Montag, 6. Oktober 2025

Köln Marathon (2025) als Volunteer

Nachdem es mir im letzten Jahr soviel Spaß bereitet hatte, als Volunteer beim Köln Marathon zu helfen, war es ziemlich klar, auch dieses Jahr wieder mit von der Partie zu sein. Ich wusste ja, was mich erwartet und wie das alles abläuft, da macht die miese Wetterprognose (13°, Sturm, regnerisch) mir das Vorhaben auch nicht madig. Mit 4 dicken Lagen unter dem Anorak ist das stürmisch nasskalte Wetter erträglich. Nur, dass diesmal schon um 6:30 Uhr der Dienst beginnt, (erfordert Aufstehen kurz nach 4 Uhr), ist eine kleine, aber überwindbare Klippe.

So stemme ich mich kurz vor 6 Uhr dem Wind an der Domplatte entgegen und plane, wie schon 2024 die tollste Wärmestube aller Marathons aufzusuchen, den Dom. Soll um 6 Uhr öffnen, tut er aber nicht. Mir bleibt nur der Blick durchs Schlüsselloch in die heimelig beleuchtete Kathedrale. Und die Aussicht, dann ab jetzt bis Schichtende etwa 12:30 Uhr outdoor zu sein. 
Ich kann einen Blick aufs Ziel werfen, wo letzte Vorbereitungen getroffen werden. Ansonsten liegt die Fußgängerzone, durch die ich zum Treffpunkt marschiere, verlassen.

Ich darf wieder an meinem Wunsch-Standort, km 20/Halbmarathon, bzw. km 41/Marathon stehen, an dem man beide Felder je 2x vorbeilaufen sieht. Einmal relativ früh, und einmal dann 1 km vor dem jeweiligen Ziel.

Links ein Stück Dommauer

Zielbereich in "kölnisch rot"

Für "unseren" km 20 bzw.41 sind knapp 50 Volunteers in 2 Schichten eingeteilt. Wir treffen unseren Ansprechpartner und erhalten unsere Ausrüstung: Windjacke, T-Shirt, Wasser und einen Schokoriegel, keine Cap dieses Jahr, dafür einen Regenponcho. Dann gehen wir unseren Abschnitt ab und jeder kann sich seine konkrete Position auswählen. Ich entscheide mich für ein 5-er Team, das einen Fußgängerüberweg über die hier sehr breite Straße (2 x 3 Spuren plus 2 Straßenbahnschienen dazwischen) sichern soll. In umliegenden Bäckereien decken wir uns mit Kaffee und Verpflegung ein, und dann beginnt der gemütliche Teil des Tages, warten und sich warmhalten.

Zunächst startet 8:30 Uhr auf der anderen Rheinseite der Halbmarathon, dessen Teilnehmerfeld wir dann auf der Fahrspur Richtung Westen auf km 2 sehen können. Es gibt noch relativ wenig zu tun und wir feuern das Feld an. Viele leiden unter dem strammen Gegenwind, aber die meisten scheinen guter Dinge. Ich bemühe mich, möglichst viele Sportler mit einem Lächeln aufzumuntern, und sehr oft grinsen, strahlen, lachen und lächeln sie zurück. Einer ruft gar "Danke dass ihr heute bei dem Wetter hier für uns an der Strecke steht!" Sooooo nett! 
2 Teams sehe ich, die jeweils ein Kind im Rolli über die Distanz schieben. Berührend.
Ein Elternpaar am Streckenrand ist besonders hektisch. Ihre Tochter läuft recht weit vorne mit, hat aber irgendwo hier bei uns ihre Startnummer verloren, wie auch das Tracking wohl anzeigt. Nun suchen sie den Straßenboden ab und wollen versuchen, ihr die Nummer dann später auf der Gegenseite bei km 20 zurückzugeben. Ich kann ihnen dafür noch 2 Sicherheitsnadeln mitgeben. Aber ob es geklappt hat, keine Ahnung. Jedoch wird sie mit Sicherheit disqualifiziert, weil ihr Zwischenzeiten fehlen.

Noch führt der spätere Zweitplatzierte das Feld an

Langsam mehren sich die Zuschauer, trotz des unfreundlichen Wetters. Wir haben mehr zu tun mit Menschen, die unbedingt gerade jetzt hier über die Straße drängen, versuchen, ihnen Alternativrouten vorzuschlagen. Viele gehen darauf ein, wissen ortskundigen Rat zu schätzen, andere reagieren verärgert.

Während auf der einen Straßenseite noch immer das Feld der rund 16.000 Halbmarathonis strömt, setzt auf der anderen Seite schon die Spitze zum Finish an. Diesmal in leicht anderer Platzierung. Der spätere Sieger hat sich, wie ich daheim im Stream sehen kann, Zug um Zug an den Führenden herangearbeitet und ihn dann überholt, wird mit einer Zeit von 1:03 siegen.
Ich kann nur einen kurzen Blick auf Hendrik Pfeiffer werfen, der erneut hier für seine Frau Esther den Pacemaker gibt und sie zu neuem Streckenrekord und PB führt (1:07:28). Der Stream zeigt, wie sie erschöpft und von Emotionen überwältigt ihre Leistung kaum fassen kann. Sandra Mockenhaupt finisht als fünfte und nutzt das Ziel zum Fotoposen.

Der neue Führende

Noch in Sichtweite, der Zweitplatzierte

Wir bekommen mehr zu tun, denn nun wird permanent auf beiden Seiten Action geboten. 10:30 Uhr ist inzwischen der Marathon gestartet (rd. 8.000 Teilnehmer), läuft eine Zusatzschleife und trabt bei uns an seinem km 14 vorbei. Mehr und mehr Leute müssen mal eben zur anderen Seite. Unsere Aufgabe ist es, den Läufern ihre Strecke störungsfrei zu halten.
Vor allem Radfahrer, Gottseidank nicht alle, aber manche, sind unwillig. Dabei ist ein quer über die Strecke geschobenes Rad eine große Gefahr, wenn gerade ein Läuferpulk vorbeiströmt. "Ich muss zur Arbeit" wird als Generalabsolution öfter genutzt und dann rücksichtslos die Strecke gequert. Wir kommen teils kaum hinterher.
Die "Queen" des Tages ist eine ältere Dame, deutlich langsam zu Fuß. Sie muss unbedingt zur Philharmonie, sei schon spät dran. Gerade kommt aber das Feld dicht gedrängt vorüber. Das stört sie nicht und sie versucht, den Volunteerkollegen mit ihrer vollen Leibesfülle zur Seite zu drängen. Nur zu zweit können wir sie mit ausgebreiteten Armen stoppen. Zu ihrem eigenen Besten, sie würde mit Sicherheit umgerannt. Dass gegenüber gerade ein Rettungswagen mit Blaulicht länger mitten auf der Strecke steht, ist Mahnung genug, Vorsicht walten zu lassen. Schlussendlich können wir ihr einen besseren Fußweg zu ihrem Ziel, zudem ohne weiteren Läuferkontakt vorschlagen. Mürrisch zieht sie ab.

Links Halbmarathon auf km 20, rechts Marathon auf km 14


Zum Wind gesellt sich zeitweise Regen und wir sind froh über unsere einfachen Regenponchos.
Der flotten Halbmarathonspitze folgen nun Mittelfeld und hinterer Bereich.
Viele, die auf km 2 noch guter Dinge waren, haben nun sichtlich zu kämpfen.
So weit es möglich ist, feuern wir an, was geht, versuchen, manch Erschöpftem den letzten Schwung für die nur noch folgenden 2 Kurven mit auf den Weg zu geben. Wir rufen sie mit Namen und aufmunternden Worten an. Oft gelingt es, ihnen eine kleine erfreute Reaktion zu entlocken. Wohl wissend, wie schlimm die Pein gerade sein kann. 

Einer ist munter drauf, ruft mir zu, dass er doch gern so einen roten Volunteer-Anorak hätte.
Ein anderer grinst bei meinen Aufmunterungsversuchen zurück, greift sich selbst in den Halsausschnitt seines Shirts...und zieht die Finishermedaille hervor! Unglaublich, der läuft noch eine Auslaufrunde!

Leider fehlt in diesem Jahr die Kölner Spezialität, das Haifischmaul des Kölner Eishockeyvereins, durch das man auf die letzten 1000 m ging. Ob der Hai dem Sturm nicht seine Zähne zeigen wollte...?


Immerhin kommt inzwischen die Sonne immer wieder hervor, als wollte sie den Läufern noch einen zusätzlichen Push geben. 


Erfreulicherweise kommt meine Ablösung etwas früher und ich kann zum Bahnhof eilen. Würden wir nicht daheim Besuch erwarten, wäre ich gern noch an der Strecke geblieben.
Von fern kann ich erneut einen Blick auf das Ziel werfen, diesmal deutlich rummeliger als noch am Morgen.



In der Bahn komme ich mit einem älteren Ehepaar ins Gespräch. Selber früher aktive Läufer, nun als Zuschauer an der Strecke. Wir tauschen unsere Eindrücke aus. Der Mann fragt, ob es denn genügend Helfer gäbe, oder ob noch welche gesucht würden. Ich ermuntere ihn, Helfer hat es nie genug, und trotz einiger Strapazen und einzelner schwieriger Zeitgenossen war es wieder ein Erlebnis, bei einem Lauf mal auf der anderen Seite dabei zu sein.
Ich für meinen Teil war sicher nicht zum letzten Mal als Volunteer dabei.😊

6 Kommentare:

  1. Was für ein Tag, liebe Elke!
    Ich finde es grossartig, wie du dich bei Wind, Kälte und frühem Aufstehen so engagiert hast – das ist echter Einsatz! Dein Bericht liest sich so lebendig, dass man direkt neben dir an der Strecke steht und mitfiebert. Diese Dame auf dem Weg zur Philharmonie – unvergesslich! 😂 Da braucht man starke Nerven und eine gute Portion Humor.

    Und dann die armen Eltern mit der verlorenen Startnummer! Ich würde ja zu gern wissen, ob sie es geschafft haben, ihr die Nummer zurückzugeben. Wenn sie keine Matte ohne Nummer überquert hat, drücke ich die Daumen, dass sie nicht disqualifiziert wurde.

    Ich hoffe, du warst mit der Ausrüstung zufrieden – du hast ja inzwischen schon eine kleine Köln-Marathon-Kollektion zu Hause!

    Liebe Grüsse aus dem nasskalten Zürich!

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    1. Liebe Catrina,
      genau so ist es, einfach ein Wahnsinnstag, im positiven Sinne. Die paar Nörgler sind halt leider immer dabei, fast kann man sich fragen, was haben die heute drauf? Aber weit überwiegend sind es positive und nette Erlebnisse und Begegnungen. Und vor allem das Mitfreuen mit den Läufern!
      Nach der Startnummerverliererin habe ich in der DSQ-Liste geforscht, fand aber keinen passenden Eintrag. Es müsste ja jemand sein, der nur die Start- und die Endzeit hat, aber keine der anderen Zwischenzeiten.
      In Berlin haben sie ja jedes Jahr eine neue schicke Volunteer-Kollektion, aber wie ich nun weiß, ist Köln immer rot. Egal, dafür war das Shirt diesmal nicht grau, sondern auch ... ROT. Immerhin sind diese Anoraks recht stabil und sogar etwas wasserabweisend (außer Dauerregen).
      Liebe Grüße aus dem auch kühl regnerischen Köln!
      Elke

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  2. Wie toll, dass du wieder geholfen hast, liebe Elke!
    Ich bin ganz deiner Meinung, dass es jedesmal wieder lohnend ist, sich an die Strecke (oder zur Startnummernausgabe, an eine Verpflegungsstation, oder, oder, oder ..) zu stellen, auch wenn das Wetter dir heuer nicht hold und der Dom verschlossen war!
    Das frühe Aufstehen hat dir dafür ganz eigene Eindrücke beschert, denn so eine läuferleere Strecke ist auch immer ganz besonders. Wie gut, dass ihr im Team arbeiten konntet, da ist so manche Zeitgenössin, die "unbedingt jetzt" zur Philharmonie will, besser zu ertragen. ;)
    Und dein Läuferkarmakonto ist jetzt sicher wieder voll bis obenhin! :D

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    1. Liebe Doris,
      diesmal wusste ich ja, wie das so aus Helfersicht läuft und hatte mich schon für diverse Diskussionen innerlich gewappnet. Nur die Philharmoniedame mit ihrer Perlenkette und ruppigem Wesen, die war krass. Ich verstehe ja die Leute, zum Teil. Die wollen irgendwo hin, aber die 16.000 Halbmarathonis in dem Moment auch und das war ja in der Stadt deutlichst kommuniziert worden. Aber mit ein wenig gutem Willen und konstruktivem Miteinander ließen sich die allermeisten Querungsbedürfnisse regeln.
      Immerhin habe ich nachher nicht gefroren, man ist ja dauernd in Bewegung. Es ist halt einfach ein Erlebnis, das es wert ist. Und nun schaue ich portionsweise noch im Stream, was auf der Strecke so lief. :-)
      Genau, ein weiteres OMMMMM auf mein Karmakonto!
      Liebe Grüße
      Elke

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  3. Liebe Elke,

    besonders bei so einem Mistwetter ist es ganz groß, sich helfend bei Outdoor-Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen!
    Und es ist ja auch spannender als irgendwo auf dem Sofa zu hocken oder einfach nur selber immer ähnliche Runden zu drehen. Es klingt bei deiner Beschreibung nach win-win für alle.

    Und dass es wirkt, zeigt das letzte Foto: richtig gut schaust du darauf aus!

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    1. Liebe Lizzy,
      nun ja, Wetter ist immer ein gewisses Risiko im Oktober. Aber ich sage mir, wenn man sich gemeldet hat, zieht man durch. Wie die 1000e auf der Strecke ja auch. Und als Läufer weiß man ja, wie wichtig die Helfer sind, für den Ablauf der Veranstaltung, wie auch als kleine Motivationsunterstützer für die Läufer.
      Es hat Spaß gemacht und ich war auch warm genug gekleidet, da kann man am Dom locker strahlen. :-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

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