Man mag meine Logik ein wenig speziell erachten, aber sie führte zu zu einem tollen Lauferlebnis.
Mein Plan verlangt einen langen Lauf. Es ist heiß im Rheinland, in der Eifel ist es kühler. Leider aber findet in Monschau kein weiteres geführtes Training mehr statt wie noch im Juli (Link, Link), wohl aber der Original-Lauf. Bleibt also nichts anderes übrig, als daran teilzunehmen, *hüstel*.
Allerdings nicht im Hauptlauf, sondern beim Marathon-Walk (Link), bei dem man walken, marschieren oder laufen kann - jeder wie er mag. Weiterer Vorteil: Dieser Lauf startet schon um 6 Uhr, man hat also mehr kühle Stunden zur Verfügung, als beim "richtigen" Marathon, der erst um 8 Uhr beginnt.
Heidrun und Chris nehmen am Ultra teil, 56 km. Beide im wohl verdienten Biel-Finishershirt, was Chris zu einigen netten Konversationen verhelfen wird.
Heidrun spricht von einer "Optik, wie bei eineiigen Zwillingen".
Wir machen uns also in dunkler Nacht auf nach Konzen. Bekleidungsmäßig eine Herausforderung, denn wir starten bei 8° und enden bei über 20°. Ich entscheide mich, die Mittagstemperatur zum Maßstab zu machen, also trete ich an in meinem neuen selbstdesignten Laufröcken im Monschau-Look (dieses wird mir einige Fragen zur Herstellung und Fotobitten einbringen), Kurzarmshirt, dies zunächst ergänzt mit Ärmlingen. Und spüre beim Aussteigen aus dem Auto, wie bibibitterkalt 8° sein können! Bald zittere ich am ganzen Körper und könnte den wenigen Zuschauern ihre warme Winterkleidung glatt entreißen! Doch während Ultras und Marathonis per Chip gemessen werden, gilt für die Walker: Jeder wird an der Startlinie von Hand in eine Liste eingetragen, bevor er losdarf. Und dieses Prozedere dauert. Gelegenheit, ein wenig mit den anderen über den Ausschreibungs-Modus zu plaudern, denn wir Läufer machen ja den echten Walkern ihre Wertung sozusagen kaputt. Aber so ist eben das Reglement.
Endlich kann ich los! Doch oh weh, der Wind ist a...kalt und bald spüre ich meine Finger nicht mehr, die Nase ist kalt und kleine Atemwölkchen sind zu sehen. Wenigstens in die Knie kommt ansatzweise durch die Bewegung wieder Gefühl.
Ablenkung bieten die ersten Sonnenstrahlen am Horizont - wunderbar.
Und bald folgt Monschau, noch menschenleer und schlafend.
Auf den wenigen Kilometern bis hierher habe ich schon fleißig überholt. Ich MUSS einfach schnell rennen, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Das gelingt mir aber auch immer noch nicht im schattigen Tal der Rur, wo die kalte Luft steht und man teils über taugetränktes Gras läuft.
Als mir am ersten VP junge Burschen lauthals ihr gesamtes Getränkerepertoire anpreisen, frage ich spaßeshalber nach Glühwein. Haben sie nicht, weiter frösteln ist angesagt.
Endlich, kurz vor Widdau (km 10) Sonnenstrahlen!
Im Ort frage ich am VP, ob denn wohl WCs an der Strecke seien. Man verneint, aber eine freundliche Frau bietet mir spontan die Nutzung der sanitären Einrichtung ihres schön hergerichteten Bauernhauses an. Oh wie wohlig warm ist es da drinnen! Meine Laufbrille beschlägt sofort.
Ich will die Tür hinter mir schließen, und habe plötzlich die Türklinke in der Hand, draußen poltert das äußere Pendant zu Boden. Das wäre jetzt was, hilflos gefangen in einem Eifeler WC! Doch die Hausherrin hat es mitbekommen, steckt von außen die Klinke wieder auf. Ich beeile mich und eile flugs wieder nach draußen, bedanke mich, laufe an den anderen VP-Tischen vorbei, wo alle viel Spaß wünschen.
Aber irgendwas stimmt nicht,
ir-gend-was...
grübel,
ich schaue an mir herunter. Die Klamotte sitzt. Doch die Hand ist leer, die, die die Kamera hält! Also Kehrtwende, zurückgesprintet ins Haus, irritierte Blicke im Rücken. Da liegt die Kamera auf der Fensterbank! Rasch genommen .... und MIST! Sie fliegt mir aus der Hand, knallt auf den Boden, wirft die Speicherkarte aus. Noch größerer MIST! Mit meinen klammen Fingern gelingt mir hakelig die Wiederbelebung, nichts passiert. Als ich erneut aus dem Haus sprinte, halten mich ein paar Leute für etwas seltsam.
Das Holderbachtal wartet, Hier wende ich meine Strategie an: Im Ebenen wird locker gejoggt, bergab rollen lassen und bergauf, so wie nun länger hier, wird gegangen. So will ich meine Kräfte schonen.
Inzwischen ist mir halbwegs warm und die steigende Sonne schafft wunderbare Morgenstimmung.
Plötzlich, etwa auf meinem km 15, kommt ein Radfahrer und murmelt etwas wie "Alles Ultra-Volk". Noch während ich darüber grübele, macht es von hinten Zisch - Zack - Weg. Es hieß wohl "Erster Ultra folgt" und der hat ein Mordstempo drauf. Wohlgemerkt, an dieser Stelle ist er schon bei seinem km 31, da die Ultras nach ihrem Start zunächst eine Extra-Schlaufe laufen, bevor sie auf die Marathonstrecke einbiegen. Der junge Mann wird nacher seine 56 km in 3:56 Std. beenden, 950 HM inklusive!
Nach dem Tal kommt die mir so gut gefallende Höhe Richtung Brather Hof.
Man sieht hier sehr gut den weiteren Vorteil des Walker-Laufs: Herrliche Ruhe, kaum Läufer. Gelegentlich kommt ein Ultra angeprescht und einmal habe ich ein kleines "Duell" mit einem richtig flotten Nordic-Walker, der mich wiederholt an Anstiegen abhängt. Allerdings nicht dauerhaft 😀.
Inzwischen läuft von hinten "mein" Laufguide der Trainings auf. Ich bin überrascht, denn er wollte auch Ultra laufen. Doch er hatte plötzlich gesundheitliche Probleme bekommen und tritt daher kürzer. Aber nicht langsamer, immer wieder enteilt er mir. Doch nur, um dann mit Bekannten am Streckenrand zu plauschen, und ich kann wieder vorbeiziehen.
Brather Hof, Halbzeit! Und wieder ein VP, sogar mit Hundenapf (Im Foto nur der Nahrungstisch, Getränke gabs natürlich auch) ! A propos: Ich bin völlig ohne eigene Verpflegung unterwegs. Gönne mir an jedem Stand (mindestens alle 4 km) ein wenig Wasser, ansonsten unterwegs 2 Stücke Banane, eine Salztablette und gegen Ende einen Löffel Honig.
Zu meiner eigenen großen Überraschung passt das perfekt. Mehr noch, der Magen ist völlig friedlich!
Es folgt das schöne Perlenbachtal, mit einigen prima abwärts rollenden Passagen.
Eine Neuheit gibt es unterwegs: Zur Kompensation der Startpunktverlegung schwenkt man auf eine knackige wenn auch kurze Steigung. Die bringt einen so richtig aus dem Tritt und ins Schnaufen.
An ihrem Ende nach einem kleinen Bogen folgt sofort der nächste VP und man kann sich wieder stärken.
Ortseingang Kalterherberg, wo man sich schon wohnlich zum Empfang der Läuferschar einrichtet. Manche Bewohner bieten sogar eigene Verpflegungsstände! Immer wieder freundliche Anfeuerung.
Nur die Musikkapelle beim Eifeldom ist noch nicht startklar, sortiert noch Notenblätter.
Hinter Kalterherberg denke ich, die Sonne habe mich zu arg beschienen, höre ich doch in einem einsamen Tal Lautsprecherdurchsagen und dann schiebt sich ein dunkles Ungetüm an mir vorbei. Doch dies ist das Begleitfahrzeug für den führenden Marathoni, während sich ja der Ultra-Führende mit Radbegleiter ohne Lautsprecher begnügen musste.
Dann folgt das ungeliebte Leyloch. In den dreißiger Kilometern bergauf gehen macht gerade nicht die große Freude, aber ansonsten geht es mir bestens!
Ich erreiche Mützenich, und kann es selber kaum fassen, wie rund es läuft. Keinerlei Tief, lediglich Anstrengung. Bewusst schaue ich weder auf Gesamtzeit noch auf Pace, bewege mich nur nach Gefühl. Lediglich die Herzfrequenz habe ich im Blick, und die bleibt erfreulich, ja erstaunlich niedrig.
In Mützenich öffnet sich wieder die Landschaft und erlaubt wunderbare Ausblicke.
Aber auch die Sonne gewinnt Angriffsfläche...
Bald kündigt sich das Objekt an, auf das ich besonders neugierig war: Das Honigzelt!
Das ist es! Die Strecke führt hindurch und jeder darf gute 2 - 3 km vor dem Ziel einen Löffel Honig naschen, dazu nehme ich mir eine Cola, beides richtige Pusher!
Es geht nochmals abwärts ...
... bevor ein letzter steiniger Anstieg auf uns Sportler wartet.
Immer wieder ziehen Ultras und einzelne Marathonis an mir vorbei.
Ca. 500 m vor dem Ziel höre ich von hinten sich nähernde Schritte weiterer Läufer.
Das reicht mir nun aber! Bin ich hier Zugläufer?!
Ich lasse den Beinen freien Lauf und gebe Gas, erreiche einen Schnitt deutlich unter 5 Minuten, habe Spaß dabei und hänge die Verfolger ab.😅
Der Zieleinlauf ist meiner!
Wie jede andere Dame auch erhalte ich eine Rose. Als "Walkerin", korrekter vielleicht "laufende Walkerin", muss ich einen eigenen Zielkorridor benutzen, wo wiederum meine Zeit händisch genommen wird.
Ein kleiner Junge hängt mir die Medaille um, und ein älterer Herr überreicht dazu meine fertig ausgedruckte Urkunde! Ja gibts denn sowas! Die anderen digital geführten Läufer müssen hingegen zum Urkundenausdruck ein Büro im Zielbereich aufsuchen.
Ich fühle mich sowas von gut wie schon lange nicht mehr nach einem Marathon, unglaublich!
Und erst noch meine Zeit: 5:05 Std.! Das ist in Anbetracht der Höhenmeter und eines eher locker gekaufenen Marathons kaum zu fassen (meine PB im Flachen ist 4:28).
Zudem: Meine Herzfrequenz lag mit 135 Schlägen im völlig lockeren Trainingsmodus.
Nun darf ich rätseln:
Woran lag dieser erfolgreiche Lauf?
Wie kann ich ähnliches wiederholen?
Im Bild übrigens sichtbar, mein eingangs erwähnter selbst geschneiderter Rock, mit Höhenprofil des Laufs auf der Vorderseite. Praktisch, unterwegs habe ich gelegentlich darauf nachgeschaut, was noch kommt...
Und die anderen beiden? Chris beendet seine 56 km nach 6:13 Stunden. Wir laben uns an süffigen Getränken und füllen den Magen mit herzhafter Kost, während wir auf Heidrun warten.
Sie hat ein wenig Mühe diesmal und finisht wacker mit 8 Stunden.
Welch ein Erlebnis!!!
Wo darf ich meine Bestellung ans Universum für weitere solch gute Läufe aufgeben...?
Liebe Elke,
AntwortenLöschenDu machst mir Angst! Am Tag zuvor brummst Du schon durch den Westerwald und tags draufs trollst Du mal eben über einen Marathon in der Eifel, getopt durch einen sensationellen Schlußspurt. Super genial!
Warum der Monschau-Marathon so gut für Dich lief? Ich vermute mal weil Du keine große Erwartung hattest und das Ding einfach mal eben so gemacht hast, mit der Option locker zu gehen, ohne Blick auf Pace und Zeit.
Wenn Du Berlin genau so locker und unverkrampft angehst, wird der Marathon der Knaller für Dich!
Glückwunsch zu dem Supererfolg, auch an Chris und Heidrun.
Liebe Grüße
Volker
Moin Volker,
Löschenja, es war einfach nur genial! In Duisburg war ich ja genau so locker an den HM-Start gegangen, aber komischerweise wurde es da ja auch leicht quälend. Vielleicht lag es an der Eifeler Höhenluft?
Kleine Korrektur: Monschau war Sontag, Malberg schon Freitag ;-)
Egal wie Berlin wird - ich habe ein tolles Marathonerlebnis genießen dürfen und wenn Berlin genau so wird, umso besser.
Danke und liebe Grüße
Elke
Guten Morgen liebe ExtremElke ;)
AntwortenLöschenist ja der Wahnsinn, was du mal so eben zwischendurch "locker" hinlegst. Herzlichen Glückwunsch zum super Finish und zur guten Form.
Die Strecke sieht idyllisch und genusstauglich aus. Geniesse den Erfolg und erhol dich gründlich.
Liebe Grüße
Lizzy
Liebe Lizzy,
Löschendankeschön! Ja, vielleicht ist die Erkenntnis, dass man manchmal nur die Dinge locker angehen muss...? Wo ist nur der Schalter, dass das immer so klappt?
Die Strecke ist wirklich sehr schön und ein völliger Kontrast zu Städteläufen. Sowas sollte ich wohl öfter machen.
Liebe Grüße
Elke
Wow liebe Elke,
AntwortenLöschenwas für ein Laufwochenende! Super, was du da hingelegt hast!!! :D
Ganz große Gratulation für diesen "Zwischendurchmarathon"!! Toll, dass es für dich so locker lief. Lag es gar am Rock, der schon wusste, wie die Strecke verlaufen würde? Das ist ja ein super-Gag! :D
Vielleicht wirst du in Zukunft ja den Straßenläufen den Rücken kehren und dich mehr auf hügelige Landschaftsläufe begeben?
Liebe Doris,
Löschenich bin ja selber immer noch ziemlich erstaunt darüber, was da gestern lief... ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk? Aber egal, das wunderbare Erlebnis kann mir keiner mehr nehmen! Sicher werde ich auch weiterhin Städteläufe machen, aber vielleicht hier und da mal ab ins Grüne, das kann nun schon reizen. Wie war das mit den neuen Herausforderungen...;-)
Danke und liebe Grüße
Elke
Grandios! Und ich bin ehrlich gesagt ein wenig neidisch weil ich diesmal nicht dabei sein konnte. Du hast auf jeden Fall alles richtig gemacht, super locker angegangen, Strecke genossen, die volle Packung "Monschau-Feeling" mitgenommen und dazu perfektes Wetter. Die fiesen Stellen (Leyloch) waren bereits durch die Trainingsläufe bekannt, Überraschungen ausgeschlossen, klasse und herzlichen Glückwunsch! :-)
AntwortenLöschenAuch an die anderen beiden Mitstreiter! Die ersten Ultrakilometer dürften schön kühl gewesen sein, da oben im Hohen Venn :-)
Liebe Grüße, Oliver
Lieber Oliver,
Löschenwenn man die Strecke kennt, so wie Du, dann kann man sicher mit meinem Bericht noch viel mehr anfangen. Aber auch wenn du dieses Jahr ausgebremst wurdest, sicherlich wirst auch Du die Eifel mal wieder rocken und die "volle Monschau-Packung" abholen! Ich finde ja auch, wenn man die Strecke kennt, tut man sich leichter. Ich sprach aber auch mit Läufern die meinten, sie wollen gar nicht vorher wissen, was da hinter der nächsten Kurve lauert.
Es war überall kühl da oben, gestern um 6, aber sowas von!
Danke Dir und liebe Grüße
Elke
Liebe Elke,
AntwortenLöschenich gratuliere zu diesem grandiosen Laufergebnis. Ich vermute, du bist so locker und erwartungsfrei an den Start gegangen, das es einfach nur gut werden konnte. Es scheint auch zu beweisen, dass die gelegentlich auftretenden Magenprobleme eher ein Kopfproblem sind :-)
Du solltest in Berlin einfach einen Trainingslauf machen
Dann wird alles gut :-)
Liebe Grüße
Helge
Liebe Helge,
Löschendass der Kopf nicht nur die Beine, sondern auch den Magen steuert, sehe ich auch so und Monschau hat das ja auch bewiesen. Also muss ich nur noch den Kopf in den Griff bekomen ;-) Mal sehen also, was in Berlin passiert. Aber egal was, diesen schönen Lauf kann mir keiner mehr nehmen!
Danke und liebe Grüße
Elke