, dass ich Handschuhe dabei habe. Kurz vor daheim bläst er die grauen Wolken fort und zaghaft zeigt sich eine fahle Herbstsonne. Aber da sitze ich schon auf dem gemütlichen Sofa bei Kaffee & Kuchen :-) Ich bin sehr zufrieden, so kann es weitergehen!

6-7° 18,3 km, 2 Std (6:29 Min/km), HF 129

14 Kommentare:

  1. Liebe Elke,
    und so begleitet mich der Mann mit der Mundharmonika in den Sonntag Abend! :)
    Schon faszinierend, die "Entwicklung" dieses verlassenen Ortes. Schade nur, dass er nicht genügend Zeit haben wird, von sich aus zu verfallen. Ich mag diese Bilder und Eindrücke immer sehr.

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    1. Liebe Doris,
      ja es wäre wirklich interessant zu sehen, was passieren würde. Jedenfalls würde die Natur vieles überwachsen, was sie jetzt schon tut. Die Obstbäume tragen ja Früchte, das Grün wächst und wächst und würde sich sicher ausbreiten. Aber so weit kommt es nicht, vorher wird alles maschinell abgetragen.
      Liebe Grüße
      Elke

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  2. Ich habe mich erst kürzlich gefragt, wann Du da wohl mal wieder vorbei schauen wirst, Elke! Das ist ja ein schöner Zufall. Interessant, wie es sich so langsam aber stetig verändert.
    Herzliche Grüße,
    Claudi

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    1. Liebe Claudi,
      es ist zwiespältig, dort zu laufen. Einerseits Neugier, was weiter passiert ist. Andererseits ist es so deprimierend dort.
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,

    schön, dass Du dieses Dorf regelmäßig laufend besuchst. Mich faszinierd diese Endzeitstimmung immer wieder.

    Dein guter Vorsatz für diesen Winter gefällt mir übrigens auch. Da können wir ja auf eine noch bessere Marathonläuferin gefasst machen! :-)

    Liebe Grüße
    Volker

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Lieber Volker,
      Du kennst es ja im Original und kannst es Dir noch plastischer ausmalen. Es ist schon eine sehr eigenartige Stimmung inzwischen. Mal sehen, wie lange mein Vorsatz hält ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  4. Ohje, dieses traurige Dorf :/
    Ist zwar interessant, aber schöner finde ich einfach wenn etwas los ist im Dorf und man sein zuhause nicht so aufgeben muss!

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    1. Lieber Markus,
      das stimmt, die Menschen, ob alt oder jung, konnten es sich nicht aussuchen.
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. Liebe Elke,
    immer wieder gespenstig dieses Dorf. Zusammen mit der grauen Herbststimmung könnte es einen fast depressiv machen.
    Es ist schon echt irre, wie so einfach ein ganzes Dorf umgesiedelt wird. Und wenn dann da, wo das alte Dorf jetzt ist, der Braunkohleabbau abgeschlossen ist, entsteht dort vielleicht irgendein komplett neues Dorf.
    Das Ganze erinnert mich ein bisschen an "Umgraben" im Garten. Einmal alles gut durcheinandergebracht :-)))
    Liebe Grüße
    Helge

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    1. Liebe Helge,
      ja, das kann einen ziemlich runterziehen, wenn man durch diese menschenleeren Straßen läuft, wo früher gelacht und gestritten wurde, eingekauft und gespielt...
      Das stimmt, ich kenne hier Stellen, da bin ich in meiner Jugend auf Straßen gefahren, die dann in einem solchen Loch verschwanden und nun ist schon wieder das Loch zu und neues Areal drüber. Das werden dann oft Felder, weil ja auch landwirtschaftliche Betriebe umgesiedelt werden müssen. Oder Erholungsgebiete.
      Stimmt, der Umgrabe-Vergleich trifft es ganz gut, so krass der auch klingt. Alles nur eine Nummer größer...
      Liebe Grüße
      Elke

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  6. "Mit dem Laufen ist es schon ein Kreuz" oder was bedeutet das Kreuz auf deinem Rücken?
    Die langsamen langen Läufe sind doch die schönsten. Daher gefällt mir dein Plan, im Winter lang zu laufen. Angeblich machen diese Supersauerstoff-Läufe auch schnell.

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    1. Ich bin dann auch mal gespannt, ob sich weitere lange Läufe spürbar auswirken.
      Das Kreuz stellt natürlich die Wahl dar, nämlich die Wahl des "Ich bin dann mal raus" gegenüber dem "Schön bequem auf dem Sofa" ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  7. Liebe Elke,

    danke für einen weiteren Eindruck aus diesem Dorf. Es ist irgendwie schwer vorstellbar, dass da alles verschwindet mitsamt der Erinnerung der früheren Bewohner.
    Andererseits haben deine Fotos auch etwas Wildromantisches. Warum werden die Häuser denn zugemauert, wenn sie doch abgerissen werden?
    Herzlichen Gruß!

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    1. Liebe Roni,
      ja es ist wirklich schwer mit anzusehen. Dort haben Menschen gelebt, gelitten, gelacht, geweint und nun müssen sie weg.
      Zugemauert wird, um Vandalismus oder Besetzungen zu verhindern. Früher wurde ziemlich bald nach Wegzug abgerissen. In Manheim scheint man damit zu warten, bis alle fort sind.
      Liebe Grüße
      Elke

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