High-Noon am Sonntag. Kurzentschlossen nehmen wir am Oswald-Hirschfeld-Erinnerungslauf teil, einem Volkslauf mit familiärem Charakter im Kölner Norden.
Gestartet wird in Köln-Bilderstöckchen im Blücherpark, einer Parkanlage mit viel altem, bildschönen Baumbestand.
Es geht beschaulich zu. Parkplatzsuche ist kein Thema, das Läuferfeld ist übersichtlich (191 Teilnehmer für die 10 km, die heutige "Königsdisziplin", zudem die Läufer der kürzeren Distanzen und Walker).
Das Zielgelände liegt auf einer grooooßen Picknickwiese, so dass gegebenenfalls mitgebrachte minderjährige Familienmitglieder wunderbaren Zeitvertreib haben können. Der Start ist 100 m weiter.
Und während die einen sich startklar machen...
... sitzen die anderen mit Blick auf den Bootsteich (warum liegen eigentlich alle Leihboote am Steg?) und genießen den Blick auf die Wogen und ihr Mittagessen.
Ich laufe mich ein wenig ein und treffe in einem Carrée im Park auf 2 steinerne Löwen, die unter schattigen Bäumen wachen.
A propos schattig: Die heutigen 19 Grad fallen unter dem Blätterdach eher kühl aus, während sie in den sonnenbeschienen Partien deutlich wärmer wirken. Zudem spüre ich einen Muskelkater in den Oberschenkeln - was Gartenarbeit so alles erzeugen kann...
Wir freuen uns auf einen schönen Lauf!
Um den Unterhaltungswert zu unterstreichen, habe ich irgendwie meinen Pulsmesser verbummelt. Den Gurt hatte ich daheim angelegt, die Messeinheit an einer Seite in die Halterung gesteckt (Einseitig, damit nicht schon die Batterie angezapft wird). Im Auto merke ich, dass die Einheit weg ist. Bei einem "großen" Lauf hätte mich das dann wohl an den Rand des Nervenzusammenbruchs geführt, aber heute sage ich mir nur, dass sich das Ding schon wiederfinden wird.
Am Start steht man locker zusammen. Obwohl die Zeit für alle ab dem Startschuss läuft (es gibt nur eine Zeitmessung im Ziel), gibt es keinerlei Geschubse und Gedrängele.
Während ich gerade noch meine "Bereifung" kontrolliere (Blinkt der Distanzmesser? Habe ich einen doppelten Knoten in den Schnürsenkeln? Sitzt die Zeitmessschlaufe gut am anderen Fuß?) ertönt urplötzlich und ohne Vorwarnung der Schuss. Auch einige andere schauen kurz irritiert, aber dann setzt der instinktgesteuerte Läuferimpuls ein und alles stürmt los.
Das erste Stück geht durch Alleen alter ehrwürdiger Bäume. Und obschon ich mir ja nur einen guten Trainingslauf vorgenommen hatte, spüre ich, wie der Geist des Namensgebers des Parks, der preussische Generalfeldmarschall Blücher, ein wenig von mir Besitz ergreift. Zu Beginn lasse ich mich zwar willig von den Sprintkanonen überholen, doch irgendwann ist auch mal gut, ne?
Nach den Parkalleen geht es hinüber in eine Schrebergartensiedlung. Hier sehe ich schon nach rd. 1,5 km den ersten Läufer stehend am Wegesrand. Nanu, sooo selektierend ist es hier doch wirklich nicht...!
Zwar können die angedrohten wahrhaftigen unwahrscheinlichen 9 (In Worten NEUN) Höhenmeter (Addition aller "Anstiege" 45 m) durchaus "fordernd" sein, aber die kommen ja erst noch. An einer ersten kleinen Brücke steht ein älterer Herr, sicherlich im früheren Leben einmal Trainer und ruft seine Kommentare ins Feld "Ja, die Arme schön nach vorne mitnehmen und SCHWINGEN!". Ich nehme mir vor, mich bei 5:30 Min/km einzupendeln, was mir dann erstaunlich gut gelingt.
Bald geht es durch eine offene Wiesen- und Baumlandschaft, in der sich wiederum Schrebergärten verbergen. Von hinten höre ich zwei Herren sich schwatzend nähern. Langsam schieben sie sich an mir vorbei, ein jüngerer und ein älterer, anhand ihres Slangs erkennbar türkischen Hintergrunds. Ich lasse es mir gefallen und hänge mich dran, laufen die beiden doch genau mein Tempo und außerdem ist hier Gegenwind. Der jüngere könnte flotter, doch der ältere hat schon leichte Mühe. Die Unterhaltung wandelt sich zum Zuruf einzelner Worte und Satzbrocken. Von hinten nähert sich eine junge Frau in körperbetont eng sitzender Kleidung, mit wehendem blonden Pferdeschwanz. Ich lasse sie passieren. Die beiden vor mir müssen sie notgedrungen ebenfalls passieren lassen. Es setzt ein paar türkische Worte, die ich allzugern verstanden hätte und danach herrscht Schweigen. Der ältere muss abreißen lassen, der jüngere lässt sich zu ihm zurückfallen und ich gehe auch an ihnen vorüber.
Bei km 5 gibt es eine Getränkestelle. Ein Wasser würde ich gern nehmen, mein Hals ist trocken. Es gibt nur eine Sorte Becher. Als ich danach greife bemerke ich den Aufdruck "Dextro". Das würde ich nun auch nicht gerne wollen, aber ein Schluck täte gut. Doch als die Flüssigkeit in meinen Mund rinnt - uuuuaaaah! Sprudelwasser!!! Wie kann man denn auf diese Idee kommen?
Eine Weile später sehe ich einen jungen Mann am Wegesrand gehen. Ich laufe vorbei, aber das scheint ihm nicht zu schmecken, mit seinen schlacksigen-staksigen Schritten kommt er von hinten an und schert so knapp vor mir ein, dass ich ihm fast in die Hacken gerate, ohne dass ich das wollte. Bald überhole ich ihn wieder, erneut versucht er an mir vorbeizugehen, aber dann schafft er es doch nicht nochmals.
Ich bin erstaunt, dass es doch relativ gut klappt, die Beine laufen rund, die Energiebereitstellung funktioniert. Gern hätte ich ja meinen aktuellen Puls gewusst...
Ich grübele, ob ich in diesem Tempo weiterlaufen kann bis ins Ziel, oder ob mir ein Einbruch droht. An der Strecke befinden sich keine km-Markierungen, und auf meiner Uhr kann ich die gelaufene Distanz ohne Brille nicht gut erkennen. Nur anhand der Zeitangabe (diese Anzeige ist größer) kann ich mich grob orientieren.
Eine Weile laufe ich in Schrittweite zu einem Teilnehmer mit wehender Lockenpracht, mal ist er vorn, mal ich, dann doch wieder er. Ca. 2 km vor dem Ziel versucht er, nach vorn wegzulaufen. Meine Polar zeigt mir 5:13 Min/km, soll ich dranbleiben? Ach, ich habe nichts zu verlieren und fühle mich noch immer ganz gut und überhaupt - wenn schon, denn schon! Ich entscheide, mich nicht abhängen zu lassen, bald lässt der andere nach, ich komme vorbei, kann mich absetzen.
Schon sehe ich von weitem das Ziel, doch erst heißt es noch einen Bogen daran vorbei zu laufen zum Südende des Parks. Erst ab dort geht es wirklich auf zur Zielmatte.
Mein eidgenössischer Ehemann ist natürlich schon da und kommt mir entgegen.
Ich reiche ihm meine Kamera und so kann er diese dynamische Bewegungsstudie schießen.
(Die anderen Bilder habe ich sicherheitshalber gelöscht...).
Noch 400 m, ruft er mir zu. Wie so oft, erlebe ich mein "Letzter-KM-Syndrom", habe das Gefühl, es geht nicht mehr. Aber da ich mich und meine Einbildung kenne, reiße ich mich einfach mal am berühmten Riemen.
Im Südbogen linse ich vorsichtig ein wenig nach hinten. Niemand zu sehen.
Noch ein kleines Schäufelchen kann ich auf den letzten Metern drauflegen, aber nur ein ganz kleines.
Erst auf dem Zielfoto erkenne ich, dass in einigem Abstand die Verfolger kommen.
Zufrieden laufe ich ein. Und was sagt mir die Zeit?
Unfassbar, neue PB, die bisherige um 40 Sekunden unterboten!
Auf der Heimfahrt (Ungeduscht, da solcher Luxus nicht zur Verfügung steht) finden wir, dass wir doch öfter einmal zu Trainingsabwechslungszwecken einen solchen Lauf einschieben sollten, auch wenn die Langstrecken uns eher liegen.
19 Grad, 10 km, 54:04, (5:27 Min/km), keine Pulsmessung (Den Sensor finde ich tatsächlich im Auto wieder)
122. von 191
26. von 65 Frauen
7. in der AK (letztes Jahr wäre ich 3. gewesen...)
TOLL! Herzlichen Glückwunsch zur neuen Bestzeit. und wenn du das nächste Mal die Technik ganz zu Hause lässt, dann wird's eine Zeit sub 54 - garantiert! ;-)
AntwortenLöschenDas mit den zu kleinen Zahlen ist für mich nochmal ein Argument gegen diese vielen Daten unterwegs. Ohne Lesebrille sehe ich nämlich auch nur noch die wirklich dick auftragenden Schriftgrößen und wer läuft schon mit Lesebrille? *s*
Hallo Lizzy,
Löschendanke! Anscheinend muss ich wirklich mal ganz "ohne" laufen ;-)
Mit Lesebrolle laufen geht ja gar nicht, aber bei der nächsten Pulsuhr achte ich auf ein größeres Display.
Liebe Grüße
Elke
Hallo Elke
AntwortenLöschenSich zu Trainingsabwechslungszwecken ganz ohne wochenlanges Planen und Herumstudieren vor einem akribisch geplanten Lauf in ein Startfeld zu stellen, scheint sich zu lohnen!
Noch dazu war die unbeabsichtigte Befreiung vom Pulssensor offenbar ein Segen - und dein "Motor" war auch ohne Überwachung nie in Gefahr, im roten Bereich zu drehen.
Mit dem Fotoapparat in der Hand hast du für uns Leser die schöne Parklandschaft festgehalten, und dir so manche lustige Begegnung und erfolgreiche Überholmanöver gemerkt. Dein Lauf scheint so locker und luftig, die Erlebnisse so bunt, als wärst du mit dem Schmetterlingsnetz über eine Wiese gehüpft und hättest hier und da einen "Sommervogel" von einer Blüte gepflückt.
Ich freue mich so sehr für dich, dass es so unbeschwert "läuft" und gratuliere dir herzlich zu deiner neuen 10 km PB! Ohne Foto-Reportage wärst du sogar sub 54:00 glaufen ;-)
Liebe Grüsse
Marianne
Hallo Marianne,
Löschendanke Dir. Ja es scheint wirklich so, wenn man besonders locker ist, läufts am besten. Ich habe aber auch deutlich das Gefühl, dass die sich füllenden Eisenspeicher maßgeblich Anteil haben. Es war wirklich ein schöner Lauf und ich ärgere mich noch nichtmal über die knapp verpasste sub 54:00. Das nächste Mal dann. Jedenfalls hat das Fotografieren keine Verzögerung gebracht, habe die Bilder aus dem Lauf heraus gemacht (sind ja nur 2).
Liebe Grüße
Elke
Liebe Elke,
AntwortenLöschenich gratuliere dir zu deiner (ungewollten) neuen Bestzeit!
Ich mag solche kleinen Volksläufe wirklich gerne - die Atmosphäre ist da meistens noch viel lockerer.
Schöne Strecke, die ihr da gelaufen seid! Fotografierst du während des Laufens?
Liebe Doris,
Löschendanke Dir! Stimmt, es war alles nicht so verkniffen wie bei größeren Veranstaltungen, vielleicht war auch daher keine Anspannung da. Die Strecke war erstaunlich "unstädtisch", es waren auch viele Hobbyjogger unterwegs. Die beiden Bilder aus der Läuferperspektive sind im Lauf fotografiert. Ich habe noch viele weitere, die meisten natürlich verwackelt. Sonst, also im training oder bei Langstrecken, bleibe ich aber auch schonmal kurz stehen, damit die Bilder gelingen.
Liebe Grüße
Elke
Glückwunsch zu deiner PB! Gut gemacht!
AntwortenLöschenUnd immer diese Männer. Bloß nicht von einer Frau überholen lassen. Das darf nicht sien, das geht so nicht. Lieber sterben als 2.! :D Manchmal täte uns ein wenig mehr Gelassenheit und Spaß an der Sache ganz gut...
Hallo Markus,
Löschendanke Dir! Ja die Männer und ihr Verhältnis zu laufenden Frauen. Aber ist doch ok, für die ist es Motivation, sich ranzuhalten, und für mich ist es Motivation, gegenzuhalten, also klassische Win-Win-Situation ;-) !
Liebe Grüße
Elke
Ach, mal eben spontan zu einem 10er anmelden und dabei so eben mal eine neue PB raushauen.
AntwortenLöschenSo Wettkampfläufe sind offensichtlich so richtig Deins,dass merkt man an den lebendigen Beschreibungen der Läufer, die Du einer nach dem anderen kassiert hast ;-)
Liebe Grüße
Volker
Hallo Volker,
Löschenja so easy müsste das Jahr nun weiterlaufen! :-) Genau, ich liebe bei Wettkämpfen die Eindrücke und Erlebnisse, die man mitnehmen kann. Ist eben agnz etwas anderes, wie allein durch sein Revier zu traben, aber auch das hat ja seine Reize!
Liebe Grüße
Elke
Och guck an - den Lauf kannte ich noch nicht. Glückwunsch zur Bestzeit und danke für die nette Beschreibung. Ich mag ja diese kleinen Läufe und das Rudelduschen ist eh nicht so mein Ding, von daher auch gut drauf zu verzichten. Irgendwann laufen wir uns ja mal vielleicht hier in der Nähe über den (Lauf)Weg. :-)
AntwortenLöschenHallo Anja,
Löschendanke! Dann könnte Dir der Lauf sicherlich gefallen. Ich kannte ihn auch noch nicht. Vermutlich wird er 2015 auch wieder angeboten. Dass wir uns hier im Umfeld K/D mal über den Weg laufen ist nicht auszuschließen und würde mich freuen!
Liebe Grüße
Elke
PB! Mein Glückwunsch dazu und zum spannenden Bericht.
AntwortenLöschenIch kann die Uhr manchmal auch nicht mehr ablesen. Die Zahlen sehe ich wohl, allein sie sagen mir nichts mehr wegen akuter Sauerstoffleere im Hirn.
Danke! Sauerstoffleere im Hirn uiuiui, in dem Tunnel war ich noch nicht.... Nee, bei mir ist es ganz banale, altersbedingte Weitsichtigkeit.
LöschenLiebe Grüße
Elke
Hei Elke, zuerst ein paar Türken zermürben und als Krönung eine Bestzeit laufen, ganz cool :-)
AntwortenLöschenHerzliche Gratulation zu diesem Erfolg!
Liebe Grüsse
Hugo
Hallo Hugo,
Löschendanke Dir! Nun ja, für Zermürbungstechniken reicht meine Form vielleicht nicht so ganz, ich würde mal sagen, ich laufen an Deutschen und Angehörigen anderer Länder vorbei, wenn sich die Gelegenheit bietet... ;-)
Und natürlich hoffe ich, irgendwo nochmals ein paar Sekündchen herauszuholen...
Liebe Grüße
Elke
Elke,
AntwortenLöschenich bin begeistert von Deiner Laufeinstellung! Glückwunsch zur Bestzeit... genial, wenn sowas passiert.
Viele Grüße, Claudi
Hallo Claudi,
Löschenherzlich willkommen in meinem Blog und danke für die "Blumen" :-)
Liebe Grüße
Elke