Sonntag, 2. Juni 2019

Rhein-Ruhr-Halbmarathon 2019

Nach dem gelungenen Halbmarathon "plus" entscheiden wir spontan, doch gleich noch einen städtischeren Halben dranzuhängen. Wir melden für Duisburg (den ich schon 2018 lief).
Da kannten wir die Wetterprognose noch nicht, sonst hätten mich keine 10 Pferde hinbekommen:
Zum Start erwarten uns 10 Uhr morgens 24°, Zieleinlauf um 12 Uhr herum bei 28°.
Pffff.
Dennoch. Gekniffen wird nicht, wer sind wir denn? Immerhin ist es windig, was wir als äußerst angenehm empfinden.
Ich stelle mich sehr bewusst hinter die 2:15-Std-Pacemaker und will sie definitiv nicht überholen. Hier flott zu laufen, wäre mit Sicherheit unklug, für mich jedenfalls.
Mein Mann sortiert sich weiter vorne ein.
Ich will diesmal jeden Kilometer fotografieren. Was mir gute Ablenkung verschafft.
Am Start noch rasch ein munteres Tattoo festgehalten, ein anderes schönes, ein Förderturm auf zierlicher Damenwade, gelang mir leider nicht. Auch die Sambadamen gleich hinter dem Start erwische ich leider wieder nur teils verdeckt.




Die km 1-4 sind unspektakulär. Ich hadere mit mir und dieser tollkühnen Laufteilnahme... ob das gut ausgeht? Damit bin ich nicht allein. Ein Einheimischer ruft seinem Laufkumpel in wunderbar markigem Lokaldialekt zu, wo hinein ihn dieser denn hier gequatscht habe!





Bei km 5 beginnt das Feld eine neue Laufkategorie zu praktizieren. Ich nenne es mal "kollektives Schattenkuscheln". Wo immer es geht, rennt man im Schatten. Gehwege sind da kein Hindernis.



Die Sonne prallt auf uns hernieder. Doch immer wieder bringen uns auch willkommene Windböen ein wenig Kühlung. Bei km 7 beschleichen mich leichte Laufdepressionen. Ein Viertel mit erkennbar migrationsgeprägten Bewohnern, die uns zwar beäugen, aber keine Hand rühren, keinen Laut der Unterstützung von sich geben. Wenigstens Schatten.


Doch schon kommt km 8. Hier stoßen die Marathonis, die 1,5 Stunden vor uns starteten, wieder zum Halbmarathonfeld. Sie sind auf ihrem km 28. Plötzlich Trillerpfiffe und Rufe, es kommt ein Pacemaker mit einer kleinen Gruppe im Schlepptau. Die laufen locker an uns vorbei, als hätten sie nicht schon längst die HM-Marke hinter sich.
Und dann folgt wieder das muntere Altersheim. Herrlich, Party für alle. Man schenkt Wasser aus, Sprudelwasser. Und statt Elvis in 2018 läuft Wachmachermucke: "Du schaffst das" (Keine Ahnung, wer den Schlager singt).
Und gegenüber in der prallen Sonne, eine der vielen Sambatrommlergruppen an der Strecke. Das baut wieder auf!




Km 9. Keine besonderes Vorkommnisse.


Km 10. Wieder eine der unzähligen Wasserstellen. Ich nehme jedesmal Wasser wie ein Verdurstender. Und den Rest jeweils über den Kopf.
Besonders bleibt mir im die Musik an dieser Stelle in Erinnerung: Die Toten Hosen schmettern "Steht auf, es wird schon irgendwie weitergehen" Link  (der Refrain ist Läuferhymne pur!). Das passt perfekt!


Km 11 und Halbmarathon-Halbzeitpunkt. Meine Kamera leidet auch ein wenig unter der Hitze.
Doch die emsig winkende englische "Queen" hält sie dann perfekt fest.
Gleich neben der Queen eine Wasserdusche, die gern "unterlaufen" wird. Als gerade kein Läufer sie nutzt, kommt jemand anderes: Ein Motorradpolizist rollt mit seiner Maschine so langsam es geht drunter her. Er kann einem auch Leid tun, in seiner Montur diesen Tag hier bestreiten zu müssen!
Auch Trinkwasser wird geboten, ich nutze die Gelegenheit, es mit einer Salztablette anzureichern.



Km 12.  Ein wenig kämpfen ist angesagt und bin froh über eine weitere Schattenpassage bei km 12.


Und dann kommt km 13. Diesem Teil muss ich einfach mehrere Bilder widmen. Duisburg wird ländlicher, fast kleinstädtisch. Doch während wir uns quälen, bieten auch die Bewohner alles auf. Es wird Party gemacht, Tische und Stühle vors Haus gerückt. Zahlreiche Rasensprenger, Gartenschläuche, alles was irgendwie Wasser von sich gibt, wurde an die Strecke gerückt und wird dankbarst angenommen. Musik aller Art, von "Eye of the Tiger" bis "Tanze Samba mit mir" und Fanfarencorps, und immer wieder Zurufe, Klatschen. Herrlich! Danke dafür!





Km 14, wieder etwas ruhiger. Auch hier immer wieder einzelne Partynester.



Km 15. Man biegt um eine Straßenecke, und schon deutet sich wieder etwas an. Wasser, klar. Aber auch schon wieder Zuschauer und Stimmung. Eine muntere Seniorentruppe sitzt an Tischen und Stühlen am Straßenrand, mit eigenem DJ. Und der bringt gerade mein Lied des Laufs:
"La vida loca" von Ricky Martin. Am liebsten würde ich die knutschen, genau das brauche ich, da werde ich glatt wieder jung und munter. Ich lache die Gruppe an, spürbar beschwingt gehts wieder weiter.



Und schon um die nächste Ecke, und wieder Sambatöne. Es kommt einer der schönsten Abschnitte. 
Noch mehr Rasensprenger und Gartenschläuche. Manche haben grosse Wasserwannen vor ihr Haus gestellt, alles nehmen die Läufer dankbar an. Hier braucht man sich nicht selber nass zu schwitzen, das erledigen die Bewohner durch ihre Wasserduschen!!
Es ist einfach unglaublich, wie die Duisburger uns Wackeren unterstützen, klasse!



Km 16, 17. Ich habe ein Gel verzehrt, das wird mir zum Ende hin neue Energie geben. Viele schleppen sich zunehmend erschöpft in Richtung Ziel. Bei mir läuft es plötzlich wieder munterer, mein Tempo wird sogar schneller. Ich sehe zwar den 2:15-Pacemaker nicht mehr, aber es läuft gut.




Km 18. Und nochmal Stimmung und Anfeuern.


Km 19. Nicht mehr weit. Daaa hinten rechts im Grün ist das Stadion, unser Ziel.


Km 20. Eine letzte Rechtskurve. Man beachte den gelben Reisebus. Der quetscht sich mit den Läufern unter dem "roten Lappen" hindurch, weil er da hinten parken will. Eine Läuferin nimmt sich ein Herz und schimpft den Fahrer ordentlich aus, was er sich denke, hier in das Läuferfeld zu fahren. Der Schuldige schaut böse zurück, reduziert aber sein Tempo. Ich kann ihn überholen und der Bus biegt bald wieder ab.



Und endlich .... ein erster Blick auf das Stadion des MSV lässt sich erhaschen. Meine Beine ziehen von selber an, auf einen Schnitt unter  6 Min/km.
Vor dem Stadion ein toller Empfang mit Konfetti, Seifenblasen, und munteren Plakaten.
Dann der Tunnel.
Beim Anblick des Innenraums habe ich leichte Gänsehaut.
Und dann hauen die Beine alles raus. Ich überhole und überhole, übersprinte auf den allerletzten Metern noch 2 Läufer, Spitzentempo 4:17.😂








Ich bin mit meiner 2:17 angesichts der Bedingungen heute sehr zufrieden. Hätte nicht geglaubt, dass das heute solch ein Lauf wird. Ja, ich gestehe, ich hatte schonmal auf den Plan gelinst, wie ich im Falle eines Ausstiegs am besten zum Auto gekommen wäre.
Aber das erwies sich als völlig unnötig. Nicht zuletzt dank der tollen Zuschauer auf der 2. Hälfte. Die haben sich ja fast noch mehr als wir Läufer verausgabt!
Dank der emsigen Wasserspenden bin ich nicht nur am Oberkörper klitschnass, sogar in den Schuhen habe ich Nässe stehen. Doch wie hat es Herbert Steffny so treffend in seinem Marathonbuch beschrieben: Wenn man schwitzt, muss der Wassernachschub ja nicht erst den Umweg über den Magen nehmen, man kann sich auch direkt damit benetzen. Und ich denke, das war hier und heute in diesem Backofenlauf das Geheimrezept!
Mein Mann hat sich noch besser geschlagen, seine 1:51 grenzen an Selbstkasteiung.
Der Halbmarathonsieger erlief übrigens eine 1:15. Allerdings, der Sieger des Marathons querte die Halbmarathonmarke mit einer 1:13 (Finish 2:29), unglaublich!

Im Auto können wir noch die tatsächliche Temperatur zur Mittagszeit feststellen. Welch ein Segen, dass inzwischen die Klimaanlage fürs Auto erfunden wurde.😀



14 Kommentare:

  1. Oh, liebe Elke,
    bist du pfleitzisch! ;-)

    Ich verstehe dich absolut ... heute wäre bei mir auch nix drin gewesen. Ich bin auch bei 26 Grad los! Da muss man sich möglichst schnell anpassen, sonst schlappt man den ganzen Sommer wieder nur so durch die Gegend! ;-)

    ... aber wie du bei dem Tempo auf der Zielgeraden noch fotografieren kannst ... tse, tse! Da wäre ich entweder gestolpert, oder hätte die Kamera verloren!

    GRATULATION an euch beide!

    Erholt euch gut und gründlich!
    LG Manfred

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Manfred,
      nun ja, wenn man sich auf so etwas einlässt, muss man dann ganz besonders viel Fleiß zeigen ;-) Ich hatte auch noch 2 Tage vorher ganz bewusst einen Hitzelauf gemacht, um wenigstens ein bißchen Vorbereitung zu erzeugen.
      Im Stadion war Gottseidank kein Wurzelwerk auf der Strecke, da geht fotografieren dann ganz gut :-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  2. Liebe Elke,
    da habt ihr euch ja einer schönen Hitzeschlacht ausgesetzt. Aber wer konnte auch ahnen dass es plötzlich dermaßen heiß wird?! Vernünftigerweise sollte man da überhaupt nicht laufen, aber wer ist schon so vernünftig? ;-)
    Du hast aber offenbar alles richtig gemacht, bist gut durchgekommen und wir können jetzt jede Menge Bilder schauen. Ich höre ja immer wieder dass besonders der Zieleinlauf ins Stadion ein echtes Highlight sein soll. Hier ist der Beweis :-)
    Erholt euch gut und liebe Grüße, Oliver

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Oliver,
      ja, so ganz vernünftig war es nicht, aber durch Temporeduzierung kann man auch das schlechte Gewissen eindampfen :-)
      Die Strecke an sich ist ja in Duisburg nicht so prickelnd, aber das Publikum war wieder echt unglaublich und das Highlight ist wirklich das Stadion!
      Liebe Grüße, auch Dir gute Erholung
      Elke

      Löschen
  3. Toll immer wieder deine zahlreichen Fotos von der Strecke und auch toll dein durchkämpfen und dein Finish!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke, lieber Markus! Ich will das ja nachher im Geiste alles nochmals ablaufen... ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  4. Tja, liebe Elke, dass kommt davon, wenn man den Hals in Sachen Halbmarathon nicht vollbekommen kann :-))) Aber wenn man nicht jedesmal auf Bestzeiten schielt, läßt sich auch so ein Halbmarathon mal wuppen, zumal es unterwegs ja offensichtlich reichlich Erfrischung gab, wenn das Wasser quasi schon in den Schuhen stand :-)

    Ich habe mir übrigens dieses Wochenende lauftechnisch mal hitzefrei genommen und einfach nur den Garten genossen, war auch schön ;-)

    Liebe Grüße
    Volker

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Volker,
      Dein Sonntagsprogramm wäre sonst ja auch meins gewesen, aber da wir nun mal angemeldet waren, haben wir den Hals weiter gefüllt ;-)
      Es war auch eine Erfahrung, das es durchaus geht, bei solchen Temperaturen, mit Mäßigung und reichlich Kühlung. Und die Schuhe sind auch schon wieder trocken!
      In 2 Wochen dann Weinberge. Aber da ist Tempo ja noch weniger angesagt ;-)
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  5. Der Marathon fehlt mir in der Sammlung. Und ich hatte einen Start erwogen, aber die Familie hatte andere Pläne. Was war ich darüber froh angesichts der Wettervorhersage!
    Ihr habt es durchgestanden, und noch so gut. Mein Glückwunsch dazu!
    Als ich damals beim Halben ins Stadion lief, wurde Bühnennebel in dem Durchgang versprüht. Rockstar-Feeling!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Na Du hattest mich ja letztes Jahr für Duisburg motiviert, da musst Du aber irgendwann auch nochmal dort ran! Ich habe die Marathonläufer nicht beneidet! Die Mini-Marathonigruppe, die mich bei km 8 überholte war unterwegs in Richtung 3:30'er Endzeit und wirkten erstaunlich munter... Ich denke aber, jeder hatte auf seine Art zu leiden und zu kämpfen. Doch vor allem die "Beregnung" durch die Bewohner hat sehr geholfen. Auch veranstalterseits war für sehr viel Wasser gesorgt worden.
      Danke und liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  6. Liebe Elke,
    boah ey! Was für eine ungewohnte Hitzeschlacht!
    Super durchgehalten, dafür hast du dir ein Eiswürfelbad verdient. :D
    Die Idee jeden Kilometer einzeln zu bewerten ist auch toll. Hast du dir das schon vor dem Lauf überlegt oder war das ein Ablenkungsmanöver, um nicht über die Hitze nachdenken zu müssen?

    Jedenfalls hast du meine volle Bewunderung für dein Durchhalten UND eure momentane Wettkampffrequenz! :D

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Doris,
      ja, es war wirklich eine ziemliche Anstrengung, dagegen war Salzburg ja lauer Frühling ;-) Als ich mir den ersten Becher Wasser über den Kopf kippte, war das wirklich schon ein Eiswürfelgefühl, weil man so erhitzt war.
      Die Idee mit den Km-Bildern hatte ich schon vorher im Kopf, und es hat mir dann auch wirklich sehr geholfen, weil es ja damit lauter kleine Zwischenziele waren. Auf der zweiten Hälfte wurde es dann dank der tollen Zuschauer dann sogar etwas leichter.
      Nächstes Wochenende ist dann aber mal Ruhe, und dann geht es in die Weinberge. Aber das ist ja was ganz anderes ;-)
      Danke und liebe Grüße
      Elke

      Löschen
  7. Liebe Elke,
    oh, da hast du dich echt tapfer geschlagen. Bei so einer Hitze HM laufen ist echt ne Herrausforderung.
    Gut, das die Anwohner an vielen Stellen Mitleid hatten und die Läufer auch so tatkräftigt unterstützt haben.
    Das ist ne Menge Wert.
    Herzlichen Glückwunsch auch an Chris.
    Tolle Zeit bei solchen Bedingungen :-)
    Liebe Grüße
    Helge

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Helge,
      vielen Dank! Ja, es war schon eine Herausforderung, und ich war mir auch nicht ganz sicher, ob es gut ausgeht. Aber die Unterstützung der Bewohner war auf der zweiten Hälfte so klasse! Eine Kollegin erzählte mir, zwei ihrer Sportfreunde hätten den Marathon angegangen, aber aufgegeben. Das kann ich gut verstehen, das wäre mir wohl auch dann doch zuviel gewesen.
      Liebe Grüße
      Elke

      Löschen