Samstag, 8. Februar 2014

Hinein ins Labyrinth

Meine heutige Trainingsvorgabe: 22 km bei 6:40 Min/km.
Als ich gestern Abend die Bilder der Eröffnung in Sotschi sah, vor allem die Aufnahmen der Fackelträger auf dem Weg nach Olympia, bekam ich richtig Lust aufs Laufen. Aber kaum halte ich heute die Nase aus dem Fenster, spürt sie: wieder kühler, nasskalt, zwar nicht mehr stürmisch, aber immer noch ziemlich windig - grr, bäh.
Aber Schnaps ist Schnaps und Plan ist Plan. Ich überlege, dass ich dem Wind ein Schnäppchen schlagen kann, indem ich ihn möglichst nur seitlich abbekomme, also muss die Laufstrecke in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Auf zur Erft, die genau diese Bedingung erfüllt.

Heute laufe ich sie in südlicher Richtung, denn der Wind kommt aus Süd-West, und so werde ich auf dem Rückweg einen zusätzlichen "Schubs" haben. Zudem bietet der Wald am anderen Ufer noch ein wenig Windschutz.
Der Rad- und Gehweg zieht sich viele km am Flussufer entlang, hier war mein Trainingsrevier zu meinem allerersten Marathon. Man läuft ungestört von Autos, Kreuzungen und Orten.
Aber heute ist ja der kürzeste Longrun, nur 22 km.

Wieder muss ich mich anfangs kräftig bremsen, doch der Wind erwischt mich auch oft und unterstützt meine Temporeduzierung. Ich laufe der Anzeige "11 km" auf meiner Pulsuhr entgegen, dem Wendepunkt. Dieser zeichnet sich bald ab und spontan entscheide ich mich, ihn in einen Schlosspark zu legen.






Also biege ich ab vom Erftufer, wenige 100 m zu meinem Wendepunktziel. Es ist nur ein kleines Schlösschen, das Schoss Türnich.



Schon von weitem fällt der Kontrast zwischen dem Schlösschen und dem Torbogen auf. Die kleine Laterne mit ihrer roten Kerze zeigt an, dass das Hofcafé in einem Nebengebäude geöffnet ist. Ich war noch nie dort, nehme mir das aber einmal als Vorhaben vor, denn es soll Kuchen mit biologisch angebauten Äpfeln des eigenen Betriebs geben.

Das Hauptgebäude hat frische Farbe erhalten. Doch sie darf nicht über das traurige Schicksal hinwegtäuschen, das es hat.










Die kleine, angebaute Schlosskapelle zeigt deutlicher die Baumängel, die das gesamte Objekt prägen. Vor wenigen Jahren war sie noch zugänglich, derzeit ist der Zugang gesperrt.







Die Treppe zum Haupteingang spricht auch Bände.
Das Schloss ist seit den 70'er Jahren nicht mehr bewohnbar. Infolge von Grundwasserabsenkungen durch die nahen Braunkohletagebaue hat es starke Risse bekommen. Infolink


Damit es nicht einstürzt, ist das Innere bergwerksartig mit Holzpfosten abgestützt, wie ein Blick durch die Fenster zeigt.
Die Besitzer möchten alles wieder restaurieren. Doch bis dahin schläft das Schloss weiter seinen Dornröschenschlaf.







Ich drehe um und laufe noch weiter durch den Schlosspark mit seinen alten Baumbeständen. Plötzlich stehe ich vor einer eigenartigen Anpflanzung:
Einen rechten Sinn kann ich nicht erkennen, doch es gibt Hinweistafeln:











Ja das ist doch mal eine originelle Abwechslung, nichts wie hinein ins Labyrinth! So laufe ich in bequemen Runden und "arbeite" mich in die Mitte vor. Zwei Spaziergänger kommen vorbei, aber anscheinend sieht man hier öfter Leute mit solchem Tun, denn ich scheine für sie nicht weiter seltsam zu sein. Wie der Text verspricht, gelange ich wirklich über die meandernde Wegführung bis ins Zentrum. Zurück nehme ich den bequemen direkten Ausstieg, ohne natürlich die zarten Pflanzen zu zerstören.

Und wieder geht es ans Erftufer, wo mir der Wind tatsächlich nun die erhoffte Unterstützung auf dem Heimweg gibt. Bei km 14 gönne ich mir ein Energie-Gel. Der Magen hat nichts dagegen und ich bekomme etwas frischen Schwung. Dennoch werden gegen Ende die Beine müde und laufen leicht eckig.
Ich bin froh, als ich dann daheim ankomme, bevor ein leichter Regen einsetzt.

8 Grad, 22 km, 2:26:01, (6:35 Min/km), Puls 137

18 Kommentare:

  1. Maßarbeit, liebe Elke! Alles nach Plan, die 5 Sekunden schneller schaden sicher nicht. :-)

    Traurig, dass das Schlösschen so verfallen ist, es sieht zauberhaft aus, ebenso wie die gesamte Anlage. Hoffentlich ist es noch zu retten!

    Liebe Grüße und gute Erholung,
    anne

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  2. Hallo Anne,
    ja heute hats gepasst. Ich war schon einmal zu einem Klavierkonzert in einem Nebengebäude des Schlösschens, wie Du schreibst - zauberhaft. Die Rettung ist eine Frage des Geldes, und darum drehen sich seit langen Jahren Prozesse.
    Liebe Grüße
    Elke

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  3. 22 km, Du liegst voll im Plan. Das liest sich gut.

    Das ist ein schönes Schloß-Ensemble. Wäre wirklich schön, wenn es wieder hergerichtet wird und bis dahin hoffentlich keinen weiteren Schaden nimmt.

    Liebe Grüße
    Volker

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    1. Hallo Volker,
      ja Lauf Nr. 3 meines Plans wurde erfolgreich absolviert :-)
      Um das Schloss ist es schade, man kann nur hoffen, eines Tages, so wie bei Dornröschen, wacht es wieder auf...
      Liebe Grüße
      Elke

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  4. Danke fürs Mitnehmen - schöner Weg, schönes Schloss. 22km sind ja echt nicht zu verachten und das bei dem Wetter. Respekt!

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    1. Ja für solch lange Strecken muss man sich schon nette Wege aussuchen. Das Wetter, nun ja, könnte besser sein, aber schlimmer geht auch immer ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

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  5. toller Lauf, tolle Bilder, toller Bericht: Dankeschön!

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  6. Hallo Elke,
    wow, das war ja ein (fast) punktgenauer Lauf! Bei einer langen Strecke der Vorgabe so nahe zu kommen, ist nicht einfach!
    Das Schlösschen gefällt mir sehr gut. Ich mag so dahinbröckelnde Gemäuer, einstürzende Treppen und zerbröselnde Dächer unheimlich gerne!

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    1. Hallo Doris,
      das Schlösschen und der Park würden Dir dann sicher gefallen, es wechselt zwischen einigen gut erhaltenen Ecken und manchem, das arg ramponiert ist. Ich finde es allerdings schade, dass manches uralt wird, bevor es in unserer Zeit dann zerstört wird.
      Liebe Grüße
      Elke

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  7. Hallo Elke
    Da hast du mit sprühender, elektrisierender olympischer Energie im "Rucksack" einen tollen ersten langen Lauf auf deinem Marathon-Konto gutgeschrieben! (Dank der ansteckenden Winter-Olympiaden-Begeisterung wurde ich präzis vor 12 Jahren zur Läuferin ;-)
    Trotz der Wind-Belästigung und -Unterstützung ist dir eine haargenaue Pace-Präzisionsarbeit gelungen!
    Die Pause im Schloss-Labyrinth war bestimmt eine wohltuende Abwechslung vom Geradeauslaufen an der Erft, und ein Apfelkuchen als Stärkung hätte wohl besser geschmeckt als ein klebriges Gel ;-)
    Liebe Grüsse
    Marianne

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    1. Hallo Marianne,
      Lauf Nr. 3 dem Konto gutgeschrieben - genau, es gibt ein gutes Gefühl, das so sagen zu können. Wie Du allerdings dank einer Winterolympiade zur Läuferin wurdest, ist ja ein wenig seltsam, wären da nicht eher Sommerspiele geeignet gewesen ;-)? Den Apfelkuchen hebe ich mir für einen genussvolleren Moment auf. Im Moment geht da einfach das ungeliebte Gel vor, genauso wie laufen mit ungeliebtem Trinkgurt...
      Liebe Grüße
      Elke

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    2. Hallo Elke
      Was macht es aus, dass du den Trinkgurt nicht gerne mit dabei hast?
      Gruss Marianne

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    3. Ich mag nichts Wackelndes um die Hüfte haben und da es halbwegs fest sitzen muss, mag ich auch nicht dieses Gefühl des Gurts um den Bauch. Am ehesten geht es noch mit dem Gurt, bei dem die Flasche hinten leicht schräg sitzt. Und meist lässt das Widerwillengefühl nach ein paar km nach.
      LG
      Elke

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    4. Hast du schon mal versucht, den Trinkgurt mit starken Sicherheitsnadeln am Hosenbund festzustecken? Dann muss man ihn nicht so fest anziehen, dass er am Bauch drückt, und er rutscht trotzdem nirgendwo hin ;-)
      LG Marianne

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    5. Nein, diese Variante kenne ich noch nicht. Werde ich einmal ausprobieren, danke!
      Liebe Grüße
      Elke

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  8. Man stelle sich vor: da hat man schon mal ein Schloss, und dann macht es einem der Braunkohletagebau kaputt!

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    1. Nun ja, wenigstens herrscht Gleichberechtigung, denn normale Häuser erwischt es auch schonmal... :-(
      Liebe Grüße
      Elke

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