Ein prall gefüllter Tag gestern:
Erst eine Sitzung mit lauter Diskussionen, die man zum Wohl des Bruttosozialprodukts auch hätte, ähm, zügiger abwickeln können.
Aber heureka, es dauert nicht so lange wie befürchtet und ich kann beizeiten in die S-Bahn einsteigen, freue mich auf den Feierabend und ein spannendes Spiel Deutschland-Frankreich (immer, wenn es international um etwas geht, bricht doch ein wenig nationalistische Gesinnung bei mir durch).
Die Freude währt bis 200m hinter dem Hbf Köln, als S-Bahn plötzlich abrupt stoppt und stehen bleibt.
Kurze Ansage: Wegen einer technischen Störung verzögert sich die Weiterfahrt um wenige Minuten.
Ok, kann ja mal vorkommen.
Ach ja, draußen brüten über 30 Grad und Schwüle. Wir haben ja im Zug Klimaanlage.
Noch.
Aus 5 Minuten werden 10, 15, 20.
Plötzlich Stille. Das sonst gewohnte Brummen im Zug ist auf einmal weg. Damit auch die Elektrizität und die Klimaanlage. Die Fenster lassen sich nicht öffnen.
Jo, man.
Aus einer inneren Eingebung heraus hatte ich mir einen Fächer eingepackt. Da mir langsam der Schweiß rinnt, kommt der nun zum Einsatz, obwohl ich mir damit etwas komisch vorkomme. Doch die Linderung brauche ich jetzt, egal, was die anderen denken. Die stehenden Fahrgäste tun mir Leid. Draußen fahren munter andere Bahnen an uns vorbei. Es gibt keine Durchsage, was los ist. Die Hitze im Zug steigt. Der Mann neben mir behält dennoch tapfer sein Jackett über seinem Hemd an.
Plötzlich die Bandansage "Ausstieg in Fahrtrichtung rechts". Haha, Humor haben sie ja.
Nach über 40 Minuten die Ansage, man habe den Zug wieder fahrbereit und warte nun auf Signal.
Hoffen.
Die Bahn setzt sich in Bewegung. Aber nur wenige 100 m zum nächsten Haltepunkt. Dort müssen wir alle aussteigen und uns zu der schon wartenden größeren Menschenmenge auf dem Bahnsteig gesellen.
Aber für etwas frische Luft tut man ja alles. Diverse andere Bahnen werden als ausfallend angezeigt. Es beginnt zu regnen. Doch keiner verlässt seinen Standort, bei der Schwüle ist Regen was Feines!
Endlich kommt dann eine Bahn in meine Richtung und ich habe das Privileg, hineinzukommen und inmitten eines bunten olfaktorischen Potpourris heimwärts transportiert zu werden.
Mein eidgenössischer Ehemann steigt später zu. Wir können uns über SMS verständigen, dass wir wohl in der gleichen Bahn stecken. Am Ende merken wir, gerade mal etwa 10, 12 m trennen uns - und viele Menschen.
Daheim dann das spannende Spiel - irgendwann werde ich mal den Brustgurt zur Pulsmessung umlegen und mir spaßenhalber die Werte ansehen. Per SMS tauschen wir uns mit Freunden in Frankreich aus, die ebenfalls schauen. Wir kommen aber zum Ergebnis, unsere Freundschaft überdauert auch das Ausscheiden der "Bleus".
Und dann kann ich endlich zu einem Abendlauf starten. Tut gut, die "frische" Luft. Doch schon bald wird genau diese zur Herausforderung. Es geht kaum ein Windhauch, ein Gefühl, wie in einer Sauna zu laufen. Der angekündigte Regen lässt auf sich warten. Aber wenigstens kein Gewitter.
Die Getreidefelder sind gelb und der Duft nach Stroh ist überwältigend.
Die Insekten in der Luft auch. Ich habe kein Wasser dabei und hoffe, dass mir nichts größeres in den Mund gerät.
Überall treffe ich auf Gassigänger, die alle das Ende des Spiels abwarten wollten. Ein Hund muss gar die Nationalfarben in Form eines Halstuchs tragen, macht er aber ganz brav.
Hier und da Gartenparties, und natürlich Fahnen an Häusern, Autos, Balkonen, Blumentöpfen.
Mir fällt das Atmen etwas schwer, habe das Gefühl, nicht wirklich Sauerstoff abzubekommen. Dennoch bleibt der Puls in ruhigerem Bereich und nach 20 Minuten habe ich auch das Gefühl, im Rhythmus zu sein.
Ich laufe eine Stammrunde durchs Feld und hänge noch einen Abstecher in unser Gewerbegebiet an.
Der Lauf gibt mir einen vagen Eindruck, wie es sein muss, in Brasilien zu spielen, während Millionen von Bundestrainern daheim auf dem Sofa wissen, was die Jungs dort besser machen müssen. Ich kann mein Tempo selber bestimmen und ruhig machen, aber dort im Stadion muss es extrem sein sein...
Die warme Abendsonne lässt sogar triste Industriebauten interessant erscheinen.
26 Grad, schwül, 9,2 km, 58:58, (6:24 Min/km), Puls 131
Uih, da hast Du an einem Tag ja was erlebt. Bahnen ohne Klimaanlage sind nicht ohne, durfte das auch schon mal genießen. Aber wenn man den ÖPNV benutzt, erlebt man auf jeden Fall immer ne Menge, nicht wahr?
AntwortenLöschenRespekt für den Lauf in der Schwüle und schicke Fotos, die dabei entstanden sind. Das ist ja ne irre Wolkenformation über Deinem Kopf.
Hallo Anja,
Löschenja das stimmt. Die Bahn ist für JEDE Überraschung gut :-/
Die Wolken gestern Abend waren wirklich imposant. Ha, und nur ein winzig kleiner Strommast dabei :-)
Liebe Grüße
Elke
Hui, die Bilder sind wirklich sommerlich! Toll! Aber mit den Fußballern in Brasilien wollen wir wohl alle nicht tauschen ...
AntwortenLöschenWas die Bahn angeht: Ich sag nix ... höchstens, dass es mich diese Woche auch mal wieder mit dem vollen Verspätungsprogramm erwischt hat und ich von D'dorf nach Trier 5 statt 3 Stunden brauchte. Immerhin funktionierten - oh Wunder - sowohl Klimaanlage als auch WC! ;-)
Schönes WE und liebe Grüße,
Anne
Hallo Anne,
Löschen5 statt 3 Stunden - ist auch eine stolze Kennzahl! Aber die lernen nichts. Und Zug-WC's ist ja auch so ein Kapitel für sich.
Heute dann Regen aus tollen Wolken - prima für den Garten.
Liebe Grüße
Elke
Nach so einer Bahnfahrt und nach dem Fußballspiel hätte ich keine Lust mehr zum Laufen gehabt. Aber Dein Lauf hat sich gelohnt und es sind schöne Bilder dabei herausgekommen :-)
AntwortenLöschenIch habe gestern punkt 18 Uhr mit sechs Mädeln und unserer Lehrerer meinen Englischunterricht in der VHS durchgezogen, inklusive Fußballbeschallung vom nahen Public Viewing. So war ich gestern ausnahmsweise während des Spieles nicht laufen.
Liebe Grüße
Volker
Oh, kein Deichläufer-Day gestern?! Tapfer, sich dann den Vokabeln zu widmen. Hat Euer Lehrer Euch denn wenigstens mal erklärt, dass man "Public Viewing" einem Engländer gegenüber nur ganz anders verwenden kann?
LöschenGestern brauchte ich definitiv einen Lauf, nachdem ich vorgestern auf der Heimfahrt nach Geschäftsessen um 22 Uhr lauter begeisterte Läufer unterwegs sah...
Liebe Grüße
Elke
Liebe Elke,
AntwortenLöschenals Zugpendlerin kann ich nur sagen, habe ich wohl unverschämt viel Glück mit meinen S-Bahnen. Nur äußerst selten kommt eine so spät, dass er Regionalzug, der 20 min später fährt, die für mich frühere Alternative ist. (Gerade am Freitag passiert). Da kann man schon mal seinen Partner übersehen - aber Hut ab, nach dieser Fahrt und den Spielzuschauanstrengungen noch in die Schwüle laufen zu gehen... Die Bilder sind beeindruckend!
Liebe Doris,
Löschendann genieße Dein S-Bahn-Glück. Meistens klappt es ja aber auch bei mir, nur ist das dann nicht weiter erwähnenswert. Aber Freitag war es schon extrem.
Petrus hat mir als Ausgleich dann echt ein paar schöne Wolken zum ablichten rübergeschoben ...:-)
Liebe Grüße
Elke